essen,
V., unr. abl.;
im Part. Prät. überwiegend
gessen
.
1.
›etw. (als Nahrung) über den Mund (bei Tieren: über das Maul) aufnehmen, dem Körper zuführen; etw. essen, verzehren‹; in religiösem Kontext auch vom Sakrament der Eucharistie gesagt; ›etw. einnehmen‹ (von als medizinisch wirksam erachteten Stoffen); überwiegend von Menschen, seltener von Tieren: ›etw. fressen‹; meist trans.; z. T. bildlich; vereinzelt von Getränken: ›etw. trinken‹; offen zu 2.
Phraseme:
˹
das sacrament essen
;
Christi fleisch essen
;
des herren nachtmal essen
;
des herren gottes leichnam essen
;
gottes sones fleisch essen
˺ ›das Sakrament der Eucharistie empfangen‹; teils mit Unterscheidung in
leibliches
und
geistliches essen
, wobei nur Letzteres wahrhafte Teilhabe am sakramentalen Heilsgeschehen ermöglicht.
Bedeutungsverwandte:
 46, (V.) 1, ; vgl. (V., unr. abl.) 2,  3, .
Gegensätze:
, .
Syntagmen:
der leib / rabe (nicht) e
. (absolut);
etw
. (z. B.
den apfel, eine speise, das brot / fleisch / gift / gold, hunde und katzen
)
e., jn
. (z. B.
die leute, die abgestorbenen väter
)
e., lützel / wenig e., j. hanfsamen gesotten, butter auf brot, veilöl in dem essen e.,
(Tiere, Subj.)
etw. e
. (z. B.
das pferd lumpen, die mäuse die frucht, die tiere das pferd
),
mütter
(Subj.)
die eigenen kinder e., j. die ewigen verdamnisse in sich e
.;
j
. [wo] (z. B.
auf der gasse / herberge, über einem tisch
)
e
.;
j. e. S
. (genitivus partitivus)
e
.;
j. von etw
. (z. B.
von einem brot, von einer gekochten speise
)
e., ein mensch
(Subj.)
vom anderen e
.;
etw
. (Subj., z. B.
menschenfleisch
)
süs / ziemlich zu essen sein
.
Wortbildungen:
essenfleisch
,
essesak
›Fresssack‹ (allegorisch als einer der ,Bäuche‘ der Leckerei, s. Beleg
Bömer
).

Belegblock:

