bescheidenheit,
die
;
-Ø/–
.
1.
›dem Menschen von seiner natürlichen Ausstattung her eigene oder von Gott verliehene geistige Fähigheit zu rationalem Urteil, rationaler Kontrolle seines Handelns, menschliches Unterscheidungs-, Urteilsvermögen, kluge Einsicht, Klugheit, Weisheit als Tugend‹;
bescheidenheit
(im vorgetragenen Sinne) ist meist auf religiöse Heiligung, Erkenntnis Gottes, auf Werke des Glaubens und der Liebe, gegen die Begierden gerichtet; seltener bezieht sie sich auf die tägliche Lebenspraxis; schwach belegt sind einige an diese Bedeutungsposition anschließbare Metonymien, z. B. ›Unterscheidung‹; ›Wissen, Kenntnis von etw.‹; ›Erklärung‹;
vgl. (Adj.) 13.
Gehäuft Texte religiösen, insbesondere mystischen Inhalts; seit dem 16. Jh. geringere Belegdichte.
Syntagmen:
b. gewinnen / haben / verlieren, jm. b. verleihen; b
. (Subj.)
etw. sprechen / regnieren / richten; der b. gebrauchen / das tier der b. bar sein; der b. etw. untertänig machen; etw. mit b. bezwingen / lesen / merken / sagen, zu der b. kommen
›in das vernunftfähige Alter kommen‹,
etw. wieder die b. sein, jm. etw. in die b. befelen, etw. in b. durchgründen
;
auslugende / bekennende / beratene / erleuchtete / fleischliche / menschliche / natürliche / götliche / grosse / höchste / klare / rechte / vernünftige b.; b. der sinne; regel / urteil der b
.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
der hore nu | Waz der geist mit bescheidenheit | Von Ephese der kirchen seit.
Luther, WA (
1530
):
das mus man den vetern ynn yhre vernunfft und bescheidenheit befehlen, wie sie mit solchen kindern handeln sollen.
Stackmann u. a., Frauenlob
8, 2, 11
(Hs. ˹
md.
auf nd. Grundlage,
M. 14. Jh.
˺):
Treit er [man] der reinen vrouwen pris | mit manheit wis, | blüt im uz maze ganzer milte ein ris, | teilt im bescheidenheit ir macht, - | gedult, barmunge und elich leben, die sint geslacht.
Fischer, Brun v. Schoneb. (
md.
, Hs.
um 1400
):
alle togunt ane bescheidenheit | ist ein laster.
dar an wart ir bescheidenheit schin, | si sprach: her engel, wie mag daz sin, | wen ich dirkenne keinen man?
Quint, Eckharts Trakt. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
daz sie [liute] stürbe in ir kintheit. ê daz sie ze ir bescheidenheit kæmen.
Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
1179
(
rib.
,
1444
):
is ur sweert mit bescheidenheide yffen, | Wale gepundt, geschirpt ind gesliffen | So ist wale recht daz yr in urme lande | Gerichte haldet oever schade ind schande.
Froning, Alsf. Passionssp.
5150
(
ohess.
,
1501ff.
):
eyns thut die sele, das ander bescheydenheyt; | sele gebet leben und bescheydenheyt wysheyt.
Hübner, Buch Daniel (
omd.
, Hs.
14.
/
A. 15. Jh.
):
Vernemt ein bescheidenheit | Der wandelunge hie geseit!
Jostes, Eckhart
39, 22
(
14. Jh.
):
Wirt dan di bechantnu̇z und di bescheidenheit begriffen mit den vielichen sinnen [...], di leut [...] sundent hart ser.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
Dú sibende jungfrowe ist dú minne; dú kroͤnnet die sele. und hilfet ir ain jungfrowe, dú haisset beschaidenhait. [...] daz du tůst, daz solt du tůn in únsers herren minne mit beschaidenhait; won swaz der mentsche gůter dinge tůt, ist beschaidenhait der bi nit, so ist es nút ain tugend.
ir gertent ôch die engel und der mentsch und alles daz ie beschaidenhait gewan, daz gerte ir.
da von sol der mentsch erkennen, swaz er wishait oder beschaidenhait hat, daz er die von goͤtlicher wishait habe und nit von im selben.
Man sol beschaidenhait walten an allen dingen; won beschaidenhait ist ain tugend dú den inren mentschen rihtet. beschaidenhait pfliget rehter mâsse, si tůt weder ze vil noch ze lútzel. beschaidenhait ist ain vestú maistrin allez willen, aller girde, aller tugend.
Lauchert, Merswin (
els.
,
1352
/
70
):
du hest nv selber eine goͤtteliche wol bekennende erlúhtede bescheidenheit.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
E. 14. Jh.
):
wustent sú es selber wele martel [...] sú eweclichen liden súllent und muͤssent, ir bescheidenheit entmoͤhtent es nút erliden.
Ebd. (
1359
):
die erlúchte bescheidenheit sol man her zů winken und sol sinre bescheidenheit in disem undergange gebruchen.
es geschicht wol das einem menschen ein ding in vellet ze minnende und das die bescheidenheit von irre friheit wider zúhet. Und ein ander ist das er nút von solichem getrange also sere mit lust betwungen enwirt ze minnende, sunder sin beraten bescheidenheit die betwenget in das ze minnende.
Ebd. (
E. 14. Jh.
):
Der dise ding [lust, nutz
, usw.
] me durchgrúndet in rehter bescheidenheit, der gewinnet ein wissen in grosser demuͤtiger zůversiht.
