nären,
V.
1.
›seinen Lebensunterhalt verdienen, sein Dasein fristen, sich durchschlagen, sich über Wasser halten, sein Auskommen erwirtschaften‹; teils auch: ›[wo] leben‹; ›sich ernähren‹; von der gesamten Bandbreite zwischen ehrlicher Arbeit (dann positive Wertung) und unlauteren Mitteln (dann negative Wertung) gesagt; im einzelnen auch auf Tiere bezogen.
Bedeutungsverwandte:
 13, (V.) 4, ; vgl.  7,  1,  2.
Syntagmen:
sich der almosen, des handels / handwerkes / taglones / zinses, der rente, der früchte n
.;
die hinde sich ab den linden n., das merwunder sich auf dem lande n., sich wol, ane herrendienst, in der erde, in der ehe, in / mit arbeit, mit eren, mit der hand, mit dem pinsel, mit dem handwerk, mit der nadel / spindel, mit orenblasen, mit jm
. (›zusammen mit jm.‹),
mit list / raub / räuberei / leckerheit, mit js. schaden n., sich vor armut kaum n. können, sich von wurzeln n., sich wieder got n
.

Belegblock:

Luther, WA (
1524
):
[die] fressen da fuͤr das volck meyn | und neern sich mit seym schaden?
v. Liliencron, Dür. Chron. Rothe (
thür.
,
1421
):
das die lewte bis uf diesse zeit nye fleisch noch fische gessen habin sunder alleyne sich der fruchte generet.
Her bestetigete ouch vier ordin yn der werlde die sich der almossen neren.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
131, 38
(
thür.
,
1474
):
Ap eyne frouwe hette von zcweyen mannen eliche kindere unde sy worde von den ersten kindern gesatczt unde geschyden unde nertte sich darnach met yrem andern manne.
Skála, Egerer Urgichtenb.
122, 6
(
nwböhm.
,
1574
):
Ist gestorben habe von Jugent auf sich des Taglons geneeret.
Gille u. a., M. Beheim
117b, 23
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
daz sy [Mareia] | mit der nadel und spindel hie | sich und irn sun waz neren.
Rupprich, Dürer (
nobd.
,
1520
):
ein grosse schaar der wittwen, die sich mit jhrer hand nehren und ein besonder regel halten.
Menge, Laufenb. Reg.
490
(Hs. ˹
nalem.
,
um 1470
˺):
Der [steinbok] hett von natur die art | So er sich spyset oder nart | Er wúrffet vmb die erden.
Koller, Ref. Siegmunds (Hs. ˹
Basel
,
um 1440
˺):
Warumb sint antwerck erdaht? das jederman sich domit neren sol und sin brot gewinnen.
Martin, H. v. Sachsenh. Tempel
425
(
schwäb.
,
1455
):
Das dritt das ist scorpion | Und nert sich in der erden.
Goldammer, Paracelsus
6, 187, 7
(
1530
):
in der ehe wirsts dich nehren und nit ohn die ehe.
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
341
(
Genf
1636
):
Viel Voͤlcker (nehren) sich von Wurtzeln.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
dar nâch verändert es [merwunder] sein nâtûr und [...] wirt ain lanttier und nert sich after des auf dem land.
Grothausmann, Stadtb. Karpfen
6, 25
(
mslow. inseldt.
,
1569
):
So śoll Alles gevöglich vnnd Alles Wildt von Faßnacht an, biß auff Pfingśten, damit es śich hecken, mehren vnnd neeren khan, gantz vnnd gar verPotten śein.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
75, 986
;
Lemmer, Amman/Sachs. Ständeb.
20, 3
;
Ermisch, Freib. Stadtr. ;
Kehrein, Kath. Gesangb. ;
v. Keller, Ayrer. Dramen ; ;
Vizkelety, Spangenberg. Glücksw.
312
;
Goedeke, P. Gengenb. ;
Sappler, H. Kaufringer
24, 23
;
Vgl. ferner s. v.
1
 4,
2
,  13.
2.
›jn. durch Arbeit o.ä. mit allem Lebensnotwendigen, vorzüglich mit Nahrung, erhalten, für js. Auskommen, leibliches Wohl sorgen, jn. aufziehen, für jn. aufkommen‹; im einzelnen auch z. B. ›jn. stillen‹; ›(ein Tier) säugen‹; teils mit Subj. sowie mit Obj. d. S. gebraucht; eng an 1 anschließbar.
Gehäuft Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Phraseme:
nur mit bösen flüchen nären
›nur zu fluchen wissen‹.
Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld): (V.) 1,  1,  2,  2, , , .
Syntagmen:
j. jn. n
. (z. B.
der arbeiter die feierer, der bauer / die hausfrau die kinder, der man sein weib, Maria den hort
),
js. hand jn. n., die aue, got die schafe, die affe die kinder, die speise den leichnam, das fleisch (des ochsen) den menschen n., jn
. (wo, z. B.
im mütterlichen leibe
)
mit etw
. (z. B.
mit angst / arbeit / not
), (wie, z. B.
reichlich / väterlich / zärtlich, mit den brüsten, mit seinen händeln
)
n., den bauch mit wein / kost n
.
Wortbildungen:
närbärlich
›nahrhaft; fruchtbar‹ (?),
närde
›Nahrung‹,
närferkel
,
närhaft
,
2
närlich
1 ›pflanzlich, vegetativ‹,
närsau
(dazu bdv.: ).

Belegblock:

Strehlke, Nic. Jerosch. Chron. (
preuß.
,
um 1330
/
40
):
Gnûg ir ouch gelâgin tôt, | der nâtûra was sô zart, | daz sî nicht der nerde hart | gedouwin mochtin noch impfân.
Ziesemer, Gr. Ämterb.
513, 17
(
preuß.
,
1441
):
3 schog sweine, 20 nerferkel, 47 scheffel korn, 2 kessele.
Luther, WA (
1538
):
die mutter Maria tregt, gebirt, seuget und neeret nicht den menschen allein oder fleisch und blut, Denn das were die person getrennet, Sondern sie tregt und neeret einen son, der da ist Gottes son, Darumb heisst sie recht nicht allein des menschen, sondern auch Gottes mutter.
J. W. von Cube. Hortus
81, 4
(
Mainz
1485
):
Syn [ochs] fleisch neret den menschen vnd krefftiget die glidder.
Voc. inc. teut.
r iijr
(
Speyer
um 1483
/
4
):
Nere͂ Ale’ nutrire Enutrire victuare pasce’.
Spanier, Murner. Schelmenz.
4, 38
(
Frankf.
1512
):
Der laß die schelmen, die so schweren | Und nur mit boesen fliechen neren!
Kurz, Waldis. Esopus (
Frankf.
1557
):
wenn die Aff gebert | Bey paren, sie jr Kinder nert, | Der thut sie eins vorm andern lieben.
Sagen: Galenus vns reichlich nert, | Justinianus hoch her fehrt.
Neumann, Rothe. Keuschh.
767
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
[vil lute] wollen leben zu male kuschlich | unnd neren iren licham doch zertlich | mit weichen cleidern unn wertlich.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
24, 11
(Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
ein mensche wirt in sünden enphangen, mit unreinem, ungenantem unflat in mütterlichem leibe genert.
Gille u. a., M. Beheim
111, 323
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
ach hat sy uns den selben hort | erzogen und generet.
Hoffmann, Würzb. Polizeisätze
146, 38
(
nobd.
,
1474
?):
Ein rockner sol haben 12 swein, ein nersaw mag er haben.
Voc. Teut.-Lat.
x iiijv
(
Nürnb.
1482
):
Nerperlicher. fotilis. i. nutribilis. od’ fruchtperlicher.
Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
v. 1496
):
Den [Jesus] sie [Maria] yn junckfreulichem schrein | So zertlich hat generet.
Reichmann, Dietrich. Schrr.
142, 41
(
Nürnb.
1548
):
der Mann hat auch sein suͤnde straff [...] / er sol weyb vnd kind mit seiner sawren arbeyt nehren.
Dasypodius (
Straßb.
1536
):
Neerhafft / das da Neret.
Sappler, H. Kaufringer
25, 194
(
schwäb.
, Hs.
1472
):
seinen pauch er füllt und nert | täglich mit wein und kost guot.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Der from͂ nehrt sich mit angst vnd not. Ein arbeiter muß zwen feyrer nehren.
Die Priester sollen beten vnd lehren / Die burger vnd bawren andre nehren.
Höver, Bonaventura. Itin. A
210
(
moobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
annder ërcz, auch als dy nerleichen fruchtperen ding, auch als dye sinnleychhen ding vnd allz dy menschleichhen leyb.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
49, 19
(
tir.
,
1464
):
tu [Got] pist dich darum nit verwandlen in den selbigen menschen als die ander speis, die da neren ist die leichenamen.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
14, 11
;
338, 2431
;
Kehrein, Kath. Gesangb. ;
Goldammer, Paracelsus
6, 186, 21
;
Dirr, Münchner Stadtr. ;
Baptist-Hlawatsch, U. v. Pottenst.
150
;
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. ;
Voc. Teut.-Lat.
x iiijr
/v;
Türk, Wortsch. Dietr. v. Gotha.
1926, 86
.
Vgl. ferner s. v.  1.
3.
›jn. (einen Hilfsbedürftigen, Kranken), vereinzelt auch ein Tier, versorgen, pflegen; jm. Hilfe zukommen lassen; (Krankheiten) heilen‹.
Bedeutungsverwandte:
 1,  18,  2, ; vgl.  2,  4,  1.

