lüge,
lügen,
die
,
2
lug,
der
;
-s/–
;
die femininen Bildungen mit ungefähr gleicher Häufigkeit belegt, die maskuline Form selten; Schreibungen der erstgenannten beiden Formen mit oder ohne Uml.; zu
2
(Schwundstufe);
zu den
mhd.
Formen s. f.;
vgl. auch . – Die hier unter 1 und 2, teils auch unter 3 angesetzten semantischen Verdichtungen sind für die Wortbildungen mit
lüge-
teils durchaus, teils nur unsicher belegbar.
1.
›Lüge, bewußt erdachte, dann ausgesprochene oder geschriebene bzw. durch den Druck verbreitete Äußerung einer Unwahrheit, falsche Aussage (als sprachliche Handlung, nomen actionis)‹; als Metonymien: ›falsche Aussage (nomen acti)‹; ›Verlogenheit (als Haltung)‹; fließender Übergang zu: ›Unwahrheit (als Faktum)‹.
Gehäuft Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Phraseme:
sunder lug / lüge
(Verwahrformel);
etw. mit dem lügenhütlein decken
›etw. mit Lügen verschleiern‹;
von der lugbank kommen
(auch zu 3 stellbar).
Bedeutungsverwandte:
, ˹.
Gegensätze:
˺, jeweils mehrfach belegt.
Syntagmen:
die / eine l. liegen / aufbringen / erdenken / (nach)sagen / hören / merken / gerne haben / suchen / drucken / schreiben / herauspressen
(in der Folter),
den lug fürgeben, jm. eine l. verweisen, in js. munde keine l. finden, viel rede lüge auslassen, eine l. mit einem grund anstreichen
;
l
. (Subj.)
färben, eine sünde, der sünde anfang sein, der warheit wiederstehen, sich selbst fressen, jm. einen zan ausstossen / den menschen uneren
;
etw. eine l. sein
;
der lügen
(Gen.)
rat werden, jn. der l. ausschreien
;
der l
. (Dat.obj.)
eine farbe anstreichen
;
an der ersten l. (nicht) sterben, auf eine l. ein backenstreich gehören, etw. für l. haben, die warheit in eine l. verkeren, mit lügen umgehen, heirat stiften, etw. mit einer l. bestetigen, vor einer l. nicht rat werden, jn. zur l. dringen, eine zusage zur l. machen
;
der geschwinde / lötige lug, die eitele / grosse / erdichtete / hübsche / lose / öffentliche / ungeschwungene / unverschämte l
.;
der zol, die kunst, das ziel der lüge(n)
.
Wortbildungen:
lugban
›Strafe für eine Lüge‹ (a. 1338; zum Gw vgl.
2
 8),
lugbank
,
lugdichter
,
lügenban
›auf Lüge beruhender Kirchenbann‹ (Gw zu
2
 12),
lugenbar
(dazu bdv.:  1),
lügenbuch
(für den Alcoran),
lügenbusse
(a. 1561),
lügenesel
(bezogen auf den Papst),
lügenfund
,
lügengeist
›Geist der Lüge, Falschheit‹; extensional auf Andersgläubige (Muslime) und Anderskonfessionelle (Schwärmer; Karlstadt, Müntzer) sowie für den Teufel und den Alcoran gebraucht;
lügengerechtigkeit
(dazu ggs.:  2),
lügengesez
,
lügengot
(für
mammon
),
lügenkützel
›Lust zu lügen‹,
lügenlefze
,
lügenmal
,
lügenmälig
›ein
lügenmal
tragend‹,
lügenman
(dazu bdv.:  1),
lügenmaul
(dazu bdv.:
1
),
lügenreder
,
lügenredig
,
lügenreich
(
das
),
lügenteiding
1 ›Gericht über kleinere Vergehen‹ (a. 1599),
lügenweise
›sich auf das Lügen verstehend‹,
lügenwerk
,
lügeschneider
›Lügner‹ (16. Jh.),
lügewort
,
lügfas
›Lügner, j., der voller Lügen ist‹,
luggeselle
,
lugman
,
lugnerei
,
lugnis
.

