manschaft,
die
;
/–.
– Vgl. generell ff.
1.
›Lehen als rechtlicher Gegenstand des Lehnsverhältnisses (z. B. ein Gut, ein Ernteertrag, ein Zinswert); wechselseitiges sachen- (Dienstleistung) und zugleich personenrechtliches (Treueverpflichtung) Verhältnis zwischen einem Lehnsgeber (Lehnsherren) und einem Lehensnehmer; mit diesem Verhältnis verbundene Rechte des Lehnsgebers (auf Dienste) gegenüber dem Lehensnehmer und Schutzrechte des letzeren gegenüber ersterem; Dienstleistung des Lehensnehmers‹; vgl.
1
(
der
8,  127. Die einzelnen Varianten stehen im Metonymieverhältnis; keine klare Trennung möglich.
Gehäuft Rechts- und Wirtschaftstexte.
Bedeutungsverwandte:
,
2
 5,  12, ,  13.
Syntagmen:
die m. geloben / empfangen / haben, auf den heiligen behaben, zu kaufen geben, kaufen / abtun / aufgeben / aufsagen / verliesen, zu lehen verleihen, jm. die m. bieten, js. m. versprechen
›aberkennen‹;
etw. m. heissen
;
der m. ledig sein, jn. der m. ledig / los sagen, sich der m. entziehen / verzeihen
;
rechtes lehen mit m. empfahen, von m. etw. schuldig sein
;
die m. des hofes, an dem gute, der m. ane schaden
(verwahrformelhaft).

Belegblock:

Koller, Reichsreg. Albr. II.
70, 27
(
1438
/
9
):
das wir im die obgenant lehenschaft, vogtey und mannschaft, wie die genant und wo die gelegen sind, [...] zu manlehen zu verleihen gnediclich geruchten.
Foltz, UB Friedb. (
hess.
,
1378
):
Unde sal auch ich, [...], dy manschaft der stat zu Frideberg nummer uffgesagin.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
34, 6
(Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
kurfürste, in des kurfürstentum alle kür ist: wol im wart, wer manschaft
[Var. B:
mãhait
]
von dir [wachter aller werlt ... kurfürste] enphehet!
Chron. Strassb. (
els.
,
A. 15. Jh.
):
gap der bobest ein urteil über disen keyser und entsatte in von dem riche [...] und seite alle man des riches lidig ire manschaft und ire eyde die sü schuldig worent disem keyser.
Bernoulli, Basler Chron. (
alem.
,
1424
):
wenn daz were, daz der jung marggraff hertzog Ludewigs manne nit me sin woͤlte, so soͤlte er im fúnftzehenthusent gúldin geben, und moͤchte der manschaft damitte lidig sin.
Ebd. (
1402
):
das er die manschafft und die buntschafft gegen dem hertzogen von Orlentz gentzlich abe tet.
Leisi, Thurg. UB
5, 179, 10
(
halem.
,
1347
):
daz ich dem erbern kneht Ruͤdolf [...] ze koͮffenne geben han dú manschaft und dú rehtung, die ich hatte úber den zehenden ze Bettelnhusen. Dú selben manschaft ich ze lehen hatte von minen herren, den herzogen von Oͤsterrich, [...]. Und won er nu dú manschaft von mir gekoͮffet hat, so han ich mich derselben rehtung entzigen.
Ebd.
6, 534
(
1370
):
und entzech sich ... gen úns, [...], aller aigenschaft, aller lehenschaft, aller manschaft, aller gewer.
Ebd.
7, 790, 11
(
1390
):
von dem [lehentrager] wir und daz vorgenant únser gotzhus oder únser nachkomen von des selben lehans wegen
˹
getrúwer manschaft
˺ [›Treue‹]
wartend sigind.
Welti, Urk. Rheinfelden
143, 54, 12
(
halem.
,
1406
):
Dieser [...] sagt den Käufer quit ledig vnd los der manschaft, der geluͥpte vnd des eydes, so er ime von des selben lechens wegen gebunden war.
Merz, Urk. Wildegg
45, 15
(
halem.
,
1443
):
so setzen sie nun vnder anderm vnsern hoff [...], mitt gunst wissen vnd willen des edeln hern junckher Tuͥrings [...] von dem er vnser lechen ist, zuͦ vnderpfand ein, der lechenschafft vnd manschaft [...] ân schaden.
Boner, Urk. Zofingen
482, 4
(
halem.
,
1467
):
das lichen von der hand, so man nempt die manschaften, an dem hoff im Segott.
Fuchs, Kart. Aggsbach (
moobd.
,
um 1411
):
und verczeihen uns auch gaͤnczleich der manschaft, die wir darauf gehabt haben.
Küther, UB Frauensee
102, 19
;
Graf-Fuchs, Ämter Interl./Unterseen ;
Rennefahrt, Stadtr. Bern ;
Boner, Urk. Aarburg
70, 24
;
Vogel, Urk. Heiliggeistsp.
1, 190, 23
;
Vorarlb. Wb.
2, 352
;
2.
›Treueeid des Lehensnehmers gegenüber dem Lehnsgeber, Huldigung im Rahmen des Lehnsaktes‹; auch: ›als Huldigung gedachte Anheimgabe e. P. an einen Religionsstifter, an den Teufel, an einen sittlichen Wert‹ (letzteres verbunden mit Personifizierungen wie
Amor, Natur, Rede
usw.); vgl.
1
(
der
2, auch 8.
Bedeutungsverwandte:
 1,  2, , ,  1; vgl. .
Syntagmen:
js. m. erbitten, jm
. (auch dem
teufel, Machmet
)
m. tun, die natur der gnade, Amor
(Subj.)
Rede
(Dat.obj.),
Rede
(Subj.)
Amor
(Dat.obj.)
m. tun
;
jn. der m. ledig sagen
;
die habe /
[einen Geldbetrag]
mit m. empfangen, jm
. (z. B.
dem keiser
)
zu m. stehen
.
Wortbildungen
manschaften
(V.) (dazu bdv.:  1, , ).

