erwälen,
V.
1.
›etw. (aus mehreren Möglichkeiten) aussuchen‹; auch: ›sich für etw. (seltener: für jn., z. B. Gott) entscheiden, sich zu jm. / etw. bekennen‹; ›etw. wollen‹; ›über etw. verfügen‹;
vgl.  5.
Bedeutungsverwandte:
1
 11,  2,  1,  1,  2,  6; vgl. (V.) 10.
Gegensätze:
.
Syntagmen:
jn
. (z. B.
den abgot / schöpfer, die götter
)
e., etw
. (z. B.
den berg / tod / weg, die aufhenkung / gestalt / pein, das leiden / recht, ein gemach auf dem boden
)
e., den berg zu einer burg e
.;
e
. [+ AcI]; als part. Adj.:
die erwälten dinge / werke
; subst.:
js. erwälen
(Dat.obj.)
folgen
;
j. von seinem erwälen abtreten
.
Wortbildungen:
erwälig
›empfehlenswert‹ (dazu bdv.: vgl. ),
erwält
1 ›gewollt, (selbst) gewählt‹,
erwälung
1 ›Entscheidung‹ (dazu bdv.:  3; vgl. ,
die
, 1).

Belegblock:

Luther, WA (
1521
):
eynen szonderling, der etwas bessers weysz und yhm selb erwelet ein weg zum hymel.
Ebd. (
1521
):
ßo man doch gott alleyn mit dem glawben, nitt mit unßern erwelten wercken dienen kan.
die werckscheyder unnd churheyligenn mit yhren erkoren erweleten wercken thun keyn gut werck.
Ebd. (
1523
):
Also ist nun das die mainung und Summa summarum dieses euangelii, das ein yglicher abtrett von seinem fursatz, willen und erwelen.
Ebd. (
1540
):
Es heist warlich hindangesetzt unser eigen andacht und erwehlung in gottlichen sachen.
Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
170, 3
(
Frankf.
1535
):
Mann muͦß den [Bims] erwelen der vil loͤcher hat / hert ist vnnd brüchig.
Thür. Chron.
19r, 12
(
Mühlh.
1599
):
die Graffen von Schwartzburgk [...] erwehleten den Berg zu einer Burgk.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
61, 8
(
osächs.
,
2. H. 14. Jh.
):
so gestat her deme bosin teter das her sich moge selbin totin czu ere deme abgote den her irwelit.
Rupprich, Dürer (
nobd.
,
1528
):
Die achten etwan zu einer zeyt ein gestalt huͤbsch, zu der andern zeyt erwelen sie ein andre darfuͤr.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
91
(
Nürnb.
1517
):
dennoch ist noch erwelig, erlich und heilig, widergeben leiden für leiden.
Welti, Stadtr. Bern (
halem.
,
2. H. 13. Jh.
):
Swer vierzehen iar alt wirdet, der mag wol alluͥ recht an erbe und an burgrecht vnd an gerichte haben vnd erwellen.
Maaler (
Zürich
1561
):
Vnweyse Erwellung / da man nit betrachtet ob dem gemeinen nutz guͦts oder boͤß darauß moͤge volgen.
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
derhalben er im ein stuben und gemach im closter erwellet uf dem boden und in der nidere.
Bauer, Geiler. Pred.
320, 9
(
Augsb.
1508
):
Christus Jesus under herr / hat in diser zeit erwelt zuhaben / was im lastlich und bürdlich gewesen ist. Darumb ist nicht sicherers in diser welt zuerwelen / dann leiden / truck / trang und widerwertigkait.
Kummer, Erlauer Sp. (
m/soobd.
,
1400
/
40
):
O we, den scheppher habe ich verlorn, | den ich derwelt het und derchorn.
zu Dohna u. a., a. a. O.
181
;
244
;
Vetter, Pred. Taulers ;
Schmidt, Rud. v. Biberach
24, 28
;
Sappler, H. Kaufringer
13, 368
;
Vgl. ferner s. v.  3, (Adj.) 10,  2,  2.
2.
›jn. (vor anderen) auszeichnen, auserwählen, ausersehen, zu einer ehrenvollen Aufgabe bestimmen‹ (mit Gott, der göttlichen Gnade u. dgl. als Handlungsträger / Agens);
offen zu 2 und 3; vgl.  56.
Gehäuft Texte religiösen Inhalts.
Gegensätze:
 6.
Syntagmen:
jn
. (
den demütigen / man, die priester
)
e., die sele e., j. / etw
. (Subj., z. B.
got, die dreifaltigkeit
)
jn. e., jn
. [woraus, wie, zu welchem Zweck] (z. B.
aus allen völkern, [nicht] durch gute werke, für alle kreatur, in dem son, unter den zweien, zu einer mutter, zum schaf, zu js. eigentum, zu ewigen freuden
)
e., jn. e., das [...]
.
Wortbildungen
erwälerin
wohl ›Auszeichnung, Bestimmung‹ (dazu bdv.:  2).

