1
barmung,
die
;
-Ø/–
;
Stammorphem zu nhd.
Barmherzigkeit, Erbarmen
.
1.
›Barmherzigkeit als Wesensqualität Gottes‹, auch Maria, der Mutter Gottes, zugeschrieben.
Texte religiösen und didaktischen Inhaltes, meist Verstexte.
Bedeutungsverwandte:
 1, ,  1,  4, (
die
3,  3, (
das
1.
Syntagmen:
b. abwenden / bitten / gewinnen / loben, jm. die b. mitteilen, die b. von jm. ziehen, b. über jn. haben
;
b
. (Subj.)
gnade tun, schein werden, jm. wiederfaren, b. ane mas / gewicht / zal sein, b. gros sein, b. jm. hilflich sein
;
jm. der b. preis sagen
;
jn. mit b. ansehen, mit b. über jn. bewegt werden, jn. von b. auserschälen
;
grundlose / unerschepfte / grosse / breite / tiefe / milte / heilige b
.;
gottes b
. (mehrfach);
mutter / flus / gnade / reis / schrein / zol der b
.

Belegblock:

Hübner, Buch Daniel (
omd.
, Hs.
14.
/
A. 15. Jh.
):
Sluz uf der barmunge schrin | Mit gebetis vlizekeit.
O herre Got, du walden | Mac wol der barmunge zol, | Aller gute bistu vol.
v. Groote, Muskatblut  (
nobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
Ich lobe die arke, den kufschen sark | gotlichen glantz die permunge gantz | trost aller creaturen!
Gille u. a., M. Beheim 
84, 202
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Maria, ich dich ane rieff | durch dein grundlasen permung tieff.
Sachs (
Nürnb.
1557
):
Vor dem Got all Christen behüt | Durch sein barmung, miltreiche güt, | Durch Cristum.
Lemmer, Brant. Narrensch. 
14, 21
(
Basel
1494
):
Gott ist keyn boͤhem / oder Datt | […] | Wie wol syn baͤrmung ist on moß.
Roloff, Brant. Tsp. 
1996
(
Straßb.
1554
):
O Herr Gott dein barmung ist so groß | Das sie hett weder end noch moß.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
1, 117
(
oobd.
,
3. Dr. 14. Jh.
):
wie leicht dein parmung in entwich, | so wär der teufel fro.
Klein, Oswald
29, 28
(
oobd.
,
1431
/
2
):
So tail dein barmung köstlich gross | mit unser sel.
Mollay, H. Kottanerin 
30, 13
 (
moobd.
,
1439
/
40
):
Da trat ich ain klaine weil naher […]. Vnd rueffat zu der muͤter aller parmmung, daz Si vns gnad erWurf.
Wackernell, Adt. Passionssp. St. II, 
2469
(
tir.
,
v. 1496
):
Von gantzem hertzen des pit ich dich, | Das dw auch parmung habst über mich.
Kehrein, Lieder 14./15. Jh. ; ;
Helm, H. v. Hesler. Apok. ;
Dubizmay, kurß zu Teutze
42, 17
;
Hübner, a. a. O. ;
Gille u. a., a. a. O.
79, 244
;
80, 98
;
84, 6
;
134, 288
;
162, 277
;
441, 24
;
Gerhardt, Meister v. Prag 
66, 4
;
Mayer, Folz. Meisterl. ; ; ; ;
Sachs 15, 
243, 20
;
394, 1
;
507, 7
;
Kurrelmeyer, Dt. Bibel ;
Jaksche, Gundacker ;
Niewöhner, Teichner 
99, 40
;
Primisser, Suchenwirt ; ;
Spechtler, a. a. O.
10, 123
;
36, 94
;
38, 9
;
Klein, a. a. O.
4, 31
;
36, 25
;
Wackernell, a. a. O. Pf. I,
465
;
Piirainen, Stadtr. Sillein
36a, 24
;
Mollay, a. a. O.
16, 24
;
2.
›Barmherzigkeit als Haltung des Menschen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  2.

Belegblock:

Pyritz, Minneburg 
2622
(
nobd.
, Hs.
um 1400
):
Wann got an dem jungisten tag | Legt unser barmung uff die wag, | Die wir haben hie gehabt.
Gille u. a., M. Beheim 
148, 146
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
das [puch Thobie] vil von seiner tugent ret. | wie er den toten parmung tet.
Mayer, Folz. Meisterl.  (
nobd.
,
um 1480
):
Leb stet in widerdrucze, | Keinr parmug dich bekucze, | Gedenk nit wan du sterben must!
Sachs (
Nürnb.
1533
):
Weil sie [histori] ist der eleut ein spiegel, | […] | Der mildten barmung wol ein schild, | Der geduld ein schönes fürbild, | Der thugend ein liechte lucern.
Niewöhner, Teichner 
2, 46
(Hs. ˹
moobd.
,
1360
/
70
˺):
wer di parmung achten chan, | der waeg auch der weishait hort.
Ebd.
129, 39
:
der im nieman laet erparm, | dem ist auch dw parmung tewr.
Klein, Oswald
39, 32
;
3.
›Nachsicht, Gnade, Rücksicht auf mildernde Umstände‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  4.

Belegblock:

Lemmer, Brant. Narrensch. 
20, 26
(
Basel
1494
):
Achor behielt das nit was syn | […] | Zů letst wart jm / das er nit meynt | Do man on baͤrmung jn versteynt.
Niewöhner, Teichner 
165, 76
(Hs. ˹
moobd.
,
1360
/
70
˺):
‘ir sullt hin gan! | ir wolt nie chain parmung han’.
Drescher, Hartlieb. Caes.  (
moobd.
,
1456
/
67
):
[der] stiesz in fúr die túr on parmunge.
Wackernell, Adt. Passionssp. Br. I, 
1213
(
tir.
,
1551
):
greifft in Nur gar tapffer an | On alle barmung, last in nit Entgan.
4.
›Not, Elend, mitleidenswürdiger, erbarmungswürdiger Zustand‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  5,  2.

Belegblock:

Fischer, Brun v. Schoneb.  (
md.
, Hs.
um 1400
):
da her vor uns dorte zu zolle | sin blut an dem vronen cruze goz, | do was vrouwe barmunge husgenoz.
Klein, Oswald
114, 46
(
oobd.
,
1431
/
2
):
Wol was die barmung michel gross | von menikleich zü sehen an, | das man den höchsten fürsten bloss | an ainer seul solt gaiseln lan.
Gierach, Märterb. 
9139
(Hs. ˹
moobd.
,
A. 15. Jh.
˺):
mann hort da manigen menschen chlagen | die grozzen parmunge.
Ebd.
9973
:
die barmung wart beweint vil | mit hertzen sere ane zil.
Ebd.
4561
.