dicht,
das
;
-es/-Ø, -e
;
zu
mhd.
tihte
›schriftlich Abgefasstes‹
().
1.
›Text, Übersetzung, verfasstes Werk‹; auch: ›Lehrwerk‹;
im engeren Sinne bezogen auf Produkte lyrischen Schaffens: ›Gedicht, Lied‹, im Kontext reformatorischer Propaganda auch ›Pamphlet, Spottgedicht‹ (offen zu 3); vgl.  3.
Bedeutungsverwandte:
 1, , II,  2,
2
 1, (
das
), ; vgl. (
das
1, (
der/das
),  1,
2
 4.
Syntagmen:
ein d. drucken / haben / hören / lesen / sehen / sprechen / strafen / verbieten, jm. annemen, aus dem latein hauen, in einem buch schreiben
;
ein d
. (Subj.)
jn. bauen
›erbauen‹,
jm. weichen
,
unruhe gebären, auf etw. gerichtet sein
;
in einem d. schreiben, jn. mit dichten verachten / verschmähen, sich nach js. d. waschen
;
des dichtes bau / ban
;
js
. (z. B.
Luthers
)
d
.;
eigene dichte
;
ein d. von etw. / jm
. ›über jn.‹ (z. B.
dem hertzogen von Burgundi
).

Belegblock:

Helbig, Qu. Wirtsch.
4, 5, 198
(
md.
,
1527
):
nachdem in iren gebieten streng verboten und gestraft wurden schmachwort, dicht, gsang und taten, wider alle und iede laͤstrer, kaͤtzerer und schmaͤher mit der tat zehandlen.
Hübner, Buch Daniel (
omd.
, Hs.
14.
/
A. 15. Jh.
):
Wer diz ticht allen luten | Anneme, daz wer mir lieb. | Uz dem latin ich ez hieb.
Gille u. a., M. Beheim
102, 90
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
ainem tichter gepürt, daz er | nur hab aigene tichte.
Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
1517
/
8
):
Menger reimpt vil zusamen, | Geit im ein hohen namen | [...] | All dicht mussen im weichen | Zu aller zeit.
Michels, Murner. Badenf.
34, 22
(
Straßb.
1514
):
Wer sich wescht nach minem dicht
[gemeint ist: wer der geistlichen Unterweisung der Bad-Allegorese folgt],
| Der bhalt fuͦr war kein mosen nicht.
Jörg, Salat. Reformationschr.
65, 37
(
halem.
,
1534
/
5
):
die allt gloübigen und jren anhang verschmaͤchtend [...] und verachtetend / mitt dichten / dialogen / aan zal buͦchlj / lieder / truck / und schrifften.
Ebd.
448, 10
:
jst üch unvergessen [...] das solch dicht / so unruͦw geberen moͤchtend / nit getrucktt werden.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. (
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
davon ich vor in meinem ticht geschriben hab.
Jahr, H. v. Mügeln
57
;
Mayer, a. a. O. ;
Grossmann, a. a. O. ; ;
Vgl. ferner s. v.  7,
1
 5,  9,  14.
2.
›Verständnis, Urteilsvermögen‹;
vgl.  1.
Bedeutungsverwandte:
vgl.
1
 3, (
das
5,  1, (
das
2.

Belegblock:

Sappler, H. Kaufringer
20, 76
(
schwäb.
, Hs.
1472
):
er redt das wort mit weisem ticht | dem schuoster da ze frummen gar.
3.
›Erfindung, Lüge, falsche Lehre‹; vgl.  6; auch: ›Gerede, üble Nachrede‹.
Bedeutungsverwandte:
,  123, ,  3, (
der
4,  23, , ; vgl.  5,
1
 3, , , ,  3,  1,
2
 2,  3,  2.
Syntagmen:
js. d
. (Subj.)
etw. anrichten, jn. irren, one grund der schrift sein, in gottes wort nicht grund haben
;
des dichtes aufrichten / dürfen / stiften
;
j. von seiner gewisse
›sicheren Überzeugung‹
durch d. abgetrieben werden
,
mit d. etw
. (z. B.
eine schandsache
)
anrichten
,
jn. mit d. verdenken
,
jm. mit d. etw
. (z. B.
stricke, netze
)
richten
;
des klaffers / teufels dicht
;
das eigene / falsche / neue / schnöde d
.;
der grund des dichtes
›die Ursache, Grundlage des Fehlurteils‹.

Belegblock:

Luther, WA (
1521
/
22
):
yhr eigen ticht ist on grund der schrifft.
Kopp, Volks- u. Gesellschaftsl. (Hs. ˹
pfälz.
,
M. 16. Jh.
˺):
Mir hatt die welt drieglich gericht | mit liegen und mit falschem dicht | vil netz und heimliche strickhe.
Mein herz hat sich mit lieb verpflicht | zue dir, mich irt doch nicht | des klaffers dicht.
Und offt verdirbt | so darinn stirbt | die göttlich schrift, | und wirt gestifft | und uffgericht | vil falscher dicht | von menschen dannt erfunden.
V. Anshelm. Berner Chron. (
halem.
,
n. 1529
):
von siner mit Gotes wort verhaͤften gwisne durch ungruͤnte menschendecret, woͤn und dicht abgetriben werden, sîe im
[Luther]
widrig, ja unlidlich.
Klein, Oswald
20, 59
(
oobd.
,
1422
):
so ist so vil der merker schal, | die uns verdencken uberal | mit snödem ticht in schanden tal.
Herzog, Landsh. UB
634, 40
;
Vgl. ferner s. v.  2.
4.
›Stil, Dichtkunst‹;
vgl.  4.
Bedeutungsverwandte:
vgl. ,  5, .

Belegblock:

Stackmann u. a., Frauenlob
5, 12
(Hs. ˹
md.
auf nd. Grundlage,
v. M. 14. Jh.
˺):
Ich suche in sanges krame, vinde ich ein lob fin. | da vor wirt min | tichtes schaz nicht gesparet.
Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
1517
/
8
):
In seim
[
des meisters
]
dicht wirt gehorte | Vil schoner blompter worte.
Haltaus, Liederb. Hätzlerin (
schwäb.
,
1471
):
Yeglicher sang sein aigen ticht, | Nach rechter lyni art gericht.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
der war Homerus und seiner art ganz vol, das er von stundan am dicht kent, ob si sein wärn oder nit.