anders,
anderst,
Adv.
(1-7) /
Konj.
(8). Die Form
anders
ist
Genitivadverb
zu
2
; die zweite Form hat epithetisches
t
nach
s
(wie
obst
). Beide Formen sind für die gesamte Zeit belegt,
anderst
im 14. Jh. und in der 1. Hälfte des 15. Jhs. allerdings selten, danach zunehmend häufig. Eine semantische Trennung der beiden Formen scheint mir deshalb nicht sinnvoll zu sein, weil beide Formen für die Bedeutungen 1-3, 7 belegt sind (wenn auch mit unterschiedlicher Häufigkeit); die Bedeutungen 4-6 sind schwach belegt, das Fehlen von
anderst
kann deshalb corpus- oder exzerptionsbedingt sein. Zur Möglichkeit des Ansatzes von zwei Wortbildungen
anderst
vgl. 1.
1.
dient der Kennzeichnung der zweiten von zwei ähnlichen oder unterschiedlichen Handlungen; ›zum zweiten Male, noch einmal, wieder‹; vgl.
2
 1. – Das ; setzen eine Verbindung mit der ahd. Wortbildung
anderêst
›zum zweiten Mal‹ (
Splett, Ahd. Wb.
1, 508
) an;
Hiersche, Dt. etym. Wb.
1, 108
bestreitet diese Verbindungsmöglichkeit, da er (fälschlich) die
-t-
haltige Form erst seit dem 16. Jh. belegt sieht.
Bedeutungsverwandte:
vgl. .

Belegblock:

Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
Dar na knúwet er anderest nider.
er kum etwenn in lawͮekeit einest fúrbas denne andrest.
Geier, Stadtr. Überl. (
nalem.
,
um 1400
):
daz er andrest burkreht enpfieng.
Bachmann, Haimonsk. (
halem.
,
1530
):
einest gătt es eim ŭbel, anderst wol.
Banz, Christus u. d. minn. Seele
87
(
alem.
,
1. H. 15. Jh.
):
So hübist denn och an ze wainen | Und das kind ze sogen, | [...] | Und es uff heben | Und andrest nider legen.
Ebd.
1111
:
Wann got hat si von minnen entricht, | Und getürent nit anders an das gon, | Das sy durch got haind gelon.
Ebd.
1347
;
Bihlmeyer, a. a. O. ;
2.
dient der Kennzeichnung der Andersartigkeit eines Bezugsgeschehens im Vergleich zu einem im Text eingeführten Geschehen; ›anders, auf andere Weise‹;
vgl.
2
 3.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  2, .

Belegblock:

Bechstein, M. v. Beheim. Evang. 1. V. Bl. (
osächs.
,
1343
):
wan ein ander den selbin sin andirs ûz gedruckit hât.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1388
):
du redst ernstlich mit den steten, daz sie gedenken und den krieg anders in die hant nemen, dann sie noch biz her getan haben.
Sachs (
Nürnb.
1558
):
Doch einer anderst denn der ander.
Banz, Christus u. d. minn. Seele
604
(
alem.
,
1. H. 15. Jh.
):
O herr, war umb hestu mich denn gelemet? | Du hetist mich wol anders gezemet.
Bachmann, Haimonsk. (
halem.
,
1530
):
Ach, es gieng anderst zuo, dann sy vermeinttend.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. (
moobd.
,
1478
/
81
):
Als aber sy nicht dem zorn und der pein anders entgan mocht.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
Nicht anderst, sonder dergleichen ist mit dem nam Bavarus geschehen.
Gille u. a., M. Beheim
22, 102
;
Banz, a. a. O.
1090
;
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. ;
Dietz, Wb. Luther .
3.
dient der Kennzeichnung eines Geschehens, das mit dem im Text eingeführten Bezugsgeschehen als unvereinbar hingestellt wird; ›sonst, andernfalls, im entgegengesetzten Falle, widrigenfalls‹;
vgl.
2
 4.
Bedeutungsverwandte:
.

Belegblock:

Henschel u. a., Heidin
1674
(
nobd.
,
um 1300
):
Vrow tvt evh der fvr abe | Ich bring evch anders zv dem grabe.
Mone, Adt. Schausp. (Hs. ˹
omd.
,
1391
˺):
balde heiz en [koning der eren] enweg gen, | anders en wert eyn boße weter besten.
v. Liliencron, Dür. Chron. Rothe (
thür.
,
1421
):
dorumb her den Behemen yren bulern entreiten muste, andirs si hetten on erslagin.
Banz, Christus u. d. minn. Seele
845
(
alem.
,
1. H. 15. Jh.
):
Du kummist denn ze hilfe mir. | Anders ich wiche bald von dir.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. (
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
annderst wer er auch in den turn gelegt worden.
Schützeichel, Mrhein. Passionssp.
448
;
Froning, Alsf. Passionssp.
2448
;
5701
;
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Mt. ; Luc. ;
Feudel, Evangelistar
19, 17
;
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. ;
Maaler 17v-;
Tarvainen, Wortsch. Unrest.
1966, 103
.
4.
›sonstwo, anderswo‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  3.

Belegblock:

Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1539
):
hinnen oder anders.
5.
›im übrigen, ansonsten‹.

Belegblock:

Meisen, Wierstr. Hist. Nuys
2739
(
Köln
1476
):
Anders wart vmb dye gantze stat | Gelouff ind spraych gehalden plat.
Chron. Strassb. (
els.
,
A. 15. Jh.
):
das men nieman solte doͤten oder stroffen umb sinen glouben, der ehte anders biderbe were.
Fuchs, Murner. Geuchmat
12
(
Basel
1519
):
Vnd gschahe das in der fasenacht, | Do anderß niemans sorgen acht.
6.
›außerdem, sonst noch‹.

Belegblock:

Froning, Alsf. Passionssp.
495
(
ohess.
,
1501 ff.
):
das anders nymmandes me enkonde.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
62, 11
(
osächs.
,
2. H. 14. Jh.
):
des morgins essin si, abir andirs essin si nicht.
Froning, a. a. O.
988
.
7.
dient der Kennzeichnung einer Bedingung, unter der ein Bezugsgeschehen ablaufen kann; ›falls, für den Fall, daß [...], unter der Voraussetzung, daß [...]‹.

Belegblock:

Froning, Alsf. Passionssp.
1496
(
ohess.
,
1501 ff.
):
mer wollen myt der gehen yn den toidt, | ab dir eß, herre, ist anders noit.
Dinklage, Frk. Bauernweist.
114, 1
(
nobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
der mag in furen, in welchß gericht er will, der in anders gefangen hat.
Wackernell, Adt. Passionssp. Pf. I,
226
(
tir.
,
1486
):
So mag er [Jhesus] sich nindert pebaren, | Wil er anderst von dem grab faren.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. (
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
Die muesten da mit den kunigischen taydingen, wie sy statt funden, wolt anderst das lannd im frid beleyben.
8.
›es sei denn, daß [...]; außer, wenn‹.

Belegblock:

Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1398
):
wann der von Öttingen wolt die stat nit belaiten anders dann ob yemant köm und daz recht anruͤft.