trinken,
V., unr. abl.;
gelegentlich flektierte Formen auf -ende
(vgl. Frnhd. Gr. § S
); häufig konkurrierende, in semantischer Hinsicht kaum zu unterscheidende Varianten diverser Wortbildungen (z. B. 177
trinkgeld, trankgeld
), die auf unterschiedliche Ablautstufen des Verbs (trink-, trank-, trunk-
) bzw. auf ihrerseits konkurrierende Grundwörter zurückgehen (vgl. z. B. trank
, trunk
), s. jeweils auch am entsprechenden Ort.1.
›(etw.) trinken, den Durst stillen (von Menschen, selten von Tieren gesagt)‹; auf Pflanzen bezogen auch: ›Flüssigkeit (auf)saugen‹.Phraseme:
essen und trinken
›sein Dasein fristen; gut leben‹; sein gut essen und trinken
›über sein Eigentum verfügen‹.Syntagmen:
j. trinken, j. aus dem stutzen, aus der flasche, aus dem fas / glas, aus der brüste teich, mit begirde / ungemach, vom wasser t
.; j. bescheidenlich / viel / wenig / ziemlich t
.; j. (sich) den abendtrank / kofent / malvasier / trank / wein, die brühe / milch t
., der baum, das vieh die feuchte, das wasser t
.; j. e. S
. (Gen.obj., z. B. des brunnens / menschenblutes / wassers
) t
.Wortbildungen:
trinkbier
trinkbrunnen
trinkfas
trinkgefäs
trinkglas
trinkhorn
trinkig
trinkic
; im Phrasem trinkig gut
›Trinkware, Getränke‹; 14. Jh.), trinkkessel
trinkkopf
trinkkrug
trinkmet
trinknapf
trinkpüterich
trinkschale
Belegblock:
25 trynckschalen.
eyn gros trinkhorn czur voythie.
Im methekeller: [...] 1 vas trinckemete.
6 trinkeneppe.
Denn sie leren und hoͤren solche fluͤche mit lust [...], gleich wie ein duͤrstiger mit grosser begirde trincket.
Du bist in guter ruge mit deinem Weibe und kindern und trinckest deinen kofend
[›dünnes Bier‹]
sicherer denn er seinen Malvasier trincket. sol ich trinken, sô muoz daz trank ze dem êrsten über die zungen gân.
da Salmon der kunig da getrang, | er gap ir gezogenclich | daz trinckvas wider in die hant.
Hore: en dorstet! dringk, Jhesus, den drang!
Sie gaben mir zur Antwort / daß sie gewohnt weren vmb den Mittag jre Kruͤge vnd Flaͤschen zu fuͤllen [...] denn zuuor oder darnach darvon
[von dem
roten oder braunen Wasser]
zu trincken / gar gefehrlich were. Hastú aber ein bose weÿpp. [...] mitt vngemach mústu essen vnnd trincken.
Sy [dy Tartirn] essin allirleyge vleysch unde trinkin mylch von dem vie.
trinkbier soll man frisch zufüllen.
Die Erde trinckt fuͤr sich / die Baͤwme trincken erden.
rehte also [der lichname nússet die lipliche spise] enphohet hie der geist die edel goͤtteliche spise in disem trinckende.
Zuͦ koͤrweln und zuͦ andern trinckkoͤpffen
[
zu gülden BechernLuther
1545, 1. Chron. 29, 17: ]
aus gar reinem gold. der paum trinket gar vil fäuhten in sich in dem lenzen.
Welch mensch in amacht felt, der trinck das wasser.
er ass vnnd trannck, da was gar voller rat.
vnnd aus desselben Hiernschallen ein Tringkhgefaͤß gemacht.
Der reich man der as vnd trankh vnd lebet scheinperlichen oder köstleichen alle tag.
2.
›etw. (eine Flüssigkeit in abgewogener Menge, einen Stoff in einer Flüssigkeit, in flüssiger Form) einnehmen, herunterschlucken‹ (z. B. auf Heilmittel, Mixturen, Gifte bezogen); ›etw. mit einer Flüssigkeit (z. B. mit Wasser) nachspülen‹; auch: ›etw. inhalieren‹; anschließbar an 1.Teils Fachtexte.
