erleuchten,
V.
– Im eigenen Belegmaterial überwiegen bildliche und ütr. Verwendungsweisen; in religiösen, von der Bildsprache der Bibel beeinflussten Kontexten gehäuft in Zusammenhang mit der tropisch-allegorischen Bezeichnung Gottes als Licht des Lebens.
1.
›scheinen, strahlen, aufleuchten‹ (von Lichtquellen gesagt); auch ütr. auf Bezugsgrößen mit auszeichnenden Eigenschaften;
vgl.  3,  23.
Obd.; im 15. Jh. auslaufend; Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘, teils gebundener Form.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1, (V.),  1,
2
.
Wortbildungen:
erleuchtig
›strahlend, hell‹ (dazu bdv.: vgl. , ),
erleuchtung
1 ›Lichtglanz, Strahlen‹.

Belegblock:

Gille u. a., M. Beheim
441, 87
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
du pist der guldin leuchter, der | im thempel Salamane | erlaucht mit siben lampen kler.
Eichler, Ruusbr. obd. Brul.
2, 199
(
els.
,
E. 14. Jh.
):
kraft der sunnen, die in einem oͮgenblicke, wan sú vf gat, erlúhtet.
Thiele, Minner. II,
24, 25
(Hs. ˹
nalem.
/
sfrk.
,
1470
/
90
˺):
noch Artuͦer noch ouch Alexander | in wuͦnnen nie so rychen hof, | he in muͦst vergaen als sonder lof, | erluͦchten da nicht wyflich wyf.
Brett-Evans, Bonaventuras Leg. S. Francisci
106, 12
(
önalem.
,
v. 1478
):
Do wart er nachtes [...] vferhebet von der erden vnd vmbfangen mit einem schinenden wolken, das die wunderliche erlùchtung vmb den lib were ein gezùg der wunderlichen erlùchtung inwendick.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
14, 53
(
oobd.
,
3. Dr. 14. Jh.
):
Zuhant gie auf der liechte tag, | der uns wol erleuchten / mag.
Ebd.
41, 13
:
Lob sei völlig und erläuchtig, | wunsam, zierleich, hochgedeuchtig.
Klein, Oswald
81, 34
(
oobd.
,
1428
?):
ain schön weib [...] | [...] der lob für alles gold | erleucht.
Gille u. a., a. a. O.
71, 80
;
Pyritz, Minneburg
272
.
2.
›etw. (räumlich Gedachtes) hell machen, mit Helligkeit, Licht erfüllen, anleuchten, bescheinen‹ (von Licht- und Wärmequellen bzw. von als solchen vorgestellten Bezugsgrößen gesagt); tropisch für die auf die kreatürliche Schöpfung gerichtete lebensspendende Potenz des allmächtigen Gottes: ›jn. / etw. mit Leben erfüllen, lebendig machen‹; generalisierend: ›jn. mit etw. Gutem erfüllen, begaben, jm. eine Fähigkeit verleihen‹;
vgl.  2,  2.
Gehäuft Texte der Sinnwelt ,Religion‘.
Bedeutungsverwandte:
 17, , ; vgl.  7,  4,  1, (V., unr. abl.) 1,  1,  2.
Syntagmen:
j. / etw
. (Subj.)
etw
. (z. B.
got die herzen, der her die finsternis, der her das liechtfas, der rubin die kamer, die tafel das münster, das liecht die nacht, alle dinge
)
e
.,
die sonne den mond, die welt / wüste, die berge / planeten e
.,
jn. / etw. mit etw
. (z. B.
die sele mit gnade, dem schein der weisheit, den grund mit dem gotvarbenen liecht, die geforderten mit dem glauben, die kinder mit liecht, die prediger mit verstand
)
e
.,
etw. jn
. (z. B.
das liecht den menschen
)
e
.
Wortbildungen:
erleuchtnis
,
erleuchtung
2 ›ewiges Leben‹.

