anfallen,
V., unr. abl.
1.
›einfallen, hereinbrechen (von Naturerscheinungen wie Nebel o. ä., von Tageszeiten); eintreten, sich ereignen (von geschichtlichen Gegebenheiten wie Teuerungen o. ä.)‹.
Syntagmen:
gefriere / kälte / nebel / schne / unwetter, teure, nacht a.

Belegblock:

Chron. Augsb. (
schwäb.
, Hs.
16. Jh.
):
daß ain gar großer nebel anfiel, daß ainer den andern kaum gesehen kunt.
V. Anshelm. Berner Chron.
5, 218, 5
(
halem.
,
n. 1529
):
In anfallender tuͤre korns, wins und besunder des fleischs.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
nachdem die nacht anfiel.
Es war gleich im winter, war ain grosse gefrier angefallen.
2.
›jn. überkommen, befallen (seltener von Positivem, öfter von Negativem gesagt)‹.
Bedeutungsverwandte:
; vgl.
2
 1,  5,  2.
Syntagmen:
ere / hochfart / krieg / krankheit / kummer / leiden/ liebe / unmut jn. a.

Belegblock:

Kehrein, Kath. Gesangb. (
Nürnb.
1631
):
Wen dein Lieb O HErr faͤllet an.
Chron. Strassb. (
els.
,
A. 15. Jh.
):
wie das in vil krieges anneviel.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
sterke dich selber, so dich dekain kumber an valle, mit Gottes worte!
Strauch, Schürebrand (
els.
,
E. 14. Jh.
):
So úch anevallent etteliche ussere liden.
3.
›jm. erblich zufallen, durch Erbschaft an jn. übergehen; etw. erben, erblich übernehmen‹; vereinzelt auch allgemein: ›jm. zufallen, zuteil werden‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1,  2.
Syntagmen:
eigen / gut / name
(jeweils Subj.)
a. jm.
(Dat. d. P.);
gulden / gut / hof / (-)tal a. jn.
(Akk. d. P.).
Wortbildungen:
anfallung
1.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Des heizet her durch sin valsch gezok | In kriescher zungen Antemok, | Aroyme, darnach Thitan; | Dise namen sint in gevallen an.
Große, Schwabensp. (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
wan das kint tů sinen tagen komen ist, deme valt daz gůt mit ganzem nůtze an.
Hauber, UB Heiligkr. (
schwäb.
,
1347
):
daz gůt si an gevallen und an erstorben ware von der von Meͥlibrunnen sailigun Ůzen swiger von Ruͥti.
Edlib. Chron. (
ohalem.
,
um 1500
):
Iin den zitten grauff fridrichs von togenburg da er gewaltenklich besass, und jn ouch an geuallen wz von rechtem erb dz turthal dz neckertal.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. (
moobd.
,
1478
/
81
):
das in müeterlich mit erb angefallen was.
Große, a. a. O. ;
Lamprecht, Dt. Wirtschaftsl. Anm. 2;
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
124, 33
;
307, 19
;
Preuss. Wb. (Z)
1, 144
;
4.
›jn. liebend umfassen, umarmen‹.

Belegblock:

zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
2, 121
(
Nürnberg
1517
):
schier weint er [Jesus], nun redt er süsiglich, nun felt er sie an und kust sie [Maria], nun schleft er nackent bei der nackenden und beweißt ir dergleichen allerlei worzeichen seiner lieb.
5.
›jn. um Hilfe bitten, mit einer Bitte an jn. herantreten‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  6,  1.

Belegblock:

Kurz, Waldis. Esopus (
Frankf.
1557
):
Wir woͤln anfallen den Jupiter, | Denn er ist vnser rechter Gott.
Thür. Chron.
21v, 17
(
Mühlh.
1599
):
die kondte man vmb Beystand anfallen / Vnnd man sendete nach jhnen / Rieff sie vmb Huͤlff an.
Als ich aber den gwin des gewerbs empfunden hat, und mich anfiengen kind, so mir lieb gsin, anfallen, wolt mich nit nutzlich dunken, das ich allein feiß und wol lebte.
Preuss. Wb. (Z)
1, 144
.
6.
›jn. gerichtlich belangen; (eine Klage o. ä.) gegen jn. anstrengen, anhängig machen‹.
Bedeutungsverwandte:
 3; vgl.  7,  8,  2,  1.