Belegblock:

Luther, WA (
1536
):
Darumb wil ich [...], mich auch also gegen meinem weib halten durch die liebe [...], das ich jr pflege, neere und warte.
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Mt. (
osächs.
,
1343
):
Nerit
[
Mentel
1466:
Gesunt
(hier verbal); Var. 1475
2
-1518:
haylend
;
Luther
1545:
machet [...] gesund
]
di siechen, irweckit di tôten, reiniget di ûzsetzigen.
v. Liliencron, Dür. Chron. Rothe (
thür.
,
1421
):
das her eyne eigen capellen buwete [...], do etzwanne die liebe sente Elsebeth die siechin hielt unde nerethe.
Maaler (
Zürich
1561
):
Geschwaͤr vnd eyssen Neeren / das ist / heilen / vnnd radtsamen.
Müller, Grafsch. Hohenb.
1, 319, 11
(
schwäb.
,
1414
/
5
):
Do costet Hannsen von Rietpurgs maiden, [...], mit atzung und artzat lon, ee das er genert wurd, 4 lb. 1 ₰ h.
Menge, Laufenb. Reg.
4945
.
4.
›etw. (positiv oder negativ Bewertetes) fördern, pflegen, stärken‹.
Bedeutungsverwandte:
(V.) 6,  5,
1
 1.

Belegblock:

v. Ingen, Zesen. Ros.
93, 27
(
Hamburg
1646
):
solche gluht / | die unsern geist mit eifer pflegt zu nehren.
Neumann, Rothe. Keuschh.
933
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
wanne sie [demut] neret di geistlickeit | mit gehorsam, armut unnd kuscheit.
Ebd.
3179
:
wanne der mussiggang alle laster neret | unnd der kuscheid sere weret.
v. d. Broek, Suevus. Spieg.
175r, 24
(
Leipzig
1588
):
was gute freundschafft sey vnd wie dieselbige zu stifften / zu probiren / zu nehren / zu mehren / vnd zu erhalten sey.
Pyritz, Minneburg
5377
(
nobd.
, Hs.
um 1400
):
Daz wir unser krankes leben | Fristen, neren muͤgen lange!
(hierher?). Goldammer, Paracelsus
3, 282, 9
(
1530
/
5
):
so sollen wir uns hüeten bei der ewigen verdambnus, daß wir die bilder nit ehren, fuhren, nehren, die sich an gottes statt setzen.
5.
›sich retten; jn. physisch retten, erhalten; sich vor etw. hüten, bewahren; jn., die
sele
geistlich, moralisch retten; moralische Nahrung von jm. erfahren‹.
Vielfach Texte gebundener Form.
Wortbildungen:
2
närlich
2 ›asketisch, so, daß nur noch das Leben erhalten wird‹.

Belegblock:

Große, Schwabensp. (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
DEr konigh Vespasianus de gap den Joden aber betzzer recht dorch Josaphuͦn, do er sinen so
e
n, [...], von der st
a
erken vorgift nerte.
Froning, Alsf. Passionssp.
3255
(
ohess.
,
1501ff.
):
eyn lam sollet ir zu tisch tragen, | [...] | und sollet das oppernn uff den tisch | zu vesperzyt alßo frysch | myt allem volck zu Israhel, | die da neren woln ere sele.
v. Groote, Muskatblut (
nobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
Nu wol dich wib, wan du dyn lyb | in got vertzerst, daz du dich nerst | vur aller schanden meile!
Wol dem ia wem si sind beschert! der sich von rainen frawen nert, | der ist gelert, von got geert, sein lob sich mert | von rainer frawen samen!
Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
v. 1496
):
Sollt ich durch Got yn leren, | Ob er sein sel möcht neren | Vor sulcher pen.
Tobler, Schilling. Bern. Chron. (
whalem.
,
1484
):
menger stuͦnd bis an den hals | dar in grossem rúwen, | der sin leben hett gern genert.
Haltaus, Liederb. Hätzlerin (
schwäb.
,
1471
):
Pilatus wolt In [Ihesus] han genert, | Er fuͦrt In dar vnd sprach: nembt war | Des menschen pitter swär!
Primisser, Suchenwirt (
oobd.
,
2. H. 14. Jh.
):
Jch pit zu stewer, daz mich ner | Der heilig geist mit seiner macht.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
2, 73
(
oobd.
,
3. Dr. 14. Jh.
):
Ave, muter aller christen, | [...] | ner uns vor des teufels listen.
Klein, Oswald
4, 50
(
oobd.
,
1421
):
Den leib mit armüt, frost und hitz | bett närlich auf das stro.
Primisser, a. a. O. .