stift,
der / die / das
(letzteres seltener); keine sinnvolle Genus-Geographie möglich;
-(e)s
(für
der/das
),
(für
die
)
/-e
, auch
, in den Syntagmen wird auf
der
normalisiert;
etymologisch (möglicherweise) eins mit
steft
,
stift
(
der
), doch „im sprachl.
Bewußtsein schon früh davon getrennt“ (), deshalb hier unter verschiedenen Lemmata angesetzt. – 1-4 aufs engste miteinander verbunden und insofern auch in 1 Ansatz beschreibbar, bei 1 Betonung des
stiftes
als Einrichtung, 2 auf die Zentraleinheit, 3 auf das Stiftsgebiet, 4 auf das Stiftskollegium bezogen.
– Zur Geschichte von ,Stift‘:
LThK
9, 1073
ff.;
Lex. d. Mal.
8, 171
ff.
1.
›Stift, geistliche Einrichtung, klerikalisches Verwaltungs-, Wirtschafts-, Rechtsgebilde eines unterschiedlichen hierarchischen und realpolitischen Status‹; als Metonymie (in 1 Beleg): ›Ordnung, Rechtsregelung eines Stiftes‹;
offen zu 2; vgl.  1.
Gehäuft Rechts- und Wirtschaftstexte.
Phraseme:
der hohe stift
1.
Syntagmen:
den s. aufrichten / reformieren / bestehen lassen, jm. einen s. befelen
;
der s. auf kirchen stellen, kirchen kaufen, der s. priester setzen, etw. bezalen, collecte zu geben schuldig sein, die stifte mordgruben sein; dem s. abfällig werden, dem s. abbruch an etw. geschehen, das schlos / gericht / gut dem s. angehören
;
zu dem s. gehören, von dem s. etw
. (z. B.
den hof
)
zu lehen haben
;
der s. zu Fulda / Halberstat / Heidelberg / Menz / Neustat
;
der keiserliche / neue / wirdige s
.;
die güter / kosten / manne, die zweitracht des stiftes
;
die herren von dem s
.
Wortbildungen:
stiftbischof
,
stiftbuch
›Buch über die Rechtsverhältnisse eines Stiftes‹ (16. Jh.),
stiftdieb
,
stiftdieberei
,
stiftgut
,
stiftisch
›zu einem Stift gehörend‹ (a. 1629),
stifträuber
(auf den Papst bezogen),
stiftschafner
›Verwalter der Wirtschaftseinheit einer geistlichen Einrichtung‹,
stiftschafnerei
.

Belegblock:

