Die Belegzusammenstellung und damit die Abgrenzung von Bed. 1 erfolgt unter dem Gesichtspunkt, ob eine soziale Klassifizierung ausgesprochen oder vorausgesetzt wird:
Große, Schwabensp.
(Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
Eyn vorspreche de sal armer luͦte wort sprechen dorch got.
wer iz dar vber tuͦt, it si eyn here oder eyn arm man, der ist eyn velschere.
Da man solche vermergkt, nort in zeiten abgeschafft, er sey reich ader arm! Die armen thun inß gemein daß beste, sein fleisig, geben euren f. g. ursache sie mit gnaden zu bedengken, welchs die scholtzen und reichen nicht thun, denn sie verlassen sich auff er gut und stoltzen müth.
Quint, Eckharts Pred.
85, 7
(
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Swâ nû wære ein rîcher künic, der dâ hæte ein schœne tohter, gæbe er die eines armen mannes sune.
Rudolph, Qu. Trier
(
mosfrk.
,
15. Jh.
):
Daz sy ungelt heben von myns herrn armen luden, das nit syn ensolde.
Schmidt, St. Kastorst.
2, 186, 47
(
mosfrk.
,
1453
):
moechten die armelude von Eumptze vur mynen Herren von Catzenelnbogen komen sich tzu verantworten.
Kollnig, Weist. Schriesh.
11, 34
(
rhfrk.
,
1430
):
were es, das hern oder edellute [...] icht eygener armer lutte hetten in der zent.
Foltz, UB Friedb.
(
hess.
,
1376
):
daz sie unser armen lude eins deils zuͤ iren burgern enphaen.
Dubizmay, kurß zu Teutze
72, 11
(
hess.
,
1463
):
[er] Er- | hohet den nottigen von der | erden vnd hebet den armen | von dem miste. Das er in | setze zu den fursten [...] seynes volckes.
Röhrich u. a., Cod. Dipl. Warm.
4, 363, 20
(
omd.
,
1430
):
seynt so vil pferde unseren armen leuthen tzu und umb Heilsberg gestorben.
Luther. Hl. Schrifft.
1. Sam. 18, 23
(
Wittenb.
1545
):
Dauid aber sprach / Dünckt euch das ein geringes sein / des Königes Eidem zu sein? Jch aber bin ein armer geringer Man.
Löscher, Erzgeb. Bergr.
71, 6
(
omd.
,
1544
):
desgleichen genediklichen betrachten die abbrechunge des lohns der armen knaben.
Do aber arme bergkleute schechte gewältigen, do mag ihnen ein alt abgesaczt seil [...] gegeben werden.
das yn vnser kegenwertikeyt komen synt die Armen lewte von Matiskirchs.
Doubek u. a., Schöffenb. Krzemienica
526
(
schles. inseldt.
,
1475
):
so mus ich tuen als eyn arm man, vnd mus ir eyn awsweysunge twen.
Dinklage, Frk. Bauernweist.
41, 2
(
nobd.
,
1413
):
sal keyn herre oder dye synen, dye guͤt in dem dorfe haben, muͤtwillen dryben mit den armen luͤden von irre guͤlte.
schol unser herschaft der thumbrobstey ir arme leut schawern und schirmen als getreulichen als ir arme lewt.
die Jobst Tetzels und Jacob Schlewitzers arme leut betrohet und gebrennet.
Gille u. a., M. Beheim
82, 85
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
dar zu so walt er [Crist] auch arm
[›gering‹]
sein, | das wir mit seiner klaine | Gross wurden sunder grause | und auch mit seiner armut reich.
sy
[Christi Eltern]
warn erber und greht leüt | und worn doch arm und heten neüt | wann was sy tëglich gwunnen.
davon sol der eg[enant] Sewszer [...] auch gewarten mit gewoͤnlichen diensten und stewren als ander meins herren arm lewte.
dy obgeschriben ecker muͤssen dy burger in der stat pawen, und dy wisen dy armen leuͤt uff dem lande meen.
dy armen leuͤtt am Perge haben allwegen recht gehabt [...] nach tzymmer- und prennholtz zu faren.
hat mir sein gnode bevolhen, solich alle lehen zu casten zu nemen, doemit die armen mit den dinsten zukomen mogen.
Ein register der guͤlte, do arme lewt sprechen, inn geschehe uͤnrecht durch das schreyben des newen lantpuchs.
so sprechen die armen, inn geschehe uͤnrecht, wan sie so viel veldes und zwͤgehoruͤng nicht haben.
das von fuͤnfundzweinzig guldin 18 guldin und mer auf arm lewt in dorfern legten.
her Nicolas Muffel ist gesagt von eins seins armen wegen der mit im in irrung gestanden ist, das er sich des annemen sol.
Bührer, Kl. Renner
149
(
nobd.
, Hs.
um 1480
):
Hat ein arm man icht verbrochen | Oder ein krümbs wortt en munde gesprochen, | Der kan nymadcz genyessen.
