anstehen,
V.,
unr. – Auffallend heterogenes Bedeutungsfeld; nur 6-12 deutlich zusammengehörig; vgl. generell: .
1.
›an etw. (z. B. einem Berg) stehen‹.

Belegblock:

Dietz, Wb. Luther .
2.
›sich in seiner Mächtigkeit sichtbar darbieten (von Erzlagerungen gesagt)‹.

Belegblock:

Heinzerling/Reuter, Siegerl. Wb.
16
.
3.
›ein Hindernis finden‹.
4.
als Ra.
es steht oben an
›j. ist betrunken‹.

Belegblock:

5.
›in Dienst treten, eine Stelle, Tätigkeit antreten, mit einer Tätigkeit beginnen; auf den Plan treten, auftreten‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  8.
Gegensätze:
vgl.  6.

Belegblock:

Müller, Grafsch. Hohenb.
2, 275, 21
(
schwäb.
,
1458
/
59
):
Bentz Roff ist als Landschreiber angestanden auf 29. März 1459.
Mollwo, Rotes Buch Ulm (
schwäb.
,
1394
):
ain lernknab soll geben ain halben gulden in ir buͥchs, ee er anstand.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1534
):
so es [korn] hinauf kam zuͦ 27 ₰ d., da stunden die Fugger an und gabens irem dienstvolck [...] umb fl 3 und 2 ½ fl.
6.
›an der Reihe sein, drankommen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl. .

Belegblock:

Herzog, Landsh. UB
303, 33
(
moobd.
,
1532
):
sulen wir oder die, den die stevr der vier iare versprochen [...] werdent, ansten vnd die ane alle vnderpuͤnde aufheben.
7.
›bevorstehen, drohen (von negativ bewerteten Bezugsgegenständen)‹;
an das reich anstehend
›als Kaiser vorgesehen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.
1
 11; zum Part. vgl.: .

Belegblock:

Kurz, Waldis. Esopus (
Frankf.
1557
):
Wie er lang het gearbeit nu, | Zerran jm an Speiß vnd an Brodt, | In drang die anstehende not.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
59, 6
(
osächs.
,
2. H. 14. Jh.
):
wen yn anstet eyn urloge, | das volbrengin si mit gelde.
V. Anshelm. Berner Chron. (
halem.
,
n. 1529
):
in anstonder letsten not sant der Meylaͤndsch herzog haruss zuͦn Eidgnossen sine treffenlichste botschaft.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
16.
/
17. Jh.
):
wo etwan dem gottshausz oder markt ain gefahr oder noth anstuende.
Roth, E. v. Wildenberg (
moobd.
,
v. 1493
):
es ist auch eben zu vermercken, das die drei keiser - Julius, Octavianus und Tiberius - ir jedweder den negsten nach im an das reich ansteendt im zwͦ einem son hat adoptiert.
8.
›unerledigt, unausgeführt sein, nicht zur Ausführung kommen, unterlassen werden (von Handlungen)‹; oft Verschiebung des Subjekts von der Handlung auf die Sache, auf die sich eine Handlung bezieht.
Syntagmen:
etw.
(z. B.
heu / stro / geld / schuld / gebrechen
)
a.
;
etw.
(z. B.
die predigt / lere / strafe / steuer / das schwören / schreiben / leren
)
a. lassen
;
etw.
(Subj., z. B.
der eid, das gelübde, die pfändung
)
a. bleiben
;
ungeld unbezalt a. lassen.

Belegblock:

Chron. Magdeb. (
nrddt.
,
1565
/
66
):
der vom Zolle schos nach S. Johans Kirchen, also das man die predigt daselbst muste anstehen lassen.
Boon, St. Prätorius
39, 24
(
Ülzen
1579
):
sol man das schreiben vnd leren nicht lassen anstehen / so lange die welt wehret.
Loesch, Kölner Zunfturk. (
rib.
,
1468
):
etliche pandonge vurgenoimen habe, die doch up die zijt bleif anstaen.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
49, 31
(
thür.
,
1474
):
daz eß umbe dy register guttlichin anstehen solle biß so lange, daz schulde unde antwert met rechte gescheyden sint.
Ebd.
241, 26
:
wy daz er yn vorsatczt habe vor ettlich summe geldes unde hat yn des nicht [...] erlost, sundern nach virczig gulden anstehen.
Luther, WA (
1535
):
Solt man nu die straff gar lassen anstehen und die barmhertzigkeit auch jnn das ampt setzen.
Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
v. 1496
):
schuld | Die gar lang zeyt an stunde.
Baumann, Bauernkr. Rotenb. (
nobd.
,
n. 1525
):
das der aid, den man inen tun sollt, ansteen bleyben sollt, biß sie selbs ire rete hieher gein Rotenburg schicken wurden.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1550
):
darunter vil guͦter, armer handwercksleut waren und ires gelts wol bedorften, dann etlichs lang angestanden.
Ebd. (
schwäb.
, zu
1562
):
wöliche [...] das ungelt lenger onbezalt ansten lassen.
in disem 1548. jar, wie man zue Augspurg die burgermaister gewelt und [das schweren] ain zeit angestanden - etwas lenger, [...], von des reichstags wegen und nit guet, das zů lang anstehen zuͤ lassen.
Zingerle, Inventare (
tir.
/
vorarlb.
,
1487
):
Hew vnd strew sol ansteen, vntz man bericht wurdt, ob das meinem gned. hern oder dem phleger zugehort.
Roth, E. v. Wildenberg (
moobd.
,
v. 1493
):
beleib ansteen das gelübd und verheissen bischof Prunos.
Wackernell, Adt. Passionssp. Pf. I,
288
(
tir.
,
1486
):
Lieben ritter, ier seyt so in grossen sorgen! | Lat dy red an sten huncz morgen.
Mell u. a., Steir. Taid. (
m/soobd.
,
1568
):
die steurn inmassen bishero nit ansteen und zusamen haufen lassen.
Opel, Spittendorf ; ; ;
Gille u. a., M. Beheim
99, 1001
;
Bernoulli, Basler Chron. ;
Bachmann, Haimonsk. ;
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. ;
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. ; ;
Dietz, Wb. Luther ;
Haltaus
44
.
9.
›etw. auf sich beruhen, unbeachtet, unberücksichtigt lassen‹; ›von jm. (z. B. seiner Wahl) absehen‹.

