staub,
der
;
-es/–
.
1.
›Staub, feine, in der Luft schwebende, bei Sonneneinstrahlung sichtbare, sich gerne z. B. auf der Kleidung ablagernde Stoffteile; Staub des Kampfgetümmels; Staub im Bergwerk‹.
Phraseme:
weder staub noch flug
›nichts‹;
wie ein staub sein
›ein Nichts sein‹;
die stäube dannen blasen
›Widerstände hinwegfegen‹;
sich aus dem staube machen
ursprünglich wohl: ›sich aus dem Kampfgetümmel davon stehlen‹.
Bedeutungsverwandte:
,  1, , ,  1,  1; vgl. .
Syntagmen:
der wind den s. vertreiben, den s. aufgehen sehen, den s. abwaschen, von den füssen schlagen, auf jm. abschlagen
;
der s. zerfliegen, sich legen / setzen, jm. anhaften, sich an jn. hängen, jm. in die oren schlagen, in der sonne fliegen
;
von s. ein kriegszeug nicht sehen
;
der s. (in) der sonne, in der gasse
;
der s. der verschweigung
›Vergessenheit‹;
der dicke / irdensche / kleine / schwere s
.
Wortbildungen:
staubbesem
(könnte auch als aufgefaßt werden), ˹
staubfel
(a. 1418ff.),
staubhülle
˺ ›Decke zum Schutz gegen Staub‹, im einzelnen: ›Altardecke‹; ›Tragehimmel‹; ›Bett-, Thronhimmel‹ (dazu bdv.: , ; s. mit Verweis auf
staubleder
, ),
staubhaftig
(Beleg s. v.  1),
staubregen
wohl ›feiner Wasser-, Sprühstaub‹ (dazu bdv.: ).

Belegblock:

Luther, WA (
1529
):
entgehet er an einem ort dem Staubbesen, so bekoͤmet er doch anderswo einen Strick dagegen.
Ders. Hl. Schrifft.
Lk. 10, 11
(
Wittenb.
1545
):
den staub
[
Mentel
1466:
gestuͤpp
]
/ der sich an vns gehengt hat von ewer Stad / schlahen wir abe auff euch.
Löscher, Erzgeb. Bergr.
140, 2
(
omd.
,
1529
/
30
):
In derselbigen
[Schicht]
wechselt sich das wetter und leget sich der schwere staup und bleybet gut wetter.
Opitz. Poeterey
19, 25
(
Breslau
1624
):
ob ich mich kan auß dem staube schwingen / | Vnd von der dicken schar des armen volckes dringen.
Gille u. a., M. Beheim
435, 52
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
alles gras und labe, | waz ye wuchs uber alle plane, | dar zu alles gestüp und ach der sunnen staͮbe.
Voc. Teut.-Lat.
ee viijr
(
Nürnb.
1482
):
Stawbhule. sperlach oder hymlitz. epiciclus. tyburniu͂. tabulatum. oder geteffelt ding. oder tylpawm oder grospett.
v. Keller, Ayrer. Dramen (
Nürnb.
1610
/
8
):
Gleich wie der Wind den Staub vertreibt.
ich seh ein staub auffgan, | Es kommt ein groß Volck auß der Statt.
Thür. Chron.
435, 4
(
Mühlh.
1599
):
Staub [...]. Der sich von der Erden hebet / und zur Erden wieder faͤllet / der Sonnen Staͤublein wust: [...]. Der Staub hat die Deutung der Nichtigkeit und Verachtung.
Chron. Strassb. (
els.
,
1449
):
wie er von den herren zuͦr hohen stift empfangen und in das münster under eim stoupfel gefuͤret [...] wart.
Bremer, Voc. opt.
12011
(
halem.
,
1328
/
30
ff.):
Canopeum [...] stoͮphuͤli [...] stoͮphúli [...] stophúli Canopium (/-ii), tyburnium (et) epyciclus idem significant, scilicet velum rotundum, quod pro ornamento defensorio super altare dependet, ne puluis uel vermes deorsum incidant sacramento.
Schmitt, Ordo rerum
23, 9
(
alem.
,
1486
):
Ymber [...] – eyn sprengrege [...] staubregen.
Schmidt, Rud. v. Biberach
8, 8
(
whalem.
,
1345
/
60
):
wann des menschlichen geistes fvͤsse etwenne daz ertrich ruͦrent mit der sinlikeit vnd irdenscher stoͮp im anhaftet, so bedarf er emziger reinvnge.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 14, 7
(
Hagenau
1534
):
das Gott denen feind sey und straffe welche sich auff yhr stercke verlassen / denn sie synd vor yhm wie ein staub.
Bächtold, H. Salat (
Freiburg
1537
):
so hand wir nun me stat, [...], gedachten frommen, lieben bruͦder Clausen nicht lenger also in dem stoube der verschwigung zuͦ bliben lon.
Maaler (
Zürich
1561
):
Grosser dicker Staub den ein windsbraut im lauff anftreybt. [...]. Den Staub von jm schütten. [...]. Ein kriegßzeüg oder hauff den man vor Staub nicht sähen mag.
Rot
343
(
Augsb.
1571
):
Puluer, Stup / staub / gusel / nißl.
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
Daran ist weder staub noch flug mehr vorhanden.
der inen darvon meldung thuet, der mach sich kurz usserm staub.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
ez werdent auch spinnen ân unkäusch auz faulen dingen, sam auz dem klainen staub, der in der sunnen fleugt.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
202, 4854
;
521, 464
;
626, 3779
;
636, 4061
;
Kopp, Volks- u. Gesellschaftsl. ;
Löscher, a. a. O.
140, 5
;
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
8, 3
;
Schmitt, Ordo rerum
183, 16
;
Schmidt, Hist. Wb. Elsaß ;
Vgl. ferner s. v.  12,  4,  1, .
2.
›Flaum des Geflügels‹; möglicherweise anschließbar an 1.
Wortbildungen:
staubhar
›erster Bartflaum‹.

