heischen,
heuschen
(letzteres alem.),
V.,
regelmäßig, auch unr. abl.; Prät. meist
hiesch / hieschen
, selten
heischete / heischeten
, Part. Prät. meist
geheischet
, selten
geheischen
; vgl.
Dammers u. a., Flexion der st. und schw. Verben.
1988, 490
;
zu
mhd.
eischen, heischen
›fragen, fordern‹
(); das anlautende
h
geht wohl auf den Einfluß von
mhd.
heizen
›befehlen; nennen‹
zurück (vgl.
Pfeifer
2000, 526
).
1.
›jn. um etw. bitten (als Geschenk oder als Gnadengabe); etw. von jm. begehren, sich von jm. etw. wünschen‹.
Gehäuft religiöse Texte.
Bedeutungsverwandte:
(V.) 5810, (V.) 1, ; vgl.  3,  3,  1, ,  5,  2, ,  6, (V.) 2, , (V.) 2,  1, (V.) 1.
Gegensätze:
1
 2, .
Syntagmen:
etw.
(Akk., selten Gen.)
(von jm.) h., jn. um etw. h
.
Wortbildungen:
heischung
1.

Belegblock:

Sievers, Oxf. Benedictinerr. (
hess.
,
14. Jh.
):
die jungere [suster] sal die segenunge heyschen von der obersten.
Froning, Alsf. Passionssp.
961
(
ohess.
,
1501ff.
):
die [mutter] sail mich leren, | was ich solle heyschen von mym herren!
Opitz. Poeterey
33, 24
(
Breslau
1624
):
Denn GOtt wil auff der flucht nicht angeruffen sein: | Er heischet vnd begehrt ein starckes hertz’ allein; | Das hat man aber nicht / wann er es nicht bescheret.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
Das bitten das meinet ein zuͦgekert gemuͤte mit einer inniger begerunge zuͦ Gotte und heischen etwas von im.
Chron. Strassb. (
els.
,
1362
):
wie kunde dirre koufman so geturstig sin, daz er dir solte heischen des er dir nüt bevalch.
darumbe getorstent sü nieman heischen noch fordern noch in kein hus kummen, so sü zuͦm ersten mole in ein stat [...] koment, man lude sü danne und fuͦrt sü one ir heischen drin.
Illing, Albert. Sup. miss.
877
(
els.
,
n. 1380
):
Habe lust in dem herren, so git er dir, daz du heischest in dime herzen.
Strauch, Schürebrand (
els.
,
E. 14. Jh.
):
daz ir in uwerme grunde lidig standent aller eigenschaft und keinen urlop dar zuͦ heischent oder begerent us uwerme eigenen willen.
Eichler, Ruusbr. obd. Brul.
2, 335
(
els.
,
E. 14. Jh.
):
alse die clare sunne Cristus gehoͤhet ist in vnserm hertzen vber alle ding vnd heischunge der liplicher naturen, die wider wertig ist dem geiste.
Morgan u. a., Mhg. Transl. Summa
123, 13
(
schwäb.
,
14. Jh.
):
daz wir von den gaben, die wir enphangen haben, got gnade sagen, unde, die wir niht enhaben, daz wir der houschen unde bitten.
Bömer, Pilgerf. träum. Mönch ;
Froning, a. a. O.
954
;
967
;
Eichler, Ruusbr. obd. Brul.
2, 1055
;
Rennefahrt, Wirtsch. Bern ;
Morgan u. a., a. a. O.
123, 9
;
Voc. Teut.-Lat.
n iiijr
;
Baumann-Zwirner, Augsb. Volksb.
1991, 433
.
2.
›um etw. betteln; um ein Almosen bitten‹; Spezialisierung zu 1.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  5,  1,
2
,  1.
Wortbildungen:
heischer
(
der
) 1 (dazu bdv.:
1
,
2
).

Belegblock:

Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
151, 8
(
rhfrk.
,
um 1435
):
Grymmener dede ein ouge zü / vnd hilde das ander ouge offen / vnd hiesche herberge vmb goddes willen.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
149, 25
(
els.
,
1362
):
einre [...] ging an dez zollers hus vnd hiesch daz almuͦsen durch got.
Dasypodius (
Straßb.
1536
):
Mendicus, Ein bætler / heyscher / geyler.
Vgl. ferner s. v.  1,  1.
3.
›(von jm.) etw. (meist die Ausführung einer Handlung, seltener eine Sache) fordern, verlangen; (jm.) etw. befehlen, gebieten; jn. zu etw. (z. B. einem Kampf) auffordern‹.
Gegensätze:
1
 2.
Syntagmen:
jm. etw. h., (von jm.) etw.
(z. B.
einen brief / ein pferd
)
h.
;
jn. kommen, zu jm. treten, aus dem haus h
.
Wortbildungen:
heischung
2 ›Forderung, Aufforderung‹.

