V., unr. abl.,
gram. Wechsel. Das Bedeutungsfeld ist wie folgt gliederbar: 1-6 zusammengehörig durch das Inhaltsmerkmal ‘etw. aus etw. anderem herausziehen’; 7-12 auf Ziehen, Dehnen in der Horizontalen bezogen; 13-16 bezogen auf das Ablegen von Kleidern und damit Assoziierbares; 17-25 bezeichnen Erkenntnis sowie menschliche, oft verbale und rechtsrelevante Handlungen, der Block ist z. T. als Ütr. an den Block 1-6 anschließbar; 26-31 schwer assoziierbar; innerhalb dieses Blockes können 26 und 27 metaphorisch miteinander verbunden werden, zusammengehörig auch 28 und 29.
1.
›etw. unter Anwendung von Kraft und (oft) mit Zerstörungseffekt aus seiner natürlichen oder künstlichen Verwurzelung oder Verankerung herausziehen, herausreißen‹; am ehesten hier anzuschließen die Ütr.:
die müde a.
›die Müdigkeit überwinden‹.
Bedeutungsverwandte:
,
1,
1,
1,
,
; vgl.
2,
1.
Syntagmen:
die rübe, das korn, den hanf / nagel / pelzer / reinstein / reinstecken, kräuter a., dem hanen den zagel a., (jm.) den darm, die zunge, das eingeweide a.
, (ütr.)
die sele aus etw. a.
Belegblock:
Jostes, Eckhart
34, 10
(
14. Jh.
):
so sol si [sel] alz gentzlichen gesencht sein in den grundlozen grunt des gotlichs nichtz daz si nihtes niht dar uz gezihen mu̇g, noch daz si sich nimmer uf minner ding neig dan got.
Est deus des auszuchs ex morte.
Gille u. a., M. Beheim
99, 302
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
etlichen zach man auss dy derm.
es wird ihme die zunge ausgezogen.
Die muͤde Außziehen oder vertreyben. [...]. Etwas eyngesteckts / oder angenaglets oder angeheffts wider Außziehen oder reyssen. [...]. Von grund der wurtzen Außziehen.
[die] behalfen sich mit den raben, so noch auf dem veld stuenden, noch nit auszogen noch einbracht warn.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid.
(
m/soobd.
,
1568
/
1603
; Hs.
17. Jh.
):
wann ainer dem andern rainstain außziecht.
Ebd. (
16. Jh.
; Hs.
17. Jh.
):
wer ainem ein pelzer außziecht oder einen fruchtbaren paumb abschlecht.
Päpke, Marienl. Wernher
;
Schmitt, Ordo rerum
645, 12
;
655, 13
;
4.
›(Giftstoffe, Absonderungen, Fremdkörper) aus Wunden o. ä. herausziehen, extrahieren‹.
Fachtexte der Medizin.
Syntagmen:
den dorn / pfeil / span / unflat, das blut / eisen / holz, die gift, die masen a.
Belegblock:
Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
184, 14
(
Frankf.
1535
):
Wann mann jn [schwebel] mischet mitt gummi albotin / zeucht er auß die masen die in den negeln sind.
Broszinski, Minner. Chir. Parva
74v, 3
(
halem.
,
2. H. 15. Jh.
):
Die ander form der arcznien, die da usszúchen söllint von den wunden.
Rohland, Schäden
557
(
nalem.
/
schwäb.
,
1400
/
33
):
wasß von ubriger fluschiger fuchtikeit wer, das zug es [vngentum] uß.
Keil, Peter v. Ulm
234
(
nobd.
,
1453
/
4
):
daz er
[Teig]
den vnflat dorauß ziech.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
(
oobd.
,
1349
/
50
):
wer des ochsen gall mischt mit hong, sô zeucht si ainen dorn oder ain holz oder ain eisen auz.
Weitz, Albich v. Prag
138, 4
(Hs. ˹
oobd.
,
A. 16. Jh.
˺):
Ob ain wund so tyeff ist vnd dar jnn steckt ain holcz oder ain eysen. nym enczian vnd steck jn dar ein, so wirt das loch weit. dar nach nym apostolicon [...] vnd leg es auff die wunden. es zeucht die pfeyl aus yn ainer nacht.
9.
›von einem Bezugsort weg-, fortziehen, hinausziehen, sich entfernen‹; je nach Zweck und Modalität des Vorgangs z. B.: ›seinen Wohnsitz an einen anderen Ort verlegen‹; ›auf Geschäftsreise gehen‹; ›den Platz, die Stelle räumen‹;
mit der arbeit von jm. a.
›jm. eine (Auftrags)arbeit wegnehmen‹.
Bedeutungsverwandte:
1
12; vgl.
(s. v.
2),
1,
21,
,
3,
4,
(V.),
1,
3,
4,
.
Gegensätze:
(V.)