Luther, WA (
1530
):
offenbar sind zweierley Stifft diebe und klöster reuber[...], Als etliche eusserliche, etliche jnnerliche.
So sage mir, welche die ergesten stifft reuber und kirchen diebe sind ?
Es wird ia freilich am Jungsten gericht keine Christen seele sich rhuͤmen odder zeugen konnen, das jnn so viel hundert iaren jhe eine von jhrem Stifft Bisschove hette das Vater unser, Zehen gebot, glauben odder ein Euangelion gehoͤrt.
alle ewer
[der Geistlichen]
schendliches unzüchtiges hurn leben, alle klöster raub und stifft dieberey.
Ebd. (
1545
):
das man den Ertzkirchendieb, Stifftreuber, Kloͤsterfresser, Seelmoͤrder zu Rom so gros geld lasse zusehens rauben.
Kollnig, Weist. Schriesh.
228, 10
(
rhfrk.
,
1610
):
den wein zum heiligen abentmal, brot aber wirt vom stift Heidelberg zalt.
Brinkmann, Bad. Weist. (
rhfrk.
,
1665
):
was der ort gefält ist gnädigster herschaft stiftschaffnerei und collectur Heydelberg [...] gehörig.
Mon. Boica, NF.
2, 1, 132, 315
(
nobd.
,
1464
):
Den gnanten hoff soll die herrschaft zwͦ lehen haben von der stift zwͦ Elbang.
Koller, Ref. Siegmunds (Hs. ˹
Augsb.
,
um 1440
˺):
so habent stifft und closter auch auff kirchen gestelt mit clainer warhait; sie haben auch etlich gekauft.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 26, 25
(
Hagenau
1534
):
das die Stiffte / Kloͤster und kirchen lautter mortgruben der seelen synd worden.
Graf-Fuchs, Ämter Interl./Unterseen (
halem.
,
1446
):
da [...] meinen si, das alle die guͤter, [...], es syen stifft guͤter oder ander guͤter, soͤlichen lantzkosten nach marchzal geben soͤllen.
Rennefahrt, Statut. Saanen (
halem.
,
1452
):
und dien landtluͥten ir fryheit [...] zebehaltten mit erwirdigen weltlichen und nit zuͦ louffenden, denn mit verdingten bestentlichen priestern die messen nach der stift ze han.
Argovia (
halem.
,
1537
):
Als aber dagegen die herren von der stift vrmeint, das sy inen kein costen zu geben schuldig sin.
Welti, Stadtr. Bern (
halem.
,
1559
):
der chorschryber soll am urteylgält und 6 ℔, so der stiftschaffner gibt, glich wie andere teil haben.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1544
/
5
):
nachdem die edel statt Augspurg vor den geitzigen und nachgriffigen pfaffen, deren sie ain hochen stifft und andre vil clöster und cluniackkirchen in ir gehapt, nie zu kainer landschafft hat komen mögen.
Röhrich u. a., Cod. Dipl. Warm.
4, 233, 2
;
Meisen, Wierstr. Hist. Nuys
2842
;
Kollnig, a. a. O.
164, 11
ff.;
Stambaugh, Milichius. Zaubert.
4, 2
;
Dinklage, Frk. Bauernweist.
19, 36
;
Mon. Boica, NF.
2, 1, 243, 13
;
Reichert, Gesamtausl. Messe
5, 13
;
Nyberg, Birgittenkl.
2, 151, 16
;
Öst. Wb.
3, 1255
.
2.
›zentrale, oft an eine bestimmte Baulichkeit (wie
kloster, kirche, gotshaus, dom
) gebundene Einheit der geistlichen Einrichtung ,Stift‘‹; sehr oft in partieller Synonymie zu Baulichkeitsbezeichnungen, besonders zu
kloster
;
vgl.  1.
Phraseme:
der hohe stift
2.
Syntagmen:
den s. abessen
(›unterspülen‹)
/ auftun / brechen, jm. einen s. eignen, die stifte heimsuchen
;
der s. verschwinden, aus etw. entsprungen sein, für etw. zum zeugnis stehen
;
im s. wonen, mit dem sacrament herumgehen, den gotsdienst, die andacht verbringen, die passion singen, sein begräbnis haben, begraben werden, bückens / kniens in den stiften sein, die pfafferei mit stiften ausrotten, gold von dem s. bringen, etw. zu dem s. bringen, (jm.) etw
. (z. B.
das erbe
)
zu dem s. geben
;
der s. des klosters
;
der s. St. Georgen / St. Vincenz, zu Bamberg / Hersfeld / Werden
;
der grosse / neue / wirdige s
.;
kapitel, personen des stiftes
.
Wortbildungen
stiftbote
›als Gauner, Betrüger angesehener Beauftragter eines Stiftes‹ (dazu bdv.:  2; vgl. ferner den Beleg
Luther, WA 8
).

