V., unr. abl.;
zu
mhd.
bevëlhen
›übergeben‹
(
).
Die Schreibungen variieren infolge der dem Wort im Mittelhochdeutschen noch eigenen Lautkombination
-lh-
sehr stark:
befelen
, seltener
befellen
: vor allem md., auch nobd. und els.;
befehlen
(wo
h
als Dehnungszeichen interpretiert werden kann): vorwiegend md./nobd./wobd.;
befelhen
(wo die Lesung des
h
als Dehnungszeichen nicht ausgeschlossen ist, aber - je nach Gebiet - auch Spirans gelesen werden kann): vereinzelt md., meist wobd./oobd.;
befelchen
: vorwiegend wobd. und oobd. Da
-l-, -ll-
und
-hl-
insgesamt häufiger auftreten als diejenigen Schreibungen, die eine spirantische Aussprache des
h
nicht ausschließen oder gar (wie
ch
) wahrscheinlich machen, wird die Lemmaform mit
-l-
angesetzt; dies gilt auch für das Wortbildungsfeld von
befel-
. Vereinzelt tritt ein
i
-Graph nach
l
auf; mit folgendem
ch
ergibt dies die Schreibung
befelichen
; dazu wohl hyperkorrekt vereinzeltes
befeligen
(dies ist jedenfalls wahrscheinlicher als Zuordnung zu den
-igen
-Adjektiven; vgl.
Henzen, Dt. Wortbildung.
1965, 225
). Die Ablautverhältnisse schwanken ebenfalls: im Prät. vereinzelt md. und obd.
-u-
; 1mal reimbedingt
-ie-
; regelhafte Flexion nach Ablautreihe IV; vgl. dazu ausführlich:
Dammers u. a., Flexion der st. und schw. Verben.
1988
, vor allem S. 378-381.
3.
›jn. (oft: sich) einer göttlichen Person, einer religiösen Macht, einer rechtlichen Ordnung, einer sozialen Instanz, einem Individuum anvertrauen, sich in js. Hände, Verantwortung, Schutz begeben‹, für sehr unterschiedliche religiöse, rechtliche, soziale und persönliche Verhältnisse gebraucht; je nach Verhältnis: ›sich jm. anheimstellen; jm. jn. zur Fürsorge übergeben, anvertrauen, empfehlen, jm. jn. überstellen, ausliefern‹. Für die Mehrzahl der Belege überwiegt die auf religiösem Vertrauen oder auf Vertrauen in weltliche Ordnungsverhältnisse beruhende Überstellung, Übergabe.
Phraseme
jm. befolen sein
; als Fluch:
seit dem teufel befolen!
als Segenswunsch:
got befolen
;
jm. (einer magd) ein kind befelen
›jn. schwängern‹.
Syntagmen:
jm
. (z. B.
dem kanzler / pfarrer, der amme
)
jn
. (z. B.
die gefangenen / juden, den armen / reiter, das weib / kind / volk
)
b., jn
. (auch:
sich
)
in js. gebet / gebot / gnade / hut / schirm / schuz, auf js. treue b., jn. / sich got
(Dat.),
dem vater, den heiligen, dem glük
, ˹(ironisch:)
Sanct Georgen / Sanct Christoffel˺, dem sacrament, der dreifaltigkeit b., sich / seinen geist in js. hand / hände b., seinen geist jm. b., seine sele jm
. (z. B.
got, dem märtyrer
)
b., jn. / sich jm. dienstlich / freundlich / treulich / untertänig b
.
Belegblock:
Große, Schwabensp.
(Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
her sol ouch alle de Ioden, de in důdescheme lande, sime kenselere bevelen, So daz her se beschirme.
Fischer, Brun v. Schoneb.
(
md.
, Hs.
um 1400
):
[Johannes] den got also hoe irwiel, | daz her im sine muter beviel.
Kan man sich den anderen Heiligen also befehlen / warumb kan man sie dann nit anruffen?
Vnnd thun mich also hiemit, freundtlicher lieber Läser, […], zu deinen günsten befehlen.
Kohler u. a., Peinl. GO Karls V.
(o. O.
1532
):
solle der Richter […] den armen dem Nachrichter bevelhenn.
Froning, Alsf. Passionssp.
(
ohess.
,
1501ff.
):
Wes stehet er nu zu prolen? | sijt dem tufel bevolen!