Große, Schwabensp. (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
DEn cristen ist vorb
e
oten, dat se der spise icht ethen, de se [Joden] bereit han.
Schöpper (
Dortm.
1550
):
zum Sacrament gehen sich communicieren lassen des Herrn nachtmal essen.
Mieder, Lehmann. Flor. (
Lübeck
1639
):
Wenig essen vnd wenig reden / hat niemand gerewet.
Luther, WA (
1523
):
gottes suns flaisch essen und sein bluͦt trincken ist nichts anders dann das ich glaub, sein flaisch sey für mich geben und sein bluͦt für mich vergossen.
Ebd. (
1527
):
wer das sacrament leiblich isset on solche wort odder on solch geistlich essen, dem ists nicht allein kein nuͤtz, sondern auch schedlich, wie Paulus sagt.
so wir Christus fleisch essen leiblich und geistlich, ist die speise so starck, das sie uns ynn sich wandelt und aus fleischlichen sundlichen sterblichen menschen geistliche heilige lebendige menschen macht.
Ebd. (
1531
):
Wie spitzig und hoͤnisch koͤnnen sie [Rottengeister und Schwermer] es doch ausecken, das wir unsern GOTT essen.
Ebd. (
1538
):
wenn es [brod und wein] gessen wird und im magen gekochet, so wirdts in vier und zwantzig stunden zu fleisch und bluth.
Ebd. (
1545
):
es sol ein ander Wesen und ein ander Leib werden, der nicht Esse noch Trincke, nicht Erbeite noch Schlaffe
(Verwandlung am Jüngsten Tag).
Ders., WA Tr. (
1538
):
Jch eße, was ich mag, vnd sterb, wen Gott wil.
Ders. Hl. Schrifft.
5. Mose 16, 3
(
Wittenb.
1545
):
Sieben tage soltu vngeseurt Brot des elends essen
[
Mentel
1466:
ysse
].
Ebd.
Spr. 25, 16
:
Finstu Honig / so iss sein gnug / Das du nicht zu sat werdest / vnd speiest es aus.
Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
an geistlîchen dingen enist kein sete [...]. Dar umbe sprichet diz wort: ,sie sol noch mê dürstende werden, die mich trinkent, und hungernde, die mich ezzent‘.
Lamprecht, Dt. Wirtschaftsl. Anm. 3 (
mosfrk.
,
1532
):
so [...] abgienge an essenfleisch, so hat er [unser gn. her] die macht, daß er mag greifen [...] in die herde und mag holen idel kuhe und hornlos ochsen.
Bömer, Pilgerf. träum. Mönch (
rhfrk.
,
um 1405
):
,Wie‘, sprach ich, ,hastu zwene buche?‘ | ,Ja‘, sprach sij [Leckerie], ,der eine ist drunckenheit genant | Und der ander essesack bekant, | Der allewege zu essen ist bereit [...]‘.
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
130, 3
(
rhfrk.
,
um 1435
):
die diere assen das phert das by yme doit lag.
J. W. von Cube. Hortus
82, 21
(
Mainz
1485
):
darvmb synt gar wenig lude in den landen lende͂ siech oder bresthafftig des steynß die alle zyt botter essen vff broit fur dem essen vñ nach dem essen.
Schmidt, Frankf. Zunfturk. (
hess.
,
1603
):
soll auch keiner so unverschembdt sein, daß er uf der gassen [...] brod oder anders essen wolt, sondern uf der herberg [...] bey straff eines patzen.
Froning, Alsf. Passionssp.
2305
(
ohess.
,
1501ff.
):
die wirm mich [Lazarus] hatten gesßen, | und was yn vier tagen worden zu eschen.
Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
100, 10
(
Frankf.
1535
):
So der steyn [Bezaar] in ein ring gethon würt / vnd legt mann den in den mund des der gifft gessen hat [...] es hilfft jn.
Anderson u. a., Flugschrr.
26, 4, 20
(o. O. [
1522
]):
[die oberste͂ priester] haben das fleisch vorpoten / vñ essens doch selbs / in der fasten vnnd zu andern verbotten zeitten.
Thür. Chron.
16r, 22
(
Mühlh.
1599
):
[Alarieus] Belagert die Stadt [Rom] so hart / das etliche Mutter vor Hunger jhre eigene Kinder Assen.
Schönbach, Adt. Pred. (
osächs.
,
1. H. 14. Jh.
):
die unsers herren gotis lichnam und sin bluͦt unwerticlichen ezzen und trinken, sie ezzen und trinken in sich die ewigen vertamnusse.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
54, 19
(
osächs.
,
2. H. 14. Jh.
):
[...] von den lutin di do lute essin
(Überschrift).
Strauss, A. v. Villanova dt.
154v, 21
(
obd.
, Hs.
1421
):
Du solt nymmer ober eynem tische vische vnd rohe milch eßen oder wyn vnd rohe milch, wen ez mecht dich ußsetzig.
Keil, Peter v. Ulm
177
(
nobd.
,
1453
/
4
):
wer es [Veyel-öl] auch ysset in dem essen, dem ist es nütz für alle entordnung des leibes von hitze wegen.
Reichmann, Dietrich. Schrr.
166, 28
(
Nürnb.
1548
):
Ein Jude denckt / wenn er nicht schweine fleysch esse / den Sabbath halte [...]. Es sol jm zu genaden helffen fuͤr Gott.
Chron. Strassb. (
els.
,
1362
):
Do man zalt 1278 jor, do oßent die müse die fruht uf dem velde, daz den luten kume daz dirteil zuͦ nütze kam.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
745, 26
(
els.
,
1362
):
Herre ich han mine hende von betruͤbnicz gessen, daz ich nút wirken mag
(hier: ›an etw. nagen, etw. zerbeißen‹).
Rohland, Schäden
216, 7
(
nalem.
/
schwäb.
,
1400
/
33
):
wer den [hanff samen] gesotten isset, der ver tribt fergyfft.
Goldammer, Paracelsus
4, 243, 20
(
1530
):
hett er [got] gewollt, daß wir nit essen, so hett er uns den steinen gleich gemacht und den magen nicht eingesetzt.
Morrall, Mandev. Reiseb.
137, 16
(
schwäb.
,
E. 14. Jh.
):
du solt nun gold und edel gestain essen und den schatz der dir als lieb ist gewessen.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1523
/
7
):
die Lamenittin schreibt, daß sie von dem mett und prott, das sie bei uns gessen hat, sei kranck worden.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Man soll essen / daß man leb / nicht leben / daß man esse.
Zugleich essen vnd reden ist gfaͤhrlich.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
menschenflaisch ist zimleicher und süezer ze ezzend wan kain ander flaisch.
Deinhardt, Ross Artzney
238
(
oobd.
,
1598
):
So ain pferdt leder oder zügl isset
(Überschrift).
Gierach, Märterb.
1859
(Hs. ˹
moobd.
,
A. 15. Jh.
˺):
unser vater und unser wïrt | hiet auch fleisch geezzen nicht, | hiet er gehabt anders icht.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
62, 40
(
tir.
,
1464
):
[der heilig ainsidel Jeronimus] hat auch nicht gëssen von chainer gechochten oder gemachten speis nur alain in seiner lesten chrankhait.
Qu. Brassó
5, 418, 12
(
siebenb.
,
1601
):
In diesem Johr ist solche grosse Teurung gewesen, dass [...] ein Mensch vom andren hot gessen; Hund und Katzen hon die Leut gessen.
Große, a. a. O. ;
Quint, a. a. O. ;
Gropper. Gegenw. ;
Österley, Kirchhof. Wendunmuth ; ;
Ralegh. America ;
Bell, G. Hager
211, 2, 25
;
Goldammer, a. a. O.
7, 169, 12
;
Morrall, a. a. O.
145, 17
;
Deinhardt, a. a. O.
237
;
Baptist-Hlawatsch, U. v. Pottenst.
947
;
2.
›eine Tagesmahlzeit einnehmen; speisen‹; besonders: ›eine gewisse, bemessene Menge, Portion an Nahrung (zu einer bestimmten Zeit, an einem dafür bestimmten Ort) verzehren‹; speziell: ›gemeinschaftlich eine Mahlzeit einnehmen‹; von Tieren: ›fressen, das angebotene Futter annehmen‹; oft intrans.; teilweise mit die jeweilige Mahlzeit spezifizierenden Objekten (z. B.
nachtmal
) bzw. Temporalbestimmungen (z. B.
zu morgens
); mit klassifizierenden Adverbialbestimmungen auch habituell: ›Mahlzeiten gewöhnlich in bestimmter Art und Weise (z. B.
wol, auf der erde
) einnehmen‹.
Bedeutungsverwandte:
 2, , (V.) 24, ; vgl. , .
Gegensätze:
.
Syntagmen:
j. e
. (absolut);
j. etw
. (z. B.
das abendessen / nachtmal
)
e
.;
j
. [wann] (z. B.
des morgens / nachtes, einmal des tages, gen / zu nacht, zu none / sexten
), [wo] (z. B.
am tisch, an tischlaken, auf der erde, aussert dem haus, in den geselschaften / wirtshäusern
), [wie] (z. B.
ärmiglich / begierlich / lecker / höflich / mässig / offenlich / unziemlich / wol, auf den knien, mit ungemach
)
e., j. mit jm
. (z. B.
mit dem fürsten / markgrafen, mit der kaiserlichen majestät
)
e
.
Wortbildungen:
essehaus
,
essestat
,
essetag
›Tag, an dem man nicht fastet‹ (dazu ggs.: ),
esstube
,
estisch
.

Belegblock:

Luther, WA (
1521
):
wenn er [mensch] messig gessen hatt, das yhm seyn mund, haubt und athem reyner und geschickter ist, denn wenn er gantz nuͤchtern ist.
Ebd. (
1532
):
die huner sol man todschlahen die heim essen gehen, aber anders wo eyer legen.
Ebd. (
1537
):
luͤgen fasten, die nur den namen hat, weil man nicht des abends das tisschtuch aufflegt oder nicht fleisch noch eyer isset, Und doch gleich wol den bauch fuͤllet mit den besten fisschen und wein, das manchem ein solcher fasten tag lieber were denn sein esse tag.
Ebd. (
1547
):
wenn du gessen hast vnd sat bist, das du den HERrn deinen Gott lobest fur das gute Land, das er dir gegeben hat.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
513, 189
(
Magdeb.
1608
):
Der Koͤnig aber vnd Fuͤrsten wolten / | Das sie zween tag außruhen solten. | Essen / trincken / vnd froͤlich sein.
Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
ich enurteile die liute niht, die guotiu kleit tragent oder wol ezzent, ob sie die minne hânt.
Ders., Eckharts Trakt. :
mit allem rehte und urteile mügen die wol ezzen, die als reht und bereit wæren ze dem vastenne.
Chron. Köln (
rib.
, Hs.
1. H. 15. Jh.
):
Wir essen ind maichen vns zo den perden, | id sal vns wale zo wissen werden.
Schützeichel, Mrhein. Passionssp.
263
(
mrhein.
,
um 1335
):
Vil lieber meister, ich vlehen dir, | daz du ezen wolles bit mir.
Voc. inc. teut.
f vv
(
Speyer
um 1483
/
4
):
Estisch Gliscera [...] mēsa cibatoria comedentiū.
Sievers, Oxf. Benedictinerr. (
hess.
,
14. Jh.
):
Ezzent sie [die andere sustere] zu sexten, so neme iz zu none
(die Schwester, die noch nicht gebüßt hat, soll nicht gemeinsam mit den anderen essen).
Froning, Alsf. Passionssp.
899
(
ohess.
,
1501ff.
):
Nu siczet hyrzu nach myner ger! | ir sollet hude essen myt mer, | du liebes wipp myt dym kynde | und anders myn hoibegesynde.
Feudel, Evangelistar
60, 18
(
omd.
,
M. 14. Jh.
):
wo ist daz ezze hus, do ich ezze daz ostir lamp mit mynen jungeren?
v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
32, 14
(
omd.
,
1487
):
Hastú aber ein bose weÿpp [...], mitt vngemach mústu essen vnnd trincken, mitt krÿg vnd anfehtūg vorbrengstu all dein zceitt.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
samuel der nam saul vnd sein kind vnd fuͦrte sy ein in die essestat
[Var. 1475
2
–1518 /
Luther
1545, 1. Sam. 9, 22:
Esseleuben
].
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 408, 20
(
Hagenau
1534
):
Got gesegen euch leib und seele / kumpt her / esset mit uns
(Grußformel bei Tisch).
Ebd.
500, 30
:
Wo man isset / soll man zu geen / wo man gelt zelet / soll man von gehen.
Welti, Stadtr. Bern (
halem.
,
1417
):
wer vff dem selben tag in den geselschaften essen oder mal haben well, daz der oder die iro essen bringen.
Morrall, Mandev. Reiseb.
133, 1
(
schwäb.
,
E. 14. Jh.
):
gemainlich das volck yset an tischlachen, wan sie essend uff der erde oder uff den knúwen.
Ebd.
145, 21
:
sie hond weder win noch bier und essend nur ain mäl des tages.
Sappler, H. Kaufringer
12, 21
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
Des morgens, so man essen sol, | da kam der pfaff oun allen grauß; | der was geladet da ze haus.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1523
/
7
):
zuͦ nacht, als man geessen hett, da sas der vatter bei dem tisch allain.
Ebd. (zu
1559
):
nach disem haben die nachbenanten chur⸗ und fürsten [...] mit Jrer kay. mt. zuͤ morgens geessen.
Ebd. (zu
1547
):
Seitz und Georg Hopfer
[sind]
in kay. mt. herberg [...] gangen und in dem sal vor kay. mt. eßstuben und kamer [...] auf kay. mt. gewardt.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Er bedarff vil gelts / der Lecker essen will.
Eis u. a., G. v. Lebenstein
30, 14
(
oobd.
,
1. V. 15. Jh.
):
Es [floscampi] macht auch den menschen lustig czu essen.
Deinhardt, Ross Artzney
98
(
oobd.
,
1598
):
So ain pferdt nit essen will
(Überschrift).
Buijssen, Dur. Rat.
7, 17
(
moobd.
,
1384
):
Wenn da si das abentezzen azzen, nam Jhesus das prot und dancht got und gesegencz.
Bauer, Imitatio Haller
104, 22
(
tir.
,
1466
):
Du solt für dich nemen das ewenpild der geistleichen [...] menschen, die da [...] essen ermikchleichen vnd tragen an grob gewant an.
Holland, H. J. v. Braunschw. V. e. Weibe ;
Quint, Eckharts Pred. ;
ders., Eckharts Trakt. ;
Froning, a. a. O.
3099
;
Henschel u. a., Heidin
949
;
Morrall, a. a. O.
19, 12
;
Sappler, a. a. O.
1, 214
;
Roth, E. v. Wildenberg ;
Hulsius
D iiijr
.
Vgl. ferner s. v. (
das
1,  2,  4,  2,  6.
3.
›etw. schädigend, zerstörend durchdringen; etw. verzehren, zerfressen‹; meist von krankhaften körperlichen Veränderungen wie Geschwüren u. dgl. bzw. Mitteln, die diese beseitigen sollen.
Oft Fachtexte der Medizin und Pharmazie.
Bedeutungsverwandte:
, ; vgl.  3,
1
 9.
Wortbildungen:
essen
(
das
) 4 ›Geschwür, Geschwulst‹ (dazu bdv.: vgl.  4, ,
der
, 1,  1, ).

Belegblock:

Eis, Albrants Roßarzneib.
54,
Anm. 2 (o. O., Hs.
15. Jh.
):
weles roß ein geschwulen hals hät [...], so nim ij aiger vnd mischs mit essich vnd nimm den ainen gespalden stab [...] vnd stoß jm den stab jn den hals vntz jm die essen brechent.
Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
80, 5
(
Frankf.
1535
):
Man püluert es [Atramentum] aber auff die betruͤglichen wunden die vmb sich essen / vnd verzeret das zuͦgelegt fleysch.
Ebd.
176, 1
:
Sarcophagus ist ein stein der ysset vnnd verschluckt die todten coͤrper
(›beschleunigt die Verwesung‹).
Ebd.
198, 15
:
gemacht als ein selblin heylen sie [gruͤnspan odder kupffer rost] die fisteln [...] vnnd sein guͦt dem faulen essenden zanfleysch.
Keil, Peter v. Ulm
67
(
nobd.
,
1453
/
4
):
Ein gut grün salb [...] isset pöß flaisch aus den wunden.
Chron. Strassb. (
els.
,
A. 15. Jh.
):
was sü ouch lütes begriffent, die bundent sü also herte, das die bant den lüten durch das fleisch ossent
(›schnitten‹).
Ott-Voigtländer, Rezeptar
216r, 8
(Hs. ˹
nalem.
,
um 1400
˺):
Ob der krebs dem wib die brust esse, so / legg schaͮffinen mist dar v́ber.
Rohland, Schäden
401
(
nalem.
/
schwäb.
,
1400
/
33
):
wesch die wunde oder das essen mit meyblemlin wasser.
Belkin u. a., a. a. O.
186, 23
;
198, 11
;
Keil, a. a. O.
264
.
4.
›sich ernähren (von etw.)‹; ütr.: ›seinen Lebensunterhalt verdienen‹.
Phraseme:
js. (mus und) brot essen
›bei jm. Kost beziehen; von jm. wirtschaftlich abhängig sein‹.
Bedeutungsverwandte:
(V.) 4; vgl.  13, ,
1
 9.

