tor,
1.
›Dummkopf, Narr; einfältiger Mensch, der dem gesunden Menschenverstand zuwider und unbesonnen handelt (und damit im Gegensatz zu weisen und klugen Menschen steht); Mensch, der nicht auf den eigenen Vorteil achtet und kein gottgefälliges, einfaches Leben (im Sinne der Bergpredigt) führt‹; auch: ›Hofnarr‹.Gewisse Beleghäufung für Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘, auch berichtende Texte.
Phraseme:
aus toren narren machen
.Syntagmen:
den toren kennen
; der t. etw
. (z. B. ein wort der weisheit
) nicht aufnemen, die Donau ein mer nennen, die toren die weisen leren, sich zu dichtern gleichen
; j. ein t. bleiben / sein / werden, j. ein t. zur welt sein, das hie
›die Gegenwart‹ ein t. sein
; j. jn. ein t. dunken
; die welt der toren vol sein
; j. einem toren gleich gehen
; j. mit einem toren reden, jn. für einen toren sehen / zälen, j. / der wein jn. zum toren machen
; der alte / rechte t
.; der rat / wille der toren
.Wortbildungen:
torenbrei
torerei
törling
torwitzig
Belegblock:
Jn der summa. Wir weren beyde thoren / vnd narren.
Ein narre odder thore nimpt nicht auff / die wort der weyßheyt.
das hie ist aller boßheyt vol | und ist darzu eyn rechter thore! | man sal em abscherren syn hare, | [...] | das hie gehe eym thoren glich!
Also viel narrn ir fantasey, | Und meist theil hilfft der thorenbrey.
Ich rede nicht mit thoren.
die heuscheuern ein burg, die Thunau das mere, den meusar einen falken nennet der tore.
wer sich vor wine hutit nicht | sunder lust had dar zu, | den macht her zu einen thoren nu.
vnd weil sich die Gothen oder Thuͤringer so seltzam vnnd Thoͤrlich zum Streit stelleten / wurden sie von den Riesselingen Thoͤrlinge genandt.
daz ist daz er crank si zu der werlde und stark zu gote, und daz er ein tore si zur werlde und wise zu gote.
Wer hübsch kan reden und wol geporn, | Den zelt man selten für ainn torn.
Mich verdreüsset [...] | daz sich etlich geken und torn | wellen gleichen zu tichtern.
Also bleiben sie
[Schüler]
thoren vnd narren. ein solicher herolt [...] wolt seinem ambt genug thun, dass er auß thoren narren wolt machen.
[Herodes]
verspottet in [Jesus]
geleycher weyß als ob er ein tor und ein fantaste wer. Der tregt den Schalck hinder den Ohrn, | Macht auch wol ander Leut zu Tohrn.
Nu were der wol ein tore der sinen wingarten hinder einen berg saste.
Mir ist auch mer dann recht beschehen | Das man mich für einen thoren gesehen.
durch geschikten anlass ires dorwitzigen Jaͤtzers.
Vernempt mich alten torn.
Solt es nach thoren willen gehn | So enmoͤchte kain man die lenge bestehn.
als wenn die tôren die weisen lêren wellent.
d(er) das geschribm(n) hat der ist weyß vnd nicht ein tar.
Wer seinem richter geit bevor | [...] | der dunckt mich sicher nicht ain tor.
Man höret selten toren rat.
Ain jegklichs gevelt im selber wol, | des ist die welt der toren vol.
2.
›in Glaubensfragen schwacher, irrender Mensch; Ungläubiger, Gotteslästerer‹.Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Belegblock:
hort, ir keczer und toren.
Von dannen spricht der Weiß: [...] Bis kein tor, domit du nit sterbest nit in deiner zeit!
Du tore du stirbest noch hinaht, vnd wurst lidende die ewige pine.
Umb das kain tore noch tumber goch | Es múge widersprechen út | Das er ain rechter mensche wære nút.
darum die toren sint gefallen in den see, den si geöffnet haben, vnd sint gefallen in die grüben, die si gemacht haben.
3.
›(geistig) Behinderter; psychisch kranker, nicht zurechnungsfähiger Mensch‹; auch: ›Gehörloser, Tauber‹.Syntagmen:
den toren finden, gesund / hörend machen
; der t. etw
. (z. B. ein gebot
) halten können, nicht richter / zeuge sein
; j. ein t. sein
; einem toren etw. geben
; j. über einen toren richten
; der geborene / natürliche t
.Wortbildungen:
torecht
Belegblock:
doue luͦte, [...], vnsinnige, / blinden, / thoren, / thobe, [...], de allene mogen nicht gezuͦc sin.
ein clein gebott (welchs auch Jünger kinder adder thoren konnen halden).
Hanns Heinrich Sultzer, ir burger (welcher von jugent uff ein kind und thor syge).
er saget, daß sant Bernhardin hätt acht und fünfzig totten erkicket [...], on ander all, der on zall vil waren: plind, krum, stumen, toren, ungehorend, pettrisen und allerlai prechen, die er gesund hätt gemacht.
die ousezen machest du gesunt, | die toͤren gehoͤrent, der stummen munt | mahst du, herre, sprechent wol.
Aber die gesêlten wundermenschen, die geprechen habent an der sêl werken, die sint zwaierlai. [...]. die den geprechen habent von gepurt, daz sint die nâtürleichen tôren.
den vnerczogen ellenden kinden vnd den narren vnd toreten daselben in der siechstuben vmb semel zuͦ ainer pesserung irer pfruentt ze nyessen.
4.
›Fastnachtsnarr, während der Fastnacht als Narr verkleidete Person‹.Wortbildungen:
torenkappe
Belegblock:
Ich weiß noch ettlich faßnacht narren | Die jnn der dorenkapp beharren | Wann man heilig zyt sol vohen an.
sie gangent als die rinder | mit iren kappen, die selben toren. | daran sie machent oft zwai horen.