Belegblock:

Luther, WA (
1544
):
wer also Christum kennet, der ist [...] schon von jm erkand und zum Schaf erwelet.
Sollichs thun sie wider dein volck, das du selber durch den heyligen geyst im glauben [...] geweyhet, erwelet unnd geheyliget [...] hast.
Ders. Hl. Schrifft.
5. Mose 14, 2
(
Wittenb.
1545
):
der HERR hat dich erwelet / das du sein Eigenthum seiest / aus allen Völckern.
Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Sant Paulus sprichet: ,wir sîn êwiclîche erwelt in dem sune‘.
welch diu sêle sol sin, diu erwelt sol werden, daz enist niht gesaget.
Bell, G. Hager
195, 3, 2
(
nobd.
,
1597
):
Darumb so Hat eüch gott al zeit | von anfang er wellet für war, | zu Er Erben die seli keit.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
110, 12
(
els.
,
1362
):
wenne dich got het erwelt daz du ein bischof in dirre kirchen siest.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
E. 14. Jh.
):
der demuͤtige úbertriffet alle ding, der wurt alleine erwelt.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
sy [weisheit] ist ein lererin der zuchte gotz: vnd ein derwelerin
[nd. Bibel 1478:
vthuorkesersche
;
Froschauer
1530 /
Dietenberger
1534 /
Eck
1537:
außerwelerin
;
Luther
1545, Weish. 8, 4:
angeber
]
seiner werck.
Anderson u. a., Flugschrr.
14, 9, 21
(
Straßb.
1524
):
Das man alle priester / von Gott vnd der gemeyn beruͦffen / erwelt vnd gesetzt
(auch zu 4 stellbar).
Schmidt, Rud. v. Biberach
3, 2
(
whalem.
,
1345
/
60
):
als Cristus sprach in dem ewangelio zvͦ sinen ivngeren: „Ir hant mich nvͥt erwelt
[dies zu 1],
ich han vͥch erwelt“.
Piirainen, Stadtr. Sillein
39a, 2
(
sslow. inseldt.
,
1378
):
daz mich dy heilige drivalticheit fuͤr alle creature ir selber czu einer muͤter erwelt.
Große, Schwabensp. ;
ders. Hl. Schrifft.
Apg. 1, 24
;
Kurrelmeyer, a. a. O. ;
Vgl. ferner s. v. ,  1,  6.
3.
›jn. (oder mehrere) aus einer größeren Anzahl aussuchen, zur Übernahme einer Aufgabe, einer Pflicht, eines Amtes ernennen, bestimmen‹ (mit einer meist höher- oder gleichgestellten Person als Handlungsträger / Agens);
oft geht aus den Belegen die Art des Auswahlverfahrens nicht eindeutig hervor, daher offen zu 4; vgl.  5.
Phraseme:
ane (js.) bewilligen und erwälen
(formelhaft).
Syntagmen:
jn
. (z. B.
einen prior, leibärzte, die geschiktesten, vier fürstengeschlechter
)
e., jn. zu seinem beistand e., j
. (z. B.
Alexander, der grosfürst / keiser, ein rat, die frau / die nation
)
jn. e., der teufel sich jn. e
.;
j. von dem bischof, von der obrigkeit, zu sendboten erwält sein / werden
.