Phraseme:
die ablutio trinken
›den Mund symbolisch mit konsekriertem (mit Wasser vermischtem) Wein reinigen‹ (vgl. 2).Syntagmen:
auf / nach etw. t
. ›mit Wasser nachspülen‹, von bolo armeno
›Heilerde‹, von camillenblumen t
.; ein pulfer, tabak / wein / geismilch, etw. tödliches
[wie, z. B. nüchtern
] t
., etw
. [wann, z. B. morgens / abends
] t
., etw. durch ein ror, in getränken, in einem ei t
., jm. etw
. (z. B. mogra
) zu t. geben
; etw
. (z. B. ein trunk von birkensaft
) getrunken
(›wenn es eingenommen wird‹) einen faulen mund, wunden heilen
.Belegblock:
welches mensche ynnerlich zuͦ schwöllen were oder lebber suchtig das drincke von camillen blomen eß geneset anzwyfell.
Were es sach das eim getoͤdt quecksilber inn leib kaͤme / der trinck geyßmilch daruff [...] oder der selbig trinck wein / der mit senffkraut[...] gesotten sei.
Ebd.
162, 20
: Mann gibt jn [Mogra] zutrincken den lebersüchtigen vnd in eim ey zu dem bluͦt speien.
Diese stossen die Beyn jhrer Herren / Frawen vnd Verwandten zu Puluer / vnd trinckens in allen jren Getraͤncken.
Das
[Arznei gegen Harnstein]
trinck obentz vnd morgens durch ein ror. ein priester, der mer messe haben wil an eynem tag dann eine [...] toerft keine mer lesen, wenn er dy ablutio truencke.
Ob sie auch was tödlichs trinken werden, so wirdet es inen doch nit schaden.
mach ain puluer dar vss [des fuhsses hoden] vnd trink das als / vil das es helf.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
93, 1572
; 3.
›alkoholische Getränke genießen; saufen, sich betrinken; sich berauschen‹; offen zu 4; bei Betonung des durativen Aspekts auch: ›der Trunksucht verfallen sein‹.Gehäuft Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Phraseme:
jm. über tischs trinken
›beim Essen (Wein) zutrinken‹; zu abend trinken
›den Tag bei einem alkoholischen Getränk in Gesellschaft ausklingen lassen‹; jn. bas trinken lassen
›jm. den guten Wein gönnen, vorsetzen‹.Syntagmen:
j. t
. (z. B. wie eine ku, mit jm., aus der flasche
); j. bas
›besser, mehr als üblich‹ / (zu) fast
›zu schnell‹ / genug / überflüssig / unbescheidenlich / (zu) vil t
.; (sich) trunken, vol und tol, zu tode t
.; j. wein
(Akk.obj.) t
.; j. biers / weins
(Gen.obj.) t
.; jm
. (z. B. einem kaufman
) über seinen willen
›mehr als vereinbart‹ t
.Wortbildungen:
trinkhaus
trinkisch
trinksüchtiger
Belegblock:
Jr trincket und werdet doch nicht truncken.
Darumb sihe dich fur, das du nicht wein trinckest, wenn du noch ein Seugling bist.
Wenn man sich denn gleich inn der wochen ein mal / [...] / truncken truͤncke?
Mir haben eitz nit so drenckischs folck, [...]. Min broder drinckt oft im kauf wein, mir auch oft uber dischs.
ir allerliebsten, trinkt euch genungk und werdet trunken.
Besser ist ins klaghaus zu gahn | Denn ins trinckhauß
(auch zu 4 stellbar, vgl.
trinkstube 1).
Gar bald sie sich dar schicken kunten, | Vnd des guͦten weinlins trincken, | Das sie singen, wie die fincken.
Wellicher aber drungkh, das er [...] wider von im geben muest, der soll [...] umb ain pfund pfening gestraft werden.
Die dryncken nit den schlaͤhten wyn | Es muͦß Reynfal / Elsasser syn.
nun raicht her den edeln saft, | ich main des guoten weines kraft, | und laßt den gast trinken baß!
Heb auff und lass uns trincken, | das wir also nicht schaiden | von disem güten wein.
4.