Belegblock:

Sachs (
Nürnb.
1569
):
Wan sie
[Geflügel]
müesten all sterben dot, | Da wüer mans würgn, aufhenckn und rupfen, | Die federn sambt dem staub aus-zuepfen.
Dasypodius (
Straßb.
1536
):
staubhaar, n. lanugo.
Schmidt, Hist. Wb. Elsaß .
3.
›lockeres, wertloses Erdmaterial‹; je nach Zusammenhang: ›Sand‹; ›Asche‹; in 1 Beleg: ›Büchsenpulver‹.
Phraseme:
staub in den wind werfen
›Unnützes tun‹.
Bedeutungsverwandte:
1
 12,  2,  3,  3, , ,  1,  4; vgl. .
Syntagmen:
s. lecken; s. sein / werden
;
viel staubes auf der welt sein
;
zu s. werden, sich im s. baden
(von der
henne
),
in s. und asche liegen, busse tun, von s. und erden kommen, jn. aus s., von dem s. machen
(im Sinne des Schöpfungsberichtes),
aus s. korn machen, die stat aus dem s. auferbauen, etw. in s. schreiben
(s. u.
Mieder
),
die dreiheit im s. reissen
›skizzieren‹,
in dem s. buchstaben schreiben
;
der s. der erden, des todes
(poetisch für ›Tod‹);
eine hand vol staubes
.
Wortbildungen:
staubhaufe
,
staubig
2, dies auch ütr., dann: ›wertlos‹ (dazu Synt.:
der stäubige ratschlag
),
stäuble
›leichtfertiger Mensch‹.

Belegblock:

Luther. Hl. Schrifft.
Ps. 72, 9
(
Wittenb.
1545
):
Fur jm werden sich neigen die in der Wüsten / Vnd seine Feinde werden staub lecken.
Ebd.
Hiob 30, 19
:
Man hat mich in Dreck getreten / vnd gleich geacht dem staub vnd asschen
(s.
Tpma
11, 114).
Ebd.
Jes. 49, 23
:
Sie [Könige] werden fur dir nider fallen zur erden [...] / vnd deiner Füsse staub lecken.
Ebd.,
Neh. 4, 2
:
Werden sie [Jüden] die steine lebendig machen / die staubhauffen und verband sind?
Mieder, Lehmann. Flor. (
Lübeck
1639
):
Was einem zu gut geschicht / das schreibet man in Staub / geschichts zu leyd / so schreibt mans in Stein.
Eggers, Psalter
64, 21
(
thür.
,
1378
):
Iehet dir der stoub der erden, oder kundigit her dine warheit?
Strauch, Par. anime int.
83, 18
(
thür.
,
14. Jh.
):
scribe man da uffe in deme sande und in deme staube buchstabe.
Diefenbach, Mlat.-hd.-böhm. Wb. :
Puluerulentus stawbick.
Voc. Teut.-Lat.
ee vijv
(
Nürnb.
1482
):
Stawb od’ puchßenpulver.
v. Keller, Ayrer. Dramen (
Nürnb.
1610
/
8
):
daß der Keiser nit vergeß | Das er von Staub vnd Erden kummen | Vnd zu Staub werde widerumben.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
der mentsch der vil tugent samnot ane demuͤtkait, der tuͦt reht als der ain hant volle stobes nimet und in den wint wirfet.
Warnock, Pred. Paulis
6, 111
(
önalem.
,
1490
/
4
):
so hat in [mensch] gott von dem aller schnödesten element gemacht, daz ist vom stob und irtich, daz doch das aller unflächtigest, verschmachtest element ist.
Enders, Eberlin (
Basel
1521
):
das er wolt anzaigen die heimlicheit goͤttlicher dryheit, auch in der kind grammatica, also klar als kein Mathematicus immer die dryheit im stoub moͤchte ryssen.
Maaler (
Zürich
1561
):
Stoͤuble (der) Ringfertiger mensch. Homo leuis, uanus.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Africa [...] der mehrste theil dises lands ist sandig / trucken vnd staubig.
ders. Hl. Schrifft.
Ps. 103, 14
;
Peil, Rollenhagen. Froschm.
356, 3008
;
Eggers, a. a. O.
44, 22
;
Alberus
F iijv
;
Byland, Wortsch. Zürcher AT. .
Vgl. ferner s. v.
1
 2,  2,  1,  1,  1, (Präp.) 9.
4.
›Kehricht, wertloser Abfall aller Art, Schmutz, Dreck; Unreinigkeit (die z. B. in eine Wunde gelangt)‹; ütr. auch: ›unnützes Zeug, Gedankenmüll‹; vereinzelt mit Übergang zu ›Gassenkehricht (als Dung verwendet)‹.
Bedeutungsverwandte:
, , , ,
1
 2, ,
1
 3, , ; vgl.
1
 2,
2
 3.
Syntagmen:
den s. auf die strasse streuen, jm. den s. auf den kopf werfen
;
s. sein
;
den dürftigen von dem s. erquicken, js. ere in dem
(!)
s. legen
;
der böse / nichtige / künstelose s
.

