gedicht,
das
;
-(e)s/-e
, auch
;
zu
mhd.
getihte
›schriftliche Aufzeichnung, Gedicht, Erdichtung, Lüge‹
(), Kollektivbildung mit
ge-
zu
mhd.
tihte
›schriftlich Abgefasstes, Erdichtung, Lüge‹
(), dies letztlich aus
lat.
dictare
(
Kluge/S.
1995, 178
).
1.
›für die Niederschrift Verfasstes, Schriftstück, Aufzeichnung in Prosa, z. B. Rechtstext, Geschichte, Erzählung, Fabel; poetisches Werk, Dichtung, z. B. Gedicht, Lied, Epos‹.
Syntagmen:
ein g. ausrichten / dichten / erzälen / machen / merken / schenken / sprechen / tun; ein altes / heidnisches / herliches / heroisches / kurzes / lateinisches / meisterliches / poetisches / schönes g
.
Wortbildungen:
gedichtbuch
(2. H. 15. Jh.),
gedichtlesen
(a. 1698),
gedichtschreiber
(2. H. 15. Jh.),
gedichtschrift
›Niederschrift‹ (a. 1466).

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Sterbe ich so wirt lichte | Vorkart min getichte.
Rosenthal. Bedencken
39, 19
(
Köln
1653
):
Die Vngerechten erzehlten vns viele Gedicht.
Thiele, Minner. II,
27, 527
(Hs. ˹
md.
/
rhein.
,
1. V. 15. Jh.
˺):
ich haen gemachet die gedicht | uff daz die ghene zyn bericht | de sich tzuͦ der minnen keren.
Wyss, Limb. Chron. (
mfrk.
, Hs.
2. H. 16. Jh.
):
in disem selben jare vurwandelten sich dictamina unde gedichte in Duschen lidern.
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
117, 12
(
rhfrk.
,
um 1435
):
so wil ich uch sagen von eyme gedichte / das man in Franckrich in sant Dionisij monster in der hystoryen findet.
Schmidt, Frankf. Zunfturk. (
hess.
,
E. 16. Jh.
):
in deme unruhige mißgunstige und verwogene leut mit allerhand pasquillen, calumnien, lästerschrifften, landlugen und gedichten so wol hohe alß geringere stände des richs [...] antasten.
Harms u. a., Alberus. Fabeln
29, 5
(
Frankf./M.
1550
):
Es haben alle verstendige leute für gut angesehen vnd gelobt / das man die einfeltigen durch Fabeln / oder gedicht / vnd gleichnisse vnderweise.
Hübner, Buch Daniel (
omd.
, Hs.
14.
/
A. 15. Jh.
):
Von disme brote ich las | Uz Davidis getichte.
Opel, Spittendorf (
osächs.
,
um 1480
):
und derselbige Vincentius grossen lust in seinem geschriebenen gedichte zu lesen hatte.
Opitz. Poeterey
8, 30
(
Breslau
1624
):
vnd liessen sich durch die anmutigkeit der schoͤnen getichte zue aller tugend vnnd guttem wandel anfuͤren.
Ebd.
17, 25
:
Ein Heroisch getichte [...] soll man stracks von seinem innhalte vnd der Proposition anheben.
Ebd.
23, 5
:
das sie alles was in ein kurtz getichte kan gebracht werden beschreiben koͤnnen.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
E. 15.
/
A. 16. Jh.
):
kaiser Maximianus [...] ließ im ein geticht tichten mit den allerschentlichsten allerlesterligsten reimen.
Sachs, (
Nürnb.
1560
):
Wann ich war müd und mat | Worden ob dem geticht, | Das ich het zu-gericht.
Trunz, Meyfart. Rhet.
1, 3, 17
(
Coburg
1634
):
Nicht allein erscheinet diese Glori aus dem Poetischen Gedichten / sondern sie leuchtet nunmehr auch hervor aus Oratorischen so stattlichen vnd so herrlichen Spruͤchen.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
vnser getichtschrift so wirt man sy bas vernemen denn die andern.
Thiele, Minner. II,
9, 116
(Hs. ˹
nalem.
/
sfrk.
,
1470
/
90
˺):
Der mich hies machen dies gedicht, | wer ich by im, ich wolt in fragen.
Wickram
4, 9, 19
(
Straßb.
1556
):
Welches dann ist ein sundere ursach dies meines gedichts / darinn ich dann die beyden Gattungen [...] abmalen will.
Martin, H. v. Sachsenh. Jesus,
137
(
schwäb.
,
1455
):
Ich ler vil guͦtz in meim gedicht | Als noch vil manger lerer tuͦt, | Der lert und volgt doch selber nicht.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1544
/
5
):
wie unsere baptisten und genanten gaistlichen mit iren münchischen getichten und seltzamen fabelen nicht allain dise, sonder vi historien mer verduncklet haben.
Heydn. maister
33v, 13
(
Augsb.
1490
):
von seiner gedicht wegen / muͦßt er in dz ellend.
Lindqvist, K. v. Helmsd.
2868
(
halem.
, Hs.
um 1435
):
Von dem stain in dem geticht | Des saters David schone spricht.
Gagliardi, Dok. Waldmann
1, 265, 20
(
halem.
,
1485
):
Ich versich mich aber, das gedicht komm von dem underschriber von Lutzern.
Jörg, Salat. Reformationschr.
452, 11
(
halem.
,
1534
/
5
):
alls sy Berner / jnn Murnern / ouch jmm gedicht / da die maͤß gstorben waͤr, getratzt.
Heidegger. Mythoscopia
50, 12
(
Zürich
1698
):
daß sothanes Gedicht-lesen allein denen am bequemlichsten zukōme / die heydnische Principia haben.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
der varb [...] moht noch nie kain maister volpilden mit geschrift und mit getiht.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
doch davon geschiden dasjenig, so mêr ungrüntlichen torhaiten, gedichten, märlein dan gegrundter wârhait gemeß war.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
9, 12
(
tir.
,
1464
):
Er ist pilleichen geziert für die andern mit ëdler wirdikhait, mit gedicht vnd mit sprichworten.
Bremer, Voc. opt.
267
;
Schmitt, Ordo rerum 151, 4.
1
;
152, 9
;
Voc. Teut.-Lat.
k iiijr
;
k vv
;
Hulsius
C iiijr
;
E ir
;
Wiessner, Wortsch. Wittenw. Ring.
1970, 74
;
Schmid, R. Cysat
6, 35
;
Dietz, Wb. Luther ;
2.
›Nachdenken, Ersinnen; Verständnis‹.

