V., unr. abl.;
sehr komplexes Bedeutungsspektrum.
9.
›jn. (durch eine private Entscheidung und / oder in einem rechtsförmlichen Verfahren) als etw. akzeptieren, anerkennen‹; je nach Obj.; ›jn. (in die Gemeinde) aufnehmen‹; ›jn. zu etw. wählen‹; mit Obj. der Sache: ›etw. akzeptieren, sich für etw. entscheiden, etw. anerkennen‹.
Phraseme:
das kreuz annemen
›am Kreuzzug teilnehmen‹;
das bis annemen
›sich zähmen lassen (von Pferden gesagt)‹.
Syntagmen:
jn. für den messiam / für die eltern / für einen bürger / pro civibus a., jn. zum volk / freund / gesellen / richter / schuldner / tochterman a., jn. zum unterricht a., jn. an stat eines kindes a.
›jn. adoptieren‹;
die bitfart / entscheidung / freundschaft / gabe / gnade / predigt / wal a., den abschied / frieden / segen / vortrag a., das ampt / erbe / erkentnis gebot / wort / zeugnis a.
;
ein kind a.
›ein Kind adoptieren‹;
jn. mit gelübde a.
›als Gemeindeangehörigen aufnehmen‹;
das a. der mutung
;
angenommener gang
›auf eigene Faust abgebauter Erzgang‹.
Belegblock:
Kurz, Waldis. Esopus
(
Frankf.
1557
):
Da buͤcket er sich fuͤr jn nider, | Vnd nams fuͤr seine Eltern an.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
152, 18
(
thür.
,
1474
):
haben darnachmalß sollich unnßer rechtlich irkenthniß [...] ungestrafft angenomen.
Luther. Hl. Schrifft.
2. Chron. 19, 7
(
Wittenb.
1545
):
bey dem HERRN vnserm Gott ist kein vnrecht / noch ansehen der Person / noch annemen des Geschencks.
Löscher, Erzgeb. Bergr.
84, 9
(
omd.
,
1548
):
Von annemen der mutung in abwesen des berckmeisters.
Haben zwo zechen [...] ihren lochstein in die gruben oder erbstufen fordtbringen laßen undt dieselbigen von beidten theilen in gegenwarth der geschwornen angenomen.
das Gott [...] vns alleine durch sein erkentnis wil annemen / vnd fuͤr gerecht achten vnd halten.
Dinklage, Frk. Bauernweist.
37, 17
(
nobd.
,
1488
):
ob einer [...] ein gemeinsman begerth zu werden, derselb soll mit gelubden angenommen werden an eines aidt statt.
Gille u. a., M. Beheim
328, 459
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
da waz manch tausent man, | die daz kreucz namen an.
Vermanet also jederman / das man solche predig nicht verachten / sondern annemen woͤlle.
Kurz, Murner. Luth. Narr
(
Straßb.
1522
):
Was ich nur schreib, das nimpt man an, | Das niemans widersprechen kan.
da wurden zuͤ richtern angenomen doctor Wolf Langenmantels, des alten, son, Wolfgang genannt, Cristoff Rehlinger, doctors son.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron.
(
moobd.
,
1478
/
81
):
der merer tayl der landtschaft hetten hertzogen Albrechten und Wolfgangen gern angenomen.
Mell u. a., Steir. Taid.
(
m/soobd.
,
1523
):
sover denselben [richter] die gedachten verweser fur teuglich, nuzlich und guet erkennen, sollen si ine annemen und die phlicht furhalten.
Grothausmann, Stadtb. Karpfen
154, 20
(
mslow. inseldt.
,
1625
):
seindt pro civibus an vnnd aufgenomben worden [...] Jano Paulig vnnd Wenkho Heydugg.
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst
;
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid.
;
11.
›sich gegen herrschende Normen e. S. unterfangen, unterwinden, sich unterstehen, herausnehmen, erdreisten, etw. zu tun, sich etw. anmaßen, sich etw. zuschreiben‹, im Unterschied zu
12-
14 negativ gewertet.
Bedeutungsverwandte:
,
,
; vgl.
2.
