V.,
unr. – Bedeutungsfeld wie folgt gliederbar: 1-3 ‘etw. empor- (
1) oder auf etw. anderes draufbewegen’ (
2;
3); 4-19 für verschiedene Formen des Öffnens von Bezugsgegenständen, darunter für Konkreta (
4-
14); 15-18 Ütr. zur Bedeutungsgruppe ‘öffnen’, und zwar 15-16 auf Abstrakta, 17-19 auf konkrete Sachbereiche; 20; 21 isoliert.
4.
›etw. (Verschließendes, mit Verschiebung der Bezugsgröße: das verschlossene Raumgebilde sowie das darin Befindliche) öffnen‹; refl.: ›sich entfalten (von Knospen), auftun, sich öffnen‹; als Synekdoche an erstere Variante anzuschließen: ›etw. öffnen, eröffnen, aufmachen‹ (z. B. eine Werkstatt).
Bedeutungsverwandte:
1
1,
1,
1,
1,
1; vgl.
,
1.
Syntagmen
teils ohne Akk.obj.:
(jm.) a.
;
das fenster / gadem / grab / haus / himmelreich / kloster / schlos / tor, die feste / hand / helle / pforte / schule / türe / wand / stat / werkstat, den brief / himmel / kasten / riegel / sak / schaz / stok / tron a.
;
fenster / himmel / blumen / rosen sich a.
Belegblock:
Ziesemer, Proph. Cranc. Hes.
25, 9
(
preuß.
,
M. 14. Jh.
):
so wil ich uftuen dy achsiln Moab von den stetin.
Duͦnt vf, der herre ist kommen.
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
148, 2
(
rhfrk.
,
um 1435
):
es en sy kein schatz so wol verborgen / er getruwe wol zu stelen / vnd alle sloß vffgedun.
do die caste wart vp gedain, | id rouchde her vs also sere.
Feudel, Evangelistar
8, 31
(
omd.
,
M. 14. Jh.
):
toten eren schacz uf unde oppherten ym gabe.
Schmidt, Frankf. Zunfturk.
(
hess.
,
1439
):
Iß sal auch keyn kremer, hockener, altgewender [...] uff die vorbenanten tage ir kreme ufftun.
Bergmann, Ambr. Liederb.
(
Frankf.
1582
):
mir ward ein fenster auffgethan, | mein lieb thet mich ankallen.
Luther. Hl. Schrifft.
Mt. 7, 7
(
Wittenb.
1545
):
suchet / so werdet jr finden / Klopffet an so wird euch auffgethan.
Du thust deine Hand auff / Vnd erfüllest alles was lebet mit wolgefallen.
Wutke, Schles. Bergb., Cod. Sil.
(
schles.
,
1531
):
das eine wandt zwischen des heiligen Leichnams zeche und Simon Dittrichs fierunge sey aufgethon gewest.
Gille u. a., M. Beheim
111, 247
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Das [grab] er [Kristus] niendert auff tete | oder verrutet.
Bell, G. Hager
597, 3, 3
(
nobd.
,
1609
):
Da sprach jr man: | warumb Hast du mir nit auff than?
Morgan u. a., Mhg. Transl. Summa
143, 6
(
schwäb.
,
14. Jh.
):
do wurden die himele ufgetan, do Christus getouffet wart.
Vetter, Pred. Taulers
(
els.
,
14. Jh.
):
wie minneklichen und lieplichen er dise túre entslússet, dis vetterlich hertze.
Merk, Stadtr. Neuenb.
(
nalem.
,
1527
):
welcher stock alle jar zu sant Johanstag ufgeton, das gelt harus genomen.
Päpke, Marienl. Wernher
(
halem.
,
v. 1382
):
do Ihesus getǒft wart, | Do tett uf der hymel sich.
Steer, Schol. Gnadenl.
3, 98
(
alem.
,
M. 15. Jh.
):
doch mag er dy venster auftün.
Ebd. 140
(
schwäb.
,
1447
):
der sin hand nit wil uff tün gegen dem geber.
Schlosser, H. v. Sachsenh.
5648
(
schwäb.
,
1453
):
die port ward uffgeton | An dem gezelt.
in dem wurden die thor der burg entschlossen vnd aufgethan.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
(
oobd.
,
1349
/
50
):
man schol die rôsen prechen, wenn si sich zemâl habent auf getân.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
43, 24
(
tir.
,
1464
):
Tüe mir auf die türen des lebens, wend da tu gehangen pist an dem holcz des chreüczes durch meinen willen.
Dubizmay, kurß zu Teutze
13, 15
;
21, 17
;
8.
›(die Bindung, Verschnürung u. ä.) von etw. (Gebundenem, Gefaltetem) lösen‹; mit Verschiebung der Bezugsgröße: ›etw. (Gebundenes, Gefaltetes) auflösen, entfalten‹; am ehesten hier anzuschließen: ›etw. chemisch lösen‹.
Bedeutungsverwandte:
1; vgl.
6,
.
Syntagmen:
das band / banner / garn / gewebe / har / heft, den gurt, die fane a.
Belegblock:
Belkin u. a., Rösslin, Kreutterb.
54, 11
(
Frankf.
