passieren,
V.;
aus
frz.
passer
›vorübergehen‹
(
Pfeifer, Etym. Wb. d. Dt.
1993, 978
).
1.
›gehen, reisen, sich fortbewegen‹; offen zu 2; 3.
Bedeutungsverwandte:
 1,
2
I, 4, (V., unr. abl.) 1, , , .

Belegblock:

Sachs  (
Nürnb.
1515
):
Wir drey wöllen in walt spaciern, | So muß der knecht mit uns passirn.
Rot
336
(
Augsb.
1571
):
Passirn, Reysen / Reyten / gehn / wandlen / ziehen / schreyten.
2.
›(durch ein Gebiet) hindurchfahren (von Wagen), durchziehen (von Zugtieren); hindurchgeführt, durchgelassen werden (von Waren)‹.
Syntagmen:
intrans.

Belegblock:

Schoop, Qu. Düren
269, 16
(
rib.
,
1636
):
Der Accismeister [Custer] soll keine Muhlenkarrig von seinem Hause passiren laissen.
Müller, Welthandelsbr.
292, 2
(
schwäb.
,
1514
/
5
):
mueß man ain brief […] nemen, darinn dann solliche gueter begriffen sind, das man sie las[s] pasirn.
Ebd.
293, 38
:
mit aim sämer […] mugen alle pherd pasirn.
Chron. Augsb. Anm. 1 (
schwäb.
,
1544
/
5
):
Leipziger garen, […], bat, die bassieren zu lassen.
Diehl, Dreytw. Essl. Chron. (
schwäb.
,
1548
):
Da ward er erzyrnett und wolltt das Franckfurtter gutt nitt lassen durch sein lannd passeyrenn.
3.
›(ein Gebiet o. ä.) durchziehen, (durch ein Gebiet o. ä.) hindurchziehen, wo durchreisen; ein Gewässer über-, durchqueren (von Personen)‹.
Bedeutungsverwandte:
 1, , .
Syntagmen:
intrans.

Belegblock:

Ralegh. America (
Frankf.
1599
):
ließ auch einen Moͤnch […] durch sein Landt passieren.
Sachs (
Nürnb.
1547
):
Das man ihn durchs meer ließ paßirn, | Gar gschickt mit rechnung zifferiern.
Jörg, Salat. Reformationschr.
786, 17
(
halem.
,
1534
/
5
):
die Pündter / und Toggenburger anders nit / dann mit gwallt / passiern mochtend zun sectern.
Maaler (
Zürich
1561
):
Einen zeüg durch sein land Passieren oder ziehen lassen.
Schwartzenbach (
Frankf.
1564
):
Passieren lassen. […] Sicher ziehen / Oder / Frey wandeln lassen. Durch die Land frey sicher / Vngehindert / vnd Gantz vnbekuͤmmert reiten / wandeln vnd durchkommen lassen.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. ;
Schulz/Basler
2, 400-402
.
4.
›beim Stoßfechten mit dem linken Fuß ausfallen‹.

Belegblock:

Jones, French Borrowings
500/1
(a. 
1637
).
5.
›(eine Ware) durch ein Gebiet hindurchführen, durchlassen‹.
Syntagmen:
trans.

Belegblock:

Bernoulli, Basler Chron. 6, 
493, 5
(
alem.
,
1525
):
es sollen kein roubige gütter, so den mitverwanten diser vereynigung entwert weren, underhalten, behuset, noch passiert werden.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1717
):
widrigen fahls der maisch […] keines weegs passiert werten solle.
Anderson u. a., Flugschrr.
20, 6, 16
.
6.
›(die Zeit) verbringen, zubringen‹.
Wortbildungen:
passierung
2 (a. 1637).

Belegblock:

Weise. Jugend-Lust  (
Leipzig
1684
):
es waͤre besser / wenn solche liebe Kinder zu Hause blieben / und in guter Gesellschaft die Zeit passirten.
Jones, French Borrowings
497
.
7.
›sich zutragen, geschehen, passieren‹.
Bedeutungsverwandte:
; vgl. .
Syntagmen:
enormitäten / neues
(Subj.)
p.; passierte dinge / kriege
.

Belegblock:

Schulz/Basler
2, 402
(
seit 1641
);
Jones, French Borrowings
501
(
seit 1602
).
8.
›als j./etw. durchgehen, als j./etw. anerkannt werden; etw. als etw. anerkennen‹.
Syntagmen:
für / vor einen doctor / professorem / poeten / ritter p., für ein compliment p., für gute ware passiert werden
.

Belegblock:

Göz. Leichabd. (
Jena
1664
):
den lassen wir vor einen gelehrten Mann / aber nicht vor einen gelehrten Professorem Academicum passieren.
Schulz/Basler
2, 402
;
Jones, French Borrowings
499
;
9.
›jm. etw. erlauben, gestatten, bewilligen, etw. billigen, durchgehen lassen; jn. (zu einer Handlung/Tätigkeit) / etw. (zu einem Zweck) zulassen‹.

Belegblock:

v. Keller, Amadis (
Frankf.
1571
):
vnd dann diß, so sie am abend passieren lassen, zu Morgens vnannemblich ist.
Mell u. a., Steir. Taid. (
m/soobd.
,
1655
):
da er aber von selbigen dato an merers auftreiben wolte, sol es ine nit passiert werden.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
16. Jh.
):
damit ihme solcher zaunbaum allein genueg sein kan zu seinen paßierten fueter.
Ebd. (
17. Jh.
):
so woll mit unzucht betrettenen, auch andere nit passierenten personnen solche in verhaftung zu bringen.
Ebd. (
1598
/
1661
):
es solte hinfüran ainiche ganß auf der burger gemain zu halten passirt werden.
Vorarlb. Wb.
1, 249
;
Öst. Wb.
2, 437
.
Vgl. ferner s. v.  4.
10.
›angehen, durchgehen, den Verhältnissen entsprechend noch erträglich sein‹.
Syntagmen:
entschuldigung / notlüge
(Subj.)
p., händel / sachen, unvolkommenheit nicht p
.;
passierende zerung
.

Belegblock:

Haszler, Kiechels Reisen  (
schwäb.
,
n. 1589
):
pflegten seines raths, was wür unns zu verhalten hetten unnserer föede
[›Paß‹]
halber, ob solche fürtter passiren möchte; doruf er burgermeister unns denn entscheidt gabe, das düse unnserer föede bey inen wol passiere.
Schweiz. Id. (a. 
1653
;
1661
);
Öst. Wb.
2, 437
(a. 
1583
);
Jones, French Borrowings
500
(
seit 1579
).
11.
›auf etw. bauen, sich auf etw. verlassen‹.

Belegblock:

Reithmeier, B. v. Chiemsee  (
München
1528
):
jhen ketzer (die allain aufn glawb passieren)
. [Die Zuordnung dieses Belegs bereitet semantische Schwierigkeiten; gegen eine semantisch problemlose Zuordnung zu
*
basieren
spricht die Graphie].