entbieten,
V., unr. abl.;
Präfix
ursprünglich
in-
(ahd.
inbiotan
), später Zusammenfall mit dem Präfix
and-/ent-
(
Dwb, Neub.
8, 1347
 f.).
– Alle Bedeutungsansätze implizieren eine gewisse, je situationstypische Asymmetrie eines sozial, rechtlich oder religiös Höhergestellten gegenüber einem eher Minderberechtigten.
1.
›jm. schriftlich (seltener) oder durch einen Boten etw. (z. B. eine Nachricht) senden, übermitteln, jm. etw. ausrichten, mitteilen, zukommen lassen; jm. etw. berichten‹; auch: ›nach jm. schicken, jn. kommen lassen‹; ›jn. (förmlich) grüßen, jm. seinen Gruß entbieten‹ (gehäuft im formalen Schriftverkehr, besonders von Seiten weltlicher und geistlicher Obrigkeit); formelhaft: ›jn. etw. fragen, um etw. bitten; jm. antworten, einen Rat geben‹ (selten); in religiös motivierten Texten vereinzelt: ›jm. etw. verheißen, prophezeien‹; in 1 Beleg auch: ›etw. zu js. Gunsten aufwenden, einsetzen‹;
offen zu 2; 3; 4; zu  5, vgl. (V.) 23.
Meist Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘, auch berichtende Texte.
Phraseme:
jm. ere entbieten
›jm. (speziell: Gott) Ehre erweisen‹.
Bedeutungsverwandte:
(V.) 1, , ,  2,  4, ; vgl.  7,  3.
Syntagmen:
jm. etw
. (z. B.
dienst / ere / gnade / gruß / huld / trost / zucht, ein gebet, trotzige worte, einen guten morgen
)
e., jn
. (z. B.
den richter
) [wohin] (z. B.
zum hof
)
e
.;
j
. (z. B.
der bürgermeister / kardinal / keiser, das volk, die engel, gottes son
)
jm. etw. e
.;
jm. des fluches e
.;
jm
. (z. B.
dem herzog / keiser / rat / richter / volk, den jungfrauen
)
etw. e., jm. e
. [+ Objektsatz],
jm. e
. [+ Inf. mit Modalverb];
jm. etw. bei einem boten, got den menschen etw. bei einem engel e., jm. um hilfe e
.;
etw
. [wohin] (z. B.
heim
)
e
.
Wortbildungen
entbietung
›Mitteilung‹ (dazu bdv.: ).

Belegblock:

Schade, Sat. u. Pasqu. (o. O.
