tot,
Adj.
1.
›verstorben, tot (meist vom Menschen, auch von Tieren gesagt); leblos, abgestorben; im Zustand der Entseelung‹; mehrfach tropisch, z. B.: ›zu einem verstorbenen Körper gehörig‹; ›blass, aschfahl wie ein Toter, einem Toten ähnlich, gleich‹; ›bleich (von der Farbe)‹.
Phraseme:
tot mit mir
Verwünschungsformel;
die tote geburt
›totgeborenes Kind‹;
tot oder lebend(ig)
.
Bedeutungsverwandte:
1
 8, (s. v. , V., unr. abl., 1), ,  3, ; speziell: , (V.) 1; vgl.  1, (Adj.), , , , ,  1.
Gegensätze:
(Adj.) 1,  1,  1.
Syntagmen:
j. t. scheinen / sein
(z. B.
der keiser, die märtyrer
),
j
. (z. B.
das kind
)
in jm
. [in der Mutter]
t. sein, j. in dem feuer t. sein, j
. (z. B.
die heiden
)
um etw
. (z. B.
um die warheit
) /
von etw
. (z. B.
von frost
)
t. sein, j. t
. ˹
bleiben / fallen / liegen / sterben, vieh t
. [wohin]
kommen, j. toter
[hier flektiert] [wo]
liegen
,
t
. [wohin]
gefürt werden
˺ (subjektbez. präd. Attr.), ˹
sich t. stellen, jn. t. finden
(z. B.
im bet
) /
beissen / verhauen / werfen, jn. toten finden / sehen
[hier flektiert],
jn. t. bei sich behalten, an den galgen schleifen
˺ (objektbezogenes präd. Attr.);
j. für t. niederfallen
, [wo]
liegen
;
der tote fürst / hund / körpel / leib / leichnam / man / mensch / son / sperling / vater, die tote farbe / frucht, das tote as / fleisch / hirschhorn / kind / leben / tier, die toten beine / körper / leute
;
erst / gern / halb(es) / lange / leiblich / schier tot
.
Wortbildungen
totenstein
(dazu bdv.: ),
totgeburt
,
totlebend
›zwischen Tod und Leben stehend‹,
totrechnen
›ausrechnen‹,
totwurf
›tödlicher Steinwurf‹.

Belegblock:

Toeppen, Ständetage Preußen
3, 95, 24
(
preuß.
,
1449
):
darmete sulden dye vorschreben 3 reysen alse Engelant, Collen und Bremen todgerechent seyn.
Luther, WA (
1531
):
so ergerts euch doch alles, nur todt mit mir, wen ich todt bin, so sol es anders werden.
Ebd. (
1535
):
Si non credis, tamen experientia discis, quod hodie gesund, cras tod.
Ebd. (
1544
):
das sie sich nichts fur Gott fuͤrchten und den Teufel fur eine todte Humel halten.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
512, 155
(
Magdeb.
1608
):
Nun ist er [mein Sohn] hin / nun ist er todt.
Ebd.
525, 597
:
Das sie die Froͤsch todt beissen baldt.
Ebd.
629, 3846
:
[Bluth] Aus einem todten Hirschhorn quall.
Ebd.
654, 4630
:
die aus noth ins Wasser lieffen / | Wordn todt geworffen aus den Schiffen.
Große, Schwabensp. (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
hat aber de dote man der guͦlte vorgeten noch gesuͦnder oder an sinem totbette.
Fischer, Brun v. Schoneb. (
md.
, Hs.
um 1400
):
nimant vrouwe sich uf toten lip.
Oorschot, Spee. Trvtz-N.
61, 19
(
wmd.
,
1634
):
Ohn Leben ich noch lebe, | Bin tod ohn Tod zugleich, | TodLebend immer strebe | Wo nur ich Dich beschleich.
Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
si [Marîâ Magdâlenâ] suochte einen tôten menschen und vant zwêne lebende engel.
Jostes, Eckhart
95, 33
(
14. Jh.
):
als wenik als ein tot mensch, der leiplich tot ist, sich selber bewegen mak.
Chron. Köln (
rib.
,
1394
):
man sleifde in al dot an den galgen.
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
135, 20
(
rhfrk.
,
um 1435
):
were er nit dot an zwyffel / er were langes widder kommen.
Karnein, Salm. u. Morolf
76, 6
(
srhfrk.
, Hs.
um 1470
):
der strit werte [...] | bitz das der ubel heiden | funff und drißig dusent dot gelag.
Ebd.
462, 3
:
ee dann ich dich liesse an dirre not, | [...] | ee wolt ich bi dir bliben dot.
Palmer, Tondolus (
Speyer
um 1483
):
viel er nider fur tod alß ob er nie kein leben gehebt het.
J. W. von Cube. Hortus
75, 60
(
Mainz
1485
):
[Disser wyn] ist sunderlich guͦt den frauwe͂ wan [...] drybet vß die doit geburt.
Froning, Alsf. Passionssp.
2254
(
ohess.
,
1501ff.
):
wer an mich gleuben kan, | wer er eyn toder man, | hie wirt widder lebendig [...]!
Ebd.
6437
:
ich wolde, das ich were doit!
Harms u. a., Alberus. Fabeln
33, 29
(
Frankf./M.
1550
):
stoͤrrige augen hatte er / ein todte farb.
Ebd.
80, 19
:
Ein Schlang im schnee / die war schier todt.
Thür. Chron.
7r, 2
(
Mühlh.
1599
):
wie er im streit Todt bleib.
Anderson u. a., Flugschrr.
19, 17, 4
([
Eilenb.
]
1524
):
es geht mir so vbel / dz ich schiere nicht weiß ab ich lieber todt / oder lebendig sein sol.
Ebd.
21, 21, 12, 10
([
Zwickau
]
1525
):
sollen sie von stund an todt vnd abseyn / nichts mehr gelten.
Opitz. Poeterey
45, 18
(
Breslau
1624
):
Wer todt ist / ist ohn alles leidt.
Voc. Teut.-Lat.
m vijv
(
Nürnb.
1482
):
Grabstein. totenstein.
Gille u. a., M. Beheim
169, 64
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
in der grufft schau die toten pein: | czaig mir adels genossen!
Bell, G. Hager
538, 4
(
nobd.
,
1611
):
jnn allen gassen jn dem plut | vil dotter körper lagen.
Ebd.
629, 6, 1
(
1598
):
Gar Hart sie arbeit imer dar, | vor angst sie schwiczen dette, | wie wol das kind dot in ir war.
Franck, Klagbr.
222, 31
(˹wohl
Nürnb.
˺
1529
):
was fuͤr hauffen golts sie teglich auß den testamenten der sterbenden / die yetz gleich tod / sich nicht mer verwissen / zusamen raspen.
Sachs (
Nürnb.
1554
):
wie man spricht: ein doter man peist nimant.
Ebd. (
1569
):
Wan sie
[Geflügel]
müesten all sterben dot, | Da wüer mans würgn, aufhenckn und rupfen.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
305, 6
(
els.
,
1362
):
do sohent sú sinen lichomen so gancz vnd so frisch, also ob er erst dot were.
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst (
Straßb.
1522
):
Er war gelingen und gleich dot.
Ott-Voigtländer, Rezeptar
209v, 20
(Hs. ˹
nalem.
,
um 1400
˺):
Der wissen reb wurcz: die zúhet vsser der / froͮwen lib die toten geburt vnd das schoss.
Ebd.
215v, 27
:
dem wib, / der die geburt tod ist in dem lib.
Welti, Stadtr. Bern (
halem.
,
1441
):
ordneten min herren [...] das, was vischen si har zuͦ der statt fuͤrent vnd dott sint, alle [...] an den vischmergt zuͦ veilem koͧff fuͤren.
Maaler (
Zürich
1561
):
Jch bin ein Todtermann / Es ist vmb mich vß vnd gethan. [...]. Todtnefrucht (die) Abortio. Todtneglider die man nit mer kan brauchen / vnnütze glider. [...]. Todtner coͤrpel (der) Cadauer.
Sappler, H. Kaufringer
29, 79
(
schwäb.
, Hs.
1472
):
es müeßt ain herz belangen, | und wär es mer dann halbes tot, | es köm von gelust.
Bauer, Geiler. Pred.
92, 26
(
Augsb.
1508
):
denn gewint er ainen solichen unwillen ab im selber / als ain annder mensch hatt ab aim stinckenden todten thyer.
Gilman, Agricola. Sprichw.
2, 95, 21
([
Augsb.
]
1548
):
Solt er an der ersten Lugen gestorben sein / so were er lange tod.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
die menschen, die ir alt pœs gewonhait lebendig niht lâzen wellent, die si doch alsô tôt lâzen müezent.
[waizel gedaucht in daz pulver] negt daz tôt oder daz wild flaisch auz den wunden.
Weber, Füetrer. Poyt.
300, 5
(
moobd.
,
1478
/
84
):
do si ir man sach totten in dem plŭete.
Munz, Füetrer. Persibein
184, 4
(
moobd.
,
1478
/
84
):
habt ir mein volck verwunndt vnd tod verhawen.
Winter, Nöst. Weist. Anm. 10 (
moobd.
,
16. Jh.
):
wierft ehr, so ist er dem herrn mit leib und guet alß für ein tottwuerf verfallen.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
52, 8
(
tir.
,
1464
):
ich lig da iczund toter, ste auf vnd erchükh mich, so würd ich dir veriehen.
Ebd.
96, 22
:
sehen, ob die jungeling lebentig oder tod weren.
Peil, a. a. O.
328, 2111
;
631, 3918
;
6712
;
Große, a. a. O. ; ;
Quint, a. a. O. ;
Oorschot, a. a. O.
61, 32
;
Gropper. Gegenw. ;
J. W. von Cube. a. a. O.
84, 31
;
v. Keller, Amadis ;
Österley, Kirchhof. Wendunmuth ;
Tiemann, a. a. O.
158, 1
;
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
170, 21
;
Thür. Chron.
8r, 7
;
v. Tscharner, Md. Marco Polo
5, 27
;
48, 15
;
Dinklage, Frk. Bauernweist.
95, 19
;
Fischer, Folz. Reimp.
10a, 176
;
Reichmann, Dietrich. Schrr.
155, 33
;
Vetter, Pred. Taulers ; ; ;
Williams u. a., a. a. O.
167, 29
;
305, 6
;
Bobertag, Schwänke ;
Lemmer, Brant. Narrensch.
38, 79
;
Gilman, a. a. O.
1, 395, 17
;
Steer, Schol. Gnadenl.
1, 644
;
Morrall, Mandev. Reiseb.
146, 1
;
167, 5
;
173, 10
;
Dreckmann, H. Mair. Troja
24, 17
;
33, 25
;
31, 28
;
Klein, Oswald
19, 75
;
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. ; ;
Qu. Brassó
5, 511, 20
;
Rechn. Kronstadt
2, 109, 19
;
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
10, 18
;
116, 21
;
123, 18
;
2.
›göttlicher Gnade nicht teilhaftig, gottesfern, glaubenslos, seelenlos; verdammt, dem ewigen Tod anheimgegeben (von Menschen und ihrer Heilsverlorenheit gesagt)‹; seltener säkular, dann: ›verloren, verzweifelt (von Menschen und ihrem Seelenzustand gesagt)‹;
vgl.  4.
Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1, .
Wortbildungen:
totarm
im Beleg am ehesten im Sinne von: ›bedauernswert, ohne Liebe‹.

Belegblock:

Lappenberg, Fleming. Ged. (
1631
/
9
):
Erzähls ihr [...] von meiner Todesnot. | Ich kan nicht totarm sein. Verschonen mich die Flammen, | so schlägt diß Tränenmeer doch über mich zusammen.
Pfefferl, Weigel. Ges.
30, 14
(
Hamburg
1646
):
schrifft vnd wercke des gesezes [...] laßen den Menschen tod bleiben.
Jostes, Eckhart
40, 30
(
14. Jh.
):
Di leut gent ze der messe und gebent ir almuzen, ir ander leben daz ist der werlt; [...]. Di leut sint tod.
Ebd.
54, 33
:
Ein mensch begert ze wizzen, wen der mensch zu grund tod wer.
Ebd.
95, 34
:
als wenik mak di sele, di also geistlich tot ist.
Strauch, Par. anime int.
87, 39
(
thür.
,
14. Jh.
):
so bist tu itzunt lebindic toit in dir selber.
Schönbach, Adt. Pred. (
osächs.
,
1. H. 14. Jh.
):
von den toten die da tot sin an der sele.
Wagner, Erk. Ps.-J. v. Kastl
11, 74
(
nürnb.
,
1. H. 15. Jh.
):
[so wer wir] vernemen, das wir noch dem ebenpild, das in dem EWANGELIO geschriben ist, jemerlich abgestigen sein [...] berawbt der gab der genaden und verlassen als halbegen tod, lebentig an dem leyb, tod an der sel.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
159
(
Nürnb.
1517
):
Wann die seel ist tod, die got nit hat zu einer speis und einem trank.
Lemmer, Brant. Narrensch.
47, 5
(
Basel
1494
):
Gar mancher narr / der zittlich styrbt | Hie / vnd dort ist er ewig dott.
Fischer, Eunuchus d. Terenz (
Ulm
1486
):
dar nach habend sie in für ainen eeprecher da innen an gefallen [...]. La. Ich bin tod.
Tra. Ich bin tod. ye minder hoffnung ist, ye mer ich lieb hab.
Wagner, a. a. O.
11, 74
;
Fischer, a. a. O. ; ; .
3.
›ohne göttliche Inspiration, im Hinblick auf eine vorausgesetzte Heilswirksamkeit kraftlos, nichtig, äußerlich‹; ›in der Folge menschlichen Fehlverhaltens sinnlos, eitel, unwirksam‹; speziell: ›überwunden (vom Winter)‹; als Ütr. zu 1 auffassbar.
Gehäuft Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Bedeutungsverwandte:
 345; vgl.  5,  5.
Gegensätze:
 4.
Syntagmen:
etw
. (z. B.
die gehorsamkeit / gerechtigkeit, der glaube, die werke
)
t. sein
;
der winter t. liegen
;
der tote buchstabe / schatte, die tote schrift, das tote opfer / siegel, tote bildnisse / bücher / steine
.

Belegblock:

Pfefferl, Weigel. Ges.
25, 31
(
Hamburg
1646
):
ein todter schatten kan nicht ein lebendig wesen wircken.
Ebd.
30, 21
:
Die ganze schrift vnd alle Ceremonien, als Teuffe Nachtmal beschneidung ist ein todter Buchstabe, auch die Vier Evangelisten [...], dieweil es ohn den Heyligen Geist gelesen [wirdt].
Luther, WA (
1519
/
29
):
das sigill [...] ist das sacrament, brot und weyn, darunder sein warer leyb und bluͤt, dan es muß alles leben, was ynn disem testament ist, drumb hatt er es nit in todte schrifft und sigill, sondern lebendinge wort und zeychen gesetzt.
Ebd. (
1520
):
Die werck aber seyn todte ding, kunden nit ehren noch loben gott.
Große, Schwabensp. (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
Wen guͦd gelouͦbe ane guͦte werc ist vor gote eyn todiz dingh.
Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
wan disiu werk sint alliu wærlîche tôt.
Oorschot, Spee. Trvtz-N.
250, 3
(
wmd.
,
1634
):
Wan von heisser Sonn verwüstet | Kält, vnd Winter ligen tod.
Gropper. Gegenw. (
Köln
1556
):
wie im Alten Testament (so nur ein bloße vorentwerffung / vnnd todte bildtniß des Neuwen gewesen ist) der Moyses / das Bluͦt der Kelber [gnom͂en].
Neumann, Rothe. Keuschh.
2227
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
ein totes opper opphern di kind.
Schönbach, Adt. Pred. (
osächs.
,
1. H. 14. Jh.
):
wan der gelouben ist tot an die guten werke.
Lemmer, Brant. Narrensch.
46, 50
(
Basel
1494
):
Gerechtikeyt ist blyndt vnd dott | All ding dem geltt sint vnderthon.
Quint, a. a. O. ;
Jostes, Eckhart
97, 38
;
Goldammer, Paracelsus
3, 281, 9
;
Koller, Ref. Siegmunds ;
Baptist-Hlawatsch, U. v. Pottenst.
41
.
Vgl. ferner s. v.  6.
4.
›weltabgewandt, der Welt entsagend, entrückt, außerhalb weltlicher Ordnungen, Bindungen, Beziehungen, Begierden, Bedürfnisse (u. Ä.) stehend; sein ganzes Trachten auf Gott richtend‹; speziell: ›ein mönchisches, weltabgekehrtes Leben führend‹; damit auch: ›nicht erbberechtigt‹.
Gehäuft ˹älteres und mittleres Frnhd.; Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘˺.
Bedeutungsverwandte:
(s. v.  5), ; vgl. (part. Adj.).
Syntagmen:
der welt, den dingen / sünden, magen und freunden, an allem t. sein
.

Belegblock:

Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
wilt dû leben und wilt, daz dîniu werk leben, sô muost dû allen dingen tôt sîn und ze nihte worden sîn.
Wie sol der mensche sîn, der got schouwen sol? Er sol tôt sîn. [...] der ist tôt, der der werlt tôt ist.
daz er sich selben getœtet haben sol an aller vleischlîcher bevindunge und alliu zergenclîchiu dinc in im getœtet haben sol und er ouch selbe tôt sî an allem dem, daz zergenclich ist.
Neumann, Rothe. Keuschh.
4393
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
lassit uch beduncken das ir tot syd | (dot meyne ich also uwern sunden, | dot uwern magen unnd frunden).
Kisch, Leipz. Schöffenspr. (
osächs.
,
1523
/
4
):
der do sein leiblicher sun und der welt ganz tot ist, nach landleuftigem sechsischem recht kein erb nicht nimpt.
Warnock, Pred. Paulis
6, 177
(
önalem.
,
1490
/
4
):
Die frowen henkent ir schürtz und die closterfrowen ire wil fer herab bis uff die nasen, daz man sol wenen, sú sigint der welt gantz tod und abgestorben.
Schmidt, Rud. v. Biberach
47, 27
(
whalem.
,
1345
/
60
):
Wandelen wir in vnserm herzen mit vlizze emziges meditierens, so wirt vnser gemvͦte vnzitlich, vnd wir werden tot der welt vnd leben in wendig mit gotte.
Ebd.
104, 19
:
Ir sint tot vnd ist vͥwer leben verborgen mit Cristo in gotte.
Quint, Eckharts Trakt. ; ;
Mönch v. Heilsbronn. Fronl.
10a, 15
;
Rieder, St. Georg. Pred. .
Vgl. ferner s. v. (V.) 12.
5.
›aufgelöst, gelöscht, ungültig, null und nichtig (von Verträgen und Abmachungen); vergeben und vergessen von (juristischen) Konflikten und Streitigkeiten‹.
Gewisse Beleghäufung für Rechts- und Wirtschaftstexte, auch für berichtende Texte.
Phraseme:
eine tote frage
›rhetorische Frage‹.

Belegblock:

Schöpper (
Dortm.
1550
):
Irritum. Nichtig vnwerd vnkrefftig machtloß krafftloß vnbuͤndig von vnwirden vntuͤglich.
Röhrich u. a., Cod. Dipl. Warm.
4, 380, 9
(
omd.
,
1430
):
so sullen ouch die III fert. czinses mit dem howptstamme tot sein.
Goldammer, Paracelsus. B. d. Erk.
51, 13
(
obd.
, Hs.
n. 1570
):
dann der stull soll todt vnnd ab sein / vnd gestorben vnnder Cristo.
Jörg, Salat. Reformationschr.
196, 5
(
halem.
,
1534
/
5
):
Und fragtt daruf / ob jemand darwider reden welte / der moͤchtz tuͦn / – Es was aber ein tote frag / dann da was niemand.
Ebd.
526, 33
:
dwyl der houptthandell [...] hin und ab sin sollte [...] und hiemit aller handell und spann / ganz und gar usgloͤschen, hin, tod und ab syn.
Leisi, Thurg. UB
6, 903, 7
(
halem.
,
1371
):
umb alle stoͤss, sachen und anspraͤch, [...] daz daz alles reit, tod und ab sin sol.
Ebd.
8, 312, 6
(
1397
):
so sond sy tod, verlegen und unnútz brief haissen.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1544
/
45
):
dorfft ain rat kain statut oder gesatz on ir bewilligung der gemaind fürhalten [...], sonder alle ansehung, erkantnus und ratschleg des rats mußten on bewilligung [...] als tot, nichtig und krafftlos beleiben.
[daß] all alter neid und haß, mißtrau und ungunst, [...] todt und ab und von hertzen gentzlich erloschen sein sollte.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
es warn all sach tod, ab, vergeben vnd vergessen.
Leisi, a. a. O.
7, 194, 21
;
8, 413, 24
;
Roder, Stadtr. Villingen ;
Vock, Urk. Hochst. Augsb.
386, 33
;
Dirr, Münchner Stadtr. ;
Mell u. a., Steir. Taid. ;
Vgl. ferner s. v.  6.
6.
rechtsphrasematisch:
der tote zehent
›aus Früchten, Pflanzen u. Ä. bestehender Zehnt‹ im Unterschied zu
der lebendige zehent
(dieser besteht aus einer Abgabe von Vieh);
die tote hand
›besonderen Bestimmungen unterliegendes Recht des Heimfalls eines Erbes beim Tode des Erblassers‹; davon kaum sicher zu trennen die Metonymie: ›anfallendes Erbe‹; die Bestimmungen betreffen mehrfach Streitigkeiten mehrerer Erbanwärter, speziell die Regelung von Schulden, die der Erblasser hinterlassen hat; in keinem der vorliegenden Belege bezogen auf nicht vererbbares Kirchengut.
Keine Belege aus dem Wobd. und Oobd.; Rechtstexte.
Zur Sache:
Lex. d. Mal.
8, 894
; vgl. auch: , ff. s. v.
hand
(mit reichhaltiger Belegung, aber ohne rechtshistorische Erläuterungen).
Bedeutungsverwandte:
vgl. .

Belegblock:

Leman, Kulm. Recht (
Thorn
1584
):
Beclayt eyn man den andirn vmme scholt noch todir hant. her sal dy tode hant benumen. [...]. Was tode hant heysse. Tode hant bewyset das. das eyme manne syn vatir adir syn brudir adir syn mog wer das sy irsturben ist. des erbe her nemen mag. vnde wen denne her beschuldiget. der mus des vnschuldig werden.
Köbler, Ref. Franckenfort
62, 14
(
Mainz
1509
):
Wir ordenen vnd woͤllen wo vil erbenn nach doter handt sich vmb ein beseß einer erbschafft oder güter dringe͂ / vñ mit einander oder gleich zum rechten kõmen / Das alßdañ der selb erbfall vnd güter auch sequestrirt / das ist in gemein handt gelegt sol werde͂.
Behrend, Magd. Fragen (
omd.
,
um 1400
):
Was tode hant ist unde heisszet, das eyner gut unde gelt noch toder hant mag gefordern. [...] Tode hant ist unde heisset, das, daz eyme syn vater, muter, bruder adir swester adir wer syn nehester irstorbin was, des erbe her nemen mag, unde wen her denne dorumme beschuldiget, der musz unschuldig werden selbsebinde.
Kisch, Leipz. Schöffenspr. f. (
osächs.
,
1523
/
4
):
Den erbnemen erinnern selbsiebent und auf tode hant. [...] so muß Bastian Korsner Steffen Aengelt als einen erbnemen sulcher schult erinnern auf tode hant, als recht ist, das Rampfuler Bastian die VII fl. schuldig plieben sei.
hat er aldo Elizabeth, seiner eelichen wirtin, gegeben sein erb [...] kan die frau das gezeugen mit richter [...] sie darf es auf tode hant nicht gezeugen.
Ime ist auch nicht not, das seine widerpart meinen, den widerkauf auf tode hand zu beweisen.
Doubek u. a., Schöffenb. Krzemienica
684
(
schles. inseldt.
,
1481
):
herre rechter, wenne denne sÿ das fordern nach totter hant, alzo vormane ich ewch, liber herre rechter, wÿ her das beweÿssen sal nach racht.
Anderson u. a., Flugschrr.
24, 11, 2
([
Nürnb.
]
1525
):
Des gleychen der Kleyn Zehend / den man de͂ todte͂ Zehenden nennt / als Heydel / Hyerß / Arbeyß / Hew / Hopffen / Krawt / Ruͤben / Pflantzen / Hanff / Flachs vnnd alle andere schmalsat / [...] / gantz todt vnd absein.
Kisch, a. a. O. ; ; .
7.
›keine chemische Wirkung zeigend, unwirksam; nicht natürlich‹ (von anorganischen Stoffen gesagt); speziell bezogen auf:
das tote mer
.
Gegensätze:
 7.

Belegblock:

Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
64, 7
(
Frankf.
1535
):
Antracites [...] des eygenschafft ist / So er geworffen ist in das fewer / erleschet er als were er todt / vnd herwiderumb begossen mitt wasser brennet er wider.
Morrall, Mandev. Reiseb.
118, 2
(
schwäb.
,
E. 14. Jh.
):
In der selben ynsel seyt er von dem totten mer daz da nit grund hatt.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
ainerlai haizt lebendiger swebel, daz ist swefel in der weis und er auz der erden kümt. der andern lai swefel haizt erleschter swefel oder tôter swebel, den macht diu kunst.
Jahr, H. v. Mügeln
1569
;
Barke, Spr. d. Chymie.
1991, 357
.