annemen,
V., unr. abl.;
sehr komplexes Bedeutungsspektrum.
1.
›etw. (z. B. ein Gut) übernehmen; etw. (Bewegliches) entgegennehmen, an sich nehmen‹.
Bedeutungsverwandte:
; vgl. .
Wortbildungen:
annemer
1.

Belegblock:

Buch Weinsb. (
rib.
,
1554
):
so hab ich min anpart des eigentums adieirt und angenomen.
Lexer, Tucher. Baumeisterb. (
nürnb.
,
1464
/
75
):
das er sich sunst keinerlei holtz an nemen soll weder von bockstallen, rustholtz oder anderm altem holtz.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1536
):
der sollt die (von im) geschnitten schuech (und) stifel hinder im lassen, und die sollt der geschaumaister ainer annemen.
Rintelen, B. Walther
25, 23
(
moobd.
,
1552
/
58
):
so mag der Grundtherr das Guet nach billicher Schätzung verkauffen, oder [...] das Guett umb die Schätzung annemen.
Grothausmann, Stadtb. Karpfen
83, 11
(
mslow. inseldt.
,
1607
):
Endtlich hat die wittib die behauśung folgend geśtalt angenomben.
Fischer, Folz. Reimp.
35, 49
;
Preuss. Wb. (Z)
1, 167
;
2.
›etw. beschlagnahmen, konfiszieren‹.
Bedeutungsverwandte:
, (V.) 1; vgl.  13.

Belegblock:

Schwartzenbach (
Frankf.
1564
):
Annemen. [...] Etwas mit Recht einziehen / einfengen / einem̃en [...] oder an sich bringen.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
1565
/
81
):
So ein richter ein verstollens guet annimbt.
3.
›sich e. S. bemächtigen, etw. an sich reißen (durch Gewalt / Usurpation o. ä.)‹.
Bedeutungsverwandte:
 2,  1; vgl.  25.

Belegblock:

Chron. Strassb. (
els.
,
A. 15. Jh.
):
[Er] sante den in welsche lant wider Constantinum und sinen sun, die sich des riches annoment.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
E. 15. Jh.
):
als er Zili, die stat, angenommen hett und auch das sloß selbs persönlich.
Ebd. (
v. 1536
):
da hat ain rat gefircht, solt wider ain auffruͦr werden, so möchte der boffel sich um den Katzenstadel annemen.
4.
›jn. (meist Soldaten) anwerben‹.
Bedeutungsverwandte:
 20.

Belegblock:

Ulner (
Frankf.
1577
):
Kriegßvolck auffbringen. Reuter vnd Knecht annemen [...] ein Heer zusammen bringen.
Bachmann, Haimonsk. (
halem.
,
1530
):
wend wir etwaz gselschafft annemmen und etwann einem fǔrsten diennen.
Bernoulli, Basler Chron. (
alem.
,
1444
):
Usz welcher bevelch er vil knecht annom in dem rych.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1561
):
Der bapst läßt in Italien 4000 hagkenschützen annemen.
Maaler /v;
Dietz, Wb. Luther .
5.
sich js./jn. annemen
›jn. (z. B. als Frau) nehmen, gewinnen‹.

Belegblock:

Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
Dem ist in der jugendt ein solchs starks maleficium begegnet, das (er) wie er erwachsen, sich kainer frawen annemmen dörfen.
Niewöhner, Teichner
69, 30
(Hs. ˹
moobd.
,
1360
/
70
˺):
zaimal waz ein junger man, | der nam sich ein freundinn an.
6.
›rechtlich gegen jn. vorgehen, ein Verfahren gegen jn. einleiten‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  7,  7.

Belegblock:

Fuchs, Murner. 4 Ketzer
263
(˹wohl
Straßb.
˺
1509
):
Mit hilff seins ordens nam er an | Den pfarrer / das er hatt gethan | Solche red vff seinen orden.
7.
›jn. verhaften, festnehmen, gefangennehmen‹.
Bedeutungsverwandte:
 12,  10,  3,
1
; vgl.  3,  1.
Gegensätze:
 3.
Syntagmen:
jn. mit / zu gefängnis a., jn. (ge)fänglich a.
(formelhaft),
jn. mit recht a., jn. von ampts wegen a., jn. peinlich a.
(›jn. foltern‹).