1535
):
Adamas ist ein gantz harter stein [...] also hert das er weder mit feur noch mit andern dingen gebrochen werden mag / er würt aber doch weych gemacht vnd vffgethon / besunder mit dem bluͦt eins bocks.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron.
(
moobd.
,
1478
/
81
):
die künigin [...] satzt ain schappel von pluemen auf ir offen und aufgetans har.
11.
›(den Mund, die Augen, Ohren) öffnen, auftun‹; oft belegte Spezialisierung zu
4; teils als Synekdoche verwendet, dann je nach Obj.: ›etw. sagen‹; ›hinsehen‹.
Erhöhte Dichte der Belege in religiösen Texten.
Syntagmen:
die augen, den mund, das maul, die lippen a.
Belegblock:
Quint, Eckharts Pred.
(
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Eyâ, wan waeren der sêle ougen ûfgetân.
Feudel, Evangelistar
37, 32
(
omd.
,
M. 14. Jh.
):
Do sprochen sy czu ym: ‘wy synt dir uf getan dyn ougen?’
[hier im Sinne von ›sehend machen‹]. Phrasematisch bei
Luther, WA
(
1531
):
ich mus [...] den leuthen den mundt auffthun
[›in Erstaunen setzen‹]
und sie alle zu mir fhuren.
Ders. Hl. Schrifft.
Hiob 3, 1
(
Wittenb.
1545
):
that Hiob seinen Mund auff / vnd verflucht seinen tag / vnd sprach.
OPffer vnd Speisopffer gefallen dir nicht / Aber die Ohren hastu mir auffgethan / Du wilt weder Brandopffer noch Sündopffer.
Vetter, Pred. Taulers
(
els.
, Hs.
1359
):
Nu disem tǒben menschen dem stach unser herre sinen vinger in sin ore und sine speichelen tet er uf sine zungen und sprach: ‘Effece’, das sprach: ‘tuͦ dich uf’.
Das uns nu in der worheit unser oren werden uf geton.
du solt [...] dinen munt niemer ufgetuͦn wanne zuͦ nutze.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 503, 11
(
Hagenau
1534
):
Er leugt wenn er das maul auff thuͦt.
Koller, Ref. Siegmunds
(Hs. ˹
Augsb.
,
um 1440
˺):
nü thü man die augen auff und gesech man.
Hie kombt dz vngeheür thiere für ein geschloß darinn der künig ist mit aufgetanem maul.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
(
oobd.
,
1349
/
50
):
wenn er [der leo] sein maul auf tuot.
Mollay, H. Kottanerin
31, 12
(
moobd.
,
1439
/
40
):
daz der edel Kung die augen kawm aufgetet.
Wedler, W. Burley. Liber
63v
(
moobd.
,
v. 1452
):
das sich das maul als weit auftet vnd das sich die wanng alsuast anplätenn.
15.
›etw. entschlüsseln, erschließen, offenlegen, auslegen, (Geheimnis) lüften; sich erklären‹;
jm. aufgetan sein
›jm. zugänglich sein‹;
Bedeutungsverwandte:
1,
(V.)
1,
1
2,
,
2,
1
1,
11,
1,
1,
3,
(s. v.
1),
,
2,
,
,
,
,
; vgl.
8.
Syntagmen:
(jm.) die klage / kunst / rede / schrift / sprache / taugen
(›Geheimnis‹)
a., jm. seinen willen a., den syllogismus a., etw. öffentlich a.
;
sich des glaubens / fürnemens a., sich gegen jn. a.
; subst.:
worte des auftuns bedürfen.
Wortbildungen:
5 (dazu bdv.: vgl.
4).
Belegblock:
Helm, H. v. Hesler. Apok.
(
nrddt.
,
14. Jh.
):
Der [Crist] hat die tougen uf getan | Der alden e zu der nuwen.
Notum facere. Offenbarn eroͤffnen verkuͤnden kundt thun zu erkennen thun ansagen zu wissen thun ans liecht bringen an den tag legen außfuͤndig machen entdecken emploͤssen auffwickeln auffthun verkundtschafften vergwissigen verzeigen nachweisen.
Quint, Eckharts Pred.
(
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
ob icht grobes darinne [heilig geschrifft] sey, das soll man auff thuͦn.
Hübner, Buch Daniel
(
omd.
, Hs.
14.
/
A. 15. Jh.
):
Ieclicher buche wise | Wurden gar im offenbar | Uf tunde.
Luther. Hl. Schrifft.
Apg. 17, 3
(
Wittenb.
1545
):
[Paulus] redet mit jnen [...] aus der Schrifft / thet sie jnen auff / vnd legets jnen fur / Das Christus muste leiden.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
134
(
Nürnb.
1517
):
es sol ie die red anderst nichts sein dann ein auftuung der warheit.
V. Anshelm. Berner Chron.
5, 152, 28
(
halem.
,
n. 1529
):
Dass man sich uftuͤege, von welchen artiklen man disputieren woͤlle.
explicui, explicavi ‘aufthuen, von einander thuen, auseinander legen’.
profiteor professum ‘offentlich aufthuen, eins dings außgeben’.
19.
›breiter, stärker, mächtiger werden (von Erzlagerstätten, besonders von Gängen); sich aus seinem ursprünglichen Zusammenhang loszulösen anfangen (von Gestein)‹.
Bergbausprachlich belegt.