niederwerfen,
V., unr. abl.
1.
›etw., das physikalisch höher situiert ist oder als höher situiert gedacht wird, herab-, herunterwerfen‹; am ehesten hier anschließbar: ›(die Augen) niederschlagen, (das Haupt) senken‹; teilweise als Zeichen von Demut, Scham;
damit offen zu 3; zu  1.
Bedeutungsverwandte:
(zu ersterer Variante); vgl. .

Belegblock:

Hübner, Buch Daniel (
omd.
, Hs.
14.
/
A. 15. Jh.
):
Ez [reboc] warf gar sunder heften | Sterne nider und die macht.
do warf ich nider | Min houbt mit ougen lider | Uf die erden.
Jahr, H. v. Mügeln
1598
(
omd.
, Hs.
1463
):
min [Sterk] dach er [sturm des lasters] selden niederwarf.
v. d. Broek, Suevus. Spieg.
68v, 9
(
Leipzig
1588
):
Da die buͤrger das schoͤne Bilde Placillæ Augustæ am Platz nider geworffen / vnd zerschlagen haben.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
Min sele vallet vúr dich mit blugen oͮgen, mit schamlichem antlúte und mit nidergeworfnen oͮgen.
2.
›etw. (Gebäude, Einrichtungen, größere Gegenstände) niederreißen, abbrechen, zerstören‹; im einzelnen z. B. ›(einen Tempel) dem Erdboden gleichmachen‹; ›(eine Burg) schleifen‹; als Spezialisierung zu 1 auffaßbar.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  2,  1,  3,  2; vgl. .

Belegblock:

Dierauer, Chron. Zürich (
halem.
,
1415
/
20
):
undergrüben die von Glarus die guͦten burg ze Windek, [...], und wurfen die nider uf den herd.
Edlib. Chron. (
ohalem.
,
um 1500
):
dz schiff hubend uff die lüt im gastel und wurffend dz nider.
Wyss, Luz. Ostersp.
9191
(
Luzern
1545
):
wir hand dich etwan ghört sagen, | du wöllttest den tempell in dryen tagen | nider werffen vnnd wider machen.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
Und wurden auß befelch kaisers Constantini die kirchen, die altär der götter nidergeworfen.
Sappler, H. Kaufringer
6, 12
.
3.
›sich demütig vor Gott verhalten, sich selbst erniedrigen‹;
vgl.  4.
Bedeutungsverwandte:
.
Gegensätze:
 2, .

Belegblock:

Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Swaz got vindet nidergeworfen, daz treget er ûf und hœhet ez in im.
Ruh, Bonaventura
333, 11
(
oschwäb.
,
2. V. 15. Jh.
):
der ersten [knieung] vnderwerffen wir vns, in der andren nider werffen wir vns, in der dritten ab werffen wir vns.
4.
›jn. (meist: eine Einzelperson, seltener: eine Gruppe von Personen) aus unterschiedlichen Gründen und in unterschiedlichen Handlungszusammenhängen, darunter aus rechtlichen Gründen, überwinden, überwältigen, gefangennehmen, besiegen, seiner Handlungsmöglichkeiten berauben oder diese einschränken‹; speziell: ›jn. überfallen und niederwerfen‹; ›(eine Frau) niederwerfen, ihr Gewalt antun‹; ›jn. rechtsentsprechend gefangennehmen, verhaften‹; auch ütr., dann z. B. ›jn. durch Verführung überwinden, jn. versuchen‹; ›(einen
geist
) austreiben‹;
vgl.  2.
Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘, Rechts- und Wirtschaftstexte, Chroniken.
Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld):  8,  13, (V.) 2, , , ; vgl.  2,  1.
Syntagmen:
jn
. (z. B.
den durchächter / übertreter / gesellen, die boten / armen / feinde, eine botschaft) n., jn. gefänglich, mit schrift, um geldschuld, zu recht n., der tod, der (böse) geist jn. n., die wölfe etw
. (z. B.
wildbrät
)
n
.
Wortbildungen:
niederwerfung
,
niederwurf
›Arrest, Gefangennahme‹ (dazu bdv.:  4, ).