Belegblock:

Chron. Magdeb. (
nrddt.
, Hs.
1601
):
hat der Radt einen kleinen Jungen lassen gefenglichen annehmen.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
331, 31
(
thür.
,
1474
):
Ist der gnante Peter Bratfischs der vorhandelung halben [...] peynlichen angenomen und derwegin gefencklichen enthalden wurden.
Luther. Hl. Schrifft.
Apg. 21, 33
(
Wittenb.
1545
):
Als aber der Heubtman nahe her zu kam / nam er jn [Paulum] an / vnd hies jn binden mit zwo Ketten.
Bell, G. Hager
450, 3, 8
(
nobd.
,
1596
):
Her nach man gar | Balt ge fencklich an nemen Dette, | Die man in Die Echt er klert Hette.
Kohler u. a., Peinl. GO Karls V. (o. O.
1532
):
so jemanndt einer vbellthat durch [...] glaubwirdig anzeigung verdacht vnd argwenich vnd derhalb durch die obrigkeit Ampts halben angenomen wirdt.
Welti, Stadtr. Bern (
halem.
,
1539
):
dz mer dann einer [...] blutschlags gezigen wurde, so sollent sy all mit recht angnomen werden.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1548
):
hat Ir mt. fünf predicanten gefengklich annemen lassen.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
zu Vohburg warden si bekant und von den paurn angenomen und gên Inglstat bracht.
Siegel u. a., Salzb. Taid. (
smoobd.
,
1694
):
die also ainen iblthätter annemmen und zu gericht antworten helfen.
Kohler u. a., Bamb. Halsger. ; ; ; ;
Bernoulli, Basler Chron. ;
V. Anshelm. Berner Chron. ; ;
5, 168, 19
;
Welti, a. a. O. ; ;
Luginbühl, Brennwalds Schweizer Chron.
1, 75, 24
;
Roder, Hugs Vill. Chron. ;
Barack, Zim. Chron. ;
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. ;
Mell u. a., Steir. Taid. ; ; ;
Siegel u. a., Salzb. Taid. ;
Winter, Nöst. Weist. ; ;
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. ; ;
8.
›sich auf etw., mit jm. einlassen, sich mit etw./jm. abgeben‹.

Belegblock:

Lemmer, Brant. Narrensch.
55
Vor. (
Basel
1494
):
Wer artzeny sich nyemet an | Vnd doch keyn presten heylen kan | Der ist eyn guͦtter gouckelman.
Sappler, H. Kaufringer
16, 429
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
ainr sich wüechern annimpt.
Niewöhner, Teichner
554, 54
(Hs. ˹
nobd.
,
E. 14. Jh.
˺):
etleich herr ist in den siten | daz er mangen pider man | let verderben und nymt sich an | unrain volk.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. (
moobd.
,
1478
/
81
):
sy wolt auch kainen weis bei im beleiben und nam sich an umb des künig von Engenland brueder.
Kurz, Waldis. Esopus .
9.
›jn. (durch eine private Entscheidung und / oder in einem rechtsförmlichen Verfahren) als etw. akzeptieren, anerkennen‹; je nach Obj.; ›jn. (in die Gemeinde) aufnehmen‹; ›jn. zu etw. wählen‹; mit Obj. der Sache: ›etw. akzeptieren, sich für etw. entscheiden, etw. anerkennen‹.
Syntagmen:
jn. für den messiam / für die eltern / für einen bürger / pro civibus a., jn. zum volk / freund / gesellen / richter / schuldner / tochterman a., jn. zum unterricht a., jn. an stat eines kindes a.
›jn. adoptieren‹;
die bitfart / entscheidung / freundschaft / gabe / gnade / predigt / wal a., den abschied / frieden / segen / vortrag a., das ampt / erbe / erkentnis gebot / wort / zeugnis a.
;
ein kind a.
›ein Kind adoptieren‹;
jn. mit gelübde a.
›als Gemeindeangehörigen aufnehmen‹;
das a. der mutung
;
angenommener gang
›auf eigene Faust abgebauter Erzgang‹; phrasematisch:
das kreuz a.
›am Kreuzzug teilnehmen‹;
das bis a.
›sich zähmen lassen (von Pferden gesagt)‹.
Wortbildungen:
annemer
2.

