offenbaren,
V.
1.
›(jm.) durch göttliche Zuwendung etw. (einen überirdischen Tatbestand) enthüllen, offenbaren, vermitteln, (z. B. durch Zeichen) so veranschaulichen, daß es verstehbar ist und den Empfangenden zum Glauben verpflichtet‹;
zu  2.
Texte der Sinnwelt ,Religion‘, oft der Mystik.
Bedeutungsverwandte:
 2,  3,  2,  3,  1, .
Gegensätze:
.
Syntagmen
mit Akk. d. S. / (vereinzelt:) d. P.:
got sein wort, die schönheit seines hauses, der vater seine taugene o., Christus die süsse (seiner liebe), der son den namen des vaters, die engel got, der geist etw. von im selbst, der knecht gottes das neue recht, die schrift gottes willen o., die anfechtung o., was [...]
; mit Akk. d. S. und Dat. d. P.:
der herre den heiden das liecht, der heilige geist jm. das geheim, Jesus den gläubigen heilsame dinge o., got jm. etw
. (z. B.
viel der heimlichkeit, durch den geist
)
o., j. / got jm
. (z. B.
den kleinen / holden / lützelen
)
etw. o., (menschen) jm. die ere, seligkeit der selen o., j. jm. seinen tod, die neuung o
.; refl.:
got sich den engeln, der herre, das wort sich in jn. o., der heilige geist sich in gestalt der taube o., Jesus sich in die sele, (mit süssigkeit / reichheit) in die herzen, der ausflus sich im selben o
.; im Zustandspassiv:
der geist durch das kreuz geoffenbart sein, das mysterium den heiden geoffenbart sein
; mit Handlungspassiv:
jm. eine prophezei geoffenbart werden, etw
. (Subj.)
in einer sucht, die gegenwürtigkeit des heiligen geistes in der gestalt der taube, gottes lere übermits der dinge geoffenbart werden, jm. geoffenbart werden, das [...]
;
die barmherzigkeit, jm. geoffenbart
(nachgestelltes Attr.).

Belegblock:

Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Ze dem andern mâle offenbâret sich Jêsus in der sêle mit einer unmæzigen wîsheit, diu er selber ist.
Jêsus der offenbâret sich ouch mit einer unmæzigen süezikeit und rîcheit ûz des heiligen geistes kraft ûzquellende und überquellende und învliezende mit übervlüzziger voller rîcheit und süezikeit in alliu enpfenclîchiu herzen.
Swer mich offenbâret und ûzliuhtet, der sol hân daz êwige leben.
Jostes, Eckhart
42, 22
(
14. Jh.
):
Daz ist offenwarung, daz er sich im selber offenbart, und sein offenwarung daz ist sein claffen.
Ebd.
26
:
Sein chlaffen mit den engeln ist, daz er sich ein iglichen engel offenbart.
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Mt. (
osächs.
,
1343
):
wan du dise dinc vorborgin hâst vor den wîsen und den klûgen und hâst si geoffinbârit
[
Mentel
1466:
deroffent
]
den cleinen.
Mathesius, Passionale (
Leipzig
1587
):
das es eine verborgene heimliche Weißheit vnd Mysterium oder Geheimiß sey / welches der Welt verborgen / vnd in letzten zeiten den Heyden offenbaret ist.
Böhme, Morg.R.
154, 22
(Hs. ˹
schles.
,
1612
˺):
Es ist zwar von anbegin der Welt keinem Menschen also gantz offenbahret worden.
Reichmann, Dietrich. Schrr.
74, 31
(
Nürnb.
1548
):
der bittet das Gott sein wort vns genedigklich offenbaren / rechtschaffene Prediger geben / vnnd vnsere hertzen so erwecken woͤlle / das [...].
Dietrich. Summaria
24r, 16
(
Nürnb.
1578
):
Fleisch vnnd blut hab jnen solchs nicht offenbaret / sonder Gott durch dein heiligen Geist.
Eichler, Ruusbr. obd. Brul.
1, 76
(
els.