Belegblock:

Chron. Köln (
rib.
, Hs.
1. H. 15. Jh.
):
Sus heisch der busschoff syn pert | ind reit myt zorne zo Bunne wert.
Kaeber u. a., Qu. Blankenb./Deutz (
rib.
,
1450
):
so en mach gein bygesessen man eynchen burger umb eynche dait zo kampe heyschen.
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Lk. (
osächs.
,
1343
):
eime îclichen der dich bittet, dem gip; und wer dir nimet daz dîn ist, inheische iz nicht wider.
Neubauer, Kriegsb. Seldeneck
102, 23
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
hostu ein renfelein, so heysch sie vor dem zeuck hinrucken.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
E. 14. Jh.
):
do kloppfete einer an siner túren und hiesch ime ettewaz.
Chron. Strassb. (
els.
,
A. 15. Jh.
):
nieman het mir hüte üt geheischen noch von mir üt enpfangen.
Koppitz, Trojanerkr. (Hs. ˹
noschweiz.
,
15. Jh.
˺):
Den ellenden jungen knaben | Hiesche er mitt manlicher cur | Zü im tretten da für.
Adomatis u. a., J. Murer. Ufferst.
895
(
Zürich
1560
):
wie das der Persich küng offtmal | Etwas anmuͤtung an uns hatt | wie er ufsetzt unserer statt | Yetz hoͤuscht er das / dann yens und diß.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1512
):
kain ander der wein hiet vor gehabt und zu haischung des ambtmans und der vier nit hat schenken wollen.
Froning, Alsf. Passionssp.
3835
;
Feudel, Evangelistar
136, 3
;
v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
53, 29
;
Neumann, Rothe. Keuschh.
3268
;
Küther, UB Frauensee
232, 5
;
Bechstein, a. a. O. Lk. ;
Vetter, a. a. O. ;
Vgl. ferner s. v.  4.
4.
›nach jm. verlangen; jn. herbeirufen, zu sich (oder an einen bestimmten Ort) bestellen (um ihm eine Aufgabe zu übertragen)‹.
Beinahe ausschließlich md. belegt.
Bedeutungsverwandte:
vgl. (V.) 10,  1,
2
 3,  2.
Syntagmen:
jn. zu capitel, zu dem krieg / reich, zu der beichte / leiche / wirtschaft, auf den plaz h
.

Belegblock:

Froning, Alsf. Passionssp.
2258
(
ohess.
,
1501ff.
):
Kom her, swester, endelich! | myn her Jhesus heyschet dich.
Kurz, Waldis. Esopus (
Frankf.
1557
):
Da er [ein Bawr] zuletst nun sterben solt, | Hiesch den Pfarrherrn vnd beichten wolt.
Thiele, Chron. Stolle (
thür.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
Got wil dich heische unnd zu sinen gnaden neme umbe dines langen getruwen dinstes willen.
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Mk. (
osächs.
,
1343
):
sîn mûter und sîne brûdere quâmen und stûnden dâ vore und santen zuͦ ime und heischeten en.
Tittmann, Schausp. 16. Jh. Rebh.
45, 113
(
Zwickau
1536
):
bald wir sie wolln heischen laßen, | weil sie wont in diser gaßen.
Wolf, Norm im sp. Ma.
53, 60
(
schwäb.
,
15.
/
16. Jh.
):
nach dem Capitel der pfingsten so mogent alle minister und Custer [...] ir brüder ain mal zu heischen zuͦ Capitel.
Kollnig, Weist. Schriesh.
10, 32
;
Schmidt, Frankf. Zunfturk. ;
Köbler, Ref. Franckenfort
21, 22
;
Bechstein, a. a. O. Mt. ; Mt. ;
Vetter, Pred. Taulers ;
Wintterlin, Würt. Ländl. Rechtsqu. ;
Türk, Wortsch. Dietr. v. Gotha.
1926, 47
.
Vgl. ferner s. v.  4.
5.
›von jm. etw., was einem zusteht (z. B. Abgaben, Geld, eine Schuld, ein Pfand; Rechenschaft) (rechtlich) einfordern; etw. (rechtlich) für sich beanspruchen‹.
Gehäuft Rechtstexte und Chroniken.
Bedeutungsverwandte:
; vgl.  3, (V.) 9,  3,  2,  7,  5,  12,  1,  9,  4.
Syntagmen:
die bezalung / judenschuld / ürte / schuld, das blut / gut, bachling / dienst / geld / geschmuk / gulden / heller / kleider / pfand / rechenschaft / reisgeld / steuer / zins h
.
Wortbildungen:
heischer
(
der
) 2 ›Eintreiber einer Schuld‹ (a. 1361),
heischung
3.

