vereinzelt
– Sehr eng vernetztes Bedeutungspektrum; 1-6 auf Bezugsgegenstände eher sprachlicher Art, 7 und 8 auf Bezugsgegenstände eher sachlicher Art bezogen; Trennung zwischen den beiden Bedeutungsblöcken in vielen Fällen kaum möglich; generell Offenheit der Bedeutungsansätze zu einander.
1.
›glaubhafter Bericht, Nachricht, Kunde über eine Begebenheit, ein Ereignis, das als wahr (im Sinne von fakten- wie von glaubenswahr) aufgenommen und erzählt wird‹; speziell: ›Evangelium als
gute märe
‹; steht im Reim auch für den Inhalt der folgenden Aussage (vgl. z. B. den Beleg
Bell, G. Hager, s. u.); offen zu
2
.
Literarische und bildungssprachliche Texte.
Bedeutungsverwandte:
,
(
der
)
1,
2,
1,
1,
2,
1
7,
(
das
)
4,
2,
(
der
)
4,
; vgl.
2,
,
2.
Syntagmen:
die / eine m. sagen / hören / vernemen
(jeweils mehrmals),
jm. eine m. sagen / bringen
;
die m. erschellen
, (
jm
., z. B.
dem keiser
) [wo / wohin]
kommen
;
sich der märe freuen
;
die böse / gute
(mehrfach)
/ leidige / liebe / neue / seltsame m
.
Belegblock:
weyl mir die gute mehr zukamen, das E. K. M. dem Euangelio geneigt were.
Vom himel hoch da kom ich her, | ich bring euch gute newe mehr.
da Christus dise mere
[von der
ehebrecherin
]
hoͤret, macht ehr kain geschrey dauon, schweyg aber styll, vnd wiche von dannen.
Karnein, Salm. u. Morolf
115, 2
(
srhfrk.
, Hs.
um 1470
):
Da der heiden uß entran | und man zu hoffe die mere vernam, | da sprach der listige man: | [...].
Jahr, H. v. Mügeln
1065
(
omd.
, Hs.
1463
):
die boten das vernamen sidr | und ilten zu Naturen widr | und seiten ir die mere glich.
daz ewͤr soldner einr [...] widerumb zu eẅch muͤg komen seyn, der ewͤch die und andre mer muntlich auch wol mag gesagt haben.
Bell, G. Hager
440, 2, 1
(
nobd.
,
1595
):
jch hab ver numen newe mer, | wie Das zu vns seÿ kumen her | Ein frembter singer Eben.
Bächtold, N. Manuel. Bic.
24, 12
(
Bern
um 1590
):
z‘ Gamalot kamend üch die märe, | wir wärend nümmen me wit.
Morrall, Mandev. Reiseb.
143, 1
(
schwäb.
,
E. 14. Jh.
):
wenn núwe merr komend in das land, so hond sie
[Tataren]
den sytten das sie gar bald botschafft durch das land tuͦnd.
Primisser, Suchenwirt
(
oobd.
,
2. H. 14. Jh.
):
Daz man in manigen landen | Sagt mær von seiner milde.
Klein, Oswald
35, 5
(
oobd.
,
1409
/
10
):
Des freut sich da die frummen all | auf erden und zu helle | Der neuen mër, wie das an swër geboren wër | ain sun von rainer maide.
Mollay, H. Kottanerin
28, 39
(
moobd.
,
1439
/
40
):
do komen die mër, daz der Kung von Polan zu alten Ofen wër vnd wolt her vber dẏ Tuenaw ziehen.
Tittmann, Schausp. 16. Jh. Ayrer. Sidea
289, 132
;
3.
›inhaltlich nicht verbürgte, mit Tendenz zu einer bloß erdachten, erfundenen Aussage, Erzählung; Gerücht, dessen
warheit
in Frage steht‹; der Zweifel findet sich teils durch Konjunktive im Belegumfeld indiziert.
Phraseme:
etw. zu märe brengen
›unter die Leute, ins Gerede bringen‹.
Bedeutungsverwandte:
2,
4,
4;
6c,
4;
5; vgl.
10,
2,
4,
(
das
)
4,
2;
5.
Wortbildungen:
˹
,
˺ ›fabeln‹.
Belegblock:
Oorschot, Spee/Schmidt. Caut. Crim.
(
Frankf./M.
1649
):
wann sie
[Priester]
etwan eine Fabel oder alt Maͤhrlein von Zaubrischen hoͤren / [...] / so nehmen sie dasselbig nicht anders auff / alß wãs ein Evangelium wehre.
mit solchen seinen Gedancken vñ Maͤhrlein die gantze Statt dermassen erfuͤllet / daz keiner dem andern getrawet.
Palm, Veter Buoch
(
schles.
, Hs.
E. 14.
/
A. 15. Jh.
):
Ob mir ein bruder vremde mere bringet, sol ich in bitten swigen? [...] Swige wir zv vnsers bruder meren, da mitte nimet er wol bilde.
v. Groote, Muskatblut
(
nobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
nu fluͦch dyne nageburen | die smeichafft sint vnd ir kint | leren heymelichen losen | vnd alle ding brengen zuͦ mer.
von etlichen des Frenckischen Adels geben die lewt von den oberlendischen Reichstetten, [...], boͤse mer auß.
