töten,
V.
1.
›einen Menschen oder ein Tier vom Leben zum Tod bringen, umbringen, jm. das Leben nehmen (auch sich selbst), jn. / Tiere physisch oder psychisch vernichten; das Absterben von Körpergliedern verursachen‹; vielfach ütr.; Phraseme:
jn. auf laugnen töten
›heimlich, hinterhältig töten‹.Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld): 4, 1
, , , 1, (V.) 1, 2, ; vgl. , 2, , (V.) 7, 4, 8, 6, 1, 8, 1, 2, 6, , 3, 1, 1, , 1, , 2, 1; 5, 2, 2, 2, (V.) 2, (V.) 1, 4, 1, .Syntagmen:
jn
. (z. B. Christum, einen bösewicht / könig, den alten adam / unschuldigen, die mutter / sele, ein geschlecht, das volk, die ärzte / alten / feinde / ketzer / kindlein / propheten
) / sich töten (lassen), sich hungers t., sich selbst mit etw
. (z. B. mit seiner eigenen hand / mit einem schwert
) t., etw
. (z. B. flöhe / läuse / löwen / mäuse / milben / nissen / würmer, den atem
) t
.; mit kälte / marter, mit dem schwert / wasser t., von etw
. (z. B. von blut / gottes gewalt
) getötet werden, j
. (z. B. der mensch
) sich von etw
. (z. B. von der minne
) t. lassen
; grausamlich / heimlich / unrechtlich / zorniglich t., unschuldig getötet werden
; das töten verbieten
.Wortbildungen:
tötigung
Belegblock:
darumb bildets Moyses in den buchstaben, Du solt nicht tödten.
Du solt nicht Toͤdten / Da verbeut Gott alles toͤdten / und nimpt keine weise zu toͤdten aus.
Den dritten toͤdtet der vnfall.
O adeliches weibe, dein innigkeit, dein liebe die will mich todten.
want sye [frucht] hait inne yr vergifft vnd darvmb ist eß doden vñ kurtzen den athem vñ brenget groiß amecht.
So man dauon trinckt / so verstillt es den bauch vnd harn / vnd erstockt also vnd toͤdt.
Erschlagen. Vmbbringen / toͤdten / ermoͤrden / erschiessen / erstechen / [...] todtschlagen / [...] deß Lebens entwaͤltigen [...].
di aldin [lute] di totin sy [morder], di jungin di vorkoufin si.
Ebd.
61, 12
: so ruft her: ,ich bin der sich selbin wil totin czu ere des apgotis‘. so legit man yn von der bore, so totit her sich.
Die flöch zu tötten: so nim poleyen, zünde es an.
Ebd.
127, 1
: Wie man die würmer an allen beumen tötet.
Do mustu die creatur mit der natur toden.
von morden und ach töten | gund sich daz pflaster röten.
die werck des fleysch. Als da sind / ehebruch / hurerey [...] / toͤdten / haß / mord / sauffen.
von wegen der hauptglider so inwendig leichtlich mögen von solchem blut getöt werden.
Owe, du lútseliges antlúte der schoͤnen Wisheit, wie toͮdest du!
Sin minn kan och das us ernöten, | Das sich der mensch von minnen lǎt tötten.
das men nieman solte doten oder stroffen umb sinen glouben.
Du boͤses wip, vmbe dine vnkúschikeit wilt du din kint toͤten.
Ebd.
45, 16
: [alle ketzer] wurdent in der naht von gottes gewalt getoͤtet.
Zeallen zeiten vmb trag wir die toͤdigung
[Var. 1475
toͤttung2
–1518 ]
cristi in vnserm leibe. so doten ioch die lútzeln vnd wúrgt die weiber.
Es ist also / oder Gott toͤdte mich.
wan als der tot toͤdet den lip.
er woͤlte sich selbs hungers toͤden.
zu offenbaren der schantlichen thaten mit goteslästerung, der zauberey mit kindern zu kochen, tödetten auffgraben, etwa dieselben von muterleib enpfangen, gettodt, gesoten, mit dem schmaltz ein salben die leut und vich darmit gelemptt.
wer mit dem schwert toͤdtet / der muͦß mit dem schwert toͤdtet werden.
mit der schiffung dises mëres, in dem da sint allerlai gewürme an alle zal vnd die schar der kriegung oder echtung der veint, die da petriegen vnd tötten die gerëchten herczen.
Ebd.
40, 9
: du hast si getött mit dem swërt deines mundes.
Also das ich [Pilatus] dich mag getötten | Oder erlössen aus deinen nötten ?
2.
›etw. vernichten, tilgen, zerstören; etw. (Geschriebenes) löschen‹.Belegblock:
das haist den alten Adam toͤdten und kreutzigen
(metaphorisch für die Erbsünde, s.
adam 2).
wil ich wol schrîben, sô muoz ich allez daz tilgen und tœten, daz an der taveln stât.
ich tote freud uß menschen brust.
Dieses seyn nun die Poeten | Die den Schatten koͤnnen toͤdten.
3.