Komet vor gericht ein arm man, | Der sein rede nicht wol / derczelen kan, | [...] Sein sach wirtt Im vmb gekartt.
Schade, Sat. u. Pasqu.
(
1524
):
die rechten recken haben sich geschickt und ir heg behalten, alein die armen haben verloren: die muͤßen alweg (dann ein sprichwort ist) underligen.
so das arm volck kumpt begirig zuhoͤren Gottis wort, deren schweyß vnd arbeyt yhr fressen yn ewrem mutwillen.
treibest das arm volk in plutigen hunger und armut, und liegen got an!
von den innern wurdent der armen drie erschlagen.
waz biderbe und fridesam und sinen armen luten genedig und gut.
Barack, Teufels Netz
(
Bodenseegeb.
,
1. H. 15. Jh.
):
Ain arm man der uf dem land sitzt | Und tag und nacht umb narung switzt, | Wie er sinen herren hinbringt.
Leisi, Thurg. UB
7, 485, 9
(
halem.
,
1386
):
stoͤss, so herr Eglolf von Landenberg, ritter, ze ainem tail gehebt haut mit des vorgenanten mins gnaͤdigen herren von Sant Gallen armen lúten, die in den hof ze Kesswile gehoͤrent.
Das gesatz der [...] ackerteilung der armen burgeren. Lex agraria.
Graf-Fuchs, Ämter Interl./Unterseen
(
halem.
,
1683
):
schwere thalkosten [...] zu nicht geringer beschwärt der armen, allein von den güetteren [...] hat erhebt.
jch bin nit wigoleis sunder ein armer bauman oder dorfman.
daß sie täglich in hertzog Albrecht landt sind gefallen und die armen leut plindert und beraupt [...] hertzog Albrecht ist still gesessen [...], als gang es in nit an, oder [als ob] im die armen leut [nit] zuͦgehörten.
für sich und die seine kostliche behaussung hat [Jacob Fugger] bauen, nit allein im zuͦ ainem lust, sunder auch armen leutten zuͦ auffenthaltung und nutz, die daran arwaitten, sich dasverbaß erneren migen.
werden die armen lut täglich offenbaren, die zuͦ sollichem anschlag ir antzal volcks zeschicken ersucht sind.
ist gleichwol dem armen povel volck, daß sie auch from und erbar sein könnden, nit abgeschlagen.
für seine arme leuth, hausgesind, ehehalten und underthanen.
Diehl, Dreytw. Essl. Chron.
(
schwäb.
,
1525
):
wenn man ein fyrstenn krygenn will, so krygett man die armenn leutt, die mussenn denn schadenn tragenn.
Barack, Zim. Chron.
(
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
nachdem im die armen leut huldigung gethan und geschworn.
Herr Wörnher [...] hielt sich in der herrschaft mit seinen armen leuten und hündersessen [...] so wol.
das du dir deine armen leut, gaistlich und weltlich, lassest empfalhen sein und inen nit unrecht thun.
Gehring, Würt. Ländl. Rechtsqu.
3, 227, 15
(
schwäb.
,
um 1495
):
des ranen und desen haymen halben, so die armen leuͤt und hindersaͤßen zuͦ Seflingen lang zeit auf dem hof des gotzhawß im geprauch gehabt haben.
Wintterlin, Würt. Ländl. Rechtsqu.
(
schwäb.
,
1515
):
so muͦß man mit der maß darein sehn, das es [...] den armen leuten und guetern nit verderblich [...] sey.
Niewöhner, Teichner
489, 21
(Hs. ˹
oschwäb.
,
1368
˺):
so fraug ich nit die adelhaft, | ich fraug arm luͤt da neben.
Nyberg, Birgittenkl.
1, 205, 20
(
oobd.
,
1546
):
davon wyr arme betrubtte kynntt [...] durch eur curfurstliche genaden getrost wern.
Steinberger u. a., Urk. Hochst. Eichst.
332, 15
(
noobd.
,
1346
):
daz sich mines gnedigen herren bischof Albr. ze Eyst. und sines gotzhûs arme lût alle die, die in der grafschaft gesezzen sint, si sien maier oder huͦbner oder seldner, sie sien arme oder rich, [...] verriht haûnt umb alle di klag.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
19, 15
(
tir.
,
1464
):
der [...] an sich genomen hat die gestalt des chnëchtes vnd ist armer vnd dürfftiger geporen. Er ist gewësen mër denn arm vnd dürfftig, als lang er gelëbt hat, er ist ermikleichen gestarben vnd ermikleichen pegraben.
Straus, Juden Regensb.
213, 5
(
oobd.
,
um 1475
):
zu erzelen die beschwerung der J(uden): zum ersten ir furschlag, betriegung der armen arbaiter und des gemain volks.
Edler ... h. Hauptmann ...: wir armi tuͤhen e. g. anpringen, daz abermalds nauͤung auf uns glaynt werd.