allein luter Got; vellet ime aber herin út úber sins undankes, denne erhebe er sich mit der vernunft [...]; nim und ker daz schif umb mit dem růder der bescheidenheit.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
lere eins anvahenden menschen, und wie sin uͤbunge son sin mit bescheidenheit.
menschen, dú ir vernunft dar na rihtend, daz alles ir verstan und ir tůn und ir lan wirt us gewúrket mit rehter bescheidenheit nah meinung der heiligen cristenhait.
Eichler, Ruusbr. steen
55, 24
(
els.
,
sp. 14. Jh.
):
Daz vs fließende gedrenge gottes machet vns lebende in dem geiste [...] vnd erkleret vnser bescheidenheit vnd leret vns bekennen die worheit vnd vnderscheide der túgende.
Ders., Ruusbr. obd. Brul.
1, 502
(
els.
,
E. 14. Jh.
):
Gehorsamkeit [...] machet die sinne vnd die vihelichen crefte vndertenig der obersten bescheidenheit, also das der mensche zimmeliche vnd redeliche lebet.
Ebd.
686
:
Der mensche sol halten nuͤhterkeit in den sinnen, vnd die vihelichen crefte sol er betwingen mit bescheidenheit.
Ebd.
2, 952
:
Dis erklerete mensche sol [...] anesehen die eigenschaft des vatters in der gotheit, wie er ist almehtige craft vnd mogentheit, [...], aller creaturen sache vnd erstikeit. Dis zoͤigent die flússe der gnaden, der erlúhter bescheidenheit in clarheit.
Ebd.
1021
:
so ist daz verstentnisse vnd bescheidenheit erlúhtet zů bekennende aller hande wise der túgende vnd vͤbunge vnd heimelicheit der geschrift mit vnderscheide.
Ebd.
1032
:
Nv sol der mensche gestetiget in bande von minnen wonende bliben in einikeit sins geistes, vnd er sol vs gan mit erlúhteter bescheidenheit vnd mit v́ber flússiger minnen in himmel vnd in erden vnd merken alle ding mit clarer bescheidenheit vnd geben alle ding vs gerehter miltekeit.
Ebd.
1395
:
Do schinet die clarheit gottes so gros, das bescheidenheit vnd alles verstentnisse gebrestent in fv́rbas gonde.
Strauch, Schürebrand (
els.
,
E. 14. Jh.
):
daz ir uwern eigenen willen nút me gebruchen getörrent noch ensöllent, wenne es úch die consciencie und uwere bescheidenheit bi núte gestattet.
Bobertag, Schwänke (
Straßb.
1522
):
einfaltkeit etwan me vermag, dan kunst vnd bescheidenheit.
Schmidt, Rud. v. Biberach
77, 3
(
whalem.
,
1345
/
60
):
ob dvͥ vbergangen hest alle vernunftige sache, daz ist dvͥ ding, die din naturliche bescheidenheit begriffen mag.
Lindqvist, K. v. Helmsd.
104
(
halem.
, Hs.
um 1435
):
Mit aller beschaiden hait und vernufft | Sond wir nun merken one sorgen | Wie Maria ward geboren.
Morgan u. a., Mhg. Transl. Summa
109, 6
(
schwäb.
,
14. Jh.
):
da wirt daz niderste beweget von dem obersten: alse in dem menschen beweget wirt der lip von der sele unde die nidern creft werdent beweget von der bescheidenheit.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Bescheidenheit / vnterscheidung / discretio, discrimen.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
sicht man oft, daz ein mensch [...] sein beschaidenhait verleust, wenne ez gewundet wirt oder hart geslagen vorn an daz haupt.
die peinn [...] sint si frei und habent ain wirdikait und ain vorêr in irm geriht und in irr beschaidenhait und ain andæhtig gir zuo ganzen trewen.
Seemüller, Chron. 95 Herrsch. (
oobd.
, Hs.
1. H. 15. Jh.
):
Daz tet er auf die beschaidenhait, wan er wol west, das si haubtveind waren gen ainander.
Rudolf, H. v. Langenstein. Erch.
29, 62
(
moobd.
,
1393
):
ain weib ist ain vernufftige creatur, dÿ beschaidenhait hat.
Ebd.
62, 6
:
wann dy svnd ist wider dy beschaidenhait vnd verstantnuͤzz des menschen.
Steer, K. v. Megenberg. Sel
124
(Hs. ˹
moobd.
,
1411
˺):
des menschen sel [...] schol fuͤrbas haissen die sel der beschaidenhait vnd der vernuͤftigkait.
Fischer, a. a. O. ;
Meijboom, a. a. O.
10436
;
Steer, Schol. Gnadenl. 3, O
1
,
127
; 3, H
2
,
129
;
Jostes, a. a. O.
42, 7
;
105, 2
;
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
185
;
Morgan, a. a. O.
93, 32
;
202, 34
;
Eichler, Ruusbr. steen
19, 19
;
ders., Ruusbr. obd. Brul.
1, 524
;
887
;
2, 936
;
1356
;
2083
;
Strauch, a. a. O. ;
Vetter, Pred. Taulers ; ;
Bihlmeyer, a. a. O. ; ; ;
Stamm, Schwarzw. Pred.
3, 209
;
6, 262
;
Illing, Albert. Sup. miss.
986
;
2013
;
Schmoller, Straßb. Tucher- u. Weberzunft ;
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst ;
Schmidt, a. a. O.
68, 19
;
Buijssen, Dur. Rat.
28, 25
;
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
12, 19
;
Schmitt, Ordo rerum
329, 2
;
501, 6
;
Dietz, Wb. Luther ;
Schmidt, Hist. Wb. Elsaß ;
2.
›Urteilsfähigkeit, Zurechnungsfähigkeit; Mündigkeit‹;
vgl. (V.) 18, (Adj.) 2.
Wobd. / oobd.; Rechts- und Wirtschaftstexte.
Bedeutungsverwandte:
, , .
Syntagmen:
b. haben, die b. kränken; bei b. sein, in der b. sein
;
jare / tage der b
. ›Mündigkeit, rechtsfähiges Alter‹;
vernünftliche b.; aufgang der b.