›die menschliche Sündhaftigkeit, ein als Sünde begriffenes Bedürfnis (z. B. die sinnliche Lust, Fleischeslust) in sich abtöten, ein als unrecht empfundenes Gefühl, eine innere Haltung, den Selbstbezug, alles, was dem Seelenheil als schädlich erachtet wird (in 1 mystischen Beleg: die Seele zugunsten ihrer götlichen natur
), bekämpfen, überwinden‹; mehrfach: ›den ewigen Tod besiegen‹; ›der Welt entsagen, sich dem Klosterleben anheimgeben‹; Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Syntagmen:
sich (selbsten), sich an fleischlicher befindung, die sele / den bauch / wurm
(ütr.), den ewigen tod mit dem tod, die abgötterei / sünde / untugend / verworfenheit / welt, das fleisch / gelüste, die werke, seine glieder, zergängliche dinge t
.Wortbildungen:
tötigen
Belegblock:
Gott mus uns zum ersten das gesetz fürhalten, mus uns verzweiffeln machen und uns ein schweys abjagen, mus uns toͤdten, ehe er uns mit dem Euangelio lebendig mache.
SO tödtet
[
tödigetMentel
1466ff.: ]
nu ewre Glieder / die auff Erden sind / Hurerey / Vnreinigkeit / schendliche Brunst / böse Lust / vnd den Geitz. daz er sich selben getœtet haben sol an aller vleischlîcher bevindunge und alliu zergenclîchiu dinc in im getœtet haben sol.
als ob ich alle werlt hæte getœtet und doch niemer dehein werk dar zuo getæte.
[di sel] wird getoͤtet in goͤtlicher natur, daz si in ir selben nimt gotlich natur.
Her Henrich van Kessel der rechte pastor hat sich getodt und ist canonisch zu Heinsberg worden.
If schult evr gluͤste niht volbringen [...] totet ir aber evr gelust so lebet ir.
[das sie] den heiligen geist bitten / das er in jnen den glauben stercke͂ [...] die vbrigen suͤnde toͤdten / oder zum wenigsten dem͂en vnd trucken woͤlle.
herre, so toͤte, so martele, ... alle versmehenisse und verworffenheit mines herzen.
doͤte die untugent und nút das fleisch; doͤte den buch und lo den sun lebende.
wann ob ir mit dem geyst doͤtiget
[Var. 1475
toͤdtet2
–1518: ]
die werck dez fleyschs ir lebt. Genǎde toͤdet den wurm der gewissen, den die súnde lebende machent.
die heiligen lúte toͤden sich selben in irem herzen mit einem geistlichen swerte des gottes wortes an begirde zitlicher dingen.
Luther. Hl. Schrifft.
Röm. 8, 13
; Williams u. a., Els. Leg. Aurea
104, 2
; Kurrelmeyer, a. a. O. ;
Buijssen, Dur. Rat.
12, 19
; 4.
›sich, seine Seele der ewigen Verdammnis ausliefern, jn., js. Seelenheil zerstören; jn. zum Abfall von Gott bewegen, zur Sünde verführen und dadurch außerhalb der Gnadenverheißung stellen; der Seele zur Verdammnis gereichen‹; Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Bedeutungsverwandte:
.Syntagmen:
die sele t., sich mit sünde t., die schuld jn. t
.; ein ampt, der falsche glaube, das gesez
(jeweils Subj.) t
.; die tötende creatur
.Belegblock:
Pfefferl, Weigel. Ges.
36, 4
(o. O.): es ist im alles das geseze das da nur tödtet, vnd Zorn anrichtet.
Ebd.
36, 27
: So das Ampt das durch die Buchstaben tödtet, Klarheit hatte.
Si totent sich vor got mit totlichen sunden.
hie doit syn sele ind verlust syn ere.
die lieb Christi [...] die entleibt hat den unschuldigen man, got, do die schuldt allein getödt hat den schuldigen lautern menschen.
Ebd.
237
: Der selen gift ist, das sie tödet, das sie in die sündt zeucht.
der falsche glaube, der totet.
das die leidige verstoͤrende, verterbende, toͤtende, unsinnige creature, das du an der lust und genuͤgede solt vinden.
Welt ir nicht gedenkhen, das ir den leichennam zerstört vor der zeit des natürleichen todes vnd die arm sël töten seit?
Pfefferl, a. a. O.
39, 9
; Jostes, a. a. O.
78, 10
; Rosenthal. Bedencken
40, 14
; Feudel, Evangelistar
16, 24
; Anderson u. a., Flugschrr.
19, 9, 16
.Bedeutungsverwandte:
.Belegblock:
so sullen ouch die IIII mark leiprente mitsampt dem houptgute vorgenumpt getotit sein und geqweitit.
[die genannten Personen]
dyͤ eynen brieff darubir gehat haben, dan wir getod haben mit dißem brieffe. haben auch dieselben briefe [...] getötet, ummehtig gemachet.
6.
›den Aggregatzustand e. S. zerstören, etw. in seiner Wirkung vernichten (von materiellen Gegenständen)‹; speziell: ›dem Quecksilber sein Kohäsionsvermögen nehmen, es inaktiv, fest machen, Flüssiges zum Erstarren bringen‹; ›e. S. den Geruch nehmen (z. B. von Kampfer)‹; Fachbezogene Texte.
Belegblock:
Quecksilber / wann das wirt getoͤdt vnd gemischt mit rosenoͤl [...] heylt den grindt.
Ebd.
92, 19
: Were es sach das eim getoͤdt quecksilber inn leib kaͤme / der trinck geyßmilch daruff.
genommen einen jungen Merzenhasen, darvon das blutt, den balg, [...], alles kleingehacket, campfer mit einen mandelkern getödtet.
nym des smerbes iij virdung vnd quecksilber, der do mit nüchter speichel getöt sey.
so nimpt der metallisch geist in solcher tötung einen andern besseren leib an sich, der gedigen, nit brüchig sonder geschmeidig ist. dan so kompt aber der alchimist und zerstört, tötet und bereitet solchen metallischen leib künstlich.