ketzer,
der
;
-s/-Ø
;
aus
mlat.
cathari
(
DuCange
2, 225
).
›durch Wort und Tat von der Glaubenslehre abweichende Person, Gotteslästerer, Häretiker‹; auch allgemein als grobes Schimpfwort.
Syntagmen:
einen k. anzeigen / aufnemen / ausreuten / beschirmen / bessern / büssen / fangen / peinigen / rügen / strafen / verbannen / verbrennen / verdammen / vertreiben / verurteilen / zerstreuen; jn. einen k. heissen / nennen / verkünden; der k.
(Subj.)
sich bekeren, strafe empfangen, aus dem glauben treten, jn. verfluchen; eines k. innenwerden; einem k. glauben / wiederstehen, etw. antun / sagen / schreiben, gehorsam sein; jn. als k. ausrufen, als / für einen k. achten / anplatzen / erkennen / verdammen / verfolgen; etw. bei dem k. schreiben, mit einem k. streiten, über einen k. gewalt erwerben, sich vor den ketzern hüten, sich wieder die ketzer verbinden, etw. wieder die ketzer schreiben; behemischer k.
(›Hussit‹),
sodomitischer k.
(›Päderast‹),
abtrünniger / alter / arger / arianischer / falscher / feiger / gotloser / lutherischer / offenbarer / rechter / schändlicher / ungläubiger / unreiner / verdamter / vermaledeiter k.; gesang / gewand / glaube / lere / orden / spot / streit der ketzer
.
Wortbildungen:
ketzerbuch
,
ketzerfrucht
,
ketzergeld
›konfisziertes Vermögen Andersgläubiger‹ (a. 1429),
ketzerglaube
,
ketzergreuel
,
ketzergrube
›Hinrichtungs- und Begräbnisstätte für Andersgläubige‹,
ketzergulden
›männlichen Personen protestantischen Glaubens bei Rückkehr zum Katholizismus auferlegter Strafgulden‹ (a. 1531),
ketzerhaufe
,
ketzerin
,
ketzerkatze
,
ketzerkopf
,
ketzerlere
,
ketzermönch
,
ketzerprediger
(16. Jh.; dazu bdv.: , , , , ),
ketzerschrift
,
ketzerschule
,
ketzerscheinig
›der Ketzerei verdächtig‹,
ketzersteuer
,
ketzerstrasse
,
ketzerstük
,
ketzerwerk
.

Belegblock:

Toeppen, Ständetage Preußen
3, 492, 17
(
preuß.
,
1452
):
wir geben ewr ersamkeit zu dirkennen, wy wir bey unserm herrn Ludwig beswert sein [...] zam wir weren ketzer und untichtige cristenleute.
Pfefferl, Weigel. Gn. S. 
90, 2
(
um 1571
, Hs.
1615
):
auß dem gestierne, vnd buechstaben sol keiner Theologisieren, er richtet nichts auß, er wierdt ein Khezer vnd Verfierer.
Fischer, Brun v. Schoneb. (
md.
, Hs.
um 1400
):
ich sage ketzeren durch zorn, | daz daz hemelische einhorn | Maria ving mit irre kuscheit.
Österley, Kirchhof. Wendunmuth (
Frankf.
1602
):
Zu Rom pflegt man alle jahr am grünen donnerstag die ketzer zu verbannen.
Enders, Eberlin (o. O.
1521
):
sye solten sich gar nichts annemen der pfaffen leben, das sye nit würden erfunden als ketzer, oder ketzerschynig.
Luther, WA (
1522
):
ßo es doch noch unuorurteyllet ist, ob Cuntz schmid odder der graw sperling erger ketzer oder katzen sey.
Es ist nie kein Ketzer aus den Heiden komen, Alle sind sie aus der heiligen Christlichen Kirchen komen.
Ebd. (
1543
):
Und was ein Christen gleuben sol | Zu meyden Ketzer hauffen.