Belegblock:

Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
311, 23
(
thür.
,
1474
):
ap anders dy vorderunge unde clage von Ottin von Entczenberg am ersten zcu Baltasar von Konitcz alda vor gerichte angefangen unde angefallen ist.
Merk, Stadtr. Neuenb. (
nalem.
,
1403
):
das iemand derselben echter einen oder mere in der obgen. unser und des heiligen richs stadt Núwenburg mit dem rechten bekumerte und anefiele.
Wintterlin, Würt. Ländl. Rechtsqu. (
schwäb.
,
1618
):
So einer ein frembden ußlender oder derselben haab und güetern alhie zue Öffingen uf recht anfallen und verhaften wöllt.
Merk, a. a. O. ;
7.
›jn. festnehmen, verhaften, greifen‹.
Bedeutungsverwandte:
 8,  2, ,  1; vgl.  9,  3.
Wortbildungen:
anfallung
2.

Belegblock:

Dinklage, Frk. Bauernweist.
47, 23
(
nobd.
,
1465
):
wann die cleger die schedlich personn [...] angefallen und in beisß zu dem dorf Guchsenn bracht haben.
Ebd.
47, 18
:
geschee sulch anfallung vor mittemtag, so sollen sie die schedlich personn mit der hab vor mitternacht gen Guchsen antwurten.
Fischer, Eunuchus d. Terenz (
Ulm
1486
):
dar nach habend sie in für ainen eeprecher da innen an gefallen, und in yetzo bezwungen.
Siegel u. a., Salzb. Taid. (
smoobd.
, o. J.):
Kümbt ain straichunder diep auf meins herren von Salzburgk grünt und wirt angefallen und gefangen.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1. H. 16. Jh.
):
nimbt er aber den dritten stegken, so ist er anzufallen und für ain schedlichen man zu achten.
Dinklage, a. a. O.
47, 18
;
89, 32
;
Siegel u. a., a. a. O. .
8.
›jn. anfallen, überfallen, angreifen; js. Ehre antasten; etw. militärisch angreifen‹.
Syntagmen:
die ere / person / stat, das schaf / königreich / schif, die leute a.
;
jn. mit worten / werken a.
Wortbildungen:
anfaller
,
anfallung
3.

Belegblock:

Chron. Magdeb. (
nrddt.
, Hs.
E. 16. Jh.
):
Er auch den feinden ein Zeichen gegeben, wen zwey schewren mit feur würden angehen, so solten sie anfallen.
Gille u. a., M. Beheim
317, 55
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
das schaff waz er [wolff] anvallen, | im seinen leib zerzern.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
daz daz tier starch sei und grausam, alsô daz ez alle läut anvall.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. (
moobd.
,
1478
/
81
):
Karolus Marcellus viel die stat mit sturm an und gewann sy mit nöten.
Moscouia
E 1r, 11
(
Wien
1557
):
vrsach vñ guet recht gehabt / solch Khuͤnigreich antzufallen.
Goldammer, Paracelsus
7, 276, 4
;
Bell, G. Hager
437, 2, 6
;
Welti, Stadtr. Bern ; ; f.;
Preuss. Wb. (Z)
1, 144
;
9.
›etw. beschlagnahmen‹.
Bedeutungsverwandte:
.
Syntagmen:
schuldners habe / verpfändetes gut a.

Belegblock:

10.
›etw. dadurch als sein Eigentum erklären und beanspruchen, daß man die Hand darauf legt‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl. ,  8,  5,  3.

Belegblock:

11.
›sich etw. widerrechtlich aneignen, auf etw. übergreifen, etw. unter Ausnutzung seiner Machtstellung an sich ziehen‹.

Belegblock:

Koller, Ref. Siegmunds (Hs.
16. Jh.
):
ob ain bapst oder bischof umb sachen zu inen griff oder ain phründ angevallen würde.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
v. 1536
):
damit er soliche selden on gelt under in precht, hat er bostlich disen falschen fundt erdicht und [...] ain bull zůwegen pracht, daß er soliche selden sol anfallen, behalten und haben.
Enders, Eberlin (
Basel
1521
):
Das kain Curtisan doͤrff fürhin ein pfrůnd anfallen.