Belegblock:

Kurz, Waldis. Esopus (
Frankf.
1557
):
Da buͤcket er sich fuͤr jn nider, | Vnd nams fuͤr seine Eltern an.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
152, 18
(
thür.
,
1474
):
haben darnachmalß sollich unnßer rechtlich irkenthniß [...] ungestrafft angenomen.
Luther. Hl. Schrifft.
2. Chron. 19, 7
(
Wittenb.
1545
):
bey dem HERRN vnserm Gott ist kein vnrecht / noch ansehen der Person / noch annemen des Geschencks.
Löscher, Erzgeb. Bergr.
84, 9
(
omd.
,
1548
):
Von annemen der mutung in abwesen des berckmeisters.
Ebd.
130, 25
:
Haben zwo zechen [...] ihren lochstein in die gruben oder erbstufen fordtbringen laßen undt dieselbigen von beidten theilen in gegenwarth der geschwornen angenomen.
Mathesius, Passionale (
Leipzig
1587
):
das Gott [...] vns alleine durch sein erkentnis wil annemen / vnd fuͤr gerecht achten vnd halten.
Dinklage, Frk. Bauernweist.
37, 17
(
nobd.
,
1488
):
ob einer [...] ein gemeinsman begerth zu werden, derselb soll mit gelubden angenommen werden an eines aidt statt.
Gille u. a., M. Beheim
328, 459
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
da waz manch tausent man, | die daz kreucz namen an.
Dietrich. Summaria
20r, 30
(
Nürnb.
1578
):
Vermanet also jederman / das man solche predig nicht verachten / sondern annemen woͤlle.
Kurz, Murner. Luth. Narr (
Straßb.
1522
):
Was ich nur schreib, das nimpt man an, | Das niemans widersprechen kan.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1549
):
da wurden zuͤ richtern angenomen doctor Wolf Langenmantels, des alten, son, Wolfgang genannt, Cristoff Rehlinger, doctors son.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. (
moobd.
,
1478
/
81
):
der merer tayl der landtschaft hetten hertzogen Albrechten und Wolfgangen gern angenomen.
Mell u. a., Steir. Taid. (
m/soobd.
,
1523
):
sover denselben [richter] die gedachten verweser fur teuglich, nuzlich und guet erkennen, sollen si ine annemen und die phlicht furhalten.
Grothausmann, Stadtb. Karpfen
154, 20
(
mslow. inseldt.
,
1625
):
seindt pro civibus an vnnd aufgenomben worden [...] Jano Paulig vnnd Wenkho Heydugg.
Kurz, a. a. O. ;
Löscher, a. a. O.
147, 22
;
Mathesius, a. a. O. ;
Kehrein, Kath. Gesangb. ;
Wickram
4, 19, 31
;
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst ;
Goldammer, Paracelsus
7, 4, 7
;
Welti, Stadtr. Bern ;
Siegel u. a., Salzb. Taid. ;
Moscouia
B 4r, 28
;
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. ;
Preuss. Wb. (Z)
1, 167
;
10.
›(Tiere) für die Alm zulassen, den Auftrieb gestatten‹.
Bedeutungsverwandte:
 11.

Belegblock:

Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
1577
):
die albmmaister sollen ain zimblichs viech darauf auf und annemen.
Vorarlb. Wb.
1, 101
.
11.
›sich gegen herrschende Normen e. S. unterfangen, unterwinden, sich unterstehen, herausnehmen, erdreisten, etw. zu tun, sich etw. anmaßen, sich etw. zuschreiben‹, im Unterschied zu 12-14 negativ gewertet.
Bedeutungsverwandte:
, , ; vgl.  2.
Syntagmen:
refl.;
sich e. S.
(Gen., z. B.
der herschaft / gabe / maiestät, des adels / gewaltes / regimentes
)
a.
;
sich etw.
(Akk., z. B.
gericht / gewalt / gotheit / werk
)
a.
;
sich a., zu [...]
oder
das [...]
oder
und [...].