Belegblock:

Luther, WA (
1522
):
nach dem wir erlitten habenn szo viel Bullen kremer, Cardinel, [...], Stacionirer, Terminierer, stifft boten, kloster botten [...] wer kundt die rotte solcher schynder [...9 alle ertzelen.
das hieß stifft und kloster auffgethan, Munch und pfaffen außgeschoren!
Woͤlt got es wer ein einigs frum und gerechts stifft in dem ganczen landt.
was bisher ynn Stifften und Kloͤstern buckens und knyens gewest ist, hat keinen ernst gehabt.
Krebs, Prot. Spey. Domkap.
2, 6189, 1
(
rhfrk.
,
1524
):
das die vier passion hinfur in diesem Stieft wie zu Meintz mit melody und dryen person gesungen werden.
Koller, Ref. Siegmunds (Hs. ˹
wobd.
,
um 1520
˺):
vor zeiten das vil leüten noch wol gedenkent, das tumherrn ir regel fast hielten und vmb ir stift ußgezaichnet was, was inen zugehört, das nampt [...] man closter von [...] der stift wegen.
Chron. Strassb. (
els.
,
A. 15. Jh.
):
do gefiel ime die ordenunge und regel der duͦmherren zuͦ der hohen stift also wol, das er selber mit den herren ire bruͦderschaft wolte halten.
Goldammer, Paracelsus
6, 194, 13
(
1530
):
also werden verschwinden die großen falschen libereien, die großen sinagogen, die großen stift, kloster, daß ir gemeur, ir dempel und all ir werk und arbeit dohin wirt gohn.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 545, 2
(
Hagenau
1534
):
Im anfang der Christlichen k(ir)chen seind wenig Stiffte / Closter / und Clausen gewesen / und vil Christen / Yetz seind vil Kirchen / Closter / Stiffte / und Clausen [...] und seind wenig Christen.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1402
):
huͦb man an ze bawen ain newen pfarr zuͦ Jngelstat, die haist zuͦ der newen stift.
Ebd. (zu
1559
):
ist die kay. mt. sambt etlichen chur⸗ und fürsten, [...] mit den gaistlichen im stift mit dem sacrament herumbgangen.
Baumann, Bauernkr. Oberschw. (
schwäb.
,
v. 1542
):
Herzog Ulrich [...] sucht in seynem land die clöster und stuft woll haym, wölche ept, minch, prost, pfarrer sein seckt nit annemen wölten, die vertreyb er.
Diehl, Dreytw. Essl. Chron. (
schwäb.
,
1550
):
Es ist vor zeyttem einn styft zu Peyttelspach gewessenn, das die vonn Wyrttennberg habenntt ire begrebnus da geheptt und zu zeyttenn da gewonett.
Leidinger, V. Arnpeck (
moobd.
,
v. 1495
):
er starb säliglich seins reichs im 24.[...] jar und bard in seiner stift zu Babnberg begraben.
Roth, E. v. Wildenberg (
moobd.
,
v. 1493
):
der hertzog Theodo gab im anfang zuͦ der stift alles das erdreich mit allen fruchten und guͦettaten, das zwischen der Sall und der Saltzach gelegen ist.
Küther, UB Frauensee
120, 7
;
Dietrich. Summaria
24v, 2
;
30v, 4
;
Geier, Stadtr. Überl. ;
Rennefahrt, Stadtr. Bern ;
ders., Recht Laupen ;
Nyberg, Birgittenkl.
1, 42, 38
;
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. ;
Leidinger, A. v. Regensb. ;
Vgl. ferner s. v.  1,  2,  1, ,  2,  2,  3,  3.
3.
›mit der Einrichtung ,Stift‘ verbundenes Organisationsgebiet und dazu gehörige Menschen‹;
vgl.  1.
Syntagmen:
den s. zerstören
;
der s. in schaden / schulden kommen; dem s. schaden verlassen sein
;
sich im s. aufhalten
,
in / über den s. ziehen
;
der s. des sprengels
;
eine stat im stifte (zu /von) [...]
;
der löbliche s
.
Wortbildungen:
stiftsforst
.

