entdecken,
V.
1.
›etw. aufdecken, von einer Bedeckung, Umhüllung befreien; etw. aufdecken, enthüllen; etw. (z. B. einen Kelch, ein Dach) abdecken‹; speziell: ›ein Körperteil (z. B. das Haupt) entblößen‹; auch: ›etw. (zuvor nicht Bekanntes) finden‹; ütr.: ›etw. (z. B. js. Absichten, Eigenschaften) aufzeigen, entlarven, verraten‹; ›jn. / etw. erkennen‹; in 1 Beleg: ›die Augen öffnen‹;
zu  1a, vgl.  124.
Gegensätze:
 46, , .
Syntagmen:
die fabel etw. e., j. jn. / etw
. (z. B.
den ars / babst / kelch / leichnam / schenkel, die bosheit / güte / krankheit / list / stat / unwissenheit, das bild / dach / haupt / haus / herz, augen / ziegel, ein haus von steinen
)
e., j. jm. etw
. (z. B.
schmerz / trauer, den handel, eine schande / verräterei
)
e., sich mit worten e., etw
. (z. B.
freude
)
gegen jm. e
.;
jm. / e. S
. (z. B.
dem verstand
)
etw. e
.;
etw. durch die predigt e
.
Wortbildungen:
entdeckerin
›Diebin‹,
entdeckung
1 ›Entlarvung‹,
entdekt
›nackt, unverhüllt‹ (dazu bdv.:  8,  1,  34).

Belegblock:

Luther, WA (
1521
):
Derhalben ich [...] myr furgenu͂men: czu weyterer vntericht vnnd entdeckung der falschen geferbeten kirchen. Die artickell [...] mit grundlicher schrifft beweyßen.
das gesetz endeckt die kranckhait, das Euangelium gibt die ertzney.
Ebd. (
1528
):
das es alles daran gelegen ist, das ein Mensch den Christum recht erkenne, Denn das ist verkuͤndiget durch die Propheten [...], wie sein angesicht solt entdeckt und erkand werden, denn durch das angesicht erkennet man einen.
Ebd. (
1538
):
nu solche blindheit und finsternis so offentlich entdeckt und weg genomen ist durch die predigt des Euangelij.
Ders. Hl. Schrifft.
Hes. 16, 57
(
Wittenb.
1545
):
Vnd wirst nicht mehr dieselbige Sodom deine schwester rhümen / wie zur zeit deines hohmuts / da deine bosheit noch nicht entdeckt war
[
Mentel
1466:
wart deroffent
, Var. 1518:
geoͤffnet
;
Wormser Proph.
1527 /
Froschauer
1530:
ann tag kam
;
Eck
1537:
eroͤfnet wurd
].
Ebd.
Hebr. 4, 13
:
Es ist aber alles blos vnd entdeckt
[
Mentel
1466:
offen
;
Luther
1527:
dargeneyget
;
Eck
1537:
offenbar
]
fur seinen [Gottes] augen.
Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Dar umbe sô scheidet gote allez daz abe, daz in kleidende ist, und nemet in blôz in dem kleithûse, dâ er entdecket und blôz in im ist.
Swenne der mensche entblœzet und entdecket daz götlîche bilde, daz got in im natiurlich geschaffen hât, sô wirt gotes bilde in im offenbar.
Bömer, Pilgerf. träum. Mönch (
rhfrk.
,
um 1405
):
Die handt ist eine loch macherynne | Der huͤser und entdeckerynne
(Kontext: Die
handt
steht bildlich für die Habgier).
Ralegh. America (
Frankf.
1599
):
Iohannes Martines, Meister vber die Artelarey zu Ordaco, entdeckte erstlich die Statt Manoa.
Gajek, Seidelius. Tych.
13, 4
(
Breslau
1613
):
[Staniatus] Beschwert jhn [Freund] auch mit Eydes pflicht / | Das Er solchs solt entdecken nicht.
M. Cunitia. Ur. Prop. (
Öls
1650
):
Vormittelst dieser 2 Zirckel wird dem Verstande entdecket / alles was an dem Sitz und bewegung derer unter dem Himmel schwebenden Coͤrper in acht genommen werden mag.
Franck, Klagbr.
232, 16
(˹wohl
Nürnb.
˺
1529
):
sy
[Kleriker]
foͤrchten / das nit ir gleißnerische frombkeyt / die sy mit souil laruen [...] verdecken / gegen dem glantz des Euangelij entdeckt [...] werde.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Nürnb.
1631
):
O Gabriel | [...] | Die sach gar wol bestell, | Das was verborgen ist, | Entdeck zu dieser frist.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
166, 11
(
els.
,
1362
):
Er enstunt nút uf. Do gingent sú zuͦ vnd entecketent in. Do sohent sú in tot vor in ligen.
Menge, Laufenb. Reg.
3067
(Hs. ˹
nalem.
,
um 1470
˺):
Darumbe were es nit guͦte | Obe das houpt entecket wer.
V. Anshelm. Berner Chron. (
halem.
,
n. 1529
):
mocht man nit so vil [ziegel] ankommen, den dass man muͦst zwifache dach teilen, etliche gar entdecken.
Schmidt, Rud. v. Biberach
134, 27
(
whalem.
,
1345
/
60
):
Herre, entek min oͮgen, so wirt ich betrachtvnd dv́ wunder diner e.
Bauer, Geiler. Pred.
468, 34
(
Augsb.
1508
):
darzu treibt dich schand das du deyne unwissenhait soltest entdecken.
Drescher, Hartlieb. Caes. (
moobd.
,
1456
/
67
):
als er kam auff den pater noster zelesen und zu ennde den kelch entdecket und darein plickt [...].
Thiele, Minner. II,
24, 82
;
Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
172, 6
;
Kurz, Waldis. Esopus ;
Kehrein, a. a. O. ;
Williams u. a., a. a. O.
422, 16
;
Vgl. ferner s. v.  1,  7, ,  17,  1.
2.
›jm. etw. (öffentlich) mitteilen, erklären, darlegen‹;
›sich zu etw. äußern‹; zu  1a, vgl. am ehesten  4.
Wobd. / oobd.; verstärkt rechtliche und chronikalische Texte.
Bedeutungsverwandte:
 2,  3,  1,  2,  6; vgl.  1.
Syntagmen:
jm. etw
. (z. B.
den befel / willen, die antwort / klage, ein anliegen
)
e
.;
jm. e., das [...], jm
. (z. B.
dem richter, der frau
)
etw. e
.;
sich mit worten e., sich vor jm
. (z. B.
vor dem rat
)
e
.
Wortbildungen:
entdeckung
2 ›Darlegung, Erklärung, Bekanntmachung‹.