Belegblock:

Luther, WA (
1520
):
Dan weyl wir alle gleich priester sein, musz sich niemant selb erfur thun und sich unterwinden, an unszer bewilligen und erwelen das zuthun, des wir alle gleychen gewalt haben.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
554, 1490
(
Magdeb.
1608
):
Als er [Alexander] wolt bezwingen die Welt / | Hat er zu seim beystandt erwehlt / | Nur sechs vnd dreissig tausent Mann.
Lemmer, Amman/Sachs. Ständeb.
4, 2
(
Frankf./M.
1568
):
Wir [Pfaffen] sind von dem Bischoff erwehlt | Vnd der Christlich Gmein fuͤrgestellt.
Ralegh. America (
Frankf.
1599
):
wo jemandt anders darzu moͤchte erwehlet vnd gezogen werden / daß er es in das Werck richte.
Bindewald, Texte schles. Kanzl.
44, 6, 9
(
schles.
,
1385
):
Do selbist dy selbe wrowe katherin kos, nante vnd irwelte [...] nicklos von Nuchtericz, eren brudir, Bernhart [...] irs vorbenumptin lipgedinges czu vormunden vñ czu beschirmen.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. (
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
der sachen wurden zu sendtpotten erwelt und erpetten der Durrer, hawbtman zu Orttenburg, und Gandolf von Kyenburg.
Moscouia
E 2v, 15
(
Wien
1557
):
Erstlichen so bitten die bruͤder des Closters den Großfuͤrsten / damit er jnen ein teuglichen Prior erwoͤlle.
Gille u. a., M. Beheim
99, 36
;
Köbler, Ref. Nürnberg
391, 14
;
Rot
308
;
Vgl. ferner s. v.  2, ,  2,  4, ,  2.
4.
›jn. mittels eines Wahlverfahrens (im Sinne eines Einigungsverfahrens, einer Abstimmung) in ein Amt wählen‹ (mit einer Gruppe, Versammlung von mehreren gleich- oder niedriger gestellten Personen als Handlungsträgern);
vgl.  5.
Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld):  2,  8, , (V.) 2,  15,  2,  1,  8, , , .
Gegensätze:
 1,  4, .
Syntagmen:
jn
. (z. B.
einen bischof / könig / babst / pfaffen / pfarrer / rat / richter / scheffen, seinen domprobst, die oberkeit, eine äbtissin / amptfraue, amptleute / geschworene, die römischen keiser
)
e., j
. (z. B.
der convent, die gemein / pfarre, die fürer
)
jn. e., jn
. [wie] (z. B.
einträchtiglich / gemeinlich / selbst / vereintlich, aus der zunft der kaufleute, aus / unter inen selber, durch js. anschiftung, durch das merer, durch js. praktiken, mit ordenlicher wal
)
e., jn. zu jm
. (z. B.
zu einem bischof / burgermeister / könig / schultheissen, zu einer zuhörerin, zu herren
)
e
.;
j. von jm
. (z. B.
von dem volk, von den fürsten
)
erwält sein / werden
;
die erwälenden stimmen
.
Wortbildungen
erwäler
›Kurfürst‹ (dazu bdv.: ),
erwälung
4 ›Wahl‹ (dazu bdv.:  3, , ).

Belegblock:

Luther, WA (
1524
):
es schluͤge sich ein hauffe zusamen, erweleten und beruffeten mich zu irem Bischoffe, da hette ich einen beruff.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
20, 4
(
osächs.
,
2. H. 14. Jh.
):
der do vormolis was der geweldigiste kunig, deme undirtenik worin alle Tartirn e sy irweltin eynen kunig us yn selbin.
Anderson u. a., Flugschrr.
21, 4, 25
([
Zwickau
]
1525
):
eyn gantze gemeyn / solle eynen Pharrer selbst erwelen vnd kiesen / auch gewalt haben / denn selben widder zu entsetzen.
Grundmann u. a., A. v. Roes
204, 18
(
alem.
,
15. Jh.
):
die roͤmischen keyser wurdent erwelet von den fúrsten in tútschen landen von sinem geslehte.
Buck, U. v. Richent. Chron. Conz. (
alem.
,
um 1430
):
Er hett dry erweler des hailgen römischen richs, die da groß mächtig fürsten wären, die erwellen und entsetzen möchten.
Graf-Fuchs, Ämter Interl./Unterseen (
halem.
,
1430
):
das si [lut in der beruͤrten herrschaft] amptlút under inen selber erwalten oder fúr einen baͤtten, und wen si also erwalten [...], den soͤlt ouch die herrschaft setzen und bestaͤtigen.
Rennefahrt, Staat/Kirche Bern (
halem.
,
1513
):
Wir gebietten ouch in kraft der gehorsame und des bans allen personen des ... gotshuß, das si gemeinlich soͤllen erwellen ein amptfroͧwen.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1552
):
aus denen 17 alsdann ain erbarer gantzer kleiner rat 6 erbar mann durch das merer erwöhlen.
Rot
324
(
Augsb.
1571
):
Lection, ein wahl / wehlung / erwelung.
Mell u. a., Steir. Taid. (
m/soobd.
,
1627
/
38
):
darnach scheft man [...], daß die gmain erbell ainen richter und der rat beleibt stehend bei dem herrn und erwellen auch ainen richter.
Österley, Kirchhof. Wendunmuth ;
Kurz, Murner. Luth. Narr ;
Wiessner, Wittenw. Ring
7230
;
Morrall, Mandev. Reiseb.
134, 20
;
Nyberg, Birgittenkl.
2, 215, 31
;
Bastian u. a., Regensb. UB
462, 20
;
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. ;
Dirr, Münchner Stadtr. ;
Roth, E. v. Wildenberg ;
Rwb  f.;
Vgl. ferner s. v.  1,  2,  2,  10, , .
5.
›jn. zur oder zum Geliebten (im Sinne weltlicher oder religiöser Minne), zur Ehepartnerin oder zum Ehepartner (Ehe) nehmen, jn. heiraten‹;
vgl.  5.
Bedeutungsverwandte:
 1, ; vgl.  5,  9.
Wortbildungen:
erwälung
5 hier ›aus dem Glauben kommende Wahl (einer oder eines Geliebten)‹ (dazu bdv.: vgl. ).

Belegblock:

Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
65, 5
(
thür.
,
1474
):
Hat dy Morynnen Hanßin Kochen, eynen yrer swester son, vor gerichte unde gehegeter dingbang zcu eynem vorsorger erwelt unde gekorn.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
116
(
Nürnb.
1517
):
Es sein junge meidlein im glouben; es sein beischleferin, dero lieb geteilt ist, in denen doch des breutigams lieb
[›die Liebe zum Bräutigam‹]
aus innerlicher erwelung fürtrift.
Strauch, Schürebrand (
els.
,
E. 14. Jh.
):
Diese lieben hitzigen inbrünstigen minnebrende und lutern megde süllent ir zuͦ gespilen erwelen.
Päpke, Marienl. Wernher (
halem.
,
v. 1382
):
Do hett ich vor dich mir erwelt, | Zeainer brut und kúnegin gezelt, | Das du gebærist minen sun.
Wiessner, Wittenw. Ring
1670
(
ohalem.
,
1400
/
08
):
[Der] derwel im ein allain | Unter allen frawen gmain, | Die im aller pest behag.
Klein, Oswald
56, 18
(
oobd.
,
1417
/
8
):
dorumb bistus mir erwellt, | minnikliches weib, in eren gunst.
Ebd.
88, 9
(
v. 1408
):
Ich rüm den tag und breis den wunniklichen scherz | do si mich hat erwellt [...] | ganz für ir ainigs herz.
Päpke, a. a. O. ;
6.
›jn. (ein Kind) adoptieren‹;
vgl.  5.
Bedeutungsverwandte:
,  2; vgl.  9,  2.
Wortbildungen:
erwält
5 (dazu bdv.: vgl. ),
erwälung
6 (dazu bdv.:  2,  2; vgl. ).

Belegblock:

v. Tscharner, Md. Marco Polo
40, 7
(
osächs.
,
2. H. 14. Jh.
):
gap her [kunig] [...] den ediln di do keyne kint hattin, in irwelte kindir iris erbis.
Schmidt, Rud. v. Biberach
93, 5
(
whalem.
,
1345
/
60
):
Daz beschah an Moyse, den erwalt her Pharaons des kvnges Egipti tocher zvͦ einem svn.
Brack (
Basel
1483
):
Filius adoptiuus. erwelter sun.
Köbler, Stattr. Fryburg (
Basel
1520
):
WJewol es im rechten syn maß hat / wie man kind anneme / durch erwelu͂g der anwunschung / So haben wir doch gemeynleysch gebruche bedacht.