Belegblock:

Rennefahrt, Stadtr. Bern (
halem.
,
1456
):
froͧw Anna [...], alle die wile si in semlicher bescheidenheit ist.
Mollwo, Rotes Buch Ulm (
schwäb.
,
1376
):
daz der oder die selbe person in der beschaidenhait und bi iren sinnen alz wol und alz sinneclich sien.
Dertsch, Urk. Kaufb.
1223
(
schwäb.
,
1479
):
[der] auch nit zu seinen tagen der bechaidenhait komen ist.
3.
›einer Handlung gebührendes Augenmaß, Besonnenheit (wie sie u. a. im Rechtsbereich gefordert wird), ethisch kontrollierte Rücksicht, Billigkeit, Haltung praktischer Klugheit, Bedachtheit; kluges Ermessen‹; auch: ›Schläue‹;
vgl. (Adj.) 3.
Bedeutungsverwandte:
,  3,  1 (subst.), ,
1
 1,
2
(s. v.
1
 13), (
der
3, , , , .
Gegensätze:
 8.
Syntagmen:
(die) b. beobachten / gebrauchen / haben / halten
;
b
. (Subj.)
etw. weisen
;
sich der b. fleissen
;
nach b. urteilen, wieder
(›gegen‹)
b. sein, mit b. handeln, jn. mit b. heim weisen, etw. mit b. brauchen / volziehen / fordern / fürnemen / halten / setzen / strafen, etw. ane / in b. tun, in / mit b. reden, jn. in b. strafen, etw. an js. b.
(›in js. Ermessen‹)
stehen; grosse / gute / ziemliche b.; werk der b
.