Belegblock:

Qu. Schweiz. Gesch. (
halem.
,
1470
):
herr Niclaus [...] hat sin anligen, wie deß vordrigen tags enteckt.
V. Anshelm. Berner Chron. (
halem.
,
n. 1529
):
Wie wol nun der babst und der Arrangunisch kuͤng sich erluͤtret und entekt haben, zuͤg und gelt zeschicken.
Meisen u. a., J. Eck
40, 5
(
Ingolst.
1526
):
Darnach [...] hett sich ein e. ratt entschlossen uns zuͦ entdecken, das [...].
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1548
):
Wan ain richter ain ganze gemain zu versamblen ursach und vor heet. soll er solches ieder zeit neben entekung der ursach ainem rentmaister zuvor anzaigen.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
16.
/
17. Jh.
):
darzue dan ein jeder gehorsamb erscheinen und keiner außer auß sondern ursachen welche er vorhin dem richter entdecken außbleiben solle.
Gagliardi, Dok. Waldmann
2, 386, 12
;
Welti, Stadtr. Bern ;
Rwb  f.;
Öst. Wb.
4, 1270
.
Vgl. ferner s. v.
1
 4.
3.
›jm. etw. eröffnen, offenbaren‹; in religiösen Kontexten vor allem auf die göttliche Offenbarung sowie die christliche Heilswahrheit bezogen; auch: ›jm. etw. (z. B. seine Sünden) beichten, offenbaren‹;
Spezialisierung zu 1; zu  1a, vgl. am ehesten  4.
Texte der Sinnwelt ,Religion‘.
Bedeutungsverwandte:
 2,  1; vgl.  3,  2, ,  2.
Gegensätze:
 5, .
Syntagmen:
got
(Subj.)
jm. e
. ›sich jm. offenbaren‹;
j. sich selbst e., jm. etw
. (z. B.
die ere / erkentnis / warheit, das reich gottes, das götliche bild, den weg zu got
)
e., etw
. (z. B.
das gewissen
)
gegen jn. e., der götliche glanz sich, der heilige geist etw. in jm. e
.
Wortbildungen
entdeckung
3 ›Offenbarung‹; speziell: ›die Offenbarung des Johannes‹ (dazu bdv.:  2); 4 ›Schuldbekenntnis, Beichte‹ (mit
sünde
als Genitivattribut; dazu bdv.:  1,  3,  5).

Belegblock:

Schöpper (
Dortm.
1550
):
Confeßio. Beicht bekennung bekändtnus entdeckung der suͤnd.
Luther, WA (
1522
):
nach der entdeckung des geheymnis, wilchs von aller wellt zeytten her verschwigen gewesen ist, nu aber offinbart und kund gemacht durch der propheten schrifft.
Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
der niht ensuochet noch niht enmeinet dan lûter got. dem entdecket got und gibet im allez, daz er verborgen hât.
Franz u. a., Qu. hess. Ref.
4, 180, 8
(
hess.
,
1538
):
wir enteken unser gewissen gegen euch weiterem nachdenken, wie wir uns vor got schuldig sein erkennen.
Strauch, Par. anime int.
93, 5
(
thür.
,
14. Jh.
):
alle di lidunge dirre zit sint nicht wirdic zu der zukunftigin ere, di in uns intacht sal werdin.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
so tuͦt im recht der herre den mantel von den oͮgen und endecket im die worheit.
Ebd. (
E. 14. Jh.
):
von innewendiger zuͦgekerter lidekeit do wurt dem menschen entdecket und zuͦ bekennende geben weg und wise zuͦ Gotte.
Schmidt, Rud. v. Biberach
139, 15
(
whalem.
,
1345
/
60
):
Dis ist oͮch dvͥ wise, [...] daz der gotlich glanz erschin vnd sich vntecke gewerlich vnd bloslich.
Heydn. maister
21v, 7
(
Augsb.
1490
):
beschahe ein goͤtliche endeckung das die stat mit bequemlichen opffern gereÿniget solt werden.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
haist die offenbarung oder endeckung Johannis des theologi und nit Johannis des zwelfpotten.
Quint, a. a. O.
185, 3
;
Jostes, Eckhart
96, 24
;
Bihlmeyer, Seuse ;
Vetter, a. a. O. ; ;
Spechtler, Mönch v. Salzb.
38, 49
.