Belegblock:

Kollnig, Weist. Schriesh.
298, 15
(
rhfrk.
,
1445
):
das derselb Contz Henne nie keyn stattmeyde von dem holz gegeben habe, so hab ime auch nyemant keyn geheyschen.
Behrend, Magd. Fragen (
omd.
,
um 1400
):
Nu sollit ir horen, wy man czinsz heischen sal.
v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
40, 10
(
omd.
,
1487
):
Widderu̇mb dye menner von den selben weibern ÿre bezcalu̇ng heischenn.
v. Liliencron, Dür. Chron. Rothe (
thür.
,
1421
):
uwir blut wil ich
[Gott]
heischen von allen thiren unde lewten.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
109, 20
(
thür.
,
1474
):
Unde also her darczu heyscht allen gesmogk, alle cleyder unde allen geczugk, der zcur were gehoret.
Ebd.
190, 40
:
als sy darnach der schulde eyne were heyschen unde begeren.
Opel, Spittendorf (
osächs.
,
um 1480
):
seyne gnade und der rath heischen von den vorgangen jaren rechenschafft.
Bindewald, Texte schles. Kanzl.
154, 14
(
schles.
,
1350
):
were aber, daz myn herre [...] dinst hysche yff deme selbē gute.
Bernoulli, Basler Chron. (
alem.
,
1444
):
fúr das man zuͦ im geschosen hatt mit búchsen, fúr die smoch und ander ansproch hiesch er hundert dusing guldin.
Merk, Stadtr. Neuenb. (
nalem.
,
1380
):
so nement und tun wir abe mit rechter wissen und kunglicher mechte volkomenheit alle schuld ladunge, heyschunge oder furderunge.
Köbler, Stattr. Fryburg (
Basel
1520
):
setzen wir / das vmb solch schuldē [...] der kleger [...] mit erloubnuß des Burgermeisters [...] ein Statknecht nemen / vnd dē schuldner / er syg burger oder hinderseß / in sin huß gan / vnd im gelt oder pfand heyschē mag.
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst (
Straßb.
1538
):
Als man aber das Brathes geessen unnd der Kaͤß dargetragen ward, kumbt der recht Stubknecht, heyschet die Jrthin.
Bächtold, H. Salat (
halem.
,
1551
):
Ich [...] han ein brief empfangen von dir, [...], darinn du mir ein schuld heuscht, dero ich dir kein haller noch denar schuldig noch gichtig bin.
Piirainen, Stadtr. Sillein
82r, 6
(
sslow. inseldt.
,
1378
):
Daz [erbe] sol man antworten dem richter odir dem vrone boten ab er ez heischet noch dem dreyzzigisten.
Köbler, Ref. Franckenfort
85, 23
;
v. d. Lee, a. a. O.
66, 11
;
Grosch u. a., a. a. O.
15, 25
;
182, 13
;
239, 23
;
Merk, Stadtr. Neuenb. ;
Bolte, a. a. O. ;
Graf-Fuchs, Ämter Interl./Unterseen ;
Tobler, Schilling. Bern. Chron. ;
Piirainen, a. a. O.
116a, 7
;
Qu. Brassó
4, 14, 12
;
Vgl. ferner s. v.  1, ,  4.
6.
›jn. (als an einer Verhandlung beteiligte Partei) vor Gericht laden‹; vereinzelt: ›jn. vor Gericht anklagen, beklagen; verurteilen‹.
Bedeutungsverwandte:
 3, ,
2
(V.) 4, ; vgl.  6,  2,
2
, (V.) 7,  1.
Syntagmen:
jn. vor gericht, an die zent h., jn. zum tode h
.
Wortbildungen:
heischegeld
›Gebühr für eine gerichtliche Vorladung‹,
heischung
4 ›gerichtliche Vorladung‹.