1,
(V.)
5.
Syntagmen:
teils ohne adv. Bestimmung;
aus dem hause / lande, aus der herberge / stat, aus den hütten a., von heimen a., zu walde hin a., in di insulen a.
;
jn. a. heissen
;
das a.
(subst.)
erkennen.
Wortbildungen:
3,
3 (dazu bdv.:
2).
Belegblock:
Ziesemer, Proph. Cranc. Jes.
37, 28
(
preuß.
,
M. 14. Jh.
):
dine wonunge, din uzcyen und din inkomen habe ich irkant.
Behrend, Magd. Fragen
(
omd.
,
um 1400
):
wenne eyn scheppe mag mit willen dorch notdorfft syner narunge ussczihen.
Luther. Hl. Schrifft.
1. Mose 12, 4
(
Wittenb.
1545
):
der HERR sprach zu Abram / Gehe aus deinem Vaterland [...]. DA zoch Abram aus / [...] / Abram aber war funff vnd siebenzig jar alt / da er aus Haran zoch.
Löscher, Erzgeb. Bergr.
111, 19
(
omd.
,
1548
):
Will ein steiger von eim schmide mit seiner gewercken arbeit außziehen.
Dinklage, Frk. Bauernweist.
71, 24
(
thür.
,
um 1450
):
so müst die thumprobstei außziehen und müsten unser herschaft an ir stat lassen stellen.
herrschaft, der markt und dorfer dardurch geswecht werden, die lewt ein- und auszziehen, wie sie wollen.
Außziehen / Auß einer herberg in die ander oder von einem ort hinweg ziehen.
[er hat] in ansehung göttlicher eren in dem handel des Gotes worts und ausziechung der pfaffen alhie sich als ain starker höldt Cristi gantz erlich und wol gehalten.
Si wolten von Antiochia wider außziehen und der haidenschaft weiter predigen.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid.
(
m/soobd.
,
1635
):
so ist er von jedem tritt oder fuesschlag verfahlen zwei und sibizig pf und widerumb zuruck hinterwert [...] rückles ausziechen.
Gille u. a., M. Beheim
53a, 66
;
453, 3037
;
10.
›ausrücken, ins Feld ziehen, Heeresfolge leisten‹; im
auch als Synekdoche: ›(Truppen) ausheben, aufbieten‹;
Bedeutungsverwandte:
1
3,
,
10,
2
I,
1;
2; vgl.
4,
,
2,
1.
Syntagmen
zu felde, in die reise, in den krieg, auf das mer, mit der banner a., mit jm. a., wieder jn.
(z. B.:
die ungläubigen
)
a.
Belegblock:
Kollnig, Weist. Schriesh.
294, 35
(
rhfrk.
,
1430
):
wann uns uß- und nachzuziehen [...] gebotten wurt, das wir dann samentlich ußziehen und nachvolgen sollen.
Gille u. a., M. Beheim
104, 927
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
auff die selben mere | So worn sy auss gezogen.
so ain mensch dann für dy sünt | in aigner persson wile | [...] | [...] aussczihen wider die | unglabigen.
Welti, Stadtr. Bern
(
halem.
,
n. 1437
):
so [...] mitt vnns vsßgezogen vnd bis an das end bi vnns beharret waren.
Mit aufgerichten zeichen vnd faͤnlinen wider die feynd Außziehen.
Roder, Stadtr. Villingen
(
önalem.
,
1573
):
wie ain ieder, [...], so man auszüg, seinen harnasch nit anthete.
so ist [...] mit ausziehung der krieg und raisen ain ser große irrung [...] gewesen.
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
395, 1
(
moobd.
,
1473
/
8
):
Morgens zue veld ausziehen | gunden zway her vil gross.
[er] zog mit gewerender hant und herscraft zu Rom aus wider Decium.
13.
›(jm.) etw. (Kleider) ausziehen‹; mit Verschiebung der Bezugsgröße: ›jn. (auch: sich) ausziehen; die Rüstung ablegen; jm. die Amtskleidung abnehmen; (als Synekdoche:) jn. degradieren, seines Amtes entheben‹.
Phraseme:
Adam ausziehen, den alten menschen ausziehen
, jeweils: ›den alten Adam ausziehen, seine alten Fehler ablegen‹;
die alten schuhe ausziehen
›alte Gepflogenheiten ablegen‹;
jm. das engelskleid ausziehen
›jn. entlarven‹.
Bedeutungsverwandte:
1;
2; vgl.
1
4,
,
2,
3,
3.
Syntagmen:
(jm.) die kleider / lumpen, den kittel / rok / schuh, das purpur a., jn. / sich a., jn. blos a.
Wortbildungen
(dazu bdv.:
,
),
4.
Belegblock:
Feudel, Evangelistar
58, 29
(
omd.
,
M. 14. Jh.
):
czugen ym uz daz purpur.