Belegblock:

Thiele, Minner. II,
26, 135
(Hs. ˹
md.
/
rhein.
,
1. V. 15. Jh.
˺):
Amor wold Reden daz beduͤden | daz Reden sold mit sinen luͤten | hem huͦlden und manschap doin.
Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
9099
(
rib.
,
1444
):
Lege neder male ind staff dar tzo | Ind myme Mamet manschaff do!
Lamprecht, Dt. Wirtschaftsl. (
mosfrk.
,
1473
):
es hait auch der vurgenant Conrat Schenk die obgenanten sehß huben lands [...] von uns liplich entphangen mit manschaften truwen hulden eiden und dinsten.
Voc. Teut.-Lat.
p ijv
(
Nürnb.
1482
):
Huldung. omagiu͂ oder manschafft.
Schmitt, Ordo rerum
606, 10
(
salem.
,
2. Dr. 15. Jh.
):
Omagi(n)are hulden [...] verhulden vnd trew geben [...] herren [...] huldigen manschafften.
Ebd.
116, 14
(
oobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Omagium hulde Homagium gulde hulding oder manschaft.
Grundmann u. a., A. v. Roes
203, 11
(
alem.
,
15. Jh.
):
das der kúnig in weltlichen sachen keinen herren úber sich hette, dem er als einem keyser [...] zu manschafft odder in einen andern weg zú dienste mústent ston.
Rennefahrt, Stadtr. Bern (
halem.
,
1418
):
alz si
[5 Personen]
dz mit einer gemeinen lehens hande enpfangen und ir manschaft darumb erbotten hand.
Drescher, Hartlieb. Caes. (
moobd.
,
1456
/
67
):
Da sprach der teẃffel: ,Walther, wilt du mir manschafft thuͦn, so wil ich dich gesund machen und wil dich reichen úber all dein geslácht.
Thiele, a. a. O.
2, 26, 305
;
Lamprecht, a. a. O. ;
Bömer, Pilgerf. träum. Mönch ;
Schmitt, a. a. O.
116, 14
.
3.
›Vasallen eines Lehnsherren, nach Lehnsrecht Dienstleistende, Getreue‹;
zu
1
(
der
8.
Bedeutungsverwandte:
vgl. ,  2.

