leid,
das
;-(e)s/-en
, auch -Ø
.1.
›(objektiv) erlittenes Unrecht, Böses, das einer Person von außen zugefügt wird, Unglücksschlag; körperliche Verletzung, Beschädigung, Schaden (auch von Gegenständen)‹; speziell: ›Beleidigung, Ehrverletzung‹.Phraseme:
zu / in
(o. ä.) lieb und leid
(z. B. bei Eidesleistungen oder Zeugenaussagen:) ›unabhängig von allen äußeren Beeinflussungen und Ereignissen‹; (zur Bezeichnung der bedingungslosen Teilhabe an einer Gemeinschaft, damit auch an 2 anschließbar:) ›mit Rechten und Pflichten, Gutes wie Böses; Vorteil und Nachteil‹.Wortbildungen:
leidgeborener
Belegblock:
Derhalben muß die [...] versönung geschehen durch den glauben, oder gelaß eigens willens, do man sich ganz vnd gar vnter Gott leget in lieb vnd leidt.
Daz die leit gebornen | Varen mit den vorlornen | Tuvelen in der helle grunt.
Mit solchem stuͤrmen geschiet dem Teufel kein gros leid.
Da ist der [...] gelertester, heiligster nichts besser denn der geringste [...] auff Erden, Alles in einen hauffen geschmeltzt, niemand zu leid oder lieb oder zu ehren und vorzug ausgemalet.
das er [Mensch] sich gerne reche, sonderlich an denen, die jm on ursach leid thun.
Schluckbruder schlug jhm aus den Spieß / | Das er kein leid davon empfieng / | Sondern durch Kuͤchldiebs kehle gieng.
liep noch leit noch allez, daz got in der zît geschaffen hât, daz enmac den menschen niht zerstœren.
der sol die warheit predigen und niemant zuͦ lieb oder leid reden.
dat wijf mach asdan na irs mans dode [...] sich an disme ampte geneiren ind dat ampt uphalden, asverre as si lief ind leit mit deme ampte lijden wilt. Mer were sache, dat si mit dem ampte neit leif ind leit lijden en wulde.
man muͦz dich henken. | [...] | Duͦ hast vns leides vil gedan.
Das er [...] darinne nichts verhalte͂ weder vmb fruntschafft lieb oder leit. hasse od’ nyde. forcht. gabe.
Jch. N. schwere das ich in diser sachen niemandt zu lieb oder zu leid / noch vmb miedt oder gab / [...] offenbare͂ / vñ mit nichts verschwyge͂ woͤl.
fieng sie ein jaͤmmerlilch geschrey in dem Hause an / als were jhr groß leyd wiederfahrn.
geschehe dir dann lieb oder leit, das würdestu gütlich leiden.
schwer ich ein Ayd, | Daß mich soll weder lieb noch leid | Abhalten von dem Closter Leben.
Ich bitt, jhr wolt mir leihen lassen | Eur schöne grosse henckDeppicht. | Kein leid sol jhn geschehen nicht.
Nun siehstu hie mein leidt und schand.
daz wir enweder lant dz ander uber die gebirge, [...], dehein leit noch schaden tuͦn sol.
Welichem ein clagbar leid beschicht, und besunders ein verwarte person mit tod abgaͧt, [...].
die selben all soͤllen landtraͤcht kouffen und mit den unsern im landtgricht lieb und leid tragen.
Alle die, [...] von uns in die zal unser burgerschafft angenommen sind und alda lieb und leyd tragendt, soͤllend für burger gehalten werden.
Uff dye zitt hand mir dye ratzan und dye flüg vyl zu lyad dun.
Wie wol gefengniß ist ein leydt, | Noch acht ers für syn hoͤchste freyd.
dis nacht wend wir by dir blyben, | mit dir lyden lieb vnnd leyd.
si wolten darzuo helfen baid, | wie si dem bauren fuogten laid.
Ebd.
5, 554
: er tuot uns weder laid noch schant, | dieweil wir seien in seinem haus.