Belegblock:

Luther, WA (
1523-24
):
,Bescheydenheyt‘ oder ,erkentnis‘ ist zum ersten, das man das eusserliche leben und des glawbens tugent fure mit vernunfft.
Meisen, Wierstr. Hist. Nuys
1794
(
Köln
1476
):
byllych sall man meren | Yren [heren van Coln] loff in den landen breydt | Dorch yr groisse bescheidenheidt.
Behrend, Magd. Fragen (
omd.
,
um 1400
):
das eyn iczlicher syn recht wol fordern mag mit bescheidenheit noch dem rechte.
Berthold u. a., Zwick. Stadtrref.
186, 23
(
osächs.
,
1542
/
70
):
wan man nun dieselb [torturam] furnehmen wil, so sol man große mas und bescheidenheit halten.
Palm, Veter Buoch (
schles.
, Hs.
E. 14.
/
A. 15. Jh.
):
Von der vrefelichen strenge, die er ane bescheidenheit hilt vor alle sine brudere, so quam der tufel zv im.
Opitz. Poeterey
27, 16
(
Breslau
1624
):
So bringen auch die Frantzosen newe Verba herfuͤr / welche / wenn sie mit bescheidenheit gesetzet werden / nicht vnartig sind.
Köbler, Ref. Nürnberg
79, 25
(
Nürnb.
1484
):
allerlay Rechtlich oder gerichtlich vberantwurttu͂g [...] oder annder notturfftig ersuchung. sollen nach desselben rechten oder gerichts ordnu͂g zimlicher weis fuͤrgenome͂ werde͂. mit souil bescheidenheit als darzu gehoͤrte.
Bell, G. Hager
588, 3, 3
(
nobd.
,
1604
):
[die Obri keit] straf auch die vn zucht Eben, | jedoch mit Be scheiden heit.
Chron. Strassb. (
els.
,
A. 15. Jh.
):
das daz rich in eines wibes henden stunt [...], das doch wider bescheidenheit ist
(hierher?).
Adrian, Saelden Hort
1493
(
alem.
, Hss.
E. 14.
/
15. Jh.
):
dis vier sint gezwiget: | mas, stærki, beschaidenhait | in der natur und rehtikait.
Jörg, Salat. Reformationschr.
356, 5
(
halem.
,
1534
/
5
):
dann by dem poͤfel was weder vernuftt / raat / noch bscheydenheytt / sunder alles trutzenn.
Köbler, Stattr. Fryburg (
Basel
1520
):
diewil wir aber hoͤren das in Keiserlichen rechten ein bescheidenheit in solchen angriffen gesetzt ist.
UB Zug
124, 13
(
halem.
,
1372
):
das wir fúr uns und unser erben mit aller der ordnung und gezierd, bescheidenheit und kraft, worten, werken und gebaͤrden, [...], uns des alles wizzentlich verzigen haben.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Bescheidenheit vnd gedult behelt in guter sachen allzeit den platz.
Strauss, A. v. Villanova dt.
145v, 18
(
obd.
, Hs.
1421
):
Warumb tzorn vberhitzet alle die gelider dez leibs von der hytz vnd der bewegunge dez hertzen vnd geschendet alle werck der bescheidenheit.
Seemüller, Chron. 95 Herrsch. (
oobd.
, Hs.
1. H. 15. Jh.
):
Ir sült mir für pringen, [...] was ir maint von mir ze haben. Ist daz in beschaidenhait, daz wirt ew nicht versaget.
Die von Bayren zelten etleich zusprúch auf die selb herschaft und versůchten in ir gewalt si ze pringen mit maniger beschaidenhait.
Also hat der edel fürst gehabt in dem gelu̇k die beschaidenhait und ain fúrsichtichait für das ungelük.
Rintelen, B. Walther
18, 10
(
moobd.
,
1552
/
8
):
Doch pflegen in obbemelten Fällen die Grundtherren mehr die Bescheidenheit dann die Schörff zu gebrauchen.
Spechtler u. a., Frnhd. Rechtstexte
1, 3v, 18
(
moobd.
,
1524
):
vnnsere Stat Richter, Burgermaister vnd Rate söllen [...] miteinannder alzeit mit guetter beschaidenhait, Exempl, vnd Ebenpild Gemainer vnnserer Stat vorgeen.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
um 1600
):
das er seine göst [...] nit aufhalten noch wein ferner geben thue, sonder seine göst mit aller beschaidenheit alsbald über die benente zeit haimb weise.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
20, 1
;
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
325, 35
;
Rieder, St. Georg. Pred. ; ;
Merk, Stadtr. Neuenb. ;
Päpke, Marienl. Wernher ;
Jörg, a. a. O.
241, 23
;
Merz, Urk. Wildegg
54, 43
;
123, 19
;
Welti, Stadtr. Bern ; ;
Vock, Urk. Hochst. Augsb.
224
;
Dirr, Münchner Stadtr. ; ;
Auer, Stadtr. München ;
Primisser, Suchenwirt ;
Mell u. a., Steir. Taid. ;
Siegel u. a., Salzb. Taid. ; ;
Wopfner, Bauernkr. Tirol
200, 32
;
Vgl. ferner s. v.  4,  1,
1
 1,  1.
4.
›Bescheidenheit, Demut, Zurückhaltung, kritische Einschätzung der eigenen Person und ihrer Möglichkeiten‹;
vgl. (V.) 12.
Bedeutungsverwandte:
,  3, .

