aufsperren,
V.,
vereinzelt rückuml.
1.
›etw. (Verschließendes, mit Verschiebung der Bezugsgröße: verschlossenes Raumgebilde) öffnen, aufschließen, aufbrechen‹; refl. von der Erde, Hölle: ›sich öffnen, auftun‹; vereinzelt von Körperteilen gesagt, dann teils ütr.
Bedeutungsverwandte:
 4; vgl.  1, .
Gegensätze:
, .
Syntagmen:
das gat / geschlos / kastel / schrein, den himmel / kerker, die gasse / kamer / kele / kirche / schachtel / tür a.
Wortbildungen:
aufsperrung
1.

Belegblock:

Strehlke, Nic. Jerosch. Chron. (
preuß.
,
um 1330
/
40
):
odir man dî erdin | ûfsperrin iren munt gesît | und vorslindin gar dî dît.
Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Daz ist daz offen torgat, | Daz si Got uf sperren bat.
So sperren sie [predigere] uf die porten
[hier bildlich: ›sich zu Wort melden, die Stimme erheben‹], |
Ir blitze gebenden lefsen, | Und scheldens volk.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Nürnb.
1631
):
Sperr auff dein Hertz, O junges Blut, | Nach Christi Lehr mit freyen Muht.
Wann Gott zur Rach wird sein vmbguͤrt, | Die Erd sich dann auff sperren wird.
Skála, Egerer Urgichtenb.
111, 13
(
nwböhm.
,
1573
):
sie hetten mit Einem Ditterich [...] aufgesperret.
Kohler u. a., Bamb. Halsger. (
Bamb.
1507
):
so einer vmb stelens willen, in ein geweychte Kirchen [...] bricht oder mit geverdlichen zeugen auffsperret.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel Var. Z-Oa (
Augsb.
um 1475
/
1518
):
als wir den kercker auf sperten.
Moscherosch. Ges. Phil. v. Sittew. (
Straßb.
1650
):
er knirschete mit den Zähnen als ein Eber vnd blähete den Mund auff alß ein Blaßbalg, die Kähle alß einen Schlauch auffsperrend.
Koller, Ref. Siegmunds (Hs.
15. Jh.
):
so hat die helle sich uffgesperret und ir mule uffgedan.
Niewöhner, Teichner
48, 72
(Hs. ˹
moobd.
,
1360
/
70
˺):
der chunich hiez daz schrein auf sparn.
Mollay, H. Kottanerin
15, 40
(
moobd.
,
1439
/
40
):
nam er das tuech mit dem petschad ab dem slos [...] und sperrat auf.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
114, 39
(
tir.
,
1464
):
da vand er die tür als pald vnd spërret die auf mit dem schlüssel.
Straus, Juden Regensb.
693, 46
(
oobd.
,
v. 1499
):
als wir [...] in [...] negtvergangen Osterfeyren die gassen wider aufsperten.
Skála, a. a. O.
117, 11
;
Langen, Myst. Leben
180, 15
;
Sappler, H. Kaufringer
11, 234
;
18, 133
;
Nyberg, Birgittenkl.
345, 8
;
A. à S. Clara. Deo Gratias ;
Hulsius
Q iijr
;
Dietz, Wb. Luther ;
2.
im Anschluß an 1 in einer Fülle von Phrasemen (in Auswahl): ˹
maul aufsperren; nase aufsperren; augen aufsperren; oren aufsperren
; auch kombiniert:
maul und nasen aufsperren; oren und maul aufsperren
˺ jeweils: ›sich verwundert zeigen‹;
den schnabel aufsperren
›seine Stimme erheben‹; ˹
den mund aufsperren; den rachen wieder jn. aufsperren
˺ ›sich gegen jn. wenden, sich jm. gegenüber feindselig verhalten‹; mit dat.Obj.:
jm. das maul aufsperren
›jn. in Erstaunen versetzen‹ bzw. ›jn. zum Prahlen veranlassen‹.

Belegblock:

Luther. Hl. Schrifft.
Hiob 16, 10
(
Wittenb.
1545
):
Sie haben jren mund auffgesperret wider mich / vnd haben mich schmehlich auff meine Backen geschlagen.
Ebd.
Ps. 22, 8
:
Alle [...] spotten mein / Sperren das maul auff / vnd schütteln den Kopff.
Ebd.
Ps. 22, 14
:
Jren Rachen sperren sie auff wider mich / Wie ein [...]reissender Lewe.
Ebd.
Jes. 10, 14
:
wie man Eyer auffrafft / die verlassen sind / da niemand eine Fedder regt / oder den Schnabel auffsperret / oder zisschet.
Ders., WA (
1530
, Dr.
1532
):
das mans umb rhums willen thut und den leuten mit solchen sonderlichen geberden die augen auffsperret.
[sie] werdens bald uberdrus, sperren oren und maul auff, wo ein ander kompt, der was newes bringet.
der den leuten das maul auffsperret mit falschem schein.
Ebd. (
1530
):
Sie werden das maul undt augen auffgesperret haben, sehen alle boden vol korns.
es sey ein werck, damit man dem volck das maul auffsperre.
doch mus man greiffen, das ein straff Gottes sey, von welcher sie sich nicht rhuͤmen koͤnnen, sondern da mit jren widderteil und allen gottlosen Papisten das maul auff gesperret und ursache zu rhuͤmen gegeben haben.
Gille u. a., M. Beheim
347, 37
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
du mich numen nerst, | Derst mir den mund auff sperst, | als du lang hast getan.
Moscherosch. Ges. Phil. v. Sittew. (
Straßb.
1650
):
Jch [...] hörete dem Alten so fleissig zu, daß ich meiner selbsten darob vergaß vnd daß Maul auffsperte wie ein Narr.
Heidegger. Mythoscopia
22, 8
;
Dietz, Wb. Luther .
3.
›jm. etw. offenlegen, jm. etw. (Geheimnisvolles) erschließen, etw. entschlüsseln‹; Ütr. zu 1.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  8,
2
 7,  2.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Den volke, daz unvugete | Mit unzuch an im michel teil, | [...] | Dem sparte her [Crist] uf die gotheit.
Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
um 1480
):
Ir | Gir | Wart vor im [wachter] auff gespert.
4.
›(Krambuden) aufspannen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1.

Belegblock:

Schweiz. Id. (a.
1594
).
5.
›sich aufgeblasen, hochmütig verhalten, sich überheben‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  3.

Belegblock:

Gille u. a., M. Beheim
56b, 6
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Der esel knaur | pedeüt die paur, | die sich auf sperren | Dem esel glich.
Ebd.
445, 35
:
in haffart sy [Bebst, cardinel] sich hah auff spern | uber die laien.
6.
›etw. beschlagnahmen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  2, (V.) 10,  6,  9,  2,  2,  13,  8.
Wortbildungen:
aufsperrung
2.

Belegblock:

Uhlirz, Qu. Wien (
moobd.
,
1489
):
aufsperrung desselben seins guts.