Belegblock:

Chron. Köln (
rib.
, Hs.
1. H. 15. Jh.
):
want vischer sich do an namen | heirscheffe ind zo scheffendoyme quamen.
sint deme maile si sich annaimen uns in unser stat ind vur unsen porzen zo vancgen.
v. Liliencron, Dür. Chron. Rothe (
thür.
,
1421
):
her was der erste, der sich gewalt an nam uff disser erden unde die lewte zwang.
do nomen sich des ouch die weib an, unde gyngen ouch busse.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
nieman ennimet sich nút an das ander ze sinde noch anders denne als im Got geordent hat.
das er [mensche] sich Gotz werk zemole nút an enneme und losse Gotte das sin.
Bernoulli, Basler Chron. (
alem.
,
1415
):
Der [Hussz] nam sich an, daz er wol gelerte und ein grosser phaffe were.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
ketzer, die sich in laienweis ân all weih an nement peiht ze hœren und ze vergeben den läuten ir sünd.
vogelweisen [...], daz sint die sich annement künftigeu dinch ze sagen von der vogel quiteln.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
wolten sich auch umb Rom angennummen, dasselbig zu gewinnen understanden haben.
Quint, Eckharts Pred. ; ;
Froning, Alsf. Passionssp.
5134
;
Vetter, a. a. O. ; ;
V. Anshelm. Berner Chron. ;
Wackernell, H. v. Montfort ;
Jaksche, Gundacker ;
Pfeiffer, a. a. O. ;
Wackernell, Adt. Passionssp. St. I,
222
;
12.
›sich etw. angelegen sein lassen, sich um etw. kümmern, sich e. S./js. annehmen‹.
Bedeutungsverwandte:
 2, ; vgl.  15.
Syntagmen:
refl.;
sich js.
(Gen.: z. B.
des kindes, der alpgenossen
) /
e. S.
(Gen.:
des erbes / gutes / handels / rechtes / reiches, der herde / not / sele / rede / sache
)
a.
;
sich um etw. a.
; phrasematisch:
sich e. S.
(Gen.)
schwerlich a.
›sich etw. zu Herzen gehen lassen‹.

Belegblock:

Behrend, Magd. Fragen (
omd.
,
um 1400
):
Do der heilige keyser [...] sich annam, wy her dy lute [...] zcu deme glouben brechte.
Luther, WA (
1535
):
Hie zu gehoͤret nu der Glaube, der sich des Koͤnigs anneme und diesen Christum also lerne ansehen.
Dinklage, Frk. Bauernweist.
115, 10
(
nobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
ob ymant were, der sich der sache annemen wolt.
Pyritz, Minneburg
4620
(
nobd.
, Hs.
um 1400
):
Wann wist: im geschicht unreht | Und ist niht wol an im getan. | Dez nymt er sich so swerlich an | Daz ez mich fur in derbarmt.
Goldammer, Paracelsus
4, 172, 13
(
1530
):
die doten, die von niemants gebunden seindt, sunder über all entledigt, deren sich niemandts annimpt.
Moscherosch. Ges. Phil. v. Sittew. (
Straßb.
1650
):
dessen man sich so lang annimmet vnd erbarmet, als lang man von ihr kan genieß vnd Vortheil haben.
Päpke, Marienl. Wernher (
halem.
,
v. 1382
):
Wer es nu wol hie kúnde tuͦn | [...] | Und sich der red an næme, | Der moͤste sælden vil bejagen.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
1, 11
(
oobd.
,
3. Dr. 14. Jh.
):
wes du dich, fraw, wilt annemen, | der mag got nicht widerzemen.
Schützeichel, Mrhein. Passionssp.
886
;
Hübner, Buch Daniel ;
Gille u. a., M. Beheim
66, 20
;
Mayer, Folz. Meisterl. ;
Kehrein, Kath. Gesangb. ; ;
Bachmann, Haimonsk. ; ;
Luginbühl, Brennwalds Schweizer Chron.
1, 314, 8
;
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. ;
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. ;
Maaler /v;
Vorarlb. Wb.
1, 101
;
13.
›sich e. S. unterziehen, etw. auf sich nehmen, (eine Aufgabe) übernehmen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  3,  4.
Syntagmen:
meist refl.;
sich e. S.
(Gen., z. B.
der reise / sache, des streites
)
a.
;
sich etw.
(Akk., z. B.
die bürde / krankheit / reue, das fasten / joch / kreuz, den befel / weg
)
a.
;
sich a., zu [...]
oder
wie [...]
;
angenommene schuld.
Wortbildungen:
annemer
3.

