geziehen,
V., unr. abl.;
in allen Verwendungen schwach belegt; vgl. .
1.
›etw. (sehr Unterschiedliches) ziehen; etw. durch eine Kraftanstrengung von der Stelle bewegen‹.
Phraseme:
den atem ziehen
›atmen‹.

Belegblock:

Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Joh. (
osächs.
,
1343
):
dô mochten si iz [netze] îczunt niht gezcîhen
[
Krumpach
1522:
ertzihen
]
von der menige der fische.
Mayer, Folz. Meisterl. (o. O. o. J.):
Do lag er also nasser | Daß er den athem kaum gezoch.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
668, 4
(
els.
,
1362
):
die [...] stochent ime ein swert durch sine kele so krefteklichen das su es nút wider us ime moͤhtent geziehen.
2.
›von einem Ort wegziehen‹; speziell: ›(militärisch, raubend) über den vorgeschriebenen Radius der Tagesreise ausziehen, ausschwärmen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1,  4,  2, .

Belegblock:

v. Liliencron, Dür. Chron. Rothe (
thür.
,
1421
):
wart on das geweret, das sie nymme alsso verre von der stat torsten gezihn unde sogethanen schaden gethun.
Chron. Strassb. (
els.
,
1383
):
es sie die wile sie bi uns seshaft sint oder darnauch, so sie oder denheiner oder denheine Jüdin under in von uns gezügen.
3.
›jn. / etw. (die
sele
) zu jm. hinziehen, jn. verlockend anziehen, damit auch von jm. abziehen, jn. geistlich auf sich, auf etw. hinlenken; (Gott) verinnerlichen‹; auch: ›sich jm. anschließen‹; als Ütr. zu 1; 2 auffaßbar.
Älteres und mittleres Frnhd.; meist Texte der Sinnwelt ,Religion‘.
Wortbildungen:
gezogenheit
1 ›mystische Hinwendung zu Gott‹.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
So daz sie [cristenheit] nicht an Cristen | Geloubete den heilant, | Und sie gar zu siner [trache] hant | Gezien.
Swaz her [Antecrist] der [diet] mac gezien hin, | Die zut her vollecliche dar.
Jostes, Eckhart
49, 24
(
14. Jh.
):
Eia, in gezogenheit bechenne di cher dein selbs, daz du dein selbs nicht en sist an chein dingen, dan dez obersten guts allein.
Opel, Spittendorf (
osächs.
,
um 1480
):
ir pfenner und die an euch gezogen seindt.
Strauch, Par. anime int.
39, 18
(
thür.
,
14. Jh.
):
und ist alse sere dar uf forstarrit wi he di sele zu sich gezihe und gelocke zu sinir minne.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
als der mensche mit aller uͤbunge den ussersten menschen gezúhet in den innewendigen vernúnftigen menschen.
Ebd. (
E. 14. Jh.
):
wan der mensche Got also wol ingevasset und gegenwertecliche in sich gezúhet, so genuͤget in also wol mit kleinen dingen.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
so du dich in gaischlich leben gezúhest, so stand in der rehtvertkait und in der vorhte Gottes.
Türk, Wortsch. Dietr. v. Gotha.
1926, 42
.
4.
›auf etw. hindeuten, zeichenhaft auf etw. schließen lassen‹.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
sten gezuet zu der reise, | Sitzen zu dem gerichte.
Den zwen
[den
guten
und Bösen]
wil ich mit truwen | Hie teilen minen pfenninc | Ieslichem als sin gerinc | An sinen werden sich gezut.
5.
›sich räumlich wohin erstrecken; modal über etw. hinausreichen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  28,  3.

Belegblock:

Pyritz, Minneburg
5214
(
nobd.
, Hs.
um 1400
):
Sust flog ich lang dem vogel nach, | Wo sich sin fliegen hin gezoch.
6.
›jn. (Kinder) aufziehen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  7, ,  6, .

Belegblock:

Merzdorf, Historienb. (
alem.
, Hs.
2. H. 14.
/
A. 15. Jh.
):
daruß er sich und sine kint geziehen möchte mit so grossen arbeiten.
7.
›etw. nach sich ziehen, auf etw. hinauslaufen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  9, ,  7,
1
 12.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
so waz der tot da, der iz rach, | Noch dem Gotes urteil sich gezoch.
Löscher, Erzgeb. Bergr.
70, 4
(
omd.
,
1544
):
welchs sich zu einer mautereyͤ aber ufrur wolde gezihen.
8.
›sich beherrschen, zurückhalten‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl. ,  2.
Wortbildungen:
gezogenheit
2 ›Wohlerzogenheit‹.

Belegblock:

Knape, Messerschmidt. Bris.
22, 29
(
Frankf./M.
1559
):
habe ich gemelten Herren Brissoneten inn seinen worten / weisen / geberden / gezogenheiten / kleinem vnnd wenigem gebreng / vnd gehorsamen willen
[...; Satzbruch].
Bachmann u. a., Volksb. (
alem.
,
15. Jh.
):
da macht er sich nit enhalten noch im geziechen und wust an sy.
9.
›sich auf jn. (seltener) / etw. beziehen; etw. auf etw. beziehen; sich – etwas beanspruchend – auf etw. beziehen, etw. beanspruchen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl. , ,  6,  3,  8,
1
 6,  12.
Wortbildungen:
gezug
2 ›Recht auf Appellation‹.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Dise wort gezient sich hie | Mit gelosen zu dem howe, | Daz da dorret in der owe.
Des aller obersten gebotes, | Des nesten minne, dar zu Gotes, | Da waren die alden site | Bestrict und die nuwen mite. | Diz gezut sich zu Criste wart.
v. Liliencron, Dür. Chron. Rothe (
thür.
,
1421
):
also vorgyngk dor von der gehorsam eyntrechtigkeit gesetze ynnunge unde allis das sich zu redelichkeit gezuhet.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
30, 33
(
thür.
,
1474
):
so kan dy frouwe iczunt nach zcugesprochin orteyln dy beredunge, ap dy geschen were, in dy gewonheyt nicht gezcyhen
[da die
beredung ... eyn recht
ist].
Ebd.
114, 13
:
so hat er uff daz kint, synen halbin bruder, alle syne gerechtikeyt von synes vater guttern geerbet unde gefellet met merem rechten, danne daz der eldervater addir dy eldermuther sich met deme kinde darczu glich geczyhen mogen.
Grimm, Weisth. (
els.
,
1457
):
ob ein probst [...] oder ein vogt mit den hubern stössig wurden, so mögen sy das ziehen in ein dinghof zu [...], desglichen derselb dinghof das gezug gen Obermichelbach hat.
Mollwo, Rotes Buch Ulm (
schwäb.
,
1379
):
und suͥllen och die selben [...] botten [...] dehainen iren noh ir fruͥnd, kind, geswistergit, [...] von iren wegen nutz, fuͥrdrung, trostung [...] noch sach, daz sich dar zuͦ gerichen, gelihen oder geziehen moͤht, [nicht ... werben].
10.
›jm. zur Verfügung stehen, zugehören, zukommen‹, von Sachen gesagt, auf die j. einen Anspruch hat.
Gehäuft wobd.; Rechts- und Wirtschaftstexte.
Wortbildungen
geziehe
›angemessene Gebühr‹ (dazu bdv.:  3).

Belegblock:

Große, Schwabensp. . (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
gebuͤtet man eyneme heren dar mit zhen ritteren vnde ne Cuͦmt her nicht, gebuͤtet man ieneme dar mer oder min, de geben daz gewette vnde Daz gezeihe.
Roder, Stadtr. Villingen (
önalem.
,
1371
):
als vil im der mur gezúhet ze geltent, da sol er im fúr ie das clafter geben ain pfuͦnt pfennig.
Bernoulli, Basler Chron. (
alem.
,
1444
):
wer der ist, der nit so vil korns mit im harinn bracht hat, daz im, sinem wibe und so vil kinden und gesindes er hat, yeglichem drie viernzal gezúht, die personen wellent unser herren in ire statd nit wissen.
UB Zug
68, 46
(
halem.
,
1363
):
mit allem dem, so dar zuͦ hoͤret, mit aller ehafti und rechtunge [...], so vil, so dem kilchherren und dem kilchensatz gezúcht.
Ebd.
2466, 2, 22
(
1450
):
eß sÿ denn, das die selb person, [...], woͤlle ouch bezalen einen tritteil des geltz der unbezalten schuld, als im denn ze dem tritteil geziecht, und, git eß also den tritteil, so sol ouch eß ouch recht haben, den tritteil ze erben.
Welti, Stadtr. Bern (
halem.
,
E. 14.
/
A. 15. Jh.
):
wedrem die hofstette geziechent, der sol si ouch denne, nemlich beido, in ein hus buwen.
Graf-Fuchs, Ämter Interl./Unterseen (
halem.
,
1401
):
die vogtstúre, so zuͦ dem teile gehoͤret und ime gezichet nach gemeinem sunder und teile.
11.
zu einer Fülle rechtsrelevanter, im eigenen Material nicht belegter Bedeutungen s. f.