Belegblock:

Luther, WA (
1523
):
do mit wirstu auch eyn herr uber todt, teuffel, [...], nicht durch deyn lugen gerechtigkeyt.
Ebd. (
1544
):
erstlich hat der Luͤgengeist bald im Paradis solche suͤsse triegerey angefangen.
Ebd. (
1544
):
wie sich der Luͤgen Geist, der Teuffel, auch in der Kirchen regen [...] wird.
Ebd. (
1544
):
Christen, die [...] dem LuͤgenGott Mammon dienen.
Ebd. (
1544
):
[die Welt] Decket und schmuͤcket solchs [toben...] abermal auch mit dem Luͤgen und Schalcks huͤtlin.
Wer die luͤgen nach sagt, der leuget noch seerer.
sonst mmoͤcht sie [Gemeine] betrogen werden und einen luͤgen bann an nemen und dem nehesten damit unrecht tun.
an solcher grewel stat lereten sie
[Vertreter des Papsttums]
die gauckel sunde, so widder jhr luͤgen gesetz geschehen waren.
Ebd. (
1540
):
das er [Gott] jn aus des Endechrists Luͤgenreich erloͤset hat.
Ebd. (
1542
):
das sie selbs nicht wissen, Welchs der rechte Alcoran oder das rechte Luegenbuch sey.
Ebd. (
1545
):
solche luͤgen frisset sich selbs.
Was wil hie zu der luͤgen Esel zu Rom sagen?
Ebd. (
1548
):
Sind bereit bey D. Luthers leben etliche Luͤgengeister gewesen.
Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
In deme paradise, | Da der lugenwise | Dieb der menscheite louc.
Der mensche ist lugenmelic, | Do wider ist Got so selic | Daz her nie lugenmal entpfienc.
Wenn sie da mite wunden | Und uz iren lugen lefsen, | So sie die wahrheit berefsen, | Den ewigen tot hagelen.
Idoch wart her [tuvel] nie so stark | Daz her icht geschaffen muge; | Swer anders quit, daz ist ein luge.
Reissenberger, Väterb. (
md.
, Hs.
14. Jh.
):
Sie duchte ungehuwere | Daz ieman spreche ein lugewort.
Fischer, Brun v. Schoneb. (
md.
, Hs.
um 1400
):
so vornemit ir daz ist gewisse | di warheit an der lugnisse. | daz wil ich nu lazen bliben, | daz andir vorbaz schriben.
sus sprach Salomon war sundir luch.
di zwei heten vor den rucke | zu einander gekart ane lucke.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Köln
1582
):
Es muͤssen auch verstummen | Die luͤgenmeuler boͤs.
Die wort aus seinem boͤsen munde, | Sind eitel list, vnd luͤgenfuͤnde.
Oorschot, Spee/Schmidt. Caut. Crim.
287a, 38
(
Frankf./M.
1649
):
waß fuͤr luͤgen vñ Vnwahrheiten vber sich selbst vnd andere / durch die schmertzen der Folter herauß gebresset werden.
Jahr, H. v. Mügeln
126, 1873
(
omd.
, Hs.
1463
):
die lügen, sünden anefank, | der sintflut worden ist so lank.
Sachs (
Nürnb.
1566
):
Herr, errette mein seel allein | Von den lügenmeulern unrein.
Ebd. (
1526
):
Die luegen-reder irren sich, | Ir wueten gleicht der schlangen.
Reichmann, Dietrich. Schrr.
253, 7
(
Nürnb.
1548
):
Denn fleisch [...] / das behelt nun sein art / das es [...] jmmerdar mit falsch vnd luͤgen vmbgehet.
v. Keller, Ayrer. Dramen (
Nürnb.
1610
/
8
):
du loser Mann! sag! warumm | Dörffst mich mit Lügn also außschreyen?