Belegblock:

Luther, WA (
1522
):
biß der herr kompt, der auch erleuchten wirt das verporgene der finsterniesß, und wirtt offenbaren den rad der hertzen.
Ebd. (
1522
/
3
):
also scheynet auch das goͤttliche liecht auff das liecht der natur und erleuchtet es.
[Gott] der uns mutig mache und mit seynem liecht erleucht.
Pfefferl, Weigel. Gn. S. 
139, 22
(
um 1571
, Hs.
1615
):
das ist [...] ein verzweiffelder Mensch der da mainet Gott wölle allein den Jungern vnnd Aposteln die Erleichtung oder Neüegeburth geben vnnd niht auch andern.
Froning, Alsf. Passionssp.
3641
(
ohess.
,
1501ff.
):
vormaledyet sye der sonne und dem mone, | die mich uff erden erluchtet hane!
v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
32, 4
(
omd.
,
1487
):
dÿ Sonne entspringt Jn der hoe des hÿmels vnd irlucht dÿe werltt.
Eggers, Psalter
36, 1
(
thür.
,
1378
):
Wan du derluchtes, herre, min luchtevas.
Asmussen, Buch d. 7 Grade
991
(
nobd.
, Hs.
A. 15. Jh.
):
waz vor waz vinster, daz wirt hel | und wirt mit gnoden erleuhtet.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
99
(
Nürnb.
1517
):
Die geforderten werden erleucht mit dem glouben und der weißheit.
Chron. Strassb. (
els.
,
1362
):
Do daz volk ersach die tavel do die botschaft an stunt, do erschein die tavel und erluhte dasz munster glicher wis als ein blickze.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
E. 14. Jh.
):
er ist daz ware lieht, daz do erlúhtet einen ieglichen menschen.
Ebd. (
1359
):
als der mensche in disem friden stet, so koment die cherubin mit irre clarheit unde erlúchtent disen grunt mit irme gotvarwen liechte also mit einem snellen blicke.
Anderson u. a., Flugschrr.
7, 13, 10
(
Straßb.
1524
):
vnd gott vmb gnad bitten / das er vnsere hertzen also woͤll erleüchten / damit sye gleichfoͤrmig werden der fruchtbaren erde͂.
Ebd.
17, 8, 12
([
Wittenb.
]
1523
):
[prediger,] die gott mit verstand erleucht vnd mit gaben datzu getziert hatt.
Morrall, Mandev. Reiseb.
141, 20
(
schwäb.
,
E. 14. Jh.
):
in der sul ist ain rubin, [...] der erlúchtet die gantzen kamer.
Hohmann, H. v. Langenstein. Untersch.
103, 53
(
moobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
so entspringet dann der schein der weishait vnd der verstentichait, mit der dann dew sele wirt derleucht sam ain gluuntz eysen.
Ebd.
113, 17
:
des ersten die obristen [wurchunden dinge] entphahunt dew stralen vnd dew erleuchtnuͤss des gotleichen liechts.
Qu. Brassó
5, 376, 22
(
siebenb.
,
1599
):
Am 28. Tag des Abens [...] ist der Himmel feurrot und erlicht worden, als wenn ein gross Dorf sollt brennen.
Sermon Thauleri
5rb, 28
;
Böhme, Morg.R.
148, 11
;
Menge, Laufenb. Reg.
811
;
Wagner, Erk. Ps.-J. v. Kastl
19, 12
;
Goldammer, Paracelsus
6, 192, 16
;
Eichler, Ruusbr. steen
1000
;
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. ;
Spechtler, Mönch v. Salzb.
41, 24
;
Niewöhner, Teichner
423, 26
;
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
52, 2
;
Vgl. ferner s. v.  2,  5.
3.
›jn. sehend machen‹; überwiegend ütr., dann: ›jn. (bzw. eine das geistig-intellektuelle, emotionale und intuitive Vermögen des Menschen beherbergende Instanz wie Herz, Geist, Verstand) erkennen lassen, inspirieren‹; in christlich-theologischen Zusammenhängen speziell auf die gnadenhaft gewährte, im Glauben basierte Gottesgewissheit bezogen: ›jm. die Augen für die Wahrheit öffnen‹; dies aus christlich-orthodoxer Perspektive im Blick auf Un- und Andersgläubige (Heiden), aus konfessioneller Sicht im Blick auf die Anhänger je anderer Konfessionen: ›jn. bekehren, zum wahren Glauben führen‹; auch: ›jn. läutern, von (aus christlicher Perspektive) falschen Prioritäten, sündhaftem Leben abbringen‹;
vgl.  2,  5.
Gehäuft Texte der Sinnwelt ,Religion‘.
Syntagmen:
j. / etw
. (Subj.)
jn. / etw. e
. (z. B.
got den menschen, die blinden, die vernunft den menschen, Aristoteles die menschheit, die heiligen die welt, die keuschheit den mut, die rede das gemüt, der heiland die heiden, der heilige geist das herz, die boten gottes, der her die augen des geistes, die gnade die blinde sele, der glast der künste den sin
),
got jm. das herz e
.,
jn. / etw. durch die gnade, mit dem exempel des heiligen lebens, von der blintheit des herzens, zu der erkentnis der ewigen dinge e
.;
der heilige / mensch erleuchtet sein, die memoria erleuchtet werden
.
Wortbildungen:
erleuchter
›Gott in seiner Eigenschaft als Bekehrer‹.

