1
anliegen,
V., unr. abl.;
zu
mhd.
(-)ligen
›liegen‹
().
1.
›auf etw. aufliegen; auf etw. angesetzt, gerichtet sein‹.

Belegblock:

Froning, Alsf. Passionssp.
6381
(
ohess.
,
1501ff.
):
Nu stich, herre! iß ist zyt; | das spere gar eben anlyt.
Luther. Hl. Schrifft.
2. Mose 28, 28
(
Wittenb.
1545
):
man sol das Schiltlin mit seinen Ringen / mit einer gelen Schnur an die ringe des Leibrocks knüpffen / das es auff den künstlich gemachten Leibrock hart anlige.
Ebd.
2. Mose 39, 21
.
2.
›an etw. angrenzen, anstoßen‹.
Bedeutungsverwandte:
 1; vgl. ,  1.

Belegblock:

Maaler (
Zürich
1561
):
Anligen/anstossen. Adiacere.
3.
als Part. Präs.
anliegend
1, meist als Attribut zu
gut
, auch substantiviert: ›liegend, unbeweglich‹ im Gegensatz zu .
Oobd.; rechts- und wirtschaftsgeschichtliche Texte.
Wortbildungen:
anliegendes gut
›Liegenschaften‹ (dazu ggs.: vgl. ).

Belegblock:

Brunner, Rechtsqu. Krems u. Stein
219, 37
(
moobd.
,
1538
):
das durch die gelter auf anligundts und vahrendts verpot geschechen.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1553
):
wer im burkfridt nicht anligunts hat.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
15. Jh.
):
ainem solhem sol sein anligund guet durch die nachperschaft geschätzt werden.
4.
›jm. anhängen, nachfolgen; zu js. Partei zählen‹.
Bedeutungsverwandte:
 2.

Belegblock:

Kurrelmeyer, Dt. Bibel Var. (
Straßb.
1466
;
Augsb.
um 1475
/
80
):
den andronicum vnd menelaum setzte er in gazarim die do swerlicher sich nehenten
[Var. Z-Sa:
anhiengen oder anlagen
]
den burgern wann die andern.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
27, 11
(
tir.
,
1464
):
Es ist gar gut anligen dem hẽrren’ vnd wandern, als er gewandert hat.
5.
›mit jm. mittun, zusammenarbeiten, sich an etw. beteiligen; an etw. beteiligt sein‹.

Belegblock:

Baumann, Bauernkr. Rotenb. (
nobd.
,
1525
):
wo sie nit mit in anligen, wöllen sie in leyb und gut nemen.
Müller, Nördl. Stadtr. (
schwäb.
,
1485
/
95
):
Ir soͤllend auch die hab, die ew zu verkoufen fuͤrgelegt [...] wirdet, ew selbs nit koufen noch mit niemad in koufen anligen.
Chron. Augsb. Var. (
schwäb.
,
1529
):
so sie am gwin anligen und tailhefftig sind, legen sie am verlust auch billich an.
Ebd. (
1536
):
so mueßt (jeder), welcher anlag mit der zunft, die gantz zech geben.
v. d. Broek, Spiegel d. Sünders
262, 20
(
Augsb.
1476
):
Wiltu ab’ mit im anligẽ zegewin vñ zuͦuerlust so magst du auch wol ein gedinge mit im machen.
6.
›jn. anheuern, zur Dienstleistung gewinnen‹.

Belegblock:

Müller, Welthandelsbr.
299, 12
(
schwäb.
,
1514
/
15
):
wer in India will senden, der mueß vor urlaub des rex haben oder mit leuten anligen, die solhs urlaub vor über komen haben.
Ebd.
105, 9
.
7.
›e. S. obliegen, eifrig nachgehen‹.
Bedeutungsverwandte:
 4,  45; vgl.  1,  15.
Wortbildungen:
anliegung
2.

Belegblock:

Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
dem gebot hab ich angelegen alz ich mocht.
Sexauer, Schrr. in Kart.
230, 19
(
nöst.
,
v. 1450
):
sullen die zeit. di zwischen der tercz vnd sext ist. irem gepet anligen.
8.
›jn. dringend ersuchen, angelegentlich bitten, mit einem Anliegen an jn. herantreten‹.
Bedeutungsverwandte:
 1, ; vgl.  3,  8,  3.

Belegblock:

Gille u. a., M. Beheim
82, 591
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
sie [Maria] im nit vast anlag | mit fragen, als dann uber tag | dy andern muter fragen.
Sachs (
Nürnb.
1562
):
Ob gleich sein freundschafft, weib und kind | Ihn bitten und anligen sind.
Sachs (
Nürnb.
1557
):
Die landschafft der fürstin anlag, | Daß sie wider heyraten thett.
Hohmann, H. v. Langenstein. Untersch.
4, 63
(
moobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
daruͤmb sew also lang andaͤchtichleichen sint angelaͤgen got.
Drescher, Hartlieb. Caes. (
moobd.
,
1456
/
67
):
das er dem appt an ligend was umb erlaubnũsz einer abnemung der selben pfrũnd an seinem leib.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. ;
Thiele, Minner. II,
31, 568
;
Altmann, Wind. Denkw. ;
Baumann, Bauernkr. Oberschw. ;
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. ;
Leidinger, A. v. Regensb. ;
9.
›jm. am Herzen liegen, angelegen sein‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  15.
Wortbildungen:
1
anlieger
›Vertreter, Betreiber von etw.‹.