Belegblock:

Behrend, Magd. Fragen (
omd.
,
um 1400
):
Ab man eynen man beschuldigete umb ungerichte totslagis, [...], unde ab man den dornoch vor gerichte heischen sulle sich zcu vorantwertten.
Mitzschke, UB Bürgel (
thür.
,
1428
):
daz alle dy burgere, dy do burgere synt czum Burgelen unde burgerrecht haben [...], daz dy keyn gebotgeilt, heyschegeilt, helffegeilt nach gewergeilt nyhe gegebin habin nach gebe sulen.
Leman, Kulm. Recht (
Thorn
1584
):
Wo eyn rouber beclayt wirt vmme eynen roub [...] den sal man heyschen vor gerichte do man yn beclayt.
Dinklage, Frk. Bauernweist.
75, 38
(
nobd.
,
1523
):
woe einer rein an die zenth geheyscht wurd und kompt iemand uff’s ander gericht und begert, das man ine heim weyß, den weyß man billich; verseumpt er aber die ander heyschung, alsdann weyß man ine nit.
Voc. Teut.-Lat.
n vr
(
Nürnb.
1482
):
Hayschūg zum gericht.
Rennefahrt, Stadtr. Bern (
halem.
,
1365
):
daz nieman ir stat oder dhein irn buͤrger fuͤr dhein hofgeriht, lantgeriht oder fuͤr dhein ander wertlich geriht laden, ziehen, heischen oder beclagen sulle.
Päpke, Marienl. Wernher (
halem.
,
v. 1382
):
Das volk in
[Jesus]
von dem richter hat | Zem tode gehaischet algemain.
Köbler, Ref. Wormbs
108, 6
;
Opel, Spittendorf ;
Merk, Stadtr. Neuenb. ;
Päpke, Marienl. Wernher ;
Vock u. a., Urk. Nördl.
2446
;
7.
›jn. (z. B. als Schöffe, Beisitzer oder Ratsmitglied) zu einer Gerichtsverhandlung oder Ratsversammlung einladen oder bestellen‹.
Bedeutungsverwandte:
 2; vgl.  2.

Belegblock:

Dinklage, Frk. Bauernweist.
93, 44
(
nobd.
,
1579
):
Auch soll derselbig knecht die gerichtschöpfen erfordern und zu gericht heischen und gepieten am abent vor dem gerichtstage.
Kollnig, Weist. Schriesh.
35, 34
;
8.
›(etw.) erfordern, bedürfen, benötigen‹; mit unpersönlichem Subjekt; refl.: ›erforderlich, notwendig sein; sich gebühren‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  2, , ,  4,  4,  1.

Belegblock:

Dat nuwe Boych (
rib.
,
1396
):
dat Rutger [...] vp die Rentkamer geschicht vnd gesat wart van des Raitz wegen, der Steede gelt vpzoheuen vnd vsszogeuen, as sich dat heischt.
Anderson u. a., Flugschrr.
22, 8, 9
([
Erfurt
]
1525
):
Dysen zu verzeynen / heyscht auch das goͤtlich weltlich recht / nicht allein das Christlich.
Menge, Laufenb. Reg.
2787
(Hs. ˹
nalem.
,
um 1470
˺):
Darnach so es denn heische sich | So nyme din tranke gar meͣsseclich | Ie by der wyl nach diser wyse | Zwúschent dinem essen lyse.
Morgan u. a., Mhg. Transl. Summa
136, 10
(
schwäb.
,
14. Jh.
):
unde si einen brütigom genam, nach deme unde do der sitte houschende waz, so glübte er mit ir die küscheit.
Ebd.
265, 31
:
in der ersten wis die gnade genomen, so wirt gehouschen zuo derre gnade etlichü bereitunge der gnade.
Meisen, Wierstr. Hist. Nuys
1445
;
Küther, UB Frauensee
166, 33
;
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Vorr. Lk. ;
Rennefahrt, Statut. Saanen ;
9.
›jn. wie (z. B. einen Dieb) heißen, nennen, bezeichnen‹.
Nur rib. belegt.
Bedeutungsverwandte:
vgl.
2
,  1,  5,
1
 4.

Belegblock:

Loesch, Kölner Zunfturk. (
rib.
,
1396
):
Des anderen dags heisch ich denselven Cuenen einen dief ind einen verreder.
Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
865
(
rib.
,
1444
):
So mochstu heisschen eyn guyt Moyses | Des du stathelder ind vicaris bis.
10.
in der Wendung
jn. wilkommen sein heischen
: ›jn. begrüßen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.
1
 14.

Belegblock:

Meisen, Wierstr. Hist. Nuys
113
(
Köln
1476
):
Eerst heysch man sy doe wylkom syn.