Winter, Nöst. Weist.
(
moobd.
,
um 1450
):
Ob ain armer man auf den grünten in abnemen kämb und den grunt nimmer vermöcht und sagt dem richter auf, er sols aufnemen.
Wopfner, Bauernkr. Tirol
65, 7
(
tir.
,
1525
):
Der absager halben ist unnser beger, [...] daz man gǔt ordnǔng halt, wo ain armer man daz reht nit vermag und doch gǔt recht hab [...], will not sein, daz die herrschafft [...] im zǔ recht helff [...], damit werden vil absag und emperǔng abgestelt.
Rintelen, B. Walther
33, 8
(
moobd.
,
1552
/
58
):
das Wort und Dienst Gottes dem / armen Man [...] eingebildet werde.
Siegel u. a., Salzb. Taid.
(
smoobd.
, Hs.
1654
/
68
):
welchem wür als eur hochfüstl. gn. etc. arm, getreu, ainfeltig gerichtsleit und underthannen in aller gehorsamb gelëbt.
nachdem [...] wier als die arme gmain und burgerschaft dises e.f.gn. panmarkts Zell im Pinzgew mit fürstlicher freihait [...] versehen worden sein.
wann ain armer man verfelt mit leib und guet ainem pfleger oder seinem richter.
˹In Sprichwörtern:
Luther, WA
(
um 1535
):
An armen hoffart wisscht der teufel den ars
[›die Hoffart der Armen ist selbst dem Teufel verächtlich‹].
Ein arm man sol nicht reich sein
[›ein Untertan soll Untertan bleiben‹, vgl.:
ein knecht sol knecht sein
, WA 2, 641, 16].
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 206, 27
(
Hagenau
1534
):
Es ist eyn Furst wol so seltzsam im hymel / als eyn hirsch in eynes armen mans kuchen.
Ebd. 2, 117, 6
(
Augsb.
1548
):
Es soll ain armer man / die Herren nicht wissen lassen / was er in seinem hause hat.
Beraube den Armen nicht / Ob er wol Arm ist / unnd undertrucke den Elenden nicht im thor / Dann der Herr wirdt ire sache handeln / unnd wirt ire undertretter undertretten.
Hummel vnd Wispen werden geehrt / die gute arme bienlin seind in hoͤchster verachtung. [...]. Die reichen oder grosse Dieb / hengen die armen oder kleinen an Galgen. [...]. Besser ein arm Kind das weiß ist / dann ein Koͤnig der ein Narr ist. [...]. Leug nicht arm Mann / es gehet die grossen Hansen an. [...]. Bleib ein armer Puͤffel / vnd maulesel / biß dich Gott herauß fordert. [...]. Ein arm Viech hat auch seine seufftzer zu Gott / in dem es seiner art nach vber die eitelkeit vnd schinderey klagt. Arme weißlein kommen so bald zu ehren / als die in grossem pracht erzogen werden. [...]. Ein arm Mann ist kein Graff. [...]. Newe find kommen von armen leuten
[Hinweis auf die Möglichkeit sozialer Unruhen, die von der Unterschicht ausgehen].
[...]. Mit den armen sterckt man das recht. [...]. Man lest kunst arm vnd gelehrt sein. [...]. Ein armer der vil hoffart treibt / Ein knecht der nicht in dienste bleibt. [...]. Was die Herren suͤndigen / das buͤssen die armen. Der Herren lust / ist armer gesellen vnlust. Was Herren thun ist alles gut / Vnrecht alles was der arme thut. [...]. Der armen trost ist / das Gott selbst auff Erden auch arm
[eher ›gering‹ als ›arm‹]
gewesen ist. [...]. Der grossen Herren pracht / Jst armer leut ohnmacht. Wo ein Pawr ein Herr wirdt / da gehets vber arme leut. [...]. Es hindert niemand / das ein armer Conrad heist. Grosse Herren vergessen armer leut bald. [...]. Es ist jetzunder leider sitt / Dem armen thut man glauben nicht. Vnd ob sich find die warheit schon / Doch muß er weit dahinden stohn. Der armen acht man wenig / man doͤrffe dann jhr zur noth. Wann die Herren einander rauffen / so muß der arm das har darhalten. Der krieg gehet allein vber armer leut seckel. [...]. Man gibt dem armen allzeit das hartest end am strick. Gewalt geschicht manchem armen Knecht / Wenn man zu gar sehr scherpffet das recht. [...]. Der armen Kuh muß man melken / nicht schinden. [...]. Wer arme leut nicht will hoͤren / Der taugt nicht zum regieren. [...]. Wenn man arme leut thut sehr beschweren. So ist jhnen Gottes hilff nicht feren. [...]. Arme leut wohnen in kleinen Haͤusern. Kem ein armer ins Schlauraffenland / so wer er doch arm. [...]. Groß gut dient armen vñ geringen leuten nicht / die nicht land vnd leut zu vertretten / vnd zu beschuͤtzen haben.
˺