klagen,
V.
1.
›Schmerz, Trauer, Mitleid, Mißfallen zum Ausdruck bringen, über jn. / etw. (z. B. einen Toten, einen Verlust) klagen‹; (subst.:) ›Klage‹.
Gehäuft Texte religiösen und didaktischen Inhalts.
Phraseme:
etw. zu klagen haben
›etw. zu bedauern haben‹;
zu klagen sein
›bedauernswert sein‹.
Syntagmen:
etw. k.; ab e.S. / jm., über etw. / jn., um jn., von jm., zu jm. k.; aus / von herzen k., hart / jämerlich / sere k.
Wortbildungen:
klagensfrei
,
klagenswert
.

Belegblock:

Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Ez ist ze klagenne von etlîchen liuten, die sich gar hôch dünkent.
Reissenberger, Väterb. (
md.
, Hs. 
v. 1406
):
Ir tet so we dez jamer prunst | [...] | Si schray mit chlagendem ser: Waffen ymmer mer!
Froning, Alsf. Passionssp.
6523
(
ohess.
,
1501ff.
):
Maria, das du clagest hundert jare, | das hulffe dich nicht umb eyn hare!
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
21, 10
(Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
O, her Tot, alle werlt klagt über euch.
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Mt. (
osächs.
,
1343
):
denne sullen weinen und clagin alle geslechte der erden.
v. Ingen, Zesen. Ged.
396, 9
(
Breslau
1641
):
Von singen wird man nimmer matt | Die schoͤne Melodey | macht uns klagens⸗frey.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
32
(
Nürnb.
1517
):
O ein traurende armselikeit, und noch mer zu klagen, das wir frölich erdulden dise vermaledeite verfluchung.
Franck, Klagbr.
221, 6
(˹wohl
Nürnb.
˺
1529
):
KLagend, wymerleissend achtzend fallen fuͤr deine knye / aller Durchleuchtigister Kuͤnig / alle betler.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Nürnb.
1631
):
Ein grosse Klag, wie ich euch sag, | Mariae Hertz thut nagen | Was sie beklagt, ist klagenswerth.
Banz, Christus u. d. minn. Seele
803
(
alem.
,
1. H. 15. Jh.
):
Wer ab im claget, der tüt im unrecht: | Er stat alweg schlecht und gerecht.
Ebd.
1033
:
Hüt dich nu suß vor schaden, | Dar umb du sigist ze klagen | Schlăf fast und laß dir wol sin.
Sappler, H. Kaufringer
11, 181
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
si waint und schrai oun all gepär, | sam aine tuot ze aller stunt, | die recht clagt von herzen grunt.
Heydn. maister
7v, 19
(
Augsb.
1490
):
Ob er doch wolt dz man nach seÿnem tod vmb in auch wainen vnd klagen solt.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
23, 57
(
oobd.
,
3. Dr. 14. Jh.
):
Maria chlagen do began, | das man dem lieben chind | mit gaiseln gab so manigen straich.
Bauer, Zist.-Pred. Haller
49, 14
(
tir.
,
1466
):
Die selbigen die werden kchlagen vnd wainen vnd grissgramen mit den czënden in dem hellischen feur.
Quint, Eckharts Trakt. ;
Schönbach, Adt. Pred. ;
Reichmann, Dietrich. Schrr.
121, 9
;
v. Keller, Ayrer. Dramen ;
Stammler, Berner Weltger.
584
;
Munz, Füetrer. Persibein
341, 7
;
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
15, 21
;
dies., Imitatio Haller
100, 15
;
Rot
323
;
Alberus
c iijv
;
Hulsius
H iiijv
;
2.
›(bei jm.) etw. beklagen, über etw. klagen; um jn. / etw. trauern, jn. beklagen, bemitleiden‹.
Phraseme:
got sei es geklagt, got ist zu klagen
;
das sei den wilden gänsen geklagt
›das ist vergebliches Klagen‹.