Belegblock:

Schönbach, Adt. Pred. (
osächs.
,
1. H. 14. Jh.
):
mit othmůnticheit und mit bescheidenheit soltu dinen lichnam [...] kestigen.
Matthaei, Minner. I, (Hs.
15. Jh.
):
Scham ist tod! [...] | [...] | awe mir, we, Bescheidenheit | ist tod!
Eichler, Ruusbr. obd. Brul.
2, 73
(
els.
,
E. 14. Jh.
):
die nature zvͦ truckende vnder die gebot der heiligen kirchen [...] noch maht der naturen in bescheidenheit.
Schmidt, Rud. v. Biberach
33, 3
(
whalem.
,
1345
/
60
):
witsweifikeit, want si ist gewan, das si velt stvndlich vffen vͥppigvͥ ding vnd sich ze allen dingen an zovm der bescheidenheit git.
Bauer, Geiler. Pred.
103, 33
(
Augsb.
1508
):
Darumb sol ain mensch alwegen ston in demůt und die uͤbunge mit beschaidenhait haben.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1552
):
könnde wol anzaigt werden, mit was beschaidenhait der angeregt zunftbrief erlangt worden
[hier ironisch].
Ebd. (
schwäb.
, zu
1556
):
so hat der provoß, [...], drei (mit beschaidenhait zuͤ melden) huͤren bei im funden.
Gilman, Agricola. Sprichw.
2, 67, 2
([
Augsb.
]
1548
):
Beschaidenhait ist vertriben zů Hof. [...] Die [Junckfraw] was beschaidenhait genant / | Und fůrte die warhait an der hand. | Trewe und Barmhertzigkait / | Demůt und rechte einfältigkait.
Henisch (
Augsb.
1616
):
die bescheidenheit hůpsch vnd fein / Jst aller andrer tugent schrein. [...]. Ein wort geredt zu rechter zeit mit guter bescheidenheit vnd glimpff / ist wie Pomerantzen vnd Citron in Silbern schalen. [...]. Gedult vnd demut / glimpffe vnd bescheidenheit / vnd ein trew hertz / haben allzeit jhren lohn.
Matthaei, a. a. O. I, ;
5.
›Rechtsregelung, geltendes Recht, Gewohnheitsrecht, Statut, Ordnung, Beschluß mit Rechtskraft; überzeitlich gültiges Gesetz‹;
vgl. (V.) 4.
Bedeutungsverwandte:
 3,  12, (
das
5.
Syntagmen:
die b. haben / halten, kund tun, auf jn. bringen
;
über die b. schweren, jm. wieder b. etw. abziehen
;
rechte b
.

Belegblock:

Chron. Mainz (
rhfrk.
,
15. Jh.
):
uber dise [...] artikel und bescheidenheit han wir [...] und die ganze gemeinde gesworen / of den helgen.
Schmidt, Frankf. Zunfturk. (
hess.
,
1355
):
Wir die fysscher zu Frankenford dun kund unsere gewonheid und unsir bescheidenheid, die wir von alder gehabit han.
Chron. Strassb. (
els.
,
A. 15. Jh.
):
der herzoge meinde, das die vorgenanten stette und ir eitgenossen wider reht und bescheidenheit ime hetent abegezogen vil slos.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1340
):
das man den clainen raut der stat hie ze Augspurg [...] alliu jar verkern und verendern sol [...] mit der beschaidenhait und in dem rechten als hernach geschriben staut.
Siegel u. a., Salzb. Taid. (
smoobd.
,
17. Jh.
):
doch soll bei den perkwerchen [...] mit den knappen, perkleiten und holzknechten der herbergen halben dise bschaidenhait gehalten werden.
Piirainen, Stadtr. Sillein
56, 29r
(
sslow. inseldt.
,
1378
):
Daz ist beschaydenheyt also waz dem babst wider ist daz er mit geistlichem gerichte nicht betwyngen mag daz is der keyser mit werltlichem recht twynge.
Schmidt, a. a. O. ; ;
Eckhardt, Ohess. Klöster
2, 525, 2
;
6.
›richterliche Entscheidung‹;
vgl.  7, (V.) 7.
Bedeutungsverwandte:
.

