V.;
mit den meisten Belegen Fortsetzung von
ahd.
/
mhd.
stillen
›etw. zur Ruhe bringen‹
, vereinzelt von
ahd.
stillên
,
mhd.
stillen
›zur Ruhe kommen‹
(vgl. die Ansätze 1 sowie 3-5 mit jeweils intrans. und trans. Gebrauch;
).
5.
›zur mystischen Ruhe kommen‹; trans.: ›(die Seele) beruhigen, zum inneren Frieden, zur
abgescheidenheit
von allem Äußern, zur Versenkung in Gott, zur unio mystica bringen‹;
Älteres und mittleres Frnhd.; Texte religiösen Inhalts, gehäuft der Mystik.
Belegblock:
Quint, Eckharts Pred.
(
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Guͤti in sich, guͤti, das stillet die sele nit.
wan der mensch in dem schlaf von usser menigvaltiger wúrklichheit mer gestillet ist denn in dem wachen.
Vetter, Pred. Taulers
(
els.
,
E. 14. Jh.
):
der [mensch] muͦs sich samenen zuͦtz ime selber und sliessen sich in von allen ussern dingen und geben dem heilgen geiste stat in ime zuͦ wúrkende in rastende und in stillen.
Steer, Schol. Gnadenl.
6, 49
(
moobd.
,
15. Jh.
):
dise gnad so sy volkumen wirt, so macht vnd sacht sy yn der sel einen güten heiligen frid, das ist ain stillunge vnd ain heilichait aller creft der sel, also daz all nyder creft gancz gehorsam sind der öbrern vnd daz gancz gemüt ist anhengig got.
diser frid, der also den menschen gotformet [...] wird gesachet von vil hohen tugenten, dar durch dy sel also gefrid wird vnd gestillet yn ir selbs, daz dy begirig chraft nicht vnordenleich sich bewegt.
Bell, G. Hager
120, 1, 6
.
7.
›etw. (Kriege, aufruhrähnliche Zustände) beilegen, zu einem gütlichen Ende bringen, beenden‹; vgl.
4; als resultativ zu
6 auffaßbar.
Gewisse Beleghäufung für berichtende Texte.
Syntagmen:
etw
. (z. B.
den aufrur / krieg / unfrieden, die aufrur / feindschaft / sache, das geschrei, viel haders / hasses
)
s., etw. mit arbeit / weisheit s
.; subst.:
ein stillen
›Waffenstillstand‹ (dazu bdv.: vgl.
2).
Belegblock:
,Recht ist [...], wie man sachen erkennen und scheyden, hadder stillen und enden soll‘.
Meisen, Wierstr. Hist. Nuys
2873
(
Köln
1476
):
Doch hayt der furst vyssz Hesserlandt | Ind der rayt van Nuyssz zo hant | Dat gestylt myt groysser wyssheyt.
Altmann, Wind. Denkw.
(
wmd.
,
um 1440
):
also wart es [krieg] doch gestillet mit grosser arbeit und wißheit.
sie raiten hin auß mit acht soldnern und rüften ein stillen auß.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 265, 32
(
Hagenau
1534
):
Denn regiern freuntlich und mit willen / | Thuͦt vil haß und haders stillen.
Dierauer, Chron. Zürich
(
halem.
,
1415
/
20
):
Des santen die von Bern ir erber bottschaft us und retten darunder, das es gestillet wardt.
Also machet der pundt ain haimlich stillung.
ob er die auffrur, [...], stillen und fürkomen möcht.
Tobler, Schilling. Bern. Chron.
;
Wyss, Luz. Ostersp.
3, 294
;
Doubek u. a., Schöffenb. Krzemienica
102, 14
;
‒
Vgl. ferner s. v.
1,
3,
5.
9.
›jn. / etw. (z. B. eine Gemütswallung) beruhigen, besänftigen, begütigen, zur Ruhe bringen‹; von Tieren: ›(Tiere) bändigen‹;
Bedeutungsverwandte:
1,
,
,
2,
,
(V.)
2,
2,
1,
1,
,
; vgl.
2.
Gegensätze:
6;
8;
11,
(V.)
3.
Syntagmen:
jn
. (z. B.
den man / richter / wirt, die hoffärtigen / jüden, grosse herren, das kind, die wacht, das volk
)
/ etw.
(z. B.
den zorn, das gewissen / herz
)
s., das weib den man s.,
(von Tieren:)
den esel / hund s., jn. mit geld, mit werken / worten s
.