Bedeutungsverwandte:
1
 5,  1.
Syntagmen:
(jm.) etw.
(z. B.
angst / furcht / herzeleid / kummer / laster / leid / marter / not / schaden / schmerz / sünde / trübsal / ungemach) k., jm. (got) k., das [...], einen toten
(z. B.
vater / fürsten / helden / man / meister, eine frau, ein kind / weib
)
k., den gekreuzigten k., jn. an seiner krankheit k.

Belegblock:

Schützeichel, Mrhein. Passionssp.
692
(
mrhein.
,
um 1335
):
Ir dri, ich clagen vch mine not. | Mine sele ist drurig biz an den dot.
Wyss, Limb. Chron. (
mfrk.
, zu
1349
):
Du salt [...] dime getruwen arzet hulfe dines corpers klagen.
Jahr, H. v. Mügeln
207
(
omd.
, Hs.
1463
):
ach ist ein interiectio: | die klaget leit und forchte vil.
Chron. Nürnb. 1, 407 A.
5
(
nobd.
,
1420
/
41
):
2 ℔ 19 ß 6 hlr, haben Pauls Börchtel und Karl Holczschuher vertzert [...], als sie [...] gesant wurden, unsern herrn marggraff Fridrich zu besuchen und zu clagen an seiner kranckheit.
Ebd.
4, 350, 19
(
nobd.
,
15. Jh.
):
der jung pfaltzgraf [...] und sein frau [...] trugen all schwartz an und clagten Fridrich pfaltzgrafen.
Matthaei, Minner. I, (Hs. ˹
nalem.
,
1459
˺):
daß sy Got von himel claid | daß mich, die Got gewirdigt hät, | der Pfenning verdring fruͤ und spät.
Wyss, Luz. Ostersp.
4332
(
Luzern
1571
):
ir mägten, gand mitt mir, | [...] | Damitt ich Jesum geeren mag, | Min grosse sünd im trüwlich klag!
UB Zug
795, 7
(
halem.
,
1435
):
únser lieben frúnd und getrúwen nachgebúren von Barr hand úns [...] mit großem ernst geklagt und hand úns darzu 3 1/2 malter korn [...] geschenkt.
Schlosser, H. v. Sachsenh.
1105
(
schwäb.
,
1453
):
Ob er denn unrecht todes stirbt, | Das sy den wilden gensen clagt!
Sappler, H. Kaufringer
11, 237
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
sie clagten das betrüebte weib, | das ir werder, stolzer leib | irs mans als schier beraubet was.
Ebd.
14, 448
:
si claget ser got dem reichen | iren kummer.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
v. 1536
):
starb Jerg Echem; da klagten in sein fraind mit binden, umgeschlagen um ain huͦt.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. (
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
hertzog Albrecht [...] erstach daselbs ainen ritter [...]; der wart vast geklagt umb sein frumkait.
Munz, Füetrer. Persibein
74, 7
(
moobd.
,
1478
/
84
):
vart hin, ee ir so wert pelont, | das ir ewr haupt vnd rugken morgen claget!.
Weber, Füetrer. Poyt.
293, 6
(
moobd.
,
1478
/
84
):
Du magst wol klagen disen tag, | das du zer erd der wellt ye ward geporen.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
115, 42
(
tir.
,
1464
):
der münch [...] chlaget im da sein trüebsal vnd seine sünden.
Schorer, Sprach-Verd.
13, 6
;
Froning, Alsf. Passionssp.
1653
;
v. Tscharner, Md. Marco Polo
10, 1
;
Bell, G. Hager
465, 3, 6
;
Adrian, Saelden Hort
3914
;
Rieder, St. Georg. Pred. ;
Martin, H. v. Sachsenh. Tempel
538
;
Diehl, Dreytw. Essl. Chron. ;
Grossmann, a. a. O. ;
Mollay, H. Kottanerin
20, 40
;
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
453, 2
;
Vgl. ferner s. v. , , ,
1
 5,  4,
1
 10, ,
1
 4,  3.
