gierheit,
die
;
-Ø/–
.
1.
›in der Natur des Menschen liegendes, durch den Teufel verstärktes allgemeines menschliches Streben, Begehren nach ordnungsfeindlicher und moralstörender Heraushebung der eigenen Person‹; im einzelnen semantisch kaum genauer bestimmbar, dennoch mehrfach Öffnung in Richtung auf ›Habgier‹ (dazu 2), ›Geiz‹, ›Hoffart / Ehrsucht / Hochmut‹, ›Fresserei‹, ›Unkeuschheit‹;
vgl.
1
(
die
3.
Gehäuft md. belegt.
Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld teils in Aufzählungen):  1, ,  1, , , , , ,  1, , ,  4, (
der
1,  3,  1, ,
1
, ,  1, , , , , .
Syntagmen:
die gerechtigkeit die g. reinigen
;
der teufel die g. sein
;
der g. gram sein
;
christenblut durch g. jamer schreien
;
die g. des gutes, der ere
(jeweils ›nach ...‹);
die böse / überflüssigliche g
.;
der g. strasse
.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Michel und ein rot trache | Siben hobet und zehen horn | Habende durch sinen zorn | Und durch sin ubeln girheit, | Die zume tuvel ist geleit, | Wart in dem himle gesen.
Fischer, Brun v. Schoneb. (
md.
, Hs.
um 1400
):
ist her uf der girheit straze, | her sehe an Marien di maze, | si hete vor girheit armut.
Meisen, Wierstr. Hist. Nuys
2627
(
Köln
1476
):
Dat dorch dy boese duuelij, | Dorch valschen rayt ind droegerij, | Dorch hoemoit, has ind snoed boefrij, | Dorch gyrheyt, nyt ind firpelij | [...] | Dat cristen bloydt nyet iamers schrij.
Buch Weinsb. (
rib.
,
1574
):
Dem geistlichen stande bin ich gunstich, mois in loben, aber irem misbrauch, list, geirheit, hoichfart gram.
Ebd. (
um 1560
):
da alles der leut gutter [...] von dem neigsten geblode an fremde durch practick, smeichelei, geirheit, unsorgfeltigkeit sin komen.
Neumann, Rothe. Keuschh.
3511
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
also gereiniget auch di gerechtikeid | des menschen bose girheid.
Schönbach, Adt. Pred. (
osächs.
,
1. H. 14. Jh.
):
[etteliche] keren daz ouge der gerunge in daz ertriche, daz ist in die gyrheit vorgencliches gutes und werltlicher ere.
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Mk. (
osächs.
,
1343
):
Wan von binnen von der lûte herze gên vore bôse gedankin, êebrechin, unkûscheit, manslaht, Dûbe, girheit
[
Mentel
1466-1475
1
:
arckheit
; 1475
2
–1518:
geyttigkeit
;
Luther
1545:
geitz
],
schalkheit, truͦgine, unschemelikeit, bôse ouge, aftirsprâche, hôchfart, thôrheit.
Gille u. a., M. Beheim
114, 2
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Mir tut grimmlichen czorn und lait | dy uberflussiglich girhait | und geicz der grassen geiren.
Neumann, a. a. O.
5526
;
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
77, 4
;
Türk, Wortsch. Dietr. v. Gotha.
1926, 42
.
2.
›Habgier, Raffgier, Habsucht, der
gerechtigkeit
1; 3,
warheit
entgegengerichtetes, durch
bosheit
1; 2,
gewin
2,
schalkheit, wucher
gekennzeichnetes, oft betrügerisches Streben nach zeitlichen Gütern‹; im Beleg
Ziesemer
(s. u.) als Metonymie gebraucht: ›unrechter Gewinn‹;
eng an 1 anschließbar, offen zu 3; zu (Adj.) 1.
Syntagmen:
g. treiben / wegwerfen
;
die g. an dem verkaufen (keine) stat haben, die wurzel der bosheit sein
;
jn. mit der g. versuchen, jn. vor g. bewaren, zu g. fleissig sein
;
die g. der henne, nach gute
;
die böse / grosse g
.;
die praktiken der g
.

Belegblock:

Ziesemer, Proph. Cranc. Jes.
33, 15
(
preuß.
,
M. 14. Jh.
):
wer do wandirt an der gerechtikeit und spricht di warheit, der do wecwirft di gyerheit unrechter gewalt
[
Luther
1545:
vnrecht hasset sampt dem Geitz
]
und entsleet syne hende von aller gabe.
Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
9510
(
rib.
,
1444
):
dar zo beckere ind vil anderen | Die yre koufmanschaft ducke verwandelen | Ind umb yre gijrheit ind quait gewyn | Die hant sleent as verre dar in | Dat [...].
Buch Weinsb. (
rib.
,
1578
):
Disse practicken der geirheit sin villicht nit die geringste ursachen eitziger zit der groissen irtummen der christenheit.
Sievers, Oxf. Benedictinerr. (
hess.
,
14. Jh.
):
sie insal nit fliszic sin zu girheide noch die habent des closteres nit verdun.
Des sal man auch huden daz an dem verkaufene die gyrheit keine stat inhabe.
Froning, Alsf. Passionssp.
383
(
ohess.
,
1501ff.
):
dem richen rade ich [Beltzbugk] uff mynen eydt, | das ire trybe groiße gyerheyt | und wucher sere darzu!
Neumann, Rothe. Keuschh.
5547
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
so versuchet her on des menschen mute | mit der girheid nach tzitlichem gute.
Ebd.
5588
:
si [henne] samet mer eiger an | dan si uss gehecken kan, | hir mede ist er girheid gewest.
Feudel, Evangelistar
110, 30
(
omd.
,
M. 14. Jh.
):
Bewarit uch vor allir gyerheit, wen keyn genugunge ist an dem menschen an dem daz her besyczit.
Klein, Oswald
112, 52
(
oobd.
,
1438
):
Der gebhart hat ain swachen nam, | wie wol er ist natürlich zam, | dorumb das er ist ganz durchpaisst, | mit grosser gierhait man das haisst.
Meijboom, a. a. O.
9655
;
Froning, a. a. O.
3631
.
3.
›Geiz‹;
zu (Adj.) 2.

Belegblock:

Ziesemer, Proph. Cranc Jer.
8, 10
(
preuß.
,
M. 14. Jh.
):
ja volgen si von deme mynsten bis an den grosten alle der gyerheit
[
Wormser Proph.
1527:
seind gewinsüchtig
;
Froschauer
1530:
schantliche gewün
;
Dietenberger
1534:
geitz
;
Eck
1537:
geitigkait
]
von den propheten bis an den pristir tun si alle logene.
Buch Weinsb. (
rib.
,
1574
):
Ich bin neulich und sperlich, mehe aus unvermogenheit der inkomtz dan van geirheit.
4.
bedeutungsverwandt zu  1.