Belegblock:

Luther, WA (
1538
):
wen wir nicht hetten die gestolen guter des Bapst, so wurden die prediger schmale bissen essen.
Ders. Hl. Schrifft.
2. Kön. 18, 31
(
Wittenb.
1545
):
kompt zu mir er aus / so sol jederman seines Weinstocks vnd seins Feigenbawms essen / vnd seines Brunnens trincken / Bis ich kome vnd hole euch in ein Land / das ewrm Land gleich ist.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1503
):
man hatt auch da funden ain insel mit wildem folck, des kain glauben (hat), und ist von kreitter und von wurtzen.
Ebd. (zu
1548
):
daß [...] ime [...] niemandt [...] einig lob oder guͦtz nachsagt, dann allein diejenigen, so seiner geschenck oder vorteils genießen und sein mues und brot essen.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Wer vom Altar lebt / der soll auch dem Altar dienen. Wer dem Altar dient / soll auch von dem Altar essen.
Piirainen, Stadtr. Sillein
91a, 5
(
sslow. inseldt.
,
1378
):
DEr dem andern mit gezevͤge an gewinnen wil schult Er sol gezevͤg han vremde erhafte leuͤte vnd nicht seyne mage noch der seyn prot izzet.
5.
in Infinitivverbindungen wie
etwas / genug / nichts zu essen
, häufiger jedoch
zu essen
(auch in Kombination mit
zu trinken
) als direktes Obj. von z. B.
haben, geben
semantisch und syntaktisch einem Substantiv nahekommend: ›Speise(n), Nahrung; Mahlzeit(en)‹.

Belegblock:

Luther, WA (
1521
):
er nympt brott und weyn und mit dem wort, wilchs er redt, macht er darauß seyn leyb unnd blutt und gibt es seyn jungern tzu essen.
Ebd. (
1529
):
Jch bin der HERR dein Gott, dieser Hausvater wird dir zu essen und zu trincken geben.
Ebd. (
1532
):
es darff sich niemand darumb teuffen lassen, das er davon zu essen und trincken gnug habe odder seine kasten und boͤden vol kriege.
Froning, Alsf. Passionssp.
1385
(
ohess.
,
1501ff.
):
Meynster, hie ist zu essen!
Österley, Kirchhof. Wendunmuth (
Frankf.
1602
):
auch so müste ich, so ich könig were, dein knecht sein, dir zu eßen, kleider und anders verschaffen.
Roloff, Brant. Tsp.
474
(
Straßb.
1554
):
du [fraw Tugent] woltst in ein stiefmuͦter sin | So bin ich [Fraw Wolust] ein milte Künigin | Du woͤltst ine nit gnug zuͦ essen geben | So thuͦn ich stets inn wolust leben.
Rennefahrt, Stadtr. Bern (
halem.
,
1389
):
so ensol du selb herschaft [...] unser widersachen nicht enthalten [...] und ensullent inen oͧch enkeinen koͧff, noch ze essen noch ze trinken geben.
Koller, Ref. Siegmunds (Hs. ˹
Basel
,
um 1440
˺):
wer es oͮch, das sin wip übertrete [...] und kuntber würde, so sol man sie insliessen in ein gemach, ir zuͦ essen gen bescheydelich und buͤssen untz an iren tod.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1348
):
die bauren [...] haben ire häuser, mit stro deckt, miessen abdecken und das stro dem fich schneiden, damit es etzwas zuͦ essen hab.
Gehring, Würt. Ländl. Rechtsqu.
3, 353, 24
(
schwäb.
,
1629
):
man bey etlichen frohnen zu essen oder ein brott zu geben hat.
Bastian u. a., Regensb. UB
247, 34
(
oobd.
,
1363
?):
[Joh(an)s der Haͤdrer] 14 tag sol auf dem tuͤrn am marcht sein und ander niemand bey im dann einer diener, der im ze ezzen traͤg.
Kollnig, Weist. Schriesh.
117, 30
;
Müller, Stadtr. Ravensb.
269, 18
;
Grothausmann, Stadtb. Karpfen
6, 9
;
Vgl. ferner s. v. (
das
1,  2,  4.
6.
in einer Vielzahl von a) Phrasemen und b) sprichwörtlichen Redensarten (hier in Auswahl, zu weiteren s. z. B. ff.). – Zu a):
holzäpfel essen
›etw. Unangenehmes erleben‹;
js. herz essen
›jm. übel wollen‹;
von einem gegitter essen
›in Gefahr sein‹;
nicht das liebe brot zu essen haben
›Mangel leiden, der Nahrungsgrundlage entbehren‹. – Zu b):
Adam is
(symbolisiert Dominanzverhalten von Frauen gegenüber Männern);
sauer macht essen
›gute Würze fördert den Appetit‹;
vogel, is oder stirb
›akzeptiere die Situation, füge dich in dein Schicksal‹;
trink und is, gottes nicht vergis
;
das brot ich esse, das lied ich singe
;
j. ist gern die birne, wil aber nicht auf den baum
›j. möchte ohne Anstrengung Vorteile genießen‹;
wenne man dem hund zu wil, mus er leder gegessen haben
;
ich habe ein maul dem gebe ich zu essen, das mus reden was ich wil
›man muss die Kontrolle über seine Äußerungen behalten‹.

Belegblock:

Zu a):

Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 509, 7
(
Hagenau
1534
):
Er hatt nicht das liebe brot zuͦ essen.
Lemmer, Brant. Narrensch.
69, 34
(
Basel
1494
):
Mancher der lacht dich an jn schertz | Der dir doch heymlich aͤß din hertz.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Von eim gegitter essen / in gefahr stehn.
Er sihet eben als hab er Holtzaͤpffel gessen.

Zu b):

Luther, WA (
1530
):
Hunger ist ein guter koch. Sauer macht essen.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 93, 19
(
Hagenau
1534
):
Trinck und iß / Gottes nit vergiß. [...] uns ist von Gott bevolhen / das wir yhn
[unseren Körper]
regiern sollen [...]. Darumb kan Gott solches [yhn etzen / trencken / schlaffen legen] alles leiden / wo alleyn seine nicht vergessen wirt.
Ebd.
134, 14
:
Ich hab ein maul dem gib ich zu essen / das muß reden was ich wil.
Ebd.
553, 2
:
Adam iß. Es ist ein gemeine sage in aller welt / wie die weiber uber die menner herschen [...]. Denn do die schlang Hevam uberredt hette / daß sie vom verbotten baum und apffel aß / lieff sie bald zu Adam und sagt [...] mit trutziger faust / Adam iß.
Ebd.
2, 79, 14
([
Augsb.
]
1548
):
Das brot ich esse / das lied ich singe. Das ist auch reden was man gerne hoͤret / umb genieß und vortails willen.
Ebd.
85, 25
:
Wann man nun dem hunde zuͦ wil / so muͦß er leder gessen haben / das man sonst zuͦ vilen dingen gebrauchen kan / das ist / Er muͦß das gethan haben / des er nie ist schuldig worden.
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
Mit disen erbhuldigungen gieng herzog Albrecht nit lang umb [...]; es hiess „compelle intrare, vogel iss oder stürb!“
Henisch (
Augsb.
1616
):
Mancher jsset gern die Birn / will aber nicht auff den Baum.
7.
bedeutungsverwandt zu und
1
.