›in einer Gemeinschaft (in der Trinkstube, beim Gastmahl, bei festlichen Anlässen, Initiationsriten) trinken‹ (auf den sozialen, gemeinschaftsstiftenden Aspekt des Trinkens bezogen); ütr.: ›zusammensitzen, Gemeinschaft pflegen‹; auch: ›feiern‹; Zur Sache:
Hrg
ff.5, 361
Wortbildungen:
trinkleute
trinkmeister
Belegblock:
daz sult ir niht verstân vür die ûzwendige werlt, als er
[Christus]
mit uns az und trank: ir sult ez verstân vür die inner werlt. es sail uns allen wol behagen, | das mer mit der drincken und essen | und alle unsers leydes vorgessen!
Daher ist es ye vnnd ye / [...] gewest / das man auff hoͤchzeyten [...] baß gessen vnd truncken / gedantzet / vnd sonst ehrliche ergetzung gesucht hat.
Mathusalem, komm vnd trinck mitt mir, | Wann ich zuͦ reden han mitt dir.
Graff Ludwig der elter, der mit vnser heiligen muͦter sanct Birgitta zuͦ Rom gessen vnd trucken hat, vnd mit ir daselbs geredt vnd gewandelt.
wann sie stuͤbenrechnung halten und trinckmaister wehlen, so sollen sie das vor ainem rat anzaigen.
wan es sich begäb das die drinkleut bei ainem wiert unains wurden [...], so solt der wiert denselbigen ain fridt pieten.
‒
Vgl. ferner s. v. .5.
›teilhaben an etw., sich etw. einverleiben‹; Ütr. von 1.Texte der Sinnwelt ,Religion‘ mit Bezug auf den Opfertod Christi und die Einsetzung des Altarsakramentes.
Phraseme:
den kelch trinken
›etw. geschehen lassen, erleiden‹; den kelch Christi trinken
›Christus nachfolgen‹; das blut Christi trinken
›an Christi Heilshandeln teilhaben‹; den tod in sich trinken
›sterben‹.Gehäuft Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Syntagmen:
aus dem jungbrunnen / kelch, von dem wasser t
.; unwirdiglich t
.; Christum, den kelch, die heiligkeit, das urteil, das blut Christi, gnade / tugend / verdamnis / volkommenheit (in sich) t
.; des brunnens t
.Belegblock:
Das wyr nymmer des vergessen | gab er uns seyn leyb zu essen | [...] | und zu trincken seyn blut ym weyn.
Da solt du in dich drincken gnade und alle tugend und alle vollechomenheit.
er nam den Kelch / vnd dancket / vnd gab jnen / vnd sprach: Trincket alle darusz / Das ist mein Bluͤt.
Was weiß davon ein tummer man, der aus disem jungbrunnen nie hat getrunken?
die unsers herren gotis lichnam und sin blût unwerticlichen ezzen und trinken, sie ezzen und trinken in sich die ewigen vertamnusse.
so du auß dem kelch trinckest, denn er
[Christus]
getruncken hat, so wirstu mit ihm regiren und richten mit gerechtigkeit. Wiltu, das ich den kelch trink, so gescheh es also!
(vgl. Lk. 22, 42).
6.
in Phrasemen mit Bezugsgrößenverschiebung: ›etw. besiegeln, erinnern, vergegenwärtigen‹; im Einzelnen: einen kauf / leikauf / weinkauf trinken
; im kauf trinken
›einen Vertrag abschließen und (durch gemeinsames Vertrinken einer ausgehandelten Summe) besiegeln‹; des bannes trinken
›ein Zwangsrecht besiegeln‹ (vgl. 2
10); den frieden trinken
›Frieden schließen‹; letze trinken
›den Abschiedstrunk nehmen‹ (vgl. 1
3); johannisminne trinken
›js. Gedächtnis begehen‹ (vgl. ).Belegblock:
wisse, das als balde ein mensche geboren wirt, so hat es den leikauf getrunken, das es sterben sol.
Min broder drinckt oft im kauf wein.
Der wynkouff ist gedruncken schon | Wir moͤgen nit dem kouff abston.
se nim hin [den claren wein] und trink von mir | sant Johannes minn alhie.
Ypold, Euseb, Maria zart, | die trunken ainen Bernhart
(ironisierend verkürzt für: ›die feierten das Gedächtnis des hl. Bernhard‹).