3.
›sich (bei jm.) über etw. beklagen, beschweren‹.
Syntagmen:
sich e. S.
(Gen.)
k.; (sich) jm. k.; ab / von jm., über / um jn. / etw. k.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
So clagent sie sich uber in | Daz sie wurden ie geborn.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Köln
1619
):
die Seel sich klaget sehr, | Ach Jesu allerliebster Herr, | Ich bin noch jung vnd zart so sehr.
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
141, 2
(
rhfrk.
,
um 1435
):
Markair saß vff dem plane vnd clagete sich jemerlichen.
Menge, Laufenb. Reg.
2544
(Hs. ˹
nalem.
,
um 1470
˺):
So die spyse nit mag gan | In die Audren uß dem magen | Vnd muͦß sich die nature clagen.
Lemmer, Brant. Narrensch.
59, 17
(
Basel
1494
):
Wer nit mag haben wol für guͦtt | [...] | Der soll zuͦ zytten sich nit klagen.
Päpke, Marienl. Wernher (
halem.
,
v. 1382
):
Frucht [...] und rinde | Vertribent vil geschwinde | Allen bresten und siechtagen | Von dem sich ieman mochte klagen.
Turmair (
moobd.
,
1529
):
Die armen pfaffen klagen sich lange zeit her, si dörfen die wârheit nit sagen.
Beckers, Bauernpr.
60, 4
;
Knape, Messerschmidt. Bris.
16, 8
;
Kehrein, a. a. O. ;
Roloff, Brant. Tsp.
257
;
Bachmann, Morgant ;
Haltaus, Liederb. Hätzlerin ;
Koller, Ref. Siegmunds ;
Vgl. ferner s. v.  1.
4.
›eine Klage, Beschwerde vor jm. / einer Instanz einreichen, Anklage gegen jn. erheben, eine strafwürdige Handlung mit Klage, Anzeige belegen, etw. mit einer Klage vor Gericht einfordern‹.
Gehäuft Rechts- und Wirtschaftstexte.
Phraseme:
klagen und antworten
.
Syntagmen:
etw.
(z. B.
die wunde / lämde
)
vor dem richter k., jn. e. S.
(Gen.)
k.; über / um
(z. B.
frevel, kamperwunde, not, totschlag, schaden, schmach, verschmähe
)
k.; einem etw. k.; für jn., auf / um etw. / nach / zu e. S.
(z. B.
zu dem erbe, eigen, gut, haupt
)
k., in etw.
(z. B.
das gut
)
k.; an / auf / über jn., ab / gegen / hin zu / von / zu jm. k.; am / vor gericht, vor gehegtem ding, vor dem richter k.; bürgerlich / mündlich / peinlich / rechtlich / schriftlich k.; am rechten, zu recht k.; der klagende teil, die klagende stat
.

Belegblock:

Kohler u. a., Peinl. GO Karls V. (o. O.
1532
):
Herr A., der ancleger, clagt zu B., dem vbeltetter [...] der missethat halb.
Toeppen, Ständetage Preußen
3, 18, 17
(
preuß.
,
1447
):
so welde wir uns yn ere guter clagen mit rechte.
Leman, Kulm. Recht (
Thorn
1584
):
Wirt eyn man gewundet [...] adir gelemet vnd claget des nicht [...] so en mag keyn man [...] dy wunde noch lempde geklagen.
Schützeichel, Mrhein. Passionssp.
989
(
mrhein.
,
um 1335
):
Ir clagent vil von disme man, | an dem ich doch nit vinden kan.
Köbler, Ref. Wormbs
351, 9
(
Worms
1499
):
hett er dann denselben [...] guͦt burgerlich angeclagt mag er danach dannocht auch pynlich clagen.
Karnein, Salm. u. Morolf
474, 4
(
srhfrk.