,
E. 14. Jh.
):
so hat er [got] sinen namen vnd die erloͤsunge menschlicher naturen tuͦn bredien vnd offenbaren in allen enden des ertriches.
Strauch, Schürebrand (
els.
,
E. 14. Jh.
):
ein gar sunderlicher grosser begnodeter gottes frúnt, dem got vil grosser heimlicheit offenbarte.
Morgan u. a., Mhg. Transl. Summa
3, 10
(
schwäb.
,
14. Jh.
):
über daz behörlich wesen der creaturen enmag ez uns niht erkant werden, niht wan also vil, als es in der heiligen schrift geoffenbart wirt, übermitz welchü schrift uns gottes wille geoffenbart wirt.
Ebd.
273, 35
:
so muoz daz sin, daz er überfliezze von zeichen unde von den bekentlich werken, übermitz welche man underwillen offenbaren muoze die sache.
Ruh, Bonaventura
339, 24
(
schwäb.
,
2. V. 15. Jh.
):
der uerninftig gaist ist geoffenbaret durch das kreütz nach dreyerlay vnderschidlichait: wie [...].
Andreae. Ber. Nachtmal
58r, 8
([
Augsb.
]
1557
):
in der gestalt diser Tawben wirdt geoffenbart die gegenwaͤrtigkait des hayligen Gaysts.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
13, 28
(
oobd.
,
3. Dr. 14. Jh.
):
zeuch hin, pot, gotes knecht, | [...] | offenbar newe recht, | tue die alt ee hinab.
Bauer, Imitatio Haller
84, 16
(
tir.
,
1466
):
aber die anuechtung die offenwart, was wir sein.
Helm, H. v. Hesler. Apok. ;
Quint, a. a. O. ; ; ; ;
ders., Eckharts Trakt. ;
Jostes, a. a. O.
49, 17
;
Froning, Alsf. Passionssp.
6339
;
Strauch, Par. anime int.
24, 11
;
40, 35
;
Bechstein, a. a. O. Lk. ;
Kehrein, Kath. Gesangb. ;
Dienes, E. Gros. Witwenb.
53, 11
;
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
122
;
Vetter, Pred. Taulers ;
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
19, 31
;
102, 3
;
Kurrelmeyer, Dt. Bibel Var.;
Ruh, a. a. O.
359, 15
;
Lauater. Gespaͤnste
68v, 11
;
69r, 25
;
Morgan u. a., a. a. O.
57, 27
;
Andreae. a. a. O.
75r, 21
;
Hohmann, H. v. Langenstein. Untersch.
75, 79
;
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
75, 32
;
Bauer, Zist.-Pred. Haller
49, 173
;
dies., Imitatio Haller
47, 2
.
Vgl. ferner s. v. .
2.
›etw. (das verborgen, geheim, nicht für andere bestimmt ist) melden, aufdecken, bekanntgeben, ans Licht bringen; jn. / etw. anzeigen, verraten; jm. etw. (mehrfach: etw. die eigene Person Betreffendes) mitteilen, enthüllen, offenlegen; sich jm. anvertrauen, öffnen‹;
vgl.  4578;  34.
Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld):  12345,  1115,
1
 1,
2
 2,  2, (V.) 7891011,
1
 189,  14,  23,  1,  1,  3,  3,  1, ,  1,  123467,  1, ,  10, , , , , , .
Gegensätze:
(V.) 22, , , .
Syntagmen:
jn
. (z. B.
den täter, den rat
)
o., etw
. (z. B.
ein geheimnis / gericht, die warheit, eine lere, die gedanken
)
o., etw. mit predigen / schreiben, mit worten o., etw. vor gehegtem dinge o., jm. etw
. (z. B.
eine aussage, sein leben, js. tod, eine heimlichkeit / schnödigkeit / unreinigkeit / notdurft, einen schändgesang, bücher
)
o., dem altherren seine gedenke o., jm. etw. frei o., jm. o., das [...] / wie [...]
; subst.:
jm. durch js. offenbaren arges wiederfaren
.
Wortbildungen:
offenbarer
›Verräter‹ (dazu bdv.: vgl. ).