Als, was du hörest auff und nider, | Tregst also merlein hin und wider.
Roloff, Brant. Tsp.
343
(
Straßb.
1554
):
Vorauß yetz mit den newen meren | Thuͦt man der warheit zwagen und scheren.
Tobler, Schilling. Bern. Chron.
(
whalem.
,
1484
):
sind uf Petri und Pauli mere gen Regenspurg komen, der kúng von Polant habe den merenteil des kúngrichs ingenomen.
Maͤre außbringen / [...], Famam promulgare.
Da rait herzog Steffan geen Freising zu den zbaien herrn, aber mit schön märn, und hiet gern lenger gefridt.
7.
›Ereignis, Geschehen, Geschichte, Begebenheit in Faktenwahrheit voraussetzender sprachlicher Fassung (z. B. eines Berichtes, einer Nachricht)‹; mehrfach Reduktion des Inhalts in Richtung auf eine bloße Zusammenfassung des Umtextes bis hin zu pronominalem
das, das alles
(u. ä.); mit Adjektivattribut und speziell bei Reimzwang Tendenz zur Verlagerung des Inhalts von
märe
auf das Attribut.
Phraseme:
zwischen den mären
›inzwischen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.
,
4,
,
3,
7;
8,
4.
Syntagmen:
die / eine m. erfaren / künden, kund tun
;
die m. geschehen
;
etw. eine (böse) m.
›ein Verhängnis‹
sein
;
jn. der märe fragen / unterrichten
;
die böse / erschrekliche / glükliche / klägliche / leide / seltsame m
.
Belegblock:
Lemmer, Schernb. Frau Jutte
702
(
Eisleben
1565
):
Heiliger Vater vnd Herre / | Ich klage euch klegliche mehre.
Awe der leiden mere, | die sint mir alzu swere.
Pyritz, Minneburg
5095
(
nobd.
, Hs.
um 1400
):
Min muͤt vor not erhischet | Daz ich die mere balde ervar.
Ey, ey, das sind erschröcklich mehr, | Die von anfang deß reichs bißher | Zu keiner zeit seyen geschehen.
Roder, Hugs Vill. Chron.
(
önalem.
,
1519
):
als nun die mer in der nacht von Schweningen herin uff die fulle kund ward gethon, hatt man ain raut.
under den meren kamen auch ain tail priester herein in die stat und hielten mess als vor.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
46, 9
(
oobd.
,
3. Dr. 14. Jh.
):
‚Ein alter jud mich da began | der märe fragen so zuhant‘: | ‚sag mir, wachter, trawt salig man, | wer hat uns Bethlehem verprant, | was singest du, was hast du gesehen‘?
8.
›Tatsache, Sachverhalt, Umstände, Angelegenheit, Bewandtnis‹; auch: ›Argument, Vision‹; mit Adjektivattribut Tendenz zu Inhaltsverlagerung auf das Attribut (wie bei 7).
Verstexte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Bedeutungsverwandte:
vgl.
2,
2
2.
Syntagmen:
eine m. künden, sich klägliche m
. ›eine Schreckensvision, Fürchterliches‹
denken, jm. eine m. anzeigen
;
jn. durch m
. ›aus einem Grunde‹ [etw.]
fragen
;
die fremde / kluge / nötliche / ware m
.
Belegblock:
Fischer, Brun v. Schoneb.
(
md.
, Hs.
um 1400
):
vrunt bedute mir desen spruch, | des vrage ich dich durch mere | wenne Maria eine myrra were.
Jahr, H. v. Mügeln
1031
(
omd.
, Hs.
1463
):
das dütet fremde mer, | das ir sit alle kommen her.
Theologia darnach sprach, | da sie die Warheit angesach, | waruf ir grunt gebuwet wer, | das sie ir kunte diese mer.
Pyritz, Minneburg
5462
(
nobd.
, Hs.
um 1400
):
Wann ich weiz daz wore mere: | Wer nuͤ ist von mynne krank | Und dem die mynne gibt kein dank | [...] | Kunde der einen syropel vinden, | Da von der smertz im abe gıͤng, | Er trunk sin ein trunk durch not.
Der hausknecht zaiget an | Dem weib Xanti die mer, | Ir herr verhayrat wer.
Sappler, H. Kaufringer
28, 149
(
schwäb.
, Hs.
1472
):
ich [jud] will mit cluogen mären | das noch ainest hie bewären, | das ir habt der götter mer | dann ainen.
Primisser, Suchenwirt
(
oobd.
,
2. H. 14. Jh.
):
Des smorgens sind ez andrew maͤr, | So ist daz haupt im so swær, | Daz in niemen erwekchen mag.
Klein, Oswald
26, 34
(
oobd.
,
1427
):
ich swaig und redt da nicht vil wort, | ie doch gedächt ich mir nöttlicher mêre.
Kummer, Erlauer Sp.
(
m/soobd.
,
1400
/
40
):
ich pin got gar unmaͤr: | ich nam die merhen all.