Belegblock:

Luther, WA (
1522
):
Bitten wollen wyr fur sie, das sie gott erleuchte yn dißer ferlichen tzeytt [...], das sie nicht mit yhm
[dem Papst]
eyngewickelt unnd vertilget werden.
Christus [...] hilfft dich gar nichtz, es sey dann das du glaubst und erleücht werdest.
Ebd. (
1523
):
der heylig geist [...] wirt ewer hertz erleuchten, das yhrs verstehen kundet und wird euch des alles erynnern.
Ebd. (
1527
):
wer Christum erkennet, der ist erleucht und hat geistliche augen.
Ebd. (
1539
):
knie nider in deinem Kemerlein und bitte mit rechter demut und ernst zu Gott, das er dir durch seinen lieben Son wolle seinen heiligen Geist geben, der dich erleuchte, leite und verstand gebe.
Pfefferl, Weigel. Gn. S. 
180, 9
(
Magdeb.
1615
):
Er
[ein bekehrter Mensch]
ist glatt ein ander Mensch [...] gesundt / zuvor kranck / nun erleuchtet / zuvor finster vnnd blindt.
Perez, Dietzin
1, 44, 8
(
Frankf.
1626
):
[Schrifften] auß deren Aristoteles seine Weißheit empfangen / vnd die gantze Welt damit erleucht.
Strauch, Par. anime int.
37, 19
(
thür.
,
14. Jh.
):
wan aber der mensche sitzit, so sinkit daz grobe bluit, und di lichtin geiste dringint uf zu deme hirne, so wirdit di memoria irluchtit.
Neumann, Rothe. Keuschh.
2872
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
also machet si [di kuscheit] das gedechnisse gud | unnd irlichted des wisen menschen mud.
Schönbach, Adt. Pred. (
osächs.
,
1. H. 14. Jh.
):
herre, erluchte min ouͤgen; nicht die ougen des vlisches sunder die ougen des geystes.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Bautzen
1584
):
Kom her du gaben geber, | Kom du hertzn erleuchter.
Pyritz, Minneburg
2189
(
nobd.
, Hs.
um 1400
):
Daz kint sprach: ,zwor der kunsten glas | Erluͦchtet hat dinen sin so zart. | [...]‘.
Langen, Myst. Leben
168, 22
(
nobd.
,
1463
):
Wegerstu auch von got, / daz er dir dein hercz erleucht, daz du erkenst all dein vergessne sund.
Gille u. a., M. Beheim
124b, 637
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Wann got erlauht ir herczen, | [...] daz sy | von ganczem herczen und sel hie | gelabten sunder scherczen.
Reichmann, Dietrich. Schrr.
171, 19
(
Nürnb.
1548
):
das er [der Heyland] die Heyden erleuchten soll / das ist / zu Gottes erkentnuß / vnd dem wort bringen.
v. Keller, Ayrer. Dramen (
Nürnb.
1610
/
8
):
Mein Hertz mir zu erleuchten, | Hab ich mir gnummen für, | Im Closter drinn zu beichten.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
E. 14. Jh.
):
enwissent ir nút was Gotz wille si, so volgent den die von dem heiligen geiste me erlúhtet sint wan ir.
Goldammer, Paracelsus
2, 91, 20
(
1530
/
5
):
die obrigkeit in uns [unser vernunft], so uns von gott geben und angeboren, uns zu füeren, lehrnen und trösten und erleuchten.
Lindqvist, K. v. Helmsd.
3029
(
halem.
, Hs.
um 1435
):
Der hailig gaist mit siner kunst | Der kam gar schnell mit sinem tunst | Und erlucht gar foͤllenklich | All Gottes botten sunderlich.
Koppitz, Trojanerkr. (Hs. ˹
noschweiz.
,
15. Jh.
˺):
Sin altte gemütte im do | Von der rede erlüchtett ward.
Steer, Schol. Gnadenl. 3, A
2
,
326
(
schwäb.
,
1447
):
Zú dem funfften male so rainiget die gnad die vnrainen sele, erluhtet die blinden sele vnd machet volkumen die sele.
Bauer, Geiler. Pred.
100, 21
(
Augsb.
1508
):
diße
[die Heiligen Paulus und Antonius]
habend mitt dem exempel ires hailigen lebens / die gantze welt erleücht.
Hohmann, H. v. Langenstein. Untersch.
95, 82
(
moobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
Der gotleich pot ist der [...] mit dem wir zu der erchantnuͤss der ewigen ding werden erleucht.
Bauer, Imitatio Haller
58, 14
(
tir.
,
1466
):
Es ist kchain heilig als hoch nie verczukcht worden vnd erleüchtet worden, oder er hab gehabt truebsal oder anuechtung dar vor oder darnach.
Strauch, a. a. O.
100, 10
;
128, 7
;
Kehrein, a. a. O. ; ;
Bell, G. Hager
207, 2, 17
;
Bauer, Geiler. Pred.
77, 1
;
Höver, Bonaventura. Itin. A 1
158
;
Buijssen, Dur. Rat.
2, 17
;
Bauer, Imitatio Haller
69, 2
;
dies., Haller. Hieronymus-Br.
11, 6
.
Vgl. ferner s. v.  1,
1
 2.
4.
›etw. erklären, erläutern‹; ›etw. (für jn.) erhellen, einsichtig, nachvollziehbar machen‹; auch: ›etw. bekannt machen, offenbaren‹; mit personalem Objekt: ›jn. aufklären, belehren‹;
vgl.  5,  6.
Bedeutungsverwandte:
 1,  1,  3, ; vgl.  2,  1, (V.) 2,  8,  5.