Belegblock:
Lenire. Sänfftigen ermiltern erweychen beguͤtigen stillen.
Reconciliare. Versuͤnen befriden beguͤtigen stillen vertragen.
Nu [...] kompt dein altherkommend gutte recht zumasz, stillet die hertzen feyn.
als eynen strengen richter, den sie mit yhren wercken stillen und ßünen sollen.
Wie sie, die Juͤden, offt und schier on unterlas thaten, das sie Moses nicht stillen kundte.
has und zorn widder Christum, der nicht zu lesschen noch zu stillen ist.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
450, 1886
(
Magdeb.
1608
):
Er [Esel] wird zu mutwillig vnd wild / | Er mus ein haben / der jhn stillt.
Mannack, Rist. Pers.
120, 28
(
Hamburg
1634
):
grosse Herren / wann sie einmahl erzoͤrnet / sich nicht so leicht wiederumb stillen lassen.
Reichmann, Dietrich. Schrr.
146, 1
(
Nürnb.
1548
):
Sie [weyb] soll weychen / mit guten senfften worten den Mann stillen / jm den zorn vnd vnmut / [...] benemen.
Lenirn, sanfften / milten / sanfftmachen / stillen.
Mitigirn / senfftigen / versoͤnen / stillen / zu friden bringen.
Niewöhner, Teichner
433, 76
(Hs. ˹
moobd.
,
1360
/
70
˺):
daz ichs [hunt] nymmer gestilt so schıͤr, | wann ich vraidig gen in waͤr.
so hätten die Wacht die Unger gar zu Stucken gehauen. Hab aber viel zu tuen gehabt, bis ich den Wirt und die Wacht hab gestillet.
11.
›etw. (Triebe, Affekte, Anfechtungen o. ä.) bezwingen, beruhigen, bändigen, mäßigen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.
2,
.
Syntagmen:
den willen / zorn, die grimmigkeit, das anfechten / herz / laster / weinen s
.
Belegblock:
Neumann, Rothe. Keuschh.
1056
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
das sesste ist das man den willen | unnd daz hertze konne stillen.
Stammler, Berner Weltger.
122
(
ohalem.
,
1465
):
Das gottes zorn werd gestilt, | Vncz das er anderst werd milt?
Bauer, Geiler. Pred.
464, 26
(
Augsb.
1508
):
Du mainest du habest ain laster überwunden / so stekt es noh in dir / es ist gestilt. wenn du allerminst waͤnest / so geet es wider auff.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
(
oobd.
,
1349
/
50
):
sein [wider] grimmichait wirt gestillt mit dem, daz man im diu hörner versegt.
13.
›e. S. / P. Genüge tun, einem Erfordernis, e. P. diejenige Gegenleistung zukommen lassen, die einer textlich oder pragmatisch vorausgesetzten Bezugsgegebenheit als entsprechend zu betrachten ist; etw. wieder gut machen und dadurch beheben; js. Ansprüche befriedigen‹; für unterschiedliche (oft rechtliche und religiöse) Zusammenhänge gebraucht.
Bedeutungsverwandte:
4,
1,
,
1;
2;
3;
4; vgl.
(V.)
3,
1
1,
1.
Syntagmen:
den gläubiger / schuldiger, die schuldleute, den bauch, die begerung, das gesez, ein gebrechen s., etw. mit bosheit s
.
Belegblock:
das hie nichts mit wercken auszurichten ist, die sunde zu bussen odder das gesetz zustillen.
Ders. Hl. Schrifft. Röm. Vorr.
2264, 20
(
Wittenb.
1545
):
Darumb ist die Freiheit ein geistlich freiheit / die nicht das Gesetze aufhebet / sondern darreichet / was vom Gesetz gefoddert wird / nemlich lust vnd liebe / da mit das Gesetz gestillet wird.
Koller, Reichsreg. Albr. II.
63, 35
(
1438
/
9
):
so were in auch zu kostlich, das sie uns allzeit durch ettlichen iren gebrechen willen, die man mit ringen dingen stillen mochte, in ferren landen suchen sulten.
Auch die todten Coͤrper vom Galgen abgerissen / jre murrende Beuche zu fuͤllen vnd zu stillen.
Vetter, Pred. Taulers
(
els.
,
E. 14. Jh.
):
dise begerunge stillent sú domitte daz sú dise ding wellent hoͤren vnd verston.
Jch will all meine schuldleute stillen.
daß auch seine gleubiger alle gestilt und befridet [...] worden.