Belegblock:

Schöpper (
Dortm.
1550
):
Publicare publiciern offenbarn auffthun eroͤffnen.
Wunderlich, Fierrabr.
55, 8
(
Simmern
1533
):
ich bin nuͦn sicher das den Frantzosen durch dein offenbaren keyn args widerfert.
Köbler, Ref. Wormbs
133, 24
(
Worms
1499
):
das in dem selben fall vns als der oberkeit billicher gehorsam bewyser. die warheit geoffenbart. [...] würde.
Sievers, Oxf. Benedictinerr. (
hess.
,
14. Jh.
):
Die ubele gedenke den herzen zu kummende zu hant werfen an Krist und deme geistlichen altherren offenbaren.
Stambaugh, Milichius. Zaubert.
5, 6
(
Frankf./M.
1563
):
daß [...] / die reyne seligmachende Lehr nie so klar unnd verstaͤndtlich mit predigen / unnd auch mit schreiben ist offenbart und erleutert worden.
Oorschot, Spee/Schmidt. Caut. Crim.
305b, 21
(
Frankf./M.
1649
):
so finde ich weder Mittel noch wege / wie [...] diese warheit
[die Unschuld e. P.]
offenbaret werden solte.
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Mt. (
osächs.
,
1343
):
ich wil setzin mînen geist ûf iz, und iz sal daz gerichte offinbâren
[
Mentel
1466:
derkundet
; Var. 1475
2
–1518 /
Eck
1537:
verkünden
;
Luther
1545:
verkündigen
]
den dieten.
Ebd. Lk. :
dînes selbis sêle sal durchgên ein swert, und daz geoffenbârit werden di gedanken ûz vile herzcen.
Doubek u. a., Schöffenb. Krzemienica
443
(
schles. inseldt.
,
1470
):
do hot gestandin Merttin Teÿchman var gehegtim dinge vnd hot das offinbarth, vnd das sÿ, dÿ burgin, den fridin nicht habin gebrochin.
Lauchert, Merswin (
els.
,
1352
/
70
):
vnd begere an dich, daz dv mir din leben wellest offenboren.
Rieder, Gottesfr. (
els.
,
1382
/
91
):
die selben buͤcher Ruͤleman von grosser demuͤtikeit wol drissig ior gar heimeliche und verboͤrgenliche gehielt, das er si niemanne offenboren wolte.
Ruh, Bonaventura
360, 20
(
orhein.
,
um 1480
):
daz du in schuld sprechen oder bichten gantz vnd gar vnd gewor vnd bloß, [...] dim bicht vatter also got dem heren offenbaren solt mit dinem eigenen mund.
Wolf, Norm im sp. Ma.
46, 49
(
oobd.
,
1486
):
sicherlich sol ainer den andern offenwaren sein natturft.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
17.
/
18. Jh.
):
wan der forster den thäter nit offenbaret, ist er in gleicher straff.
Mollay, Ofner Stadtr.
22, 6
(
ung. inseldt.
,
1. H. 15. Jh.
):
Von etlichen vntüchtigen leuten [...] Vnd der gewdende, Wan er ist ein offenwarerr.
Ebd.
48, 2
:
Wer den rat melt oderr offenwart, wie klain dy sach ymmer ist, er verleust dy zung.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
109, 2045
;
Köbler, Ref. Franckenfort
76, 2
;
89, 78
;
Ralegh. America iiijr, ;
Feudel, Evangelistar
34, 24
;
v. Tscharner, Md. Marco Polo
64, 17
;
Wagner, Erk. Ps.-J. v. Kastl
16, 41
;
Lauchert, a. a. O. ;
Ruh, a. a. O.
358, 14
;
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
119, 34
;
Rieder, a. a. O. ;
Schib, Urk. Laufenb.
96
;
Bauer, Geiler. Pred.
469, 8
;
Gilman, Agricola. Sprichw.
2, 177, 14
;
Eschenloher. Medicus ;
Hohmann, H. v. Langenstein. Quästio
183, 31
; Untersch.