Belegblock:

Chron. Mainz (
rhfrk.
,
15. Jh.
):
uwer schriber, den wir aller dieser unfruntlichen sachen einen trechter und anlieger halten.
Luther, WA (
1530
):
da ligt mir nicht an
[ral.: ›darauf kommt es mir nicht an‹].
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 317, 7
(
Hagenau
1534
):
Wem ein ding angelegen unnd ernst ist / der bedarff für wort nicht sorgen.
Roloff, Brant. Tsp.
814
(
Straßb.
1554
):
Gsell mir ligt schwerlich etwas an | Das ich dir nie geoͤffnet han.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. (
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
wiewol im doch der zug gen Vngern am maisten anlag, und mocht doch seinen willen nicht erstrecken.
10.
›jn. belasten, bedrücken, bedrängen, schwer auf jm. lasten‹; oft als Part. Präs.
anliegend
2, dann: ›belastend, bedrückend, schwer‹; oft substantiviert
(-s/-Ø
), dann: ›Bedrängnis, Not, Last‹.
Bedeutungsverwandte
zur subst. Verwendung:  1,  1,
1
 1,  2,  1, (
die
1,  1.
Syntagmen:
jm.
(
e. P.
)
/etw.
(z. B.
der kirche, dem land, dem reich
)
etw.
(z. B.
angst, furcht, not
[häufig],
nötliches, gebrechen, siechtum, tod
)
anliegen
oder (vorwiegend bei sachlichem Obj.)
anliegend sein, jm. etw. schwerlich a.
;
anliegende not
(häufig)
/ gebreste.
Zum Subst.:
das a. anzeigen
;
a.
(Subj.)
meren sich
;
im a. beten, jm. im a. beiständig sein,
(
jn.
)
im a. trösten, im a. geduldigkeit üben, jn. von einem a. erlösen, etw. von a. erledigen
;
j. des a. ledig werden
;
gefärliches / schweres a.
;
hinnemung des a.
Phrasematisch:
was liegt dir an?
›was hast du? was bedrückt dich?‹;
was im anliegt
›was er hat‹.

Belegblock:

Chron. Magdeb. (
nrddt.
, Hs.
1524
):
E. Churf. g. unser anligende noth [...] mögen gnediglichen bedencken.
Karsten, Md. Paraphr. Hiob (
omd.
,
1338
):
zu aller zit | Also groz angest mir an lyt | Als dir anlyt zu diser stunt.
Luther, WA (
1536
):
Cum ergo doctrina wheret ketzereien und trostet in allem anligen.
Mönch v. Heilsbronn. Fronl.
3vb, 5
(
nobd.
,
E. 14. Jh.
):
den gepresten der vns an leit an leib vnd an sele.
v. Groote, Muskatblut (
nobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
du salt din got | des morgens mit dem dage | ist dir an ligen groisze noit | mit andacht ym daz clage.
Sachs (
Nürnb.
1560
):
Unser herr könig ist betrübt, | In schwerer trawrigkeit sich ubt. | Was im anligt, das weiß ich nicht.
Welti, Stadtr. Bern (
halem.
,
1539
):
das einer von siner anligennden not wegenn an dz gricht nit komen.
Steer, Schol. Gnadenl.
4, 54
(
schwäb.
,
15. Jh.
):
ain trostlicher anblick, da mit got die betriebten menschen [...] ist troͤsten vnd erloͤßen von irem anligen.
Fischer, Eunuchus d. Terenz (
Ulm
1486
):
Er sach an seiner geberd im etwas noͤtlichs anligen.
Wie eilst. Wie zitterst. wie bist betrüebt. was leit dir an?
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
siechtüem, angst und nôt, die uns anligent an leib und an sêl.
Kehrein, Kath. Gesangb. ;
Tittmann, Schausp. 16. Jh. Kulm.
147, 249
;
Karsten, Md. Paraphr. Hiob ; ;
Steer, W. v. Herrenb. Büchl.
681
;
Merk, Stadtr. Neuenb. ; ;
Lemmer, Brant. Narrensch.
58, 32
;
Welti, Stadtr. Bern ;
Vetter, Schw. zu Töß ;
Koller, Ref. Siegmunds ; ;
Barack, Zim. Chron. ;
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. ;
Leidinger, A. v. Regensb. ;
Kummer, Erlauer Sp. ;
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. ; ; ; ;
Dietz, Wb. Luther ;
11.
›bevorstehen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  7.

Belegblock:

Schützeichel, Mrhein. Passionssp.
1160
(
mrhein.
,
um 1335
):
wan vns die osterliche zit | also nahe ane lit.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
38, 46
(
oobd.
,
3. Dr. 14. Jh.
):
dein sel solt du bewaren | und dein rew nimmer sparen | pis ‹dir› der tod anleit
[phrasematisch: ›so lange du lebst‹].
12.
phrasematisch in folgenden isolierten Belegen:

Belegblock:

Luther, WA (
1535
):
Ich habe zu werben, da macht an ligt
[›darauf kommt es an‹],
dir zur ehre.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
14. Jh.
):
do lit gros verdienen an
[›darin liegt ein großes Verdienst‹].
Müller, Welthandelsbr.
294, 36
(
schwäb.
,
1514
/
15
):
das er sich in kain cuntrabando geb, da groß anleit
[›was große Sachen angeht‹],
dann die riber ist alletzeit mit schergen so wol bewart.
13.
›mit jm. verwandt sein‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  2.

Belegblock: