betauben,
betäuben
(letzteres seit dem 16. Jh., selten),
V.;
Fortsetzung einer
-ên, -ôn
und
-jan-
Bildung;
die
ahd.
und
mhd.
Wortbildungsbedeutungen korrelieren nur in Einzelfällen mit der formalen Zeichengestalt.
1.
›jn. / (ein Körperglied) durch Gewalteinwirkung o. ä. betäuben, schwächen, verletzen; jn. töten‹; intrans.: ›erliegen‹; als part. Adj.
betaubt
1 bzw.
betäubt
1: ›besinnungslos, betäubt, gefühllos‹.

Belegblock:

Strehlke, Nic. Jerosch. Chron. (
preuß.
,
um 1330
/
40
):
burnende unde roubinde | unde mortlich betoubinde | der Pogezenin âne zal.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
6167
(
Magdeb.
1608
):
wenn in Schmeltzhuͤtten die Hemmer / | Ein puffen machen vnd gedemmer / | Das einem Ohrn vnd Hirn beteubt.
Karsten, Md. Paraphr. Hiob (
omd.
,
1338
):
Wan sy wider den gelouben | In dem strite gar betouben.
Gille u. a., M. Beheim
242, 45
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
so zu krankait kumpt das haͮpt, | so sein dy glider auch petaupt.
Bell, G. Hager
14, 2, 7
(
nobd.
,
1592
):
ich du Eben | be dauben meinen leib all tag.
Henschel u. a., Heidin
1716
(
nobd.
,
um 1300
):
Do zeigte si im daz hovbt | Daz waz ir gar betovbt.
Klein, Oswald
111, 144
(
oobd.
,
1436
):
man satzt im auf sein hailigs hawbt | ain dürnin kron, mit hertem druck betaubt.
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
481, 5
(
moobd.
,
1473
/
8
):
Mit schlegen wart er also ser betaubet.
Gereke, Seifrits Alex.
5800
;
2.
›jn. empfindungs- und kritikunfähig machen, um Besinnung und Bewußtsein bringen, jn. verwirren, entsetzen, betäuben; jn. ohnmächtig machen‹; speziell: ›jn. (durch etw., z. B. lautes Sprechen) stören‹; als part. Adj.
betaubt
2 bzw.
betäubt
2 auch: ›verrückt‹.
Bedeutungsverwandte:
 2.
Syntagmen:
etw
. (z. B.
das gemüt
)
/ jn
. (z. B.
die weib, schöpfen
)
b
.; ˹oft mit Part. Prät.:
der mut / sin, das haupt / herz b. sein
;
im haupt, in furcht, von der müde, vor sorge betaubt sein
;
seiner witze betaubt sein
˺;
betaubendes getöse
.
Wortbildungen:
betaubung
.

Belegblock:

Luther. Hl. Schrifft.
1. Kor. 9, 27
(
Wittenb.
1545
):
ich beteube meinen leib / vnd zeme jn.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
5374
(
Magdeb.
1608
):
Sondern zerschlug mein schwaches Heupt / | Das ich dutzig ward vnd beteubt.
Ziesemer, Proph. Cranc Jes.
13, 8
(
preuß.
,
M. 14. Jh.
):
ein itzlicher wirt betoubet zu sinem nehesten, ir antlitze werden besenget.
Ebd.
44, 22
:
so das uwir lant wurdin ist eyne wustenunge und eyne betoubunge.
Ebd. Hes.
32, 10
:
[ich] wil vil volkis sich lazin betoyben
[
Luther
1545:
entsetzen
]
umme dich.
Ebd. Sach.
12, 4
:
wil ich slan alle phert mit betoubunge und alle ir ufsitzere mit unsynnikeit.
Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Zagele mit slangenhoubeten, | Durch daz sie ir vil betoubeten | Der waren Gotes kinder.
Matthaei, Minner. I, (Hs.
15. Jh.
):
dich hat betaubt ir [mynne] krefftig weder | und troffen mit ir donrstral.
Gille u. a., M. Beheim
156, 155
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
so wird ich yezund | so gar petaubet auf der stund | in vorchten.
Kohler u. a., Bamb. Halsger. Zentg. S.  (
Bamb.
1507
):
damit die Schöpfen jm Gericht nit betaubt werden.
Schlosser, H. v. Sachsenh.
866
(
schwäb.
,
1453
):
Daß ich vor sorg nit ward betoubt, | Das was ain wunder tusent falt.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1562
):
hat sich der hauptman [...], welcher im haupt betöpt gewesen [...] (getötet).
Henisch (
Augsb.
1616
):
Betaͤuben / beteuben / dum͂ / taub / hoͤrloß machen [...]. Es sind vil dinge / die das gemuͤt beteuben [...]. Das glockengeleut hat mich betaͤubt.
Klein, Oswald
112, 26
(
oobd.
,
1438
):
wer da regiert nach seinem houbt, | wie clüg der ist, er wirt betoubt.
Ebd.
117, 51
(
n. 1438
):
Mich wundert nicht an gmaine houbt, | die hoher klügkait sein beroubt, | ob die betoubt getrank der swachen witzen.
Munz, Füetrer. Persibein
421, 7
(
moobd.
,
1478
/
84
):
drumb ligt auch er mit nöten hie petaubet.
Weber, Füetrer. Poyt.
29, 7
(
moobd.
,
1478
/
84
):
Vor wunnder diser reichait gros | was Lorandin seinr witz nahendt petaubet.
Hübner, Buch Daniel ;
Mayer, Folz. Meisterl. ;
Adrian, Saelden Hort
767
;
2988
;
Wackernell, Adt. Passionssp. St. II,
1873
;
Vgl. ferner s. v.  1.
3.
›jn. betören, jm. einschmeicheln‹.

Belegblock:

Gille u. a., M. Beheim
195, 65
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
ir schone hat sein sel allein | gevangen und petaubet.
Ebd.
349, 32
:
Den hern Olovernem | [...] | [...] ain weip petabt | Und slug im ab daz habt.
Sachs (
Nürnb.
1566
):
Da wir den armen und den reichen | Mit eim fuchsschwantz die federn abstreichen, | Mit schmeichelworten sie betauben.
Klein, Oswald
3, 46
(
oobd.
,
v. 1408
?):
ich ward betoubet | gevangen durch ains weibes list | der von Wolkenstein.
4.
›jn. verleiten, verführen, verblenden, zum Abfall (vom Glauben) bewegen‹.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Lazet uch nicht brechen, | Gesweigen noch betouben, | Stet vaste an dem gelouben.
Kurz, Waldis. Esopus (
Frankf.
1557
):
So werd jr durch hoffart betaubt, | Vnd all ewr sinne gar beraubt.
Gille u. a., M. Beheim
230, 1
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Ir tumen juden so petabt, | seit das ir noch gedingen habt | und an euren Messiam glabt.
Ebd.
235, 8
:
vil manchen sy in helle pein | verlaiten und petauben | Mit wilden ungelauben.
Sachs (
Nürnb.
1562
):
Der teuffel [...], | Welcher den menschen thut betauben | Mit irrthumb.
Ebd. (
1563
):
Vest zu bstehn im christen-gelauben | Auffrichtig, laß sich nicht betauben | Den sathan.
Kurz, a. a. O. ;
Spechtler, Mönch v. Salzb.
33, 115
;
Dietz, Wb. Luther .
5.
›etw. vernichten, zugrunde richten‹;
jn. an dem leben b
. ›jm. das Leben nehmen‹;
die luft b
. ›die Luft verpesten‹.

Belegblock:

Strehlke, Nic. Jerosch. Chron. (
preuß.
,
um 1330
/
40
):
wizzit, daz betoubit | wirt ûf den tac mîn lebin.
Karsten, Md. Paraphr. Hiob (
omd.
,
1338
):
dis geistliche gute gut, | Das Got dem tugenrichen tut, | Di mac man hi nicht betouben.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Leipzig
1537
):
Auff das er wolt beteuben, | Den alten Adam in vns gantz.
Gille u. a., M. Beheim
101, 113
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
gar vil menschen wurden mit graus an dem leben betaubet.
Sappler, H. Kaufringer
13, 392
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
also ward die lieb betaubt | gar cläglich zwischen in baiden | mit schaden und herzenlaide.
Gierach, Märterb.
1008
(Hs. ˹
moobd.
,
A. 15. Jh.
˺):
ich muezz sein lere betawbenn.
Ebd.
3297
:
der luft von dem as betaubt wart.