Belegblock:

Frantzen u. a., Kölner Schwankb. , Einl. (
Köln
um 1490
):
Snodelberch by Bystervelde im Stychte van Slabberdien.
Koller, Reichsreg. Albr. II.
257, 2
(
1438
/
9
):
stat Honouer in dem stifte von Minden gelegen.
v. Liliencron, Dür. Chron. Rothe (
thür.
,
1421
):
unde der stifft der von yn grosse schulde unrad unde schaden qwam.
Baumann, Bauernkr. Rotenb. (
nobd.
,
n. 1525
):
Zugen furter in und uber den stift Meinz, prachten alle desselben stifts stett und flecken uff dem Ottenwald [...] in ir pruderschaft und verpundnuss.
Gille u. a., M. Beheim
453, 1087
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Dem patriarchen dise lant | Friaul unrechtlich abgetrant, | [...] | und die loblichen stifft Aglei | Begunden sy zerstören.
Vock, Urk. Hochst. Augsb.
318, 24
(
schwäb.
,
1403
):
reverß hertzog Ludwigs von Bayrn ... in stifftsvorst zwischen Lech und Wertach.
Roth, E. v. Wildenberg (
moobd.
,
v. 1493
):
derselb stift ist im anfang gewesen, do izundt ligt das closter sand Heimran.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. (
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
so war der loblichen stifft solher unpillicher schaden verlassen gewesen.
Toeppen, Ständetage Preußen
4, 93, 1
;
Skála, Egerer Urgichtenb.
259, 11
.
4.
›Gesamtheit der ein Stift (als Einrichtung) tragenden und bestimmenden Personen, Stiftskonvent‹;
vgl.  1.
Bedeutungsverwandte:
 1,  1.
Syntagmen:
einen s. ausleben / überleben; der s. jn. nicht
(als
erzbischof
)
annemen, jn. von jm. geweisen, macht haben, zu [...]
;
in einen s. gehören
;
das glied / haupt des stiftes
;
die personen / kanoniken aus dem s
.

Belegblock:

Luther, WA (
1545
):
ich bin nicht seer alt, dennoch hab ich schier ein Stifft [...] gar nahe dreimal aus gelebt oder uberlebt, da beide, Bischoff, Thumherrn und Vicarien, hinweg gestorben sind.
Burkhardt, UB Arnstadt (
thür.
,
1332
):
Ouch sal unse herre der apt unn sin convent und der stift czu Hersveld sie nach uͤre nachkomelinge mit den leen nummir von un gewisse.
Voc. Teut.-Lat.
ff ijv
(
Nürnb.
1482
):
Stiffte als ein thum. oder closter. collegiu͂.
Rennefahrt, Staat/Kirche Bern (
halem.
,
1485
):
bedunckt uns [...] not, die hoͤupter und gelider des vorberuͤrten unsers stifts also zuͦ verwaren und gegen uns in soͤliche luͥtrung zuͦ setzen, daͧmitt [...].
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1559
):
Was für namhafte personen aus dem stift alhie in diser zeit gestorben seind.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
der stift wolt in nit annemen, erwelt zu ainem erzbischof Eberharden Neuhauser.
Kisch, Leipz. Schöffenspr. ;
Dirr, Münchner Stadtr. ;
Schmitt, Ordo rerum
87, 19
.
Vgl. ferner s. v.  4, .
5.
›Empfängnis als Zeitpunkt des Werdens des Menschen; Schöpfung (der Welt)‹;
vgl.  1.
Bedeutungsverwandte:
 2; vgl. ;  2,  2,  2,  2, ,  5,  1, .

Belegblock:

Karsten, Md. Paraphr. Hiob (
omd.
,
1338
):
In der geburt und in der styft, | Wan der mensche enphangen wert.
Plant u. a., Main. Naturl.
299rb, 1
(
ohalem.
, Hs.
E. 14. Jh.
):
antwed’ got got d’ naturē. lidet not. od’ der welte stift oder machūge sol zerstorit werden.
6.
›Schenkung, Gabe an eine geistliche Einrichtung (als Handlung wie metonymisch als geschenkte Größe)‹; auch ›Pfründe, die jm. zuteil wird‹;
vgl.  2.
Syntagmen:
einen s. tun, seinen s
. (›Pfründe‹)
haben
;
ein s. geschehen, kräftig bleiben, der s. den mund des babsttums nicht erfüllen
;
der s. des gotshauses, zu gotsdienst
;
der andächtige / grosse / leibliche
(›bleibende‹)
/ selige s
.