Belegblock:

Bindewald, Texte schles. Kanzl.
56, 61
(
schles.
,
v. 1361
):
so wil ich en manen vnd ansprechen als lange dorumme, bis daz mir recht adir bescheydenheyt von ym geschyth.
7.
›Bestimmung, Bedingung, Voraussetzung, Vorbehalt, (ein Abkommen) spezifizierende, modifizierende, einschränkende Bestimmung, Klausel, Maßgabe‹; bei positiver Wertung der Bestimmung und gleichzeitiger Metonymie: ›Gunstbezeugung, Gunsterweis‹;
vgl. (Adj.) 7.
Phraseme:
mit der / solcher / so getaner bescheidenheit, das [...]
.
Bedeutungsverwandte:
 3, ,  3, (
die
3.

Belegblock:

Luther, WA (
1531
):
da der Herr Christus seine gnade [...] hat damit beweiset mit der that, das das gesetze, so da heisset die Ehebrecherin steinigen, undter seiner gewalt sei, jedoch mit der bescheidenheit, das er ihnen die Ehebrecherin nicht mit gewalt nimpt.
Küther, UB Frauensee
132, 8
(
thür.
,
1357
):
daz dy egenanten jungfrawen dem obgenanten Gotzen [...] sulche gunst und bescheydenheit han getan.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1352
):
mit der bescheidenheit, daz die egenanten juden den burgern haben gelobt, daz [...].
Roder, Stadtr. Villingen (
önalem.
,
1371
):
Dis sol alles staͤt sin mit solicher beschaidenhait: [...].
Weissthanner, Urk. Schäftlarn
180, 42
(
moobd.
,
1350
):
mit soliher wescheidenhait vnd avch geding, daz si davon mein jartag begen svͤllen.
Dirr, Münchner Stadtr. (
moobd.
,
1340
):
Swer hereinpfenten wil, der so daz tůn mit sogtaner beschaidenheit, daz er dem, den er pfenten wil, daz vor chunt (sol) tůn viertzehen tage.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
14, 5
(
tir.
,
1464
):
ich pin herkömen in dise welt mit sölicher peschaidenhait, das ich widerum ge von diser welt.
Köbler, Ref. Wormbs
216, 9
;
Bindewald, Texte schles. Kanzl.
45, 42
;
Hoffmann, Würzb. Polizeisätze
1, 54, 19
;
Merk, Stadtr. Neuenb. ; ;
Rennefahrt, Stadtr. Bern ;
Graf-Fuchs, Ämter Interl./Unterseen ; ;
UB Zug
64, 6
;
Dirr, a. a. O. ; ;
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. ;
Rintelen, B. Walther
49, 2
;
186, 30
;
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. ;
8.
›geringe, zur Bedarfsdeckung ausreichende Menge oder Anzahl; geringe Qualität von etw. (z. B. der Sprache)‹; als Metonymie: ›Bedarfsdeckung‹;
vgl. (Adj.) 8.

Belegblock:

Wyss, Limb. Chron. (
mfrk.
, zu
1366
):
Daz leufet sich wol an hondert malder korngeldes; dar ober so hat noch ein vicarius nochdant gnuch zu bescheidenheit.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1449
/
50
):
so het man auch weicz ein bescheidenheit hie.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
also das du nit magst vernemen die bescheidenhait
[
Cranc
:
behendikeit
;
Froschauer
1530:
froͤmde
;
Luther
1545:
vndeutlicher zungen
]
seiner [volck] zungen. in dem do nit ist die weysheit.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, Hs.
16. Jh.
):
dannocht was ain beschaidenhait kraut und was nit zu teur.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1520
):
Ob ain gesesner hie [...] pandgarten ain beschaidenhait bedorft, die sol er mit aines awhueters urlaub nemen.
9.
›Gestalt, Fassung‹;
vgl.  10.

Belegblock:

Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
ob irs habt mit der beschaidenheit
[
Luther.
1545:
gestalt
]
ichs eúch hab gebredigt.