Syntagmen:
refl.;
sich e. S.
(Gen., z. B.
der herschaft / gabe / maiestät, des adels / gewaltes / regimentes
)
a.
;
sich etw.
(Akk., z. B.
gericht / gewalt / gotheit / werk
)
a.
;
sich a., zu [...]
oder
das [...]
oder
und [...].
Belegblock:
want vischer sich do an namen | heirscheffe ind zo scheffendoyme quamen.
sint deme maile si sich annaimen uns in unser stat ind vur unsen porzen zo vancgen.
her was der erste, der sich gewalt an nam uff disser erden unde die lewte zwang.
do nomen sich des ouch die weib an, unde gyngen ouch busse.
Vetter, Pred. Taulers
(
els.
,
1359
):
nieman ennimet sich nút an das ander ze sinde noch anders denne als im Got geordent hat.
das er [mensche] sich Gotz werk zemole nút an enneme und losse Gotte das sin.
Der [Hussz] nam sich an, daz er wol gelerte und ein grosser phaffe were.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
(
oobd.
,
1349
/
50
):
ketzer, die sich in laienweis ân all weih an nement peiht ze hœren und ze vergeben den läuten ir sünd.
vogelweisen [...], daz sint die sich annement künftigeu dinch ze sagen von der vogel quiteln.
wolten sich auch umb Rom angennummen, dasselbig zu gewinnen understanden haben.
Quint, Eckharts Pred.
;
;
12.
›sich etw. angelegen sein lassen, sich um etw. kümmern, sich e. S./js. annehmen‹.
Bedeutungsverwandte:
2,
; vgl.
15.
Syntagmen:
refl.;
sich js.
(Gen.: z. B.
des kindes, der alpgenossen
) /
e. S.
(Gen.:
des erbes / gutes / handels / rechtes / reiches, der herde / not / sele / rede / sache
)
a.
;
sich um etw. a.
; phrasematisch:
sich e. S.
(Gen.)
schwerlich a.
›sich etw. zu Herzen gehen lassen‹.
Belegblock:
Behrend, Magd. Fragen
(
omd.
,
um 1400
):
Do der heilige keyser [...] sich annam, wy her dy lute [...] zcu deme glouben brechte.
Hie zu gehoͤret nu der Glaube, der sich des Koͤnigs anneme und diesen Christum also lerne ansehen.
Dinklage, Frk. Bauernweist.
115, 10
(
nobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
ob ymant were, der sich der sache annemen wolt.
Pyritz, Minneburg
4620
(
nobd.
, Hs.
um 1400
):
Wann wist: im geschicht unreht | Und ist niht wol an im getan. | Dez nymt er sich so swerlich an | Daz ez mich fur in derbarmt.
die doten, die von niemants gebunden seindt, sunder über all entledigt, deren sich niemandts annimpt.
dessen man sich so lang annimmet vnd erbarmet, als lang man von ihr kan genieß vnd Vortheil haben.
Päpke, Marienl. Wernher
(
halem.
,
v. 1382
):
Wer es nu wol hie kúnde tuͦn | [...] | Und sich der red an næme, | Der moͤste sælden vil bejagen.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
1, 11
(
oobd.
,
3. Dr. 14. Jh.
):
wes du dich, fraw, wilt annemen, | der mag got nicht widerzemen.
Gille u. a., M. Beheim
66, 20
;
Luginbühl, Brennwalds Schweizer Chron.
1, 314, 8
;
22.
in Verbindung mit Substantiven für Gemütszustände, z. B.:
sich den willen / des willens annemen
›beabsichtigen‹,
sich den zorn / des zornes annemen
›zornig werden, sich von Zorn überkommen lassen‹,
sich des unwillens annemen
›unwillig werden‹.
Belegblock:
Helm, H. v. Hesler. Apok.
(
nrddt.
,
14. Jh.
):
Do nicht waz der iz vorsunde | Noch sich den zorn an name | Zwischen im unde Adame.
Do Got sich nam den willen an | Daz her in diser erden | Mensche wolde werden.
Barack, Zim. Chron.
(
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
Herr Gotfridt Wernher name sich an ains unwillens und zorns.