Belegblock:

Goedeke u. a., Liederb. (
v. 1519
):
pfaffen und münch sollens [Fasten und beten] treiben, | die haben davon iren stift.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. (
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
Bey solichem ist sorg, das weniger grosser stifft mer geschen, als weylennd geschehen sindt.
Uhlirz, Qu. Wien (
moobd.
,
1491
):
ains hauss, [...] das er von Larenczen Taschendorffer, [...], gekauft und damit ain stifft zu thun in willen hat.
Leidinger, A. v. Regensb. ;
Fuchs, Kart. Aggsbach ;
Vgl. ferner s. v. .
7.
›verschiedene, als göttliche Gnadengabe aufgefaßte oder auffaßbare Bezugsgrößen‹; vgl.  2. Im einzelnen sind dies:
a) ›Einsetzung, Einrichtung des Sakramentes‹.
b) ›(altes und neues) Testament als Bund Gottes mit dem Volk Israel bzw. mit den Menschen‹; als Metonymie: ›Testament als Text‹.
c) ›Heiltum, Reliquie‹.
d) ›
geratener son
als Geschenk Gottes‹.

Belegblock:

Zu a):

Kurz, Waldis. Esopus M, (
Frankf.
1557
):
So on vnd wider Gottes Stifft
[bezogen auf
sacrament, ordenung
]
| Handeln, das ist doch eytel gifft.

Zu b):

Karsten, Md. Paraphr. Hiob (
omd.
,
1338
):
Alle sunderliche buch | Di da waren der heiligen schrift, | Der alden und der nuwen stift.
Kochendörffer, Tilo v. Kulm (
preuß.
,
1331
):
Durch daz sul wir loben czart | Got und Cristes himelvart | Uz den glosen, uz der schrift, | Di schon sten in nwer stift.
Daz gelobet alle schrift, | Di nu stet uf nwer stift.
Kochendörffer, a. a. O. ; .

Zu c):

Leidinger, V. Arnpeck (
moobd.
,
v. 1495
):
der dechant [...] solt aufsten und verkünden dem volk, wie oder was gestalt das heiltum und stift gezogen wurd gen München.

Zu d):

Luther, WA (
1529
):
Bistu doch nicht werd mit alle deinem gut, das du eine stunde zu solchem Goͤtlichen stifft [geratener son] und grossem Gottes dienst helffen soltest.
8.
eine Reihe metonymisch miteinander verbundener Verwendungsweisen, die das Rechtsverhältnis zwischen dem Grundherrn und dem Grundholden bezüglich eines verliehenen Grundbesitztums und dessen Bewirtschaftung betreffen;
vgl.  9.
Zur Sache s. die in den Belegen angegebenen Texte mit ihren Einzelregelungen; vgl. generell zum gesamten Wortbildungsfeld die Glossare der u. a. Quellentexte (dort weitere Belege).
Oobd., Rechts- und Wirtschaftstexte.
Im einzelnen:
a) ›Rechtsverhältnis zwischen dem Grundherrn und den Grundholden‹.
Phraseme:
die freie stift
›auf Widerruf (meist 1 Jahr) eingegangenes Rechtsverhältnis‹.
Wortbildungen:
stiftpfennig
,
stiftregister
›Register mit einer Aufzeichnung der aus dem Stiftsverhältnis resultierenden Rechte des Grundherrn‹,
stifttag
1. ›Tag der Vergabe eines Gutes an einen Grundholden‹; 2. ›Tag der Entrichtung der im Stiftsvertrag festgelegten Abgaben durch den Grundholden‹.
b) ›Gebiet, das nach Stiftsrecht zur Verfügung steht‹.
c) ›Einsetzung e. P. in das Rechtsverhältnis der Stift durch den Grundherrn, auch den Burgherrn‹.
d) ›nach Stiftsrecht übernommenes Grundbesitztum‹ (Belege s. v. ).
e) ›Zustand der Bewirtschaftung eines verliehenen / übernommenen Gutes‹ (Beleg s. v.  2).
f) ›aus dem Stiftsverhältnis resultierende Abgabe‹; sie wurde auf der Stiftsversammlung abgeliefert.
g) ›Versammlung der im Rechtsverhältnis der Stift stehenden Grundholden und Grundherrschaft‹.
Wortbildungen
(verdeutlichend):
stiftsiedlung
,
stifttag
2 ›Versammlung, in der das Stiftsverhältnis betreffende Rechtsangelegenheiten geklärt werden‹,
stiftteiding
(dasselbe).
h) ›Termin der Stiftsversammlung‹.