Ee ain liebs, kumend hundert laid.
du hast des slangen | haup übergangen. | sein belangen | hat laid enpfangen.
daz niemant zuͦ dem andern swer oder lob, davon iemant schad oder layd geschehen muͤg an leib, an eren oder an guͦt.
Peil, a. a. O.
594, 2786
; Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
147, 34
; Harms u. a., Alberus. Fabeln
52, 15
; Boon, St. Prätorius
51, 5
; Logau. Abdank.
169, 11
; Schultheiss, Achtb. Nürnb.
146, 28
; Gille u. a., M. Beheim
22, 188
; Reichert, Gesamtausl. Messe
147, 7
; Rennefahrt, Zivilr. Bern ;
Jörg, Salat. Reformationschr.
416, 10
; Wyss, a. a. O.
3, 78, 12
; Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 405, 13
; Hör, Urk. St. Veit
145, 20
; Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
64, 7
; Piirainen, Stadtr. Sillein
68a, 35
; Tpma
7, 351
.2.
›Betrübtsein (als psychischer Zustand), Kummer, Sorge; psychischer wie physischer Schmerz, Qual (oft als Folge von 1 und von diesem nicht immer klar trennbar)‹; in unterschiedlichen Kontexten speziell: ›Liebesschmerz, Minneleid‹; ›Bedrängnis, Angst als länger anhaltender, oft religiös motivierter Zustand; Zustand der Gottesferne‹; speziell: ›Todesnot, Passion Christi‹; im Anschluß daran: ›erwünschtes Leidenserlebnis als imitatio dei (speziell bei den Mystikern)‹; ›Mitleiden mit jm.‹; am ehesten hier anschließbar: ›Gemütszustand der Melancholie, Depression, Freudlosigkeit (ohne ersichtliche Ursache)‹.Gehäuft Texte religiösen und didaktischen Inhalts.
Phraseme:
leid tragen
1 ›sich bekümmern‹; ewiges leid
.Bedeutungsverwandte:
1
1, (die
) 2, 1, 2, 1, (das
) 6, , 4, , 1, 1, 4, 3, 1
7, (die
) 5, 5; 6; 7, , , , 1; 2; 3, 1, , , , , , , ; vgl. 2, 3, 2, 1, 2, .Syntagmen:
l. gewinnen / klagen / tragen / vertreiben, jm. (das) l. benemen / bringen / stillen / zufügen / zusenden; das l
. (Subj.) angehen / sich heben / schmelzen, l. jn. anfiechten / bekümmern; jn. des l. wiederfaren; in l. erstarren / fallen / kommen, jn. in l. bringen / setzen, von l. kommen / sterben, jm. etw.
(z. B. das herz
) vor l. erkrachen / sterben / zerbrechen; l. des herzen; das grosse / treuliche l., die unleidenlichen l.; mord / müe / trost des l
.Wortbildungen:
leidesmord
leidlied
Belegblock:
Sehnsucht nach Elsgen. | [...] | höre meinen Sinn, den matten, | sein Leidlied recht erhöhn.
Alle leit sint danne weck, | Und ist geworfen der steck | Abe zwischen der menscheit | Und dem tuvel.
in solcher seiner angst videt, quod Iudei sich des leides undanckbar machen.
dô der meistir daz vornam | in grôzer leide muͤ er quam, | die im der angist worchte.
herre, als ich mich neige ûf dich, sô wirt mir benomen alliu swære, leit und arbeit.
in dem natiurlîchen liehte der vernünftigen sêle, vindet der mensche gewâren trôst alles leides.
[Duͦ salt] noch hude vnd vmmer ane leit | in dem paradyse sin, | bi mir vnd bi dem vatter min.
sich hup da leit und arbeitt: | umb das vil wonder schone wip.
Das zwolfft capittel [...] leret den staet an eyner yglichen selen jn der künfftigen werlt nach dirre werlt, sie sy in freüden oder ewigem leyde.
ach ist ein interiectio: | die klaget leit und forchte vil, | smerz unde freud und wunders zil.
je mer dir liebes wirt, je mer dir leides widerfert; [...] je größer lieb zu bekennen, je größer leit zu enberen liebe.