Barack, Teufels Netz (
Bodenseegeb.
,
1. H. 15. Jh.
):
So spricht er [müller]: ,Es ist übel erschossen, | Und tuot ain lugi erdenken‘.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
hie merket man fúnf hant lúg die toͤtlich sint, und dri die ablaͤssig sint.
Banz, Christus u. d. minn. Seele
935
(
alem.
,
1. H. 15. Jh.
):
Es ist dem túfel nútz so gelich, | Als der mensch, der da ist lugenrich.
Pfeiffer-Belli, Murner. Kl. Schrr.
8, 61, 19
(
Straßb.
1522
):
du solt auch wider hoͤren das dich nit lustet / ich wil dir den lüginkützel wol vertreiben.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 73, 18
(
Hagenau
1534
):
warheyt bleibt warheit / und man huete sich vor der that / der lugen wirt wol radt.
Ebd.
341, 24
:
Auff eyn luͤgen gehoͤret eyn backenschlag.
Ebd.
502, 11
:
Hette er sollen an der ersten lügen sterben / er were lengst todt.
Ebd.
2, 7, 27
([
Augsb.
]
1548
):
das der lugengaist in aller Propheten mund gewesen was.
Ebd.
92, 22
:
Lugen ferben.
Ebd.
94, 2
:
Er wirt vor ainer lugen nicht rot.
Ebd.
21
:
Solt er an der ersten Lugen gestorben sein / so were er lange tod.
Dasypodius (
Straßb.
1536
):
Lugenredig. Falsidicus, Falsiloquus.
Roloff, Brant. Tsp.
330
(
Straßb.
1554
):
Man truckt und schreibt on underscheydt | Wol zehen lugen für ein warheyt.
Schlosser, H. v. Sachsenh.
246
(
schwäb.
,
1453
):
Ich sprach: ,du bist ain lügen vaß‘.
Maaler (
Zürich
1561
):
Lug (der) Lugnerey / Lugenwerck / Ein eytele red. [...]. Geschwinder Lug. [...]. Lug erdencken. [...] Ein Lug fürgaͤben / Eim liegen. [...]. Er ist überal nüt dann ein loͤtiger Lug vnd trug.
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
311, 13
(
Genf
1636
):
Luͤgenmann / n. Luͤgner / [...] Homo mendax.
Jaspers, St. v. Landskron
95r, 31
(
Augsb.
1484
):
So einem offenlich [...] fürgehalten wirt sein heimliche schulde vnd er laugent der. so gibt er mit seine͂ lauge͂ den andern czuͦ versteen. diser hab in verlogen [...] oder seÿ ein lugtichter oder sei falsch.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Ein lug bedarff wol zehen dicht / Biß sie einer warheit nur gleich sicht.
Brévart, K. v. Megenberg. Sphaera
2, 17
(
noobd.
,
1347
/
50
):
Ich wolt auch liegen also vil, | Das nieman west der lugen zil.
Niewöhner, Teichner
315, 12
(Hs. ˹
moobd.
,
1360
/
70
˺):
chuͤmpt man von der lug panch, | so spricht wol ein weiser man: | [...].
Ebd.
414, 20
:
der ist ein rechter lug gesell | der ains ret und maint daz ander.
Ebd.
42
:
aver der mir Prauͤzzen zaiget | wann ich vragt nach Elsazz, | der ist recht ein lug vazz, | wann der leuget mit gevaer. | also taillent sich dw maͤr: | wer da leugt mit fuͤr satz, | daz ist rechter lug schatz.
Ebd.
564, 1256
(Hs. ˹
moobd.
,
n. 1400
˺):
daz halt niemand achtet drauff, | daz ers well fuͤr laster han | daz man haizzt ein lugman.
Klein, Oswald
22, 55
(
oobd.
,
1425
):
si(n)bel der nasen spitz, | von lugern gross an lougen, | sawmig, launiger witz.
Kummer, Erlauer Sp. (
m/soobd.