Belegblock:

Zu a):

UB ob der Enns (
moobd.
,
1377
):
dıͤ halb Huͤeb in der Fils, dıͤ der vorgenant Gerloͤch der Pachleitter sêlig zuͤ freyer stifft von dem Gotzhaws gehabt hat.
Grimm, Weisth. (
oobd.
,
1393
/
1464
):
Darnach offent man euch, dass mein frau ir freye stifft hat also, dass sie ainen der ain gros gut hat [...] wol gestiften mag auf ein klainers.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
n. 1450
):
ob aber ainer di dritt stift und den dritten stiftag nit dient hiet.
Mell u. a., Steir. Taid. (
m/soobd.
,
1590
):
nachdem aber nicht unbillich ist, dass sich sowol die untertanen die kaufrecht haben als die zu freier stift oder muetweiß auf den hueben sizen, im fall ainer nach des andern absterben zu ainer hueben kumbt.
Ebd. (Hs.
1629
/
43
):
zu gedachtnus haben ier gnaden derselben stift petschat hierunter gedruckt.
Siegel u. a., Salzb. Taid. (
smoobd.
,
17. Jh.
):
soll man uns dienen nach alter gewonhait die air zu ostern, [...], die pfeniggülten und stüfthennen zu den gesëczten stifttägen.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
1434
):
die hueben die zum zehent ligent, gibt jede x stiftphening.
Ebd. (
1586
):
es soll auch ein jeder ambtman die holden fordern zu aller rabat, [...], es sei zu schnid, zu dem mad, [..], als dan auch geschriben steet in den stiftregister.
Thiel u. a., Urk. Münchsm.
197, 6
;
Öst. Wb.
4, 368
.

Zu b):

Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1560
):
Hie ist zu vermerken das pantading meines gnedigen herrn des thumbprobst und erzbriester der stift zu Seckau.

Zu c):

UB ob der Enns
10, 27, 10
(
moobd.
,
1381
):
Nutzungen, es sey genanter dienst oder von stift und von stör, von wandel und pezzrung davon [guet] empfangen.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
, Hs.
A. 16. Jh.
):
ob ain man [...] mit tot abgieng, das die stift mag ansteen gegen der herschaft vierzehen tag.
Mell, Steir. Weinbergr.
129, 3
(
smoobd.
,
1543
):
all vermächt, stift, keuf oder saz, die auf perkrecht beschehen, die sollen mit des perkherrn oder seines perkmaisters hand geschehen.

Zu f):

UB ob der Enns (
moobd.
,
1379
):
Sy sollen auch alle Jar [...] zu Stifft geben ain Pfundt Pfening gueter wienner.
Siegel u. a., Salzb. Taid. (
smoobd.
,
17. Jh.
):
ob man ainen hintersäß von der gult, stift, steur und ander gerechtigkait wegen muest pfenden.
Wopfner, Bauernkr. Tirol
181, 12
(
tir.
,
1525
):
das sy sollen aŭf ain verzickhten tag zinnsen. stifft und erŭng geben sollen.
Thiel u. a., Urk. Münchsm.
204, 13
;