, Hs.
um 1470
):
sie clagent uff das heubet din.
Schmidt, Frankf. Zunfturk. (
hess.
,
1355
):
ob yman vur uch qweme, der von uns cleyde um der stucke eynes adir me.
Behrend, Magd. Fragen (
omd.
,
um 1400
):
Ab kampirwunden ader totschlag uff frischer tat by tage vor mitternacht vor deme richter geclaget werden.
Ermisch, Freib. Stadtr. (
osächs.
, Hs. 
v. 1325
):
Hat ein man gesinde, [...] di heizen sin gewalt, also daz her vor si klagen unde antwerten mac, ab he wil.
Dinklage, Frk. Bauernweist.
72, 5
(
nobd.
um 1450
):
ob uns die thumprobstei [...] nit wölten lassen bleiben bei zinsen [...] so wären wir schuldig, unser herschafte das zu clagen.
Lexer, Tucher. Baumeisterb. (
nürnb.
,
1464
/
75
):
Ich [...] thue kunt [...] das für mich komen in gericht Andres Stromer zu Nüremberg und clagt auf die müll und wasserfluß zu Werd.
Kohler u. a., Bamb. Halsger. (
Bamb.
1507
):
Von Burgschafft des anclegers, So der beclagt die geclagten tat verneynt.
Merk, Stadtr. Neuenb. (
nalem.
,
1414
):
das [...] der vorgen. her Jacob kein recht noch glimpf gehept hat, zuͦ den egenanten unsern frúnden [...] sich ab inen ze clagende und in kosten ze wisende.
Geier, Stadtr. Überl. (
nalem.
,
1470
):
das soͤlt dann die clagende stett oder statt wol benuͤgen.
Welti, Stadtr. Bern (
halem.
,
1401
):
bezalt er inn denne nit [...] so sol der saͤcher dem kleger des ersten gerichtes, als er vf das gebott klaget, geuallen sin vmb III ₰.
Ebd. (
E. 15.
/
A. 16. Jh.
):
alls dann ettlich zyt dahaͤr gebrucht ist, so die fraͤfell vnnd buͦswirdig sachenn durch die saͤcher oder den gerichtschriber am rechtten geklagt vnnd eroffnet.
Leisi, Thurg. UB
6, 93, 28
(
halem.
,
1360
):
Sit daz U˚lrich und Heinrich die Giele von Glatburg bi dem gerichte fúrbas nit klegtin zu dem zehenden.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, Hs.
16. Jh.
):
also schickt man aber zu dem künig und clagt im ab den herrn von Bairn, daß sie umb seine gepot nichts geben wolten.
Auer, Stadtr. München (
moobd.
,
n. 1347
):
Swer hintz dem andern icht ze chlagen hat umb aigen [...] da sol er daz recht umb nemen.
Brunner, Rechtsqu. Krems u. Stein
218, 21
(
moobd.
,
1538
):
So [...] der clagundt thail wider verursacht, sich für gericht zu beschwären.
Piirainen, Igl. Bergr.
40, 19, 2
(
slow. inseldt.
,
16. Jh.
):
Er [...] soll den klagen, vnd mit d(er) clag verfar(en), als Recht ist.
Köbler, Ref. Wormbs
26, 5
;
Köbler, Ref. Franckenfort
8, 13
;
Froning, Alsf. Passionssp.
7363
;
Behrend, a. a. O. ;
Kisch, Leipz. Schöffenspr. ;
Doubek u. a., Schöffenb. Krzemienica
442
;
Köbler, Ref. Nürnberg
371, 18
;
ders., Stattr. Fryburg ;
Welti, a. a. O. ; ;
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. ;
Staub, Qu. Wien
3, 2, 2629, 13
;
Siegel u. a., Salzb. Taid. ;
Cirullies, Rechtsterm. Anh.
1981, 225
.
Vgl. ferner s. v.  1,  6, ,
1
 1.