Feudel, Evangelistar
65, 10
(
omd.
,
M. 14. Jh.
):
‘vater, in dyne hende bevele ich mynen geist’.
Luther. Hl. Schrifft.
1. Mose 39, 22
(
Wittenb.
1545
):
Aber der HERR […] lies jn gnade finden fur dem Amptman vber das Gefengnis / Das er jm vnter seine hand befalh alle Gefangenen im gefengnis.
Kehrein, Kath. Gesangb.
(
Bautzen
1567
):
Vnd rufft mit lauter stimme, | Bfall sich dem Vatr im Himel, | Vnd gab auff seinen Geist.
Bell, G. Hager
646, 11, 3
(
nobd.
,
1613
):
wir Be fellen vns gancz vnd gar | fort jnn deinem schucz jmer dar.
Vetter, Pred. Taulers
(
els.
,
1359
):
Dar nach do was si [Maria] […] under Sant Johannes hůte, dem si unser herre in sin stat beval.
Reu, Süddt. Kat. 1,
156, 29
(
Zürich
1580
):
Hiemit befelhend wir alle frommen Christen dem lieben Gott.
Schlosser, H. v. Sachsenh.
3228
(
schwäb.
,
1453
):
Daß wir fürnemen ainen got | Und uns bevelhen in sin gebot.
durch der großen liebe willen so sy zuo jrem sun hete. wolt sy den keiner ammen beuelhen.
Baumann, Bauernkr. Oberschw.
(
schwäb.
,
v. 1542
):
demselben bevalch man etwan ful guter reyter.
er hab seynem gott […] gebeicht und sein sel bevolchen.
antwurt, er were pfarrer da, und im das folck bevolhen, das wöllte er weysen.
Barack, Zim. Chron.
(
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
er [pfaff] het ainer magt im schloss ain kindt, wie man sagt, bevolchen.
Befehlen / heimstellen / committere.
Der Katzen den kaͤß / dem Wolff die Schaff vertrawẽ / das ist / einem etwas befehlen / der nit trew ist. […]. Wir woͤllen diß den gelerten befehlen / que supra nos, nihil ad nos. […]. Laß dir dein ampt befohlen sein / Mit fleiß vnd trew es schmucke fein. Man muß vil der zeit befehlen. […]. Wann die Menschen alles gethon haben / was jhnen befohlen ist / so seind sie doch vnnuͤtze knecht.
Was du selbst thun kanst / befilch nit einem andern. […]. Wer sich befehlt in Christus haͤnd / Der hat gnug vnd ein seliges end. […]. Wer nicht kan mit practicken stelen / Dem thut man zu Hoff kein ampt befehlen.
Rudolf, Peuntner. Sterbek.
150ra, 23
(
moobd.
,
n. 1434
):
jn einem ganczen vertrauen bephilich dich selbs vnd alles, dastu hast, got.
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
191, 4
(
moobd.
,
1473
/
8
):
[als wenn der pawman] das lamp dem wolff bevilhet in sein huet.
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
134, 26
;
137, 11
;
Welti, Pilgerf. v. Walth.
76, 34
;
Bell, a. a. O.
642, 1, 4
;
Päpke, Marienl. Wernher
;
;
;
;
Klein, Oswald
29, 22
;
40, 45
;
111, 190
;
112, 294
;
Spiller, Füetrer. Bay. Chron.
;
;
;
6.
›jm. (oft: Gott) etw. zu angemessener Berücksichtigung, Behandlung anvertrauen, jm. etw. vertrauensvoll überlassen, jm. etw. übergeben; jm. etw. aushändigen; jm. etw. überlassen‹; im Unterschied zu
3 bis 5 mit Akk. d. S.
Phraseme:
etw., alle dinge, die sache, den handel got befelen
›etw. (o. ä.) Gott anheimstellen, überlassen‹;
etw. den weiseren befelen
›etw. Klügeren überlassen‹;
etw. js. mume befelen
›auf etw. pfeifen‹.
Bedeutungsverwandte:
,
; vgl.
.