Luther. Hl. Schrifft.
5. Mose 25, 9
(
Wittenb.
1545
):
So sol sein Schwegerin [...] jm einen Schuch ausziehen von seinen füssen.
Ziehet den alten Menschen mit seinen wercken aus / Vnd ziehet den Newen an.
Apodyterium Huͤtterstube / oder außziehestube.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
45
(
Nürnb.
1517
):
legt an Christum in der neuikeit des lebens, zeucht Adam auß.
Bell, G. Hager
612, 1, 18
(
nobd.
,
1610
):
sein Neẅen kittel er auf das | sambt dem wames aus ziehen was.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
207, 9
(
els.
,
1362
):
hies der megede vatter sú us ziehen blos vnd gar sere schlahen.
nach dem [...] in der vischer vnd sein weyb enploest vnd außgezogen hetten.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron.
(
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
als man sich nun nidergeschlagen hett und die wagenpurg beschlossen, da zoch sich yederman aus und was kain ordnung [n]imer inn dem volckh.
zogen in aus und (wie die pfaffen sprechen) degradierten in.
Williams u. a., a. a. O.
48, 10
;
137, 7
;
522, 18
;
22.
›jn./etw. aus rechtlicher Verstrickung lösen, frei machen, befreien; jn. von einer Anklage befreien; etw. (rechtlich Angefochtenes) an sich ziehen‹, speziell: ›ein Gut, das in ein gerichtliches Verfahren verwickelt wurde, wieder unbelastet an sich bringen‹.
Phraseme:
jn./sich auf den heiligen ausziehen
›jn./sich freischwören, einen Reinigungseid leisten (indem man beim Schwurakt die nicht erhobene Hand auf eine Reliquie bzw. einen Reliquienschrein legt)‹.
Bedeutungsverwandte:
5,
2,
.
Syntagmen
die habe, das gut / gelt, den wein a., jn.
(z. B.:
den knecht / son
)
a., sich mit recht / urteil a.
Belegblock:
Behrend, Magd. Fragen
(
omd.
,
um 1400
):
Wy der vater synen son mag usgeczihen umb ungerichte.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
173, 39
(
thür.
,
1474
):
met sollicher entschuldigunge enmoget ir uwer knechte nicht ußgeczyhen, sundern ir iglicher muß syne schulde selbir vorantwerten.
sy mag darwedder nicht neyn gesagen addir met deme neyne dy farnde habe ußgeczyhen; eß were danne, daz sy daz also hoch ußzcyhen wolde, also hoch sy dy teydingeßlute obirsagen wolden.
ym sy rechtis gewegert worden, syne wyne ußzcuzcyhende.
Kisch, Leipz. Schöffenspr.
(
osächs.
,
1523
/
4
):
Ap nun des gefangen vater icht den moge ausgeziehen und unschuldig machen auf den heiligen.
Ermisch, Sächs. Bergr.
(
osächs.
, o. J.):
das dy geswornen uf gebirge keyne luthe mogen usczyhen adir unschuldig machen.
Mell u. a., Steir. Taid.
(
m/soobd.
,
1493
; Hs.
16. Jh.
):
und ist solcher anforderung [...] frei und ledig und auszogen.
Piirainen, Stadtr. Sillein
46b, 27
(
sslow. inseldt.
,
1378
):
Eyn vater mak seyn svn auz cyhen vor gericht.
Grosch u. a., a. a. O.
58, 28
;
276, 30
;
25.
›etw. von einer Regelung ausnehmen, ausschließen‹; als Synekdoche: ›etw. vorbehalten, ausbedingen‹.
Bedeutungsverwandte:
2,
7,
(V.)
10,
(V.)
1,
,
; vgl.
14,
3.
Syntagmen:
fünde, den haufen / wald, die hube, eine sünde, das buch, ein stük landes a.
;
sich die erste mänliche geburt a.
Belegblock:
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
136, 21
(
thür.
,
1474
):
daz er ym zcu der zcyt der vorgnogunge in sunderheyt ußgeczogen unde behalden hette, ap sollich gelt, daz syn bruder nach ym gelaßin hette, gefunden worde.
daz er ym [...] solliche anewisunge, da die steyne gelegen habin, gethann unde doch keynen houffen ußgeczogen hath.
Boos, UB Aarau
(
halem.
,
1356
):
daz wir si niemer gegen einandern núwern noch widervordern soͤlden mit dekeiner súndrunge, [...] oder mit dekeiner usziechunge.
Mell u. a., Steir. Taid.
(
m/soobd.
,
15. Jh.
):
ist auch auszogen der wald ob dem Purgstal.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid.
(
m/soobd.
,
16. Jh.
; Hs.
2. H. 17. Jh.
):
das all ihr hueben [...] von aines jeglichen richter oder gewalt seien außgezogen.