,
1400
/
40
):
ich han als schıͤr ein lug gelogen, | sam ein swalb von nest ist gevlogen.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
36, 12
(
tir.
,
1464
):
got ist die warhait, vnd die lugen widerstët der warhait.
Mieder, Lehmann. Flor. ff.;
Quint, Eckharts Pred. ;
Eggers, Psalter
4, 16
;
Hübner, Buch Daniel ;
Koller, Ref. Siegmunds ;
Gilman, a. a. O.
1, 395, 30
;
2, 56, 9
;
Barack, Zim. Chron. ;
Baptist-Hlawatsch, U. v. Pottenst.
274
;
12, 7
;
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
12, 7
;
Schmitt, Ordo rerum
142, 17
;
Öst. Wb.
2, 236
.
Vgl. ferner s. v.  3, ,  4,  1, (V.) 2.
2.
›mit Betrugsabsicht verbundene oder nach dem Verständnis des Textautors einhergehende Lüge, betrügerische, auf Lüge beruhende Praktiken zum eigenen Vorteil‹; mehrfach auf die Machenschaften des Teufels oder (parteiisch) auf das Handeln des konfessionellen Gegners bezogen, im Unterschied zu 1 mit stärkerer Betonung der betrügerischen Handlungspraxis.
Gehäuft Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Phraseme:
(dem teufel) ins lügenloch kriechen
›[...] in den Hintern kriechen‹.
Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld):  3,  123,  45, , , ,  12, , ,  1,  3 (subst.),  4, (
der
1,  2,  7, .
Syntagmen:
die / eine l. antrillen / brauchen / erdenken / merken / reden / tragen, die l. mit händen greifen
;
betrug und l
. (Subj.)
im schwank gehen, l. jm. wol tun, js. l. an einem dürren ast hängen, jn. in eine l. setzen, durch l. ere erlangen, mit l. alfanzen / gaukeln, mit der l. in der schlangen kommen, die kirche mit l. betriegen, etw
. (z. B.
die incorporatio
)
mit l. erwerben, das böse mit l. verdrücken, der teufel mit l. die nachttrüge bringen, um eine l. erschrecken, die warheit von der l. ausscheiden
;
die erdachte / falsche / feiste / gute / schändliche / ungeschwungene l
.;
die meister der lugen
.
Wortbildungen:
lügende
1 (kontaminiert aus
lüge
und
legende
),
lügender
,
lügenfare
›betrügerisches Verhalten‹,
lügenfas
(bezogen auf den Teufel),
lügenfasten
,
lügenfest
,
lügenfeuer
(dazu bdv.: ),
lügengespinst
(Bezug auf das
bapsttum
),
lügenglaube
›Glaube anderer Religionen und Konfessionen‹,
lügenhard
(fiktiver Name),
lügenkappe
(bezogen auf das Mönchtum),
lügenkirche
,
lügenkönig
(auf Heinrich VIII. bezogen),
lügenlist
›Heimtücke, Betrügerei‹,
lügenloch
(s. o. unter Phras.),
lügenprediger
,
lügenpredigt
,
lügenrede
,
lügenspiel
›Falschheit, Hinterlist e. P.‹,
lügensprache
,
lügentand
1,
lügentaufe
,
lügentros
,
lügenvater
(dazu phras.:
das meiste salz mit dem lügenvater verzert haben
›am besten lügen / betrügen können‹).

Belegblock:

Schöpper (
Dortm.
1550
):
Diabolus. Teuffel sathan Faland alte schlang vatter der luͤgen.
Ziesemer, Proph. Cranc Jes.
32, 8
(
preuß.
,
M. 14. Jh.
):
want er [hemysche] tychtit gedanken zu vorterbene di semftmutigen mit lugenrede
[
Wormser Proph.
1527 /
Froschauer
1530 /
Eck
1537:
täding
;
Luther
1545:
falsche worte
].