Zu g):

Hör, Urk. St. Veit
110, 20
(
moobd.
,
1373
):
Wir schuͤllen auch jaͤrleich in ir stift choͤmen vnd muͤgen vnd schuͤllen si ir vreyev stift mit vns haben.
Ebd.
161, 35
(
1408
):
Vnd sullen all jar mit zwain huͤnern gen in vnser stift.
UB ob der Enns
10, 488, 12
(
moobd.
,
1388
):
Si sullen auch in unser (II dez probsts und dez gotshaus) stifftayding chomen, wann in (II uns) darin gepoten wirt mit zwaintzk pfenning und mit zwain huenern.
Siegel u. a., Salzb. Taid. (
smoobd.
, o. J.):
Wir melden meinen herren von Salzburk alle jar am stifttaiding in der ersten vastwochen, und darzu sullen kömen alle, die dem metzen dient.
Mell u. a., Steir. Taid. (
m/soobd.
,
15.
/
16. Jh.
):
Es sollen auch all stiftleit der herrn von Geming ier kaufbrief zu der stift mit inpringen.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
1590
):
Ponthätung zu der herrschaft Pürg, welche alle jar zu der gewöndlichen stüft verlesen werden soll.
Ebd. (
1515
):
das ir solt anreden den poten, ob er die stiftsidlung oder ehaft taiding poten hab.
Thiel, Urk. Weltenb.
295, 23
;
Öst. Wb.
4, 368
;
1340
.
Vgl. ferner s. v. .

Zu h):

Wopfner, Urk. Agrargesch.
357, 10
(
tir.
,
14. Jh.
):
ob es heut zeit und weil sei des jars und tags, das mein frau wol müg mit den iren gestiften, den die stift kundt tan ist von irem ambtmann oder poten.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
1515
):
des nächsten mittichen nach dem liechtmeßtag haben die Läner ir stift und des nächsten phintztag auch nach dem liechtmeßtag stiften die Mosinzer.
9.
mit genitivus explicativus oder (seltener) Adjektivattribut für den Inhalt des Genitivausdrucks bzw. Attributes; inhaltlich kaum an andere Bedeutungsansätze anschließbar.
Älteres und mittleres Frnhd.; Verstexte meist religiösen und didaktischen Inhalts.

Belegblock:

Strehlke, Nic. Jerosch. Chron. (
preuß.
,
um 1330
/
40
):
Doch sol menschlich vlîz sich wegin | darûf, daz er rûche pflegin | der pflanzin, dî in nûwir stift | brengin rîchir vruchte gift.
Fischer, Brun v. Schoneb. (
md.
, Hs.
um 1400
):
der kus, den man git zun handen, | den tut man durch eren stifte | durch genaden und durch gifte, | so ab einer dem andirn gebe waz.
Reissenberger, Väterb. (
md.
, Hs. 
v. 1406
):
Als uns sagt dez gelawben stift | In cristenlicher weishait, | Vor dem tag der jamerchait | Sullen die elament | Entwaichen von ir rent.
Pyritz, Minneburg
4007
(
nobd.
, Hs.
um 1400
):
Wez sleht diner bosen zungen hamer | Muntz falsch in truwen kamer? | Wez wirfestu in truwen stift | In tryackers truhe gift?
Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
v. 1496
):
Wie Maria enpfangenn | Sey an aller erbsunden stifft.
10.
ein für den Kult des Mars gestiftetes (insofern anschließbar an 1) Ritual (vgl.
Georges
2, 2456
s. v.
Salii
).

Belegblock:

Alberus
yy iiijr
(
Frankf.
1540
):
Quirinalia, Martis oder Romuli fest / erant stultorum feriæ. Salij, waren 12 dantzpfaffen / ein halber stifft deß Martis, qui in Martio, ancylia circumferebant, das waren cœlestia arma, Vnd jr heiligthumb / vff die ancylia schluͦgen sie / vnd sprangen darzu.