jamer,
1.
›Zustand des Elends, beklagenswerter Zustand e. P. oder e. S.‹; in religiösen Texten: ›das große Elend der Welt, Leiden der Verdammten beim jüngsten Gericht‹; auch: ›subjektives seelisches Elend, Schmerzgefühl e. P.‹.Phraseme:
mit jamer dem tode entgehen
›mit Mühe und Not dem Tod entgehen‹; ane allen jamer
›unbarmherzig‹.Bedeutungsverwandte:
(die
) 1, 1, 2, 1
1, 1, 2, (das
) 3, , 1, 1, 4, 5, (das
) 2, , (der
), (die
) 1, 5, (die
) 1, 1, (der
) 1; 7, , , , , , 1, , 1; 2, (s. v. 2), 1, , (das
) 1, , , , , , , , ; vgl. 1, 2, .Syntagmen:
j. anrichten / ansehen / begehen / bringen / dulden / gewinnen / haben / leiden / pflegen / stiften / tragen / treiben / üben / wälen / weinen
; aus einem j. in den anderen fallen
, jn. in j. bringen / setzen / stürzen
, etw. in j. stecken
, in j. fallen / leben / schweben / sitzen / stehen
, jn. / etw. mit j. rächen / überwinden / umfangen
, jn. von j. erlösen
; jamers klage / leiden / we
; bitterer / ewiger / grosser / gemeiner / trauriger j.
; quit / reich / viel / vol des jamers
.Belegblock:
ein geistlichiu vröude, diu die sêle erhebet ûz allem leide und jâmer.
In dem jamers grimme | […] | Clegelich sie zu mir schre.
Eyn groissz wertlich yamer do geschach ind mortlich noit.
nemmet zangen und hamer | und slat en an das crucz an allen jamer!
ich lide mit im, was er leit, | sin not mich oft in jammer treit.
Angst, not und jamer verlaßen euch nicht, wo ir wandert; leit, betrübnüß und kumer lenden zu euch allenthalben.
das der Teuffel also regieren / vnd die Welt in solchem jammer stecken solte.
Von des iamers vber last | Be gonde si sere weinen.
Da muß denn eytel vnglück vnd jammer folgen / das solche kinder das hertzen leyd jren eltern machen.
Ebd.
224, 12
: werffen sie den Christen allen jammer / ellend / vnd ergernuß auff den halß.
min hercze sich in jamer bert | und wil daz jamer rechen.
Noch leit er vmbe den iamer vnd vmbe daz ellende siner můter.
also engieng ich do mit jomer dem tode.
Also das in der jaren zit | In selten ie ward jamers quit.
ir geadelt zarte sele, | ser betrüebt in jamers quele, | scharf / ein sneidunts swert durchgieng.
da fiel ich in sölichen grossen jamer vnd schmerczen von grossen schrikhen.
Karnein, Salm. u. Morolf
177, 4
; Froning, Alsf. Passionssp.
6360
; Gerhard, Hist. alde e
3960
; Strauch, Par. anime int.
7, 35
; Anderson u. a., Flugschrr.
19, 16, 27
; Asmussen, Buch d. 7 Grade
2014
; Sappler, H. Kaufringer
5, 150
; Weber, Füetrer. Poyt.
253, 6
; Piirainen, Stadtr. Sillein
37, 20
; Voc. Teut.-Lat.
p iiijr
; Voc. inc. teut.
m iiijr
; Pleuser, Leid b. Tauler.
1967, 111/2
; Türk, Wortsch. Dietr. v. Gotha.
1926, 57
; Wiessner, Wortsch. Wittenw. Ring.
1970, 102
.2.
›schmerzliches Verlangen, Sehnsucht (nach Gott)‹.Texte religiösen Inhalts.
Belegblock:
siner sele bleib do vil himlisches smakes und jamers na gote.
Dú dritte tagwaid daz ist jamer nach dem schoͤnnen minneklichen Gotte.
in der obersten ierarchia des gemvͦtes lit ze vorderost an einem iamer nach gotte.
3.
›hörbarer Ausdruck des Schmerzes, Wehklage‹.Belegblock:
Daz wir den geist betruben | Und ruwic jamer uben.
Do wart sin weinende jamer heiz | Und sin herze in suftzen tief.
Doch an der that es nicht vermag, | Erhebt sich jamer nacht und tag.
Groiß jamer und klage, | die ich vile arme frawe trage!
da waz solch jamer und geschrai, | das aim wal het gegrauset.
do hub sich under in gros jomer und klage.
die lǔt […] liessend in mit grossem iaͮmer von yn varn.
Grouß jaumer, ach und we | Sölt manig hertz verschniden.
man legt in da mit jamer groß | Maria toten in ir schoß.
4.
als Ausruf dienend: ›ach, wehe‹.Belegblock:
O we O we jamer und we.
Jamer, er sprache, wie gern ich woͤlt | […] Ab gaͮn hin inder helle gaden.