Luther, WA (
1522
):
das ich nicht ßo schendlich [...] yemand belogen hab, alß mich der lügenkönog von Engelland beleuget.
das nicht yemand sage, er neme die werck auch dazu, wie unsere luͤgenprediger ein gemenge machen.
Ebd. (
1544
):
Das ist gewesen nicht eine luͤgen fasten (wie unsers Pfaffen [...] das mehr teil gewest).
das die Sophisten [...] jhr luͤgenpredigt, schande und grewel, da mit sie die Christenheit verderbt haben, jtzt durch viel geplerr, und geschrey unterstehen zuverbergen.
Das also dieser Text [...] widder jhr fegfewr, feilfeur odder luͤgenfeur ist.
Was ist des Papsts kirche fur eine kirche? [...] eine falsche luͤgen kirche.
Das Jungher Neidhard und Meister lugenhard jnn jrem neiden und liegen zu schanden worden sind.
Das ist Eine, und eine seer gute und feiste luͤgen, die man greiffen mus.
Ebd. (
1530
/
32
):
Der Christus ist kein nutz, Aber die falsche lugenkappe und platte die gilt.
Ebd. (
1533
):
i.e. Einen lugen glauben, daran sie [..., Turcae, Papae] festec hangen.
Ebd. (
1537
):
Eva aber hadt daß Recht lugen vaß, [...], den Teufel zcu einem leerer.
Ebd. (
1537
):
das solchs rechte lügenden, erstunkene, Teufflische lügen [...] sind.
Ebd. (
1545
):
das Bapstum sey [...] ein luͤgengespenst.
Darumb ist auch aus dem Bapstum nichts gutes komen, sondern verstoͤrung des Glaubens, Luͤgenden, lesterliche Abgoͤtterey unser eigen werck.
Ebd. (
1543
):
Recht ist jnen
[Juden]
geschehen, da sie dem Teufel ins schwartze, finster hinder Lügenloch kucken musten, und seinen stanck anbeten.
Alberus, Barf. Vorr. Alb., (
Wittenb.
1542
):
Erschrecken mus er [Christe] vmb der Vngeschwungen luͤgen vñ Gottes Namens Misbrauchs willen.
Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Mit diser lugensprache | Vorloren sie [Juden] der werden namen.
den bosen cristen, | Die mit irn lugen listen | In der cristenheite rich sin.
Irretumes list her brichet | Und scheidet uz die warheit | [...] | Von der irdachten lugene.
swa daz mac gevallen, | Daz man mit lugen varen | Truget under den waren.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Köln
1582
):
die losen buͦben all, | Dern maul redt falschen luͤgentand.
Fischer, Brun v. Schoneb. (
md.
, Hs.
um 1400
):
der stein bezeichent den gelouben, | [...] | her ist gut vor di nachttrugene | di der tubel brengit mit lugene.
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
128, 20
(
rhfrk.
,
um 1435
):
da rannte er der konnigynne snellich noch / [...] / das er sye noch bij dem borne sitzen fant / Markair erdrachte da eyn groß lügen vnd sprach [...].
Stambaugh, Milichius. Zaubert.
4, 11
(
Frankf./M.
1563
):
daß den Widersprechern und Luͤgenpredigern auß der Schrifft inntrag geschehe / und ire verfuͤhrische irthumben widerlegt werden.
Ralegh. America iiijr, (
Frankf.
1599
):
daß man durch Luͤgen vnd Betriegerey keine sonderliche Ehr vnd einen guten Namen kan erlangen.
Oorschot, Spee/Schmidt. Caut. Crim.
356a, 17
(
Frankf./M.
1649
):
welcher vnder jhnen beyden moͤchte wol das meiste Saltz [...] mit dem Luͤgenvatter dem Teuffel verzehret haben.
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Joh. (
osächs.
,
1343
):
wanne her [tûfel] redet, sô redet her lugene.
Bührer, Kl. Renner
287
(
nobd.
, Hs.
um 1480
):
Wer sein dingck nun wol kan geschmucken | Vnd das bose kan verdrucken | Mit sweren vnd mit lugenne | Vnd mit mangerley betrigunge.