Belegblock:

Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
117, 17
(
rhfrk.
,
um 1435
):
Künigk Karle [...] hilt eynen vffenen hoff / vnd die hochzijt des heiligen phingestages / da hatt er alle sin manschafft zu yme dar verboden.
v. Liliencron, Dür. Chron. Rothe (
thür.
,
1421
):
der lantgrave von Hessin [...] liess om huldin die manschaft unde stete yn dem lande.
Thiele, Chron. Stolle (
thür.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
do quam der bisschoff do hen unnd slug die beheltnisse uff mit siner manschafft unnd rate.
4.
›Recht auf die Bestellung des militärischen Aufgebotes, Militärgewalt‹; als Metonymien: ›wehrfähiger Teil der Bevölkerung‹; ›Heeresgruppe‹; ›militärisches Aufgebot, Truppe‹; auch: ›Kriegsdienst‹; das hier gemeinte Recht ist Teil unterschiedlicher Rechtszusammenhänge: Lehnrecht (auslaufend), grundherrschaftliches Recht, territorial-obrigkeitsstaatliches Recht;
vgl.
1
(
der
48.
Gehäuft Rechts- und Wirtschaftstexte.
Syntagmen:
eine m. nemen / schicken
;
die m
. (Subj.)
sich weren, (jm.) vorbehalten werden, die m
. ›Kriegsdienst‹ [wo]
bleiben
›unterbleiben‹;
die eidgenosschaft mit m. freien
;
die bewerte / junge / streitbare / taugliche / tapfere m
.

Belegblock:

Luther. Hl. Schrifft.
1. Sam. 24, 3
(
Wittenb.
1545
):
Saul nam drey tausend junger Mannschafft aus gantz Jsrael.
Lohmeyer, K. v. Nostitz (
preuß.
,
1578
):
In diesem schönen ampt, [...], sein sher vil wuster huben, geben etzliche von der wuste huben 30 ß; wo bleibt der scharwergk, manschafft und volkommene zins?
Allg. Schau-Buͤhne (
Frankf.
1699
):
die Braunschweiger [...] fielen mit etlichen hunderten bewehrter Mannschafft auß.
Lauterbach, Orhein. Rev. (
nalem.
,
v. 1509
):
die sindt mit stett vnd lender erosset vnd die manschafft vermmÿndert.
Herzog Lupold [...] zoch mit eim grossen manschafft vnd wolt die Schwitzer erschlahen.
Rennefahrt, Staat/Kirche Bern (
halem.
,
1534
):
das Münchenwyler mit zinß guͤttern und nidern gerichten verkoufft und daͧselbs minen herren einigen die manschaft, oberherrlickeyt und hochengericht vorbehalten werden.
Ders., Recht Laupen (
halem.
,
1535
):
daran gar kein gerechigkeyt, noch zuͦspruch vorbehalten, dann allein das mallefitz und die manschaft.
Ders., Statut. Saanen (
halem.
,
1655
):
eine allgemeine musterung unserer landen und gepieten ... von allen ußzügeren und übrigen manschaft.
Müller, Alte Landsch. St. Gallen (
halem.
,
1559
):
wie sin fürstlich gnad von Römischen keysern und königen hochloblichen mit allen regalien und friheiten nit weniger als ein ordt der Eidtgnoschaft gefriet, es sige mit der mannschaft, malefitz, vogtyen, eigenschaft der lüten, zöllen, gleiten.
Maaler (
Zürich
1561
):
Mannschafft (die) Erwachsen zum streyt. Die dapfferst Mañschafft der schlachtordnung / Ein rott der stercksten kriegßleüten. Principia.
Wopfner, Bauernkr. Tirol
287, 7
(
tir.
,
1668
):
Würdt vom oberambt jedesmahls, wan der außschuß daselbst gemustert und exercirt wirdt, uff erforderung die taugliche junge mannschaft geschickt.
Luther. Hl. Schrifft.
2. Chr. 11, 17
;
2. Makk. 12, 27
;
Löscher, Erzgeb. Bergr.
68, 33
;
Graf-Fuchs, Ämter Interl./Unterseen ;
Rennefahrt, Recht Laupen .
5.
›Stand der Freiheit (
frei
sein)‹.