Er
[Adam]
kam daruͤber in groß leydt, | Das wert noch biß zu dieser zeyt. [GOtts Son] Hat vns durch seinen Todt erloͤst, | [...] | Das wir mit jhm an alles leidt, | Herschen sollen in ewigkeit.
Wer todt ist / ist ohn alles leidt.
Dirre grade hat lieb und lait, | freude vil und jamerchait.
Wem das hertz von laids wegen we tut, Der prat zwyuel waich vnd esse die.
Du weinest wie die Crocodiln. | Der Meister wird dein Leyd dir stilln.
reines wip, vil hoher hort, | aller manne leides mort | sit ir.
[sinen jungern] nament fride in unfride und in liebe leit, und in dem tode nament sú daz leben.
Wen glück senfftiglich anlachen thuͦt | Der luͦg und halt sich wol inn huͦt | Das es in nit auch bald bring leidt | Zu vil glück bringt vil trurigkeit.
daz der mensche von allen liden kom.
Es enmag denn nieman endrünnen, | Leyd vnd ser muͦß er gewinnen.
geduldig mach wen laid anvicht.
das lieb an laid die leng nicht mag ergen.
Ebd.
1, 107
: was ich ir klagt meins herzen laid.
das du mich pringst in sendes mart, | davon mein herz in laid erstart.
alls der helld erwachte | vnd het dy rain verloren, | sein hertz vor laid erkrachte.
vnd solt er seinen sun nicht sëhen, so müest er von laid sterben.
3.
›Trauer, Wehklage um einen Toten‹.Phraseme:
leid tragen
2 ›Trauerkleider tragen; um einen Toten trauern‹.Wortbildungen:
˹leidfrau
leidtragerin
leidgesang
leidgeschrei
leidlied
leidgewand
leidkappe
leidkleid
leidrok
leidleute
leidman
leidtragende
leidtrager
leidmal
leidtragig
leidtragung
Belegblock:
trug sie leide vmb jren Hauswirt. Da sie aber ausgetrawret hatte / sandt Dauid hin / vnd lies sie in sein haus holen.
„Minne machete sie stânde, leide weinende“. ,Dô gienc si vürbaz und luogete in daz grap‘.
Da zu Grabe, Daphnis lage, | [...] | Mon, vnd Sternen trugen Leyd.
o we leit vor allem leyde! | sal ich mich nu scheyden | von dem, der ye ist gewest myn troist.
versprach sie sich biß der zeit deß Leyds Ehrenthalben ein genuͤg geschehen / vnter dessen in geheim mit jhme zu verloben.
den twinget leit zu klagen, disen die anfechtung des klagers die warheit zu sagen.
die zuneigung gegen die Seel. verstorbene / und das gutte Wolwollen gegen die Leidtragende.
Diese Leid= und Traur=Mahle sezzen unsre bestuͤrzte Sinnen dem seeligst=abgeleibten Toͤchterlein.
man het aber geben 24 swartzer röck mit laidkappen herfür.
Ach weh deß Jammers, Leids vnd Schmertzen, | Den ich nun trag in meinem Hertzen, | Weil mir mein lieber Mann ist todt!
Leyd geschrey. Planctus. [...] Leydtragung. Luctus.
So ouch hinfuͥr ein begrebdtt gehallttenn wirtt, soͤllenn die leidfrouwenn nitt mer gefuͤrtt werdenn [...]. so wellenn wir, das vff dem sibennden [...] jarzytenn niemannd mitt den leidluͥttenn von dem huß zuͦ der killchenn, noch von der killchenn heim gan.
Stirbt im ein kind, so git er 5 ₰ und schenckt man dem rechten leitman und anders nieman.
das niemand hinfuͥr die leydkappen soͤlle tragen, sunder sich ein jeder [sich] soͤlle benuͤgen eins huͦts.
Ich ward gestorben, bin erstanden, | [...] | Vatter und muͦtter hat groß leyd, | ietz sindts erret vß trurigkeit.
Nach dem gebett stat sy vff, ziert sich, thet ab dz leidgwand, kleidt sich vff fröwd.