Belegblock:

Schöpper (
Dortm.
1550
):
Puluis. Staub kutter kerich / feget.
Mieder, Lehmann. Flor. (
Lübeck
1639
):
Sie [Toden] seynd verfault / seynd Staub vñ Mist.
Österley, Kirchhof. Wendunmuth (
Frankf.
1563
):
darzwischen löset der mann das tüchlein auff, sahe den staub und schry zum weib und sprach, was er mit dem nichtigen kot und staub machen solte.
Ermisch u. a., Haush. Vorw.
66, 10
(
osächs.
,
1570
/
7
):
das man den staub, den man im sommer uff der strassen gesamblet, nach Martini uff die saat streue.
Valli, Baldemann
13
(
rhfrk.
/
nobd.
,
um 1350
):
Daz wisheit uzz mir worfte | Den bosen kunstelosen staub, | Der mir den sin ie machte taub.
Gerhardt, Meister v. Prag
151, 29
(Hs. ˹
nobd.
,
1477
˺):
was sichstu ein steublein
[
Luther
: Mt. 7, 3:
Splitter
]
in deines nesten aug vnd merckest nicht einen tram in deinen augen?
Cirurgia H. Brunschwig (
Straßb.
[
1497
]):
huͦt dich das keinerlei wıͤrst oder vnreinïkeit von stoub har oͤl / oder das kein ander ding dar in [wund] kum.
Eggers, Psalter
10, 5
;
Tpma
11, 114
.
Vgl. ferner s. v. , .
5.
›Abfall bei der Herstellung von Waren oder im Handel, der als Wertminderung in Anschlag gebracht wird‹, z. B. ›Abfall‹ im Gewürzhandel; ›Mehlreste, kleieähnliche Mehlmaterialien‹, die teils als wertlos, teils als noch verwertbar eingestuft werden, insofern auch ›Mehl‹.
Syntagmen:
den s. herabtun / nemen
(›in Minderung bringen‹), laufen lassen (etwa: ›das Mehl vergessen‹),
den s. nicht vermischen, von spreuern sondern, davon werfen, bretzen von s. backen, etw
. [ein Wert]
für s. abgehen
;
das stäublein im auge
(dazu ggs.: ),
der s. in der müle
.
Wortbildungen:
staubsieb
,
staubwinkel
›Abfallecke‹ (a. 1624).

Belegblock:

J. W. von Cube. Hortus
118, 16
(
Mainz
1485
):
wan man sie [cardamu͂] bruchen wil in der artzney so sal’ man die steynlyn dar vß lesen vnd den staup darvon werffen.
Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
142, 4
(
Frankf.
1535
):
Er [Gyps] wirt vast starck vnnd reß so man jn mit staub in der muͤlen mischt.
Barack, Teufels Netz (
Bodenseegeb.
,
1. H. 15. Jh.
):
Den stob kan er darin [müll] lan louffen.
Rennefahrt, Wirtsch. Bern (
halem.
,
1529
):
sy soͤllend ouch den stoub von spruͥwern suͥndren.
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
504
(
Genf
1636
):
Staubsib / damit man denn staub auß der frucht reutert.
Müller, Nördl. Stadtr. (
schwäb.
,
1481
):
[man soll] nicht stob under simlin melb vermischen.
Dirr, Münchner Stadtr. (
moobd.
,
um 1365
):
Si [pecken] muͤgen auch pachen 4 pretzen von nachmel oder von staeb umb 1 dn.
Koeniger, Sendgerichte ;
Schmidt, Frankf. Zunfturk. ;
Gerhardt, a. a. O.
152, 5
;
Müller, Welthandelsbr.
216, 8
;
284, 3
;
Winter, Nöst. Weist. ;
Schmitt, Ordo rerum
410, 36
;