75, 72
;
Voc. Teut.-Lat.
x vijv
;
viijr
;
Vgl. ferner s. v.  15,
2
 2.
3.
›(jm., vereinzelt) etw. zeigen, vorzeigen, vor Augen führen, erkennen lassen; etw. demonstrieren; etw. beweisen‹; eng an 1 anschließbar, im Unterschied dazu aber auf profane Gegebenheiten und auf deren Anschaulichkeit bezogen.
Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Bedeutungsverwandte:
, (V.) 1, (V.) 1; vgl.  2,  4, .
Gegensätze:
.
Syntagmen:
j. etw
. [wie]
o., j. die wunden, sein angeschläufe, antliz o., die niessung e. S. etw. o., das bild das muster, die gesteltnis eines dinges
(sein)
wesen o., got o., das [...]
; passivisch:
die husserei, die sünden, der glaube (durch ein zeichen) geoffenbart werden
; refl.:
die ketzerei sich o., j. sich klar o., j. sich selber der welt, die engel sich dem menschen, der teufel sich auswendig o
.
Wortbildungen:
offenbarigen
.

Belegblock:

Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
als man sprichet von der wîsheit des meisters, sô sprichet man von dem bilde, daz er gemachet hât; daz bilde offenbâret des meisters wîsheit.
Oorschot, Spee/Schmidt. Caut. Crim.
433b, 28
(
Frankf./M.
1649
):
diß alles / wird sich an jenem grossen Tage vor dem Richterstul deß Allerhoͤchsten viel klaͤrer offenbahren.
Ermisch, Freib. Stadtr. (
osächs.
,
1335
):
Verswiget man abir daz neiste dinc, daz man die wunden nicht offenbart unde belutbert also vor gerichte oder daz man ir nicht beginnet zu vorderne, so ist di wunde verlorn.
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. (
osächs.
,
1343
):
Dar ubir ist her [got] offinbaͤrende in dem êwangêliô daz her selbir was unzûstôrlich.
Gille u. a., M. Beheim
82, 388
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Jhesus was geharsam, | als er selber was offenpern.
Wagner, Erk. Ps.-J. v. Kastl
10, 62
(
nürnb.
,
1. H. 15. Jh.
):
Wer aber den ordenlichen stat seines gemuts verlewßt, der [...] offenbart, das er mit keyner wurcz der stetykeit innwendig gefestet ist.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
212
(
Nürnb.
1517
):
dieweil unser erkündigung ditz zeichen erfordert, dodurch der war, lebendig gloub geoffenbart werde.
Matthaei, Minner. I, (Hs.
15. Jh.
):
daz muͦz mich ymmer ruͤwen | daz es nit geoffenberigt wirt | waz frawen hercze truͤwen birt.
Cirurgia H. Brunschwig (
Straßb.
[
1497
]):
So
[in der Wunde]
solstu dan lassenn das ysin steckenn / biß das die natur das pfil isen vß tribet vnd sich offenbart
(hier: ›sich melden, wirksam werden‹).
Warnock, Pred. Paulis
20, 68
(
önalem.
,
1490
/
4
):
daz er [engel] sych am anfang verbirgt und aber am end so zögt und offenbart er sich dem menschen.
Morgan u. a., Mhg. Transl. Summa
306, 15
(
schwäb.
,
14. Jh.
):
Hylarius sprichet, daz „daz war ist daz, daz da verklerende ist oder offenbarende“.
Ebd.
315, 25
:
alse die niezunge dez bouwes offenbaret dez künstmeisters willen.
Ebd.
395, 11
:
so muoz daz sin, daz daz gesteltnüsse dis ding offenbar nach dem (vollen) wesen siner gesteltnüsse.
Hohmann, H. v. Langenstein. Untersch.
61, 70
(
moobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
wie oft der tewfel dem menschen erscheint, [...], vnd derzaigt in ainr gestalt oder sust sich offenpart ausswendig.
Bechstein, a. a. O. Joh. ;
Hohmann, a. a. O.
61, 64
.
Vgl. ferner s. v.  4,  1, .