ausscheiden,
V.,
unr.;
in diesem Lemmaansatz werden 4
mhd.
Verben zusammengefaßt:
scheiden
›sondern, trennen; fortgehen‹
,
scheiden
›trennen, teilen‹
,
schîden
›auseinandergehen, scheiden‹
,
schiden
›scheiden, trennen‹
().
Semantisch und morphologisch sind diese mittelhochdeutschen Verben in frühneuhochdeutscher Zeit nicht mehr durchgehend trennbar. In der Flexion dominiert die Bildung nach der Ablautklasse VII: im Part. Perf. haben etwa 2 Drittel aller Belege
-ei-
, daneben begegnet obd. mehrfach
-ie-
, einmal ist die regelmäßige Form
ausgescheidet
belegt; vgl.
Dammers u. a., Flexion der st. und schw. Verben.
1988, 302
ff.
1.
›jn. verlassen, von jm. weggehen; wegziehen, wegreisen‹; ütr.: ›aus der festgesetzten ehelichen Gütergemeinschaft austreten‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1,  3.
Wortbildungen:
ausscheidung
1.

Belegblock:

Steer, W. v. Herrenb. Büchl.
504
(
pfälz.
,
1436
):
der in der liebe gottes nicht fůnden wirt jn siner usscheidunge durch den tot von dieser werlt.
Päpke, Marienl. Wernher (
halem.
,
v. 1382
):
E das nu sant Johan | Schiede von der maget us, | Er tet si inain ander hus.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, Hs.
16. Jh.
):
als ich von Memingen außschied von meinen freunden [...], da kam ich gen Mindelhaim.
Bastian, Runtingerb.
2, 301, 21
(
oobd.
,
1397
):
waz ich Haͤnnslein dem Ernst enpfolhen han, do ich hie auzschied.
2.
›jn. aus einer Gruppe in besonderer Weise behandeln‹; bei negativer Qualität der Bezugsgröße oder -handlung: ›jn. (auch z. B.: die Seele) verwerfen, verdammen‹; als Part. Prät.: ›verworfen, verdammt, abgefallen‹; bei positiver Qualität: ›ausgezeichnet, herausgehoben‹; an die allg. Variante anschließbar: ›jn. erbrechtlich abfinden‹.
Bedeutungsverwandte:
 1, (V.) 1 (zur letzten Variante); vgl. ,  2 (zur allg. Variante);  6 (zur letzten Variante).
Wortbildungen:
ausscheidung
2 a ›Verbannung‹; b ›Abfindung, Aussteuer‹.

Belegblock:

Große, Schwabensp. (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
De joden sůlen ioden hode vppe tragen, Swa se in den steten sin; da mite sint se vz gescheiden, daz man se bi irkenne.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
in den [lúte] enist der heilig geist nút, und sint Gotz lider nút, wan si sint us gescheiden.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
da mit git er ze erkennend daz er nit ainen us schaidet von den andren.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
E. 15. Jh.
):
erhůb sich ain volck in dem land Europa als oben stat, das was auß geschayden vor ander volck an sterck.
Niewöhner, Teichner
442, 102
(Hs. ˹
moobd.
,
1360
/
70
˺):
wa dw sel wıͤrt ausgeschiden, | da ists totz und lebens laͤr.
Karnein, de amore dt.
97, 4
(
moobd.
,
v. 1440
):
der müs mit manigen tugennden [...] verr für annder leüt ausgeschaiden sein.
3.
›jn. von etw. ausschließen, ausnehmen; etw. ausnehmen, für etw. eine Ausnahme machen‹; hier anzuschließen die rechtliche Verwahrformel:
alle gefärde / arglist, nichts
(u. ä.)
ausgescheiden.
Bedeutungsverwandte:
˹ 7,  25,  3, , (jeweils zur 2. Variante)˺; vgl.  1 (zur 1. Variante); (zur Verwahrformel): vgl.  1.
Syntagmen:
jn. aus dem friede a.

Belegblock:

Merk, Stadtr. Neuenb. (
nalem.
,
1491
):
alle geverde und arglist harin genzlich vermiten und usgescheiden.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
15. Jh.
):
das ain hern vorbehalten seiner rechten und ain brobst der das besigeln solt, darinn ausgeschiden und von alter nicht herkomen ist.
4.
›etw. von etw. anderem trennen und gesondert behandeln‹; im negativen Sinne: ›etw. (z. B. minderwertiges Getreide) aussondern‹; als Euphemismus: ›etw. stehlen‹; bei positiv bewerteter Behandlung: ›jm. etw. zuteilen, vermachen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  2, .
Wortbildungen:
ausscheidung
3 (›Vorbehalt‹, als Metonymie zur allg. Variante).

Belegblock:

Dinklage, Frk. Bauernweist.
118, 2
(
nobd.
,
um 1503
):
so eyner [...] kraut außgeschieden hat freventlich, ist die bueß 10 ℔.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
15. Jh.
):
ob aber jemand daran abbruch thete oder mit arg ausgeschiden werdt.
5.
als part. Adj.
ausgescheiden
: ›wider Erwarten, gegen die Regel, ausnahmsweise‹.

Belegblock:

Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
blibe denne eins menschen acker usgescheiden trucken und dúrre.
6.
›etw. von etw. anderem unterscheiden‹.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Irretumes list her brichet | Und scheidet uz die warheit | [...] | Von der irdachten lugene.
Iz [kint] enkunne dan uz scheiden | Waz gut und ubel getan si.
7.
›etw. (z. B. ein Grundstück) durch Zeichen abgrenzen, kenntlich machen‹; hier anschließbar die im
Rwb einmal belegte Bed. ›eine Straße aushauen‹
(; a. 1417).
Bedeutungsverwandte:
vgl. ,  1.
Syntagmen:
den hof, die almende / strasse, das ziel a., etw. mit marksteinen / zeichen a.

Belegblock:

Welti, Stadtr. Bern (
halem.
,
E. 14.
/
A. 15. Jh.
):
als das mit marchsteinen was vsgezeichent vnd vsgescheiden.
8.
›etw. anberaumen, festsetzen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl. , (V.) 10,  7,  8.
Wortbildungen:
ausscheidung
4.

Belegblock:

Mollwo, Rotes Buch Ulm (
schwäb.
,
um 1420
):
das in ainem ieglichen conmun und versamnung der stette von ussschaidung der geschrift und natuͥrlicher gesetzt billichen gemainer nutze angesehen wirt.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1641
):
ain rechttag solle ime außgeschaiden werden.
9.
›etw. (z. B. eine Streitsache) endgültig entscheiden; etw. definitiv festsetzen‹.
Bedeutungsverwandte:
 15.
Syntagmen:
das urteil, die richtung a.

Belegblock:

Schweiz. Id. (a.
1327
;
1400
).