Belegblock:

Luther, WA (
1530
):
als liessen wir die lere von guten wercken und dem heiligen Creutz und leiden anstehen.
Wer mein dolmetzschen nicht wil, der las es anstehen.
Karnein, de amore dt.
188, 105
(
moobd.
,
v. 1440
):
Daz wil ich nu lassen ansteen.
Roth, E. v. Wildenberg (
moobd.
,
v. 1493
):
nun dewͦcht mich guͦt, das wir die all drei liessen ansten und der keinen erwelten zuͦ konig.
Heidegger. Mythoscopia
40, 25
.
10.
›sich (bis zu einem bestimmten Zeitpunkt) hinziehen, dauern; etw. verzögern‹.
Bedeutungsverwandte:
 18, ; vgl.  11.

Belegblock:

v. d. Broek, Spiegel d. Sünders
264, 10
(
Augsb.
1476
):
das du ime das lehen lassest lenger anston vnd im lenger frist dartzuͦ gebest.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1563
):
stuend nit mer dann ain wochen an, da kamen fünf personen.
Ebd. (zu
1564
):
stuend an bis auf den freitag [...], da kam der doctor und artzet und pfleger zuͤsamen.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
Es bleibt nichts in die leng ungerochen, solt es halt tausent jar anstên.
11.
›anhalten, ruhen, stille halten‹.

Belegblock:

Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
v. 1496
):
Des ir gemüt er kracht | In alltem neit, der nie stund an.
12.
›in etw. (im Beleg: im Gebet) verharren, anhalten‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  4.

Belegblock:

Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
Frewet euch mit zuͦuersicht: seyt gefridsam mit dem durechten: anstet dem gebet.
13.
›mit jm. abrechnen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1.

Belegblock:

Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1516
):
wardt mir geben zum voraus hundert und fünftzigk gulden; darnach stunde ich mit inen an.
14.
›eine Forderung an jn. richten‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  7.

Belegblock:

Siegel u. a., Salzb. Taid. (
smoobd.
, Hs.
1625
):
täte er des nit und stiend inne mit gerichtswillen nit an.
15.
›sich auf etw. richten, nach etw. trachten‹.

Belegblock:

Goldammer, Paracelsus
6, 215, 24
(
1530
):
am selbigen ort, do er gestanden ist, do wollen wir ihn anbeten. das ist: all unser herzen durch die ganze welt standen an dasselbige ort Effrata [...] und gedenken an sein wandlen auf erden.
16.
›bei etw. (z. B. einem Kauf) mitmachen, mittun, mitbezahlen‹.

Belegblock:

17.
›jn. zu stehen kommen, kosten‹.

Belegblock:

Lemmer, Brant. Narrensch.
74, 10
(
Basel
1494
):
Keyn hasen / repphuͦn / vohet man | Es statt eyn pfundt den jaͤger an.
18.
›jm. in bestimmter Weise anstehen, zu jm. passen, sich für jn. geziemen (von Haltungen und Verhaltensweisen gesagt); js. Stellung entsprechen (von Konkretem gesagt)‹; phrasematisch:
jm. stehet etw. nicht an
›etw. ziemt sich nicht für jn.‹.
Bedeutungsverwandte:
 23,  2, , , ; vgl.  4.
Syntagmen:
jm. wol / übel
(jeweils mehrmals) /
erlich / scheuslich / wirs a.
;
jm. a., zu [...] / das [...]
;
etw.
(z. B.
haus / tanz
)
jm. wol
(usw.)
a.

Belegblock:

Große, Schwabensp. (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
daz den vrowen wirs an stet, sulen se nach almusen gan.
Henschel u. a., Heidin
982
(
nobd.
,
um 1300
):
Ich wil evch geben einen rat | Der eweren eren wol anstat.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Nürnb.
1631
):
Ein schoͤn Hauß stund mir auch wol an, | Gib daß ich eins bekommen kan.
Sudhoff, Paracelsus (
1530
):
wiewol inen erlicher anstünd, die zeit von got zulesen.
Thiele, Minner. II,
16, 253
(Hs. ˹
wobd.
,
15. Jh.
˺):
denn kain fröw sol sich nieman an | das sú úber krieg kain män, | wen es in gar úbel an stät.
Lemmer, Brant. Narrensch.
21, 13
(
Basel
1494
):
Es stat eym lerer vbel an | [...] | Wann er das laster an jm hat | Das vbel ander lüt an stat.
Maaler (
Zürich
1561
):
Thuͦn das einem weysen mañ nit Anstadt.
Primisser, Suchenwirt (
oobd.
,
2. H. 14. Jh.
):
Jch wuͤnsch, daz es ir wol behag, | Di unser suͤnd vertilgen mag, | Als ir genaden wol an stat.
Kehrein, a. a. O. ;
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 194, 31
;
Banz, Christus u. d. minn. Seele
20
;
1883
;
Klein, Oswald
78, 12
;
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. ;
Dietz, Wb. Luther ;