Gille u. a., M. Beheim
119, 85
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
der teufel kam halt mit der lüg | in der slangen, daz ere | Menschlich gesleht peraubet | der untätlichen glory haͮch.
Kurz, Murner. Luth. Narr (
Straßb.
1522
):
Wie wir das ewangelium | Vnd allein die warheit sagen, | Vnd alle andern lügen tragen.
Woͤlt ir die gantz welt reformieren, | Vnd woͤlt den lügentroß vmb fieren.
Anderson u. a., Flugschrr.
9, 8, 2
([
Straßb.
]
1524
):
zuͦ beschirmen die / so inen das wort gottes [...] lauter anzeyge͂ / hye gond zuͦ grundt Cortisane͂ / Pe͂nsioner / Jncorporierer / Absentzer / Luge͂der vñ traume͂schwetzer.
Klein, Oswald
4, 15
(
oobd.
,
1421
):
lug, hoffart, spot, hass, zoren, neid | götliche liebe nicht melt.
Ebd.
39, 18
(
um 1426
?):
Spil, fremder hab wird ich nicht vol, | zobri, lüg, untreu tüt mir wol.
Ebd.
62, 36
:
das machen neur | der melder lugenspil
(1417?).
Gereke, Seifrits Alex.
676
(
oobd.
, Hs.
1466
):
der jung herr gedacht wie er in betruͤg | und in seczet an dew lug.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. (
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
und [er] hett nun mit lugen und listen petrogen dye heyligen Romischen Kirchen.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
7, 17
(
tir.
,
1464
):
Die maister der lugen die sagten da czwiträchtikhait in mannigseltiger prëdig oder lëre.
Kehrein, a. a. O. ;
Gille u. a., a. a. O.
228, 1
;
Koller, Ref. Siegmunds ;
Moscherosch. Ges. Phil. v. Sittew. ;
Schmidt, Hist. Wb. Elsaß .
Vgl. ferner s. v. , , ,  9.
3.
›als unwahr abgewertete Erfindung, Produkt der Phantasie, Gespinst zum eigenen Vorteil und damit zum Schaden, zum Betrug der anderen‹; mehrfach gegen die Fiktion literarischer Werke, auch gegen volksreligiöse Aussagen sowie Wundergeschichten der Kirche gerichtet.
Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld): (
das
1, ,
1
 6, , ,  1.
Wortbildungen:
lügelied
,
lügenberg
Name eines fiktiven Bergs, auf dem sich Lügner aller Art (z. B.
erenlügner, rumlügner
) aufhalten,
lügende
2,
lügenfabel
,
lügenglocke
fiktive Glocke,
lügenmeister
,
lügenmirakel
,
lügenrum
,
lügensagen
,
lügenschmied
,
lügenschwank
,
lügenteiding
2 ›erfundene Geschichte‹,
lügentand
2,
lügentrager
›Lügenbeutel‹,
lügenwerk
2 (dazu bdv.: ),
lügner
3.

Belegblock:

Schade, Sat. u. Pasqu. (o. O.
1524
):
man findt klerlich in der lügend des heiligen sanct Brandons, wie er etliche jar auf dem mör gefaren und ganz seltsame wunder erfaren.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Köln
1582
):
da [-ordnungen] hat man in die gesenge mit eingeflicket den vngegruͤndeten nerrischen luͤgenrum, als sei bisher die liebe warheit vnd Gotteswort aus der welt gewesen.
Denn falsche zeugen listiglich | Sind auffgetretten wider mich, | Vnd reden was sie duͤrffen dencken | Von luͤgenschwencken.
Luther, WA (
1523
):
drumb sind yhenis eyttel luͤgen teding, und die junckfraw darff des falschen erdichten lobs nicht.
Ebd. (
1524
):
was man halten sol von den waren wunderzeichen, [...] auch von den luͤgen Mirakeln, da die Papisten mit bestetiget haben, was [...].
wenn falsche prediger auffstehen und yhren lügentand fur Gottes wort dargeben.