Gille u. a., M. Beheim
203, 12
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
wann ich wil tichten wider die | argen checzer und juden hie | und ir schalkait vergehen.
Ebd.
223, 5
:
Sy halten nur ir keczer schrifft, | die in an talmut ist gestifft.
Sachs (
Nürnb.
1524
):
sy geben böse wort auß und werffen mit ketzerköpffen under uns.
Ebd. (
1524
):
schweyg, sag uns nit mer | Von dyser newen ketzer-leer.
Franck, Klagbr.
231, 38
(˹wohl
Nürnb.
˺
1529
):
Aber dise heissen sy ketzer / dise verprennen sy mitt feur / vnd wider dise thoben sy als vnsynnig.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
Wir kunnen diesem boͤsen kezzer nit lasterlichers todes an getuͦn [...], als man tuͦt einer giftigen kroten.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
du solt den virtag nit versmaͤhenn mit werche noch brechen als die kaͤtzer, die an dem sunnentag gerner werchant dann an dem maͤntag.
Lemmer, Brant. Narrensch.
38, 40
(
Basel
1494
):
Wann ich das als zuͦ samen suͦch | Ich maht wol druß eyn ketzerbuͦch.
Päpke, Marienl. Wernher (
halem.
,
v. 1382
):
Das wolt versechen alles Got | Und wenden aller kæczer spot.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, Hs.
16. Jh.
):
ain pfaff [...] ruget die kätzer also ser und sprach, er wolt darumb sterben oder er wolt die kötzer vertreiben.
Ebd. A. 2 (zu
1564
):
so verschaff und bevilch ich [...] denselben [...] in kain kürchen noch geweichtes ort zu bestetten [...] sonnder in ain ketzergrueb zuͦ verwerfen.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 307, 26
(
Hagenau
1534
):
Ob es einer schon nit glaubt / so ist er darumb keyn ketzer nicht.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
Auz dem gelauben tretent etleich ketzer, die sich in laienweis ân all weih an nement peiht ze hœren.
Buijssen, Dur. Rat.
24, 27
(
moobd.
,
1384
):
in dem aufsacz [...] spricht man daz noch aim haiden noch aim checzer noch aim juden schol man nicht weren ze gen in di chirchen.
Gierach, Märterb.
4942
(Hs. ˹
moobd.
,
A. 15. Jh.
˺):
grosse not sy [dye drey pischolf] auch litenn | von checzern, mit den si auch striten.
Baptist-Hlawatsch, U. v. Pottenst.
649
(
moobd.
,
A. 15. Jh.
):
Darumb haben ettleich keczer gesprochen, daz die engel pös beschaffen sein.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
86, 13
(
tir.
,
1464
):
da was das haubt des selbigen checzers abgeschlagen gancz von dem leichennamen.
Toeppen, a. a. O.
4, 38, 30
;
Große, Schwabensp. ;
Gropper. Gegenw. v8;
Kehrein, Kath. Gesangb. 1, S. ; S. ;
Brinkmann, Bad. Weist. ;
Österley, Kirchhof. Wendunmuth ;
Strauch, Par. anime int.
32, 19
;
Anderson u. a., Flugschrr.
1, 6, 7
;
Gille u. a., a. a. O.
228, 189
;
Schottenloher, Flugschrr.
51, 17
;
Reichmann, Dietrich. Schrr.
110, 16
;
Buck, U. v. Richent. Chron. Conz. ;
Vetter, Pred. Taulers ;
Leisi, Thurg. UB
8, 625, 7
;
Luginbühl, Brennwalds Schweizer Chron.
2, 347, 2
;
Fellmann, Denck. Schrr.
2, 28, 4
;
Völker, Antichrist
226
;
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. ;
Niewöhner, Teichner
564, 3665
;
Baptist-Hlawatsch, a. a. O.
250
;
Heinemann, Scheltw. b. Sachs.
1927, 15
;
Lepp, Schlagwörter.
1908, 112
.