langen,
V.
1.
›in der Höhe an jn. / etw. heranreichen, herankommen, bis zu einem bestimmten, als fern angesehenen Zeitpunkt reichen; sich in der Länge oder in der Fläche erstrecken; (von menschlicher Erkenntnistätigkeit:) weit ausgreifen‹; hier anschließbar: ›sich an jn. wenden, auf jn. zugehen‹; ›jn. rechtlich angehen‹ (jeweils räumlich bzw. räumlich gedacht); ›zeitlich an einen bestimmten Termin heranreichen‹; ›von etw. her-, abstammen‹; modal: ›betroffen, anhängig sein (von einer Rechtssache)‹; ›sich auf einen Betrag belaufen, eine bestimmte Höhe erreichen (von einem Schaden)‹;
zu  15.
Phraseme:
wo das an uns langt
›so weit das uns betrifft‹.

Belegblock:

Quint, Eckharts Pred.
303, 4
(
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
got der ist sô hôch in im selben, daz dar zuo niht gelangen enmac kein verstantnisse.
Cirullies, Rechtsterm. Anh.
1981, 235
(
rhfrk.
,
1361
):
weiz nit, war der schade gelangen mag.
Doubek u. a., Schöffenb. Krzemienica
699
(
schles. inseldt.
,
1481
):
das ist kommen Lẅrencz Lwdwig vor wnser gehegte banck vnd hot gegloͤẅbit, Hannes Reÿman czẅ vortratten von des erbes tẅaÿn, wo ÿs hant ader langket ÿn aller zachen.
Neubauer, Kriegsb. Seldeneck
80, 17
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
so ver sein leib vnnd lebenn langenn mag.
Baumann, Bauernkr. Rotenb. (
nobd.
,
1525
):
können sie doch damit [mit traid] biß zu der zeyt des schnits nit hinaus langen.
Das wöllen wir, wa das an uns langt, mit hohem fleiß [...] beschulden.
Franck, Decl.
339, 28
(
Nürnb.
1531
):
Ibis [...] / der mit seinem langen hals zu seinem hindern langende / den brauch zu cristiern den menschen anzeygt hat.
Sachs (
Nürnb.
1556
):
Denn werden sie wol an uns langen, | Eröffnen uns baider hertz.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
ob ich [...] als hoch súnge das es an den himel langete.
Welti, Urk. Rheinfelden
243, 98, 36
(
halem.
,
1449
):
das ir an dem knecht nit gächent, noch von siner gevangenschaffte sach wegen nit zů im fuͥrer langen noch getän schaffen.
Goldammer, Paracelsus
4, 246, 6
(
1530
):
herr, dein geschepf hat dief gedanken und weit zu langen, bis sie kommen in die warheit der natur.
Maaler (
Zürich
1561
):
Biß an etwas Langen, Ruͤren vnd anstossen.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
wan der paum wirt gar hôch und langet über ander paum.
Koller, Reichsreg. Albr. II.
167, 36
(
1438
/
9
):
als ferre der burgfride [...] des slosses Ebersdorff langet und reichet.
2.
›etw. mit den Händen oder mit einem Gerät greifen; nach etw. greifen; jm. (die Hände) reichen; jm. etw. (meist: mit der Hand) reichen, geben, zukommen lassen‹; speziell im Anschluß an die erstgenannte Nuance: ›(Heu) auf den Erntewagen reichen‹; ›etw. greifen und wohin führen‹ (z. B. die Füße zum Mund).
Phraseme
(am ehesten hier anschließbar):
jm. einen langen
›jm. einen Schlag versetzen‹; zu  1.
Syntagmen:
etw.
(z. B.
heu, das schwert
)
l., etw.
(z. B.
die schrift, das schwert / sper / tuch
)
her / herab l., jm. die hände l., jm. etw.
(Konkretes: z. B.
den apfel / hut / stab / trunk / wein, das buch, die armbrust
; Kollektives:
das dorf
; Abstraktes:
die kunst
)
l., jm. zu essen / trinken l., die füsse zum munde l.; nach etw. l
.

Belegblock:

Holland, H. J. v. Braunschw. V. e. vngerat. Sohn (
Wolfenb.
1594
):
Ich will jhne [Apffel] euch langen.
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
120, 13
(
rhfrk.
,
um 1435
):
Da hieß der konnig den getwerch vor sinen dische sitzen / vnd hieß yme zü essen / vnd zü drincken langen.
Buch Weinsb. (
rib.
,
um 1560
):
lais mich ungesclagen ader ich will dir einen langen.
Froning, Alsf. Passionssp.
5744
(
ohess.
,
1501ff.
):
Herre, lange die schrifft here!
Perez, Dietzin
1, 132, 21
(
Frankf.
1626
):
schoͤne Fraw [...] langt vns einen guten Trunck.
Hübner, Buch Daniel (
omd.
, Hs.
14.
/
A. 15. Jh.
):
des muzen sie langen | Deme kunge ire kunst.
Neumann, Rothe. Keuschh.
5384
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
sine fusse langet her
[Sittich]
zu den munde, | also ein mensch isset.
v. Liliencron, Dür. Chron. Rothe (
thür.
,
1421
):
do liess her om eyne armbrost langin.
Schönbach, Adt. Pred. (
osächs.
,
1. H. 14. Jh.
):
Der unreine slange [...], der sol die [!] langen an dinen vǔzspore.
Luther. Hl. Schrifft.
Jdt. 13, 7
(
Wittenb.
1545
):
trat sie zu der seulen [...] vnd langet das Schwert / das daran hieng / vnd zog es aus.
Bindewald, Texte schles. Kanzl.
33, 7
(
schles.
,
1372
):
haben im vnd seinen erben gegeben, geligen vnd gelanget, geben, leien vnd langen en ouch mit krafft dicz brieffs daz dorff peicherwicz.
v. Keller, Ayrer. Dramen (
Nürnb.
1610
/
8
):
So lang mir doch nur her mein stab!
Michels, Murner. Badenf.
106, 116
(
Straßb.
1514
):
Ich hon so grosse sorg vnd angst, | Wo du mir nit din hende langst, | Das ich filicht moͤcht gar verfallen.
Maaler (
Zürich
1561
):
Nach dem püpple langen oder greyffen | darnach ginen. Appetere mammam dicitur puer lacteus.
Rauwolf. Raiß ([
Lauingen
]
1582
):
Wann sie solche badtuͤcher wider haben woͤllen / langend sie es mit der stangen [...] widerumb herab.
Bindewald, a. a. O.
42, 34
;
Welti, Pilgerf. v. Walth.
81, 10
;
Moscherosch. Ges. Phil. v. Sittew. ;
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
427, 6
;
3.
›länger werden, an zeitlicher oder raümlicher Erstreckung zunehmen‹;
zu  15.

Belegblock:

Plant u. a., Main. Naturl.
301ra, 28
(
ohalem.
, Hs.
E. 14. Jh.
):
als stiget die svnne danne von dem vnderste͂ emisperio zvͦ dem obersten so langent die tage.
4.
›mitgeteilt, weitergegeben, überliefert werden‹; trans.: ›etw. mitteilen‹; meist in der Wendung:
etw. langen lassen
›etw. an jn. gelangen lassen, jm. etw. mitteilen, weitergeben, vorlegen; jm. etw. (z. B. Gnade) zukommen lassen‹.
Syntagmen:
an jn. langen
(1 Beleg), (meist:)
etw.
(oft: eine Nachricht)
an jn.
(z. B.
an Fugger, an den keiser / rat, an die grundherschaft, an die geistlichen
)
l. lassen, die bede / gnade an jn. l. lassen; etw. an jn. l
.

Belegblock:

Chron. Magdeb. (
nrddt.
,
1525
):
ab sollichs an E. Churf. g. clagebar gelanget wuͤrde.
Sachs (
Nürnb.
1556
):
ich wils an die räth lassen langen.
Ebd. (
1559
):
und lest dein gnade an uns langen.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1449
):
wann nu gar vil mercklicher und treffenlicher bete von durchleuchtigen und hochgepornen fürsten an den rate langoten.
Jörg, Salat. Reformationschr.
28, 17
(
halem.
,
1534
/
5
):
damit all handlungen [...] an u[wer] hochverstendigen wisheytt nachkumen haͤtte langen mogen.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
Was aber gros fürfallend seltsam sach sein, solt man an den kaiser langen lassen.
Siegel u. a., Salzb. Taid. (
smoobd.
,
1625
):
alsdann mag ain iede parthei solches an sein grundherrschaft langen lassen.
5.
›jm. zum Guten oder Schlechten gereichen; zu etw. hinführen, zu etw. beitragen‹.

Belegblock:

Köbler, Ref. Wormbs
129, 19
(
Worms
1499
):
eine͂ andern frembden dem soͤlichs zu gůt oder zu schaden langte.
Baumann, Bauernkr. Rotenb. (
nobd.
,
1525
):
das wurd euch zu lob, er und allem guten langen.
Jörg, Salat. Reformationschr.
569, 21
(
halem.
,
1534
/
5
):
wil es je zů undertruckung des evangely [...] so baͤrlich langen.
6.
›von jm. etw. fordern; jn. belangen‹.
Bedeutungsverwandte:
,
1
 1.
Syntagmen:
etw.
(z. B.
die forderung
)
an jn. l.; gegeneinander in recht l
.

Belegblock:

Rwb (a. 
1349ff.
).