Belegblock:

Leman, Kulm. Recht (
Thorn
1584
):
man obirtzuget sy des roubes vnd der dupheyt wol myt allen luten dy ir recht nicht vorlorn haben vnd ir manschaft.
6.
›bäuerliche Grundschicht, abhängige Einwohner, Untertanen eines Dorfes, einer Landschaft; Arbeiterschaft eines Bergbaugebietes‹; die betroffene Schicht steht teils in grundherrschaftlichen, teils in frühkapitalistischen Rechts- und Wirtschaftszusammenhängen (vgl. unter Synt. die
anzal
, das
sich meren
der
manschaft
); als Metonymie: ›gottgewollter Status der Abhängigkeit im Unterschied zu
herschaft
‹;
vgl.
1
(
der
6.
Rechts- und Wirtschaftstexte.
Bedeutungsverwandte:
.
Syntagmen:
die m. sich meren, eine merere m. werden
›wachsen‹ (von der wirtschaftsrelevanten Zahl der Betroffenen);
der m
. (Dat.obj.)
zu abbruch reichen, das gut mit einer m. besetzen, das dorf
(Subj.)
nach der m. frönen, der herschaft, dem gemeinen nuz nachteil an der m. begegnen
;
die m. des klosters, die m. Kutzendorf
;
die arme / erbare m
.;
die anzal / minderung der m
.;
eine gemeinde
(z. B.
Wildgrube
)
mit der m
.

Belegblock:

Luther, WA (
1525
):
so muͤste man auch sagen, das hirschafft, knechtschafft, manschafft, kindschafft [...] eytel fruͦchte des Euangeli weren.
Wutke, Schles. Bergb., Cod. Sil. (
schles.
,
1405
):
so sal dorczu dy manschaft Kuczendorff und der Stoel mit allen rechten gehören.
Mon. Boica, NF.
2, 1, 250, 7
(
nobd.
,
1464
):
Nach gewonheit, die bey meynen zeiten ist gewesen, froͤnen auch die hernachgeschriben dorfer nicht nach den lehen und hwͤben, sunder nach der manschaft.
Köbler, Stattr. Fryburg (
Basel
1520
):
Wir haben in disem vnserm nüwen Stattrecht vorofft gmeldet / was nachteil vnser gnedigsten herrschafft von oͤsterich rc. vnserm‘ gemeinen nutz an manschafft vnd sunst begegne / so ligende onbewegliche guͦter / in hand vñ gewalt der ihenen kom͂en die nit in vnserm gezwang sind.
Rennefahrt, Statut. Saanen (
halem.
,
1555
):
alle
mit bevelch und gwalt [...] der grafschaft Gryers inkommen, zinß, zechenden, rent / gült, herschaftrecht, usaigien, gerichtszwing und ban uf der manschaft, den hüsern und herdstetten nach, jedes [...] zeschetzen.
Brunner, Rechtsqu. Krems u. Stein
183, 29
(
moobd.
,
1524
):
und [maniger armer gesell] mugen dadurch nit zu heuslichem wesen komen, das dann zu verödung der stett und mindrung der manschaft raicht.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
1532
):
sein auch deshalben general im land umbgangen die edn
(›öden‹)
hueben zu besetzen, damit ain merere manschaft und grösserer nutz im land were.
Mell u. a., Steir. Taid. (
m/soobd.
,
n. 1590
):
Als nun das perkwerch aufgenomen und sich die manschaft gemeret.
Wopfner, Bauernkr. Tirol
152, 10
(
tir.
,
1525
):
das unns nit allain apprŭch oder mynndrŭng des viertls am Eysackh, sonnder aŭch an der antzal der manschafft und der stew̆rn zŭ grossem abganng und nachtail raicht.
Mell, Steir. Weinbergr.
117, 33
(
smoobd.
,
1543
):
dieweill si [pauersun] doch so der winter verhanden, widerumben zu iren vatern kumben und den ganzen winter ab inen zerren, essen und trinken, welliches dann ir majestät an ir majestät mannschaft und perkrechten, auch denen grundherren zu abbruch [...] der gueter und zinsen raichet.
Wattenbach, Urk. Rauden ;
7.
s.
1
 2.
8.
›Genitalien; Zeugungskraft des Mannes‹;
vgl.
1
 5.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  5.

Belegblock:

Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
Der keúsch zerbrochen oder der abgeschnitten der nieren vnd der beschnitner manheit
[Var. 1475
2
–1518 /
Eck
1537, 5. Mose 23, 1:
manschaft
]
der gee nit ein die kirchen gotz.