Syntagmen:
jm
. (sehr unterschiedlichen Bezugspersonen, z. B.
got, dem vater / herren / schneider
)
etw
. (einen konkreten Bezugsgegenstand, oft: ein Grundbesitztum, eine Herrschaftsfunktion)
b
.; als Akk. d. S. begegnen z. B.:
brief, gewand, schaz, zins, zol, haus, hof, garten, gut, land, provinz, stat, lehen, burg, reich, ampt
(oft),
gewalt
(mehrfach),
macht, gericht, priesterschaft, ritterschaft, regierung
, ˹(jeweils mehrfach:)
ere, leib, wirde
˺,
banner, schlüssel, ingesiegel, gemeiner säckel, heiligtum, friede
;
etw. auf die amptleute b
.;
den samen den furchen b
.; als Fluch:
jm. die pforte der helle / der helle bank b
.;
befolene habe
.
Belegblock:
Helm, H. v. Hesler. Apok.
(
nrddt.
,
14. Jh.
):
Dem der vater hat iz gerichte | Bevoln ober die menscheit.
Große, Schwabensp.
(Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
BEvelit man eynem snidere, ein gewant tů snidene.
Quint, Eckharts Pred.
(
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
In unbederbe hât got sante Pêter den slüzzel niht bevolhen.
Froning, Alsf. Passionssp.
(
ohess.
,
1501ff.
):
vor anders allen dynen [Sathanas] gesellen | bevellen ich der die porten der hellen!
[ich] wel dir des ummer sagen danck | und dir bevellen der helle banck!
Wer seine sachen einem faulen vnd hinlaͤssigen Menschen befihlet / der darff niemand schuld geben / dann jm selber.
Kurz, Waldis. Esopus
(
Frankf.
1557
):
Was er damit hat wolt bedeuten, | Bfehl ich zu sagen andern Leuten.
Feudel, Evangelistar
28, 24
(
omd.
,
M. 14. Jh.
):
unde sal synen wyngarten bevelen anderen luten dy ym dy frucht antworten.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
146, 6
(
thür.
,
1474
):
dyeselbigen sachen unde gebrechin, so […] uff dy amptlute zcu Arnßhoug […] befolen sint worden.
Luther. Hl. Schrifft.
Ps. 37, 5
(
Wittenb.
1545
):
Befelh dem HERRN deine wege / vnd hoffe auff jn / Er wirds wol machen.
Es ist auch geverlich, das man wirthen zoll bepfillet.
Köbler, Ref. Nürnberg
391, 5
(
Nürnb.
1484
):
Von rechtlichem außspruch den an dem ende der abrede in schriften zethun. vnd nyemant anders zebeuelhen.
Vetter, Pred. Taulers
(
els.
,
1359
):
und bevilhe alle ding Gotte.
La din ruschen, din mengelen, din wirrewarren sin; das bevilch diner můmen und blip bi dir selber und nim des herren war in dem grunde.
die rede lo nv sin, vnd bevilhe ez gotte.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
27, 2
(
els.
,
1362
):
alles min gůt befilhe ich dir in dine hůte.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 493, 2
(
Hagenau
1534
):
Ich will es nun fort hyn den jungen befelhen.
wz gewaltz jederman von sinnen herren […] bevolchen syg.
Schlosser, H. v. Sachsenh.
1976
(
schwäb.
,
1453
):
Den da bevolhen was das ampt, | Marschalk, pelis und publicus.
Wem haut sy uffgeseczt iren krancz, | Den ir bevalch küng Allefancz?
auf das befelhen wirs gott, daß wir barmherzig seindt und vergeben.
Brévart, K. v. Megenberg. Sphaera
34, 23
(
noobd.
,
1347
/
50
):
Nu spricht Virgilius also: ‘die attlanten die schuͤlen dir e verporgen werden’ – daz ist: der ohs schol dir e undervallen –, ‘e daz du dein somen zimleich den fuͤrhen bevelhest’.
ainen guten hüter gehoret an alle schäden czu bewarn vnd czu wenden von dem daz seiner huet bepholichen ist.
Roth, E. v. Wildenberg
(
moobd.
,
v. 1493
):
mir tzimbt nicht dir bidertzůsprechen, ich bils befelchen den beissern.
dem herren was bevolhen und eingeben die burck […] und des reichs kron.
Piirainen, Stadtr. Kremnitz
99
(
mslow. inseldt.
,
16. Jh.
):
die Ienigen aber, So die Thurn bepholhen sein.
Hampe, Ged. v. Hausrat
3, 8, 8
;
Bell, G. Hager
11, 3, 15
;
Lemmer, Brant. Narrensch. Anh.
34
;
Lutz, Buch Alfadol
157, 7
;