Solcher schendlicher lugenfabel haben die Munch und Pfaffen so viel bucher vol geklickt, das [...].
Ebd. (
1537
):
Jnn Sanct Sylvesters Lügenden, welche ein ausbündiger Lügenmeister ertichtet hat, stehet [...].
Ebd. (
1530
):
So woͤllen wir sie [Warheit] schmüoͤcken und unter einer luͤstigen Luͤgenfarbe und lieblichen Fabeln kleiden.
Hübner, Buch Daniel (
omd.
, Hs.
14.
/
A. 15. Jh.
):
Wand er mit lugen sagen | Uf uns gerne brechte haz.
Voc. inc. teut.
p iijr
(
Speyer
um 1483
/
4
):
Luge͂trager Nugigerulus [...] nugifer.
Dedekind/Scheidt. Grob.
203, 9
(
Worms
1551
):
So magstu auch wol lügen dichten / | Nachreden vnd die leut außrichten.
Lichtenstein, Lindener. Katzip. (o. O.
1558
):
man múß nit [...] den fabeln glauben, die von alters die götzenknechte her erzelet haben und lügen gesagt [...]. Unnd haben eben von der badenmagdt unnd dem Demel gantz und gar nichts in der heyligen schrifft, und halt es für ein lauter lügen- unnd lumpenwerck.
v. Keller, Amadis (
Frankf.
1571
):
weil solche [Bücher] Fabeln vnd erfundne sachen in sich halten, gleich als lügenwerck zu ruck stellen.
Österley, Kirchhof. Wendunmuth (
Frankf.
1563
):
welcher von wegen seiner unglaublichen rede und possereyen der lugenschmid genennet war
[es folgt die Geschichte von einem durch ein Falltor getrennten Pferd; Iwein-Tradition].
Opitz. Poeterey
9, 32
(
Breslau
1624
):
Sie [Poeten] wissen ferner viel von jhren luͤgen / aͤrgerlichen schrifften vnd leben zue sagen.
Sachs (
Nürnb.
1533
):
Spruch oder schwanck von dem Lügenberg. [...] Kam ich zu eym gebirge hoch, | Der war der Lügen-berg genandt.
Der berg hat ein grossen zu-gang | Von Christen, Türcken, Juden und haiden, | Von herren, knechten, frawen, mayden, | Die all noch zu euch auffhin wöllen, | Inn lügen sich zu euch gesellen, | Mit euch die lügen-glocken scheln.
Franck, Klagbr.
231, 19
(˹wohl
Nürnb.
˺
1529
):
das es [fegfeur] eitel blosse luͤge vnd erdicht der geystlichen sey / mit der sy vns auffsetzen.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 444, 34
(
Hagenau
1534
):
Was sagstu von trewmen / trewme sind luͤgen / es hat (m)ir wol getrewmet daß under jhenem grossen baume [...] eyn grosser kessel mit geld begraben sey.
Schorer, Sprachposaun
11, 17
(o. O.
1648
):
Complimenteur, ein praͤchtiger hoͤfflicher Reder / Großsprecher / ein rechter Auffschneider vnd Luͤgner.
Bächtold, N. Manuel. Bic.
26, 19
(
Bern
um 1590
):
Du nennst uns allzit Heine | in dinem lugelied.
Turmair (
moobd.
,
1528
):
Es stên in der lugent drauß zu Weich S. Petter noch wol mêr lugen, als das [...].
Ebd. (
1522
/
33
):
gaben erzelt geistlich väter auch ursach den unglaubigen, lug zu erdichten von den unschuldigen christen: [...] war die g’main sag, wie die christen junge kinder abtäten.
dichten si [leut] ein luge, machten etlich vers [...] für sich, die solten von götlichem mund einem geoffenbart sein worden.
Gilman, a. a. O.
1, 442, 2
;
445, 8
.
Vgl. ferner s. v.
2
 1.