Belegblock:

Luther, WA (
1521
):
Das erste werck macht uns zcw sundern, wirfft uns nider, das ander richtet uns auff und machet uns frumb.
Ebd. (
1537
):
Wo ich nu jnn solchem glauben bleibe, und der tod mich angreifft und niderwirfft oder sonst also frissch dahin wurget [...].
Anderson u. a., Flugschrr.
12, 3, 18
(
Wittenb.
1522
):
Jr solt eure widersecher mit heilsamer schrifft nider werffen.
Wyss, Limb. Chron. (
mfrk.
,
3. Dr. 14. Jh.
, Hs.
2. H. 16. Jh.
):
da worden di von Cobelenze jemerlichen irslagen unde nidergeworfen.
Ebd. U (
1395
):
daz iz mýr unde mýnen knechten geluckete, daz wir der egnanten stede unde burgere vigende nýderworffen.
Küther, UB Frauensee
386, 14
(
thür.
,
1528
):
So offte die wolffe oder hunde wilpredt ein oder auff die Sehe geiagt unnd auch sonnstenn bey denn hoefenn nidergeworffenn, hat sich [...].
Gille u. a., M. Beheim
40, 42
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
da der geist ungeczem | Den auf der stet | gewarffen het | nider mit grime, | Er ging mit gocht | [...] | heraus von ime.
Ebd.
99, 187
:
Dis armen warff man nider, man slug etlichem auss dy zend.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
Do kam ein meister von der e und wolt unsern herren versuͦchen und in do nider werffen.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
158, 25
(
els.
,
1362
):
Der durchehter ist nider geworfen, vnd ist worden ein brediger.
Warnock, Pred. Paulis
1, 205
(
önalem.
,
1490
/
4
):
Adam und Eva [...] wurdent von dem falschen rát und anfechtung des bösen gaist nidergeworfen.
Koller, Ref. Siegmunds (Hs.
um 1474
):
und geben erlaubunge menglichen, sye nyeder zü werffen und sye zu berauben.
Schnyder, Qu. Zürcher Wirtsch.
968, 49
(
halem.
,
1497
):
das sy [kofflúte] mit ir lib unde guͦt in únsern gepieten diser zit sicher und fryg sin wollen, unbelestigt niderwuͦrffs und angriffs, ald einicher beswaͤrungen.
Rennefahrt, Zivilr. Bern (
halem.
,
1582
):
das sy irer schuldnern gelts nützit ankommen, daruff sy zalung erholen mögen, gegen denselben ein niderwurff und lybhaft zevergünstigen und darumb brieff werden zelassen.
Müller, Grafsch. Hohenb.
2, 115, 29
(
schwäb.
,
1437
/
8
):
8 lb. 7 ₰ dem Hilpolt, haut verzert der houptman mit gesellen zu ross und zu fuss, als sie den Böss Uollin zu Wilperg niderworffen.
Schlosser, H. v. Sachsenh.
63
(
schwäb.
,
1453
):
Damit viel er mir in das haͮr | Und warff mich nider zuͦ der erd.
Chron. Augsb. Anm. 1 (
schwäb.
, zu
1548
):
die niderwerf⸗ / fung vnd fengknuß, Weyland Seba⸗ / stion Vogelsperger belangend.
Kummer, Erlauer Sp. (
m/soobd.
,
1400
/
40
):
wen di maid das vıͤech auz treibt | und si da hinden peleibt, | so wıͤrff ich sei nider | und schuͤtt ob ıͤr mein gefider.
Wyss, a. a. O. U ;
Küther, a. a. O.
384, 36
;
Päpke, Marienl. Wernher ;
Wyss, Luz. Ostersp. vor
7451
;
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. ;
5.
›etw. beschlagnahmen, mit Verbot belegen; (jm.) etw. durch Macht-, Gewaltausübung nehmen‹.
Bedeutungsverwandte:
2
 1, , ; vgl. (V.) 10,  9,  6,  1,  10.
Gegensätze:
 3, .
Syntagmen:
anken, proviant, kleinode, einen wagen n., jm. das seine n
.

Belegblock:

Baumann, Bauernkr. Rotenb. (
nobd.
,
1525
):
Der herzog von Wirtenberg hat ettlich viel wegen mit grossem gut auch den pundsverwandten nidergeworfen.
Jörg, Salat. Reformationschr.
261, 15
(
halem.
,
1534
/
5
):
das solch cleynett da nidergworffen / gemelltemm herren apptt enntwerdtt wurdend.
Ebd.
819,
Anm. 8 (
1535
):
so woͤllend wir zü beiden theilen das mencklichem dem das sin vor disem krieg unnd enpoͤrung nidergeworffen unnd entwert / wider ersetzt unnd vergollten waͤrde.
Rennefahrt, Wirtsch. Bern (
halem.
,
1592
):
was allso uff fürkhouff und den unseren zeentzüchen bestelt und angenommen wirt, in unserem namen niderzewerffen.
Maaler (
Zürich
1561
):
Niderwerffen / Verheften vnnd verbieten. Manum in uasa alicuius uiatoria atque in equos inijcere.
Baumann, a. a. O. .