Belegblock:

Chron. Köln (
Köln
1499
):
die quamen zo Coellen ingereden ind annomen sich, ever ein soine zo machen ind dairzo helpen raeden.
Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
daz unser herre Crist | Durch der menscheite genist | Mit angenomenen schulden, | Daz her uns wider zun hulden | Sineme vater brechte.
Neumann, Rothe. Keuschh.
1227
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
wer nu si ein cristen mag man, | der neme sich Cristus crutze an.
Goldammer, Paracelsus
6, 1, 21
(
1530
):
allein den weg des herrn annemen und im selbigen wandlen.
Lindqvist, K. v. Helmsd.
882
(
halem.
, Hs.
um 1435
):
Do diser sun wider haime kam | Und er die riwe an sich nam, | Do ward im schon engegen gangen.
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
In ainer kürze darnach hat er sich ainer ferren rais angenomen.
Gierach, Märterb.
3772
(Hs. ˹
moobd.
,
A. 15. Jh.
˺):
E sich Gregorius dy purd | an genem und pabst wurd.
Wutke, Schles. Bergb., Cod. Sil. ;
Behrend, Magd. Fragen ;
Gille u. a., M. Beheim
82, 532
;
Kehrein, Kath. Gesangb. ;
Enders, Eberlin ;
Quint, Eckharts Pred. ;
Cirullies, Rechtsterm. Anh.
1981, 93
;
14.
›sich e. S. befleißigen, sich dauerhaft, angelegentlich um etw. bemühen; etw. genauestens prüfen‹.

Belegblock:

Kurz, Waldis. Esopus (
Frankf.
1557
):
Man solt sich nemen tugent an | Vnd stets wolthun auch jederman.
Neumann, Rothe. Keuschh.
2862
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
di kuscheit gruͤne umme sich macht | was bi ir ist, wanne si besacht | di meide, knechte, wibe unnd man | das si sich der nemen zu rechte an | unnd zuchte unnd togend driben.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
14. Jh.
):
du endarft dich keinre sunderlichen uͤbungen annemen.
Päpke, Marienl. Wernher (
halem.
,
v. 1382
):
Doch zeme es vil bas ainem man | Der wol schoͤne rede kan, | Baidú wort und wise | Mit alles lobes prise, | Der sich des an næme | Als wol in baiden zæme.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1523
/
7
):
er [doctor Martinus] sei berait [...] dieselben [biecher] auffs allerschörpfest anzuͦnemen.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. (
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
Der nam sich des kriegs von erst und am maysten an.
Kurz, a. a. O. ;
Lauchert, Merswin ;
15.
den stollen annemen
›den bergmännischen Betrieb aufnehmen‹.

Belegblock:

Ermisch, Sächs. Bergr. (
osächs.
,
14.
/
15. Jh.
):
den gewerkyn, dy den stollen von erst angenomen habyn.
16.
es mit jm. annemen
›es mit jm. aufnehmen‹.

Belegblock:

Lappenberg, Fleming. Ged. (
1632
):
Wer wolte nicht viel lieber | an einen sichtbarn Feind, für dem er stehen kan, | und auf gut ritterlich es mit ihm nehmen an.
17.
phras.:
überhand annemen
›sehr mächtig werden‹.

Belegblock:

Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
Pêde nation [...] sein gros und unleidlich worden, haben überhand angenomen.
18.
›etw. vorgeben, vortäuschen, sich stellen, als ob [...]‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  5.

Belegblock:

Wyss, Limb. Chron. (
mfrk.
,
2. H. 14. Jh.
):
he qwam wol mit funfzig rittern [...] unde nam sich an, he wolde mit in zu rade gen.
Chron. Köln (
Köln
1499
):
eindeil naemen sich an, dat si krank weren, up dat si mochten gelt daedurch bedelen.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
der [boͤs geist] waz in sinem angenomen bilde geschafen als ein ungestalter more.
Matthaei, Minner. I, (Hs. ˹
nalem.
,
1459
˺):
lieb angenomen wirt halb verrert, | truͤw halten öfft lieb mert.
Goedeke, Fischart. Kehrab
146
(
Straßb.
1576
):
Ain schand ists von aim solchen man, | Der sich nimt für ain glerten an.
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst (
Straßb.
1522
):
dy gab sich selber in die Kuͤchin zuͦ einer Kellerin und nam sich an, sie wer nit witzig.
Luginbühl, Brennwalds Schweizer Chron.
2, 427, 10
(
halem.
,
1508
/
16
):
fluchend die Eignossen allgemach vor danen und nam sich etlicher hinkens an.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1544
/
5
):
dann umb daß er von dem könig Tarquinius zufriden belibe, hat er sich ainer wohnwitzigen weis angenomen, dann er im zuvor ainen bruder unrechtlich getödt hett.
Wyss, a. a. O. ;
Bolte, a. a. O. ;
Schmidt, Hist. Wb. Elsaß ;
19.
›eine andere Gestalt, ein anderes Wesen annehmen‹, speziell von der Menschwerdung Christi gesagt;
Religiöse Texte.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  6.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Wen in der sun bedecket | Mit angenomener menscheit | In der her die marter geleit.
Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
er nam ze dem êrsten die menscheit ane.
Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
v. 1496
):
Dar um glaub lauterlich und pure | Sein menscheit an genomen in die clar gotheit | On all endrung yder substancz.
Morgan u. a., Mhg. Transl. Summa
38, 2
(
schwäb.
,
14. Jh.
):
daz die menschlich nature angenomen wurde von dem ewigen worte in allen iren underwurfen.
Quint, a. a. O. ;
Vetter, Pred. Taulers ;
Morgan u. a., a. a. O.
25, 7
.
20.
›sich etw. (z. T. negativ Bewertetes) vornehmen, etw. beabsichtigen‹.

Belegblock:

Kurz, Waldis. Esopus (
Frankf.
1557
):
Der setzt jm fuͤr vnd nam sich an, | Er wolt den Leuten Schmiden vmbsunst.
Sachs (
Nürnb.
1558
):
Das Pontus zweymal vom hof kam, | Entlich durch falsch list sich annam | Des königs tochter zwingen zu dem, | Das sie in selber ehlich nem.
Bernoulli, Basler Chron. (
alem.
,
1474
):
bald nam sich der hertzog von Burgund an mit disem land zu kriegen.
Adrian, Saelden Hort
7634
(
alem.
, Hss.
E. 14.
/
15. Jh.
):
er lepte gar weltlich | und was ain furst, ain hoptman | der súnder, und nam sich an | daz er da Jesum wolt sehen.
Dierauer, Chron. Zürich (
halem.
,
1415
/
20
):
Nu namen sich Dioclecianus und Maximianus an, das si die cristanheit [...] woͤltint zerstoͤren.
21.
›sich etw. einbilden, einreden‹.

Belegblock:

Palm, Veter Buoch (
schles.
, Hs.
E. 14.
/
A. 15. Jh.
):
die [maget] nam sich durch demut an, das sie vnsinnic were.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
so ennym dich nummer mer an, das du syest eyn gelaszen mensche.
22.
in Verbindung mit Substantiven für Gemütszustände, z. B.:
sich den willen / des willens annemen
›beabsichtigen‹,
sich den zorn / des zornes annemen
›zornig werden, sich von Zorn überkommen lassen‹,
sich des unwillens annemen
›unwillig werden‹.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Do nicht waz der iz vorsunde | Noch sich den zorn an name | Zwischen im unde Adame.
Do Got sich nam den willen an | Daz her in diser erden | Mensche wolde werden.
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
Herr Gotfridt Wernher name sich an ains unwillens und zorns.
23.
›etw. in bestimmter Weise aufnehmen, ansehen‹.
Bedeutungsverwandte:
1
 5.

Belegblock:

Chron. Augsb. Var. (
schwäb.
,
v. 1536
):
das hand die glaubiger zuͦ argem angenomen.
Hulsius
A ijv
.
24.
›etw. auf sich beziehen‹.

Belegblock:

Sappler, H. Kaufringer
3, 193
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
er nam im das in seinen sin, | er wölt sich des nicht nemen an, | der pfarrer hett die red getan | auf ainen andern und nicht auf in.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
Es darf sich’s kainer annemen (ich main niemant in sunderhait, red in di gmain).