Belegblock:

Luther, WA (
1527
):
So thut die vernunfft aus yhrem eigen geticht, wil yhe ein mittel finden, da keinis ist.
Neumann, Rothe. Keuschh.
3515
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
das sibende ist sin swer gewichte, | das bedut der gotlichen liebe getichte.
Haltaus, Liederb. Hätzlerin (
schwäb.
,
1471
):
Gib vns der siben kunst geticht.
3.
›willkürliche, falsche Erfindung, Gerücht; Erdichtung, Unwahrheit, Lüge‹.
Syntagmen:
etw. für ein g. halten
.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Nicod. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Jesus jungeren die vorsteln | den lichamen vil lihte | und machen ein getihte | in allen disen landen, | daz Jesus si erstanden.
Toeppen, Ständetage Preußen
3, 604, 32
(
preuß.
,
1453
):
Mit eyme sulchn gedichte czewt man unser getruwen lewte van unserer gunst.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
6932
(
Magdeb.
1608
):
Was aber Gottloß Boͤsewicht / | Vns abstelen durch jhr gedicht.
Luther, WA (
1530
):
Also solls gehen alle denen die Gottes wort, so vom glauben leret, furen auff yhre gedicht.
Bömer, Pilgerf. träum. Mönch (
rhfrk.
,
um 1405
):
Wie wol das ir große herren sijt. | wo ir große gedichte dun wollent, | Zwifaltige rede odir argument.
Kurz, Waldis. Esopus (
Frankf.
1557
):
weil diß wol sein mag ein gedicht, | Vnd ichs auch nit fuͤr ein geschicht | Dasselb jemand zu glauben treib.
Stambaugh, Milichius. Zaubert.
7, 22
(
Frankf./M.
1563
):
Gedicht unnd Fabelwerck / welches ich auch vil hett koͤnnen mit unter mengen / hab ich mit fleiß verhuͤtet.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Bautzen
1567
):
Da du fuͤr gerichte, | Gedunden wardest bracht, | Da ward vill falsch gedichte, | Auff dich Herr erdacht.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1544
/
5
):
daß die geweichten stött [...] ain mentschlich gedicht außerthalb Gottes befelch were.
V. Anshelm. Berner Chron. (
halem.
,
n. 1529
):
Als aber inen kein eigen gedicht, so haften moͤcht, me vorhanden was, gedachten die geistlichen vaͤter und meister an geistliche kuͤnst, namlich des swarzen geists.
Rudolf, Peuntner. Sterbek.
150rb, 19
(
moobd.
,
n. 1434
):
auff dy selben frag sol der krankch mensch wahrhafftichleich vnd an geticht antwurten.
Roth, E. v. Wildenberg (
moobd.
,
v. 1493
):
aber als etlich ander sprechen, das es ein gedicht sei von Franco, das er die stat sollt gepawt haben.