Belegblock:

Luther, WA (
1522
):
Der vetter werck ist nitt, die schrifft erleuchten mit yhrer eygen gloßen, ßondern klare schrifft erfurbringen.
Ebd. (
1525
):
also das er
[Karlstadt]
die gewissen unterrichte und erleuchte, wie es abgoͤtterey sey, die selben [bilde] an zu beten.
Lindqvist, K. v. Helmsd.
4668
(
halem.
, Hs.
um 1435
):
Er satzt ir uff ain herlich kron, | Als uns die geschrifft erlúchtet schon.
Schmidt, Rud. v. Biberach
162, 4
(
whalem.
,
1345
/
60
):
Dis erlucht sant Gregorius vnd spricht: [...].
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1368
):
uns dunket, das wir die [vorgeschriben gesatze] nach dez ratez und der zunfftmeister rat gebezzern und baz erluhten mugen.
Rot
317
(
Augsb.
1571
):
Erleuchten / erleutern / erklaͤren / mit farben außstreichen.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
daz [puoch] hân ich ich mêr dan daz drittail gemêrt und den sin erläucht.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
Germanien, welchs gar fleissig Cornelius Tacitus und ander mêr mit iren schriften erleucht und herfür an das liecht pracht haben.
5.
›jn. / etw. mit / durch etw. auszeichnen, adeln‹; ›etw. mit etw. zieren‹; Part. Prät. im Übergang zur Lexikalisierung;
vgl. .
Bedeutungsverwandte:
(V.) 2,  2, , ; vgl. , .

Belegblock:

Knape, Messerschmidt. Bris.
2, 11
(
Frankf./M.
1559
):
verhoffeten / Gott wuͤrde in kuͤnfftigen zeiten jr gut alt Geschlecht / durch jhn [Brissonetus] erleuchten vnd groß machen.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
ich wil dich erleuchten mit eren
[nd. Bibel 1478:
verheuen myt glorien
, 1522:
eren
;
Dietenberger
1534 /
Eck
1537:
vereeren
;
Luther
1545, 1. Makk. 11, 42:
ehre [...] thun
]
vnd dein volck.
vnd den tempel der leuchten sy zuͦ mal groͤßlichen mit gaben
[
Luther
1545, 2. Makk. 3, 2:
schickten herrliche Geschencke
].
Heydn. maister
6r, 24
(
Augsb.
1490
):
also seind auch die in gesicht des tÿrãn vñ wuͣtrich zuͦ zeite͂ hoch geacht vñ erleücht gsproche͂ vñ zuͦ zeite͂ jr ere beraubt.
Primisser, Suchenwirt (
oobd.
,
2. H. 14. Jh.
):
Der brief von perlein vein derhaben, | Mit gold erlucht die buͦchstaben.
Guth, Gr. Alex. (Hs. ˹
oobd.
,
E. 14. Jh.
˺):
Du pist ain lerer gemait | Und miner der gerechtickeit, | Dürch dich [Aristotiles] ist erleuht die künst.
Seemüller, Chron. 95 Herrsch. (
oobd.
, Hs.
1. H. 15. Jh.
):
die edlisten der welt stette hat er
[Petrus]
mit gotes purgêrn und phaffen derleûchtet.