Leid (das) Klag / sunder über einen abgestorbnen [...]. Ein haußgesind das Leid tregt. [...] Leidfrauwen / Liedschwoͤsteren / Leidtrageren / Gedingte weyber einen todten zebeklagen / vnnd das leid zuͦ tragen. Præficæ. Leidgesang über ein lych. Nænia. [...] Leidkleid (das) Funebre uestimentum. Er was in eim Leidkleid zuͦ vns kommen. [...] Leidlieder (die) oder klaglieder / die man singt wenn einer abgestorben ist. [...] Leidrock (der) Langer schwartzer rock. [...] Leidroͤck / Leidkleider. [...] Leidtrager / der leid tregt / oder leidskleider an hat.
Leydtragig / [...] Lugubris.
sô die henne all tôt sint von dem hann, sô nimt der han ab vor laid.
Ir / mueter sach’s, dy künigin – | vor laid zerraiss sy claid.
Lappenberg, Fleming. Ged. ;
Schmidt, Frankf. Zunfturk. ;
Moscherosch. Ges. Phil. v. Sittew. ;
Adomatis u. a., J. Murer. J. Man. Spieg.
549
; Wackernell, Adt. Passionssp. Br. II,
3158
; Voc. Teut.-Lat.
gg vr
; 4.
›Gewissensqual, Reue, Sündenschmerz; Schmerz um die Sündhaftigkeit an sich‹; am ehesten hier, aber auch an 1 als Metonymie anschließbar: ›Sünde (im Sinne einer Beleidigung bzw. Schändung Gottes)‹.Belegblock:
Pœnitentia. Penitentz rew buß leid mißfal bußfertigkeit besserung vmbkerung bußwirckung.
werde ich [...] meinem alten leben und der sunden feind und hessig werden, Rewe und leydt daruber gewinnen.
Ebd. (152):
das gewissen gering zuͦ machen, das wirdt man nit erlangen, weder mit reüw noch laid noch mit kainem werck (rew und laid wirt wol selbs kommen) sonder das muͦß allain der glaub thuͦn.
man sol rew und leid haben, beichten und bus thun.
Als aber der Muͤnch fur seine Suͤnde rew vnd leid hat vnd lies den Pfennig aus dem Mund fallen / da krieget er wider seine zunge.
daz ist aleine rehtiu riuwe mîner sünden; sô ist mir sünde leit âne leit, als got hât leit aller bôsheit âne leit. Leit und meistez leit hân ich umbe sünde, [...]; und ich nime und schepfe diu leit in gotes willen und ûz gotes willen. Sôgetân leit ist aleine volkomen leide.
Drumb wir, Erloͤser, bitten dich, | Erful vns gantz mit deinem Liecht, | Dadurch du vns zu allerzeit | Bewaren woͤlst vor allem leit.
ich wol erkante dz ich billich leit vmb solich sunde do mit ich got teglich erzurnet hette vnd in solichem leide do ich in was do zerreiß ich meinen backen wan mir begund zu zwifeln das mein niemer rot solt werden vnd do ich in solicher pin vnd leide was.
dardurch jhre Hertzen zu rechtschaffener Rew vnd Leid erweicht werden.
Ebd.
433b, 9
: daß diese heylige Maͤnner die grawsame Martyr nicht vberstehe͂ koͤnnen / [...] / vnnd ob sie zwar hernacher Rew vñ Leid / daruͤber gehabt / vnd jhre Bekantnuß wiederruffen.
Reuw vnd leyd / Forcht vnd schrecken vber die begangne suͤnde haben.
Also starb her [...] in grossen ruwen unnd leyden siner sunde.
do kam eine grose forhte vnd ein gros leit in mich, daz ich minen herren vnd minen got so groͤseliche v́rzúrnet hette.
Hinnan abe kummet gewarre ruwe vnd vollekomen leit sin, daz der mensche ie missetet.
5.
›schmerzliches Verlangen, Sehnen (nach Gott)‹.Belegblock:
Daz ander: si [Maria] was enbinnen sô gar gerihtet in got mit allen irn kreften; [...] si was sô gar durchgozzen mit leide. [...] Her umbe, wan ir leit nâch gote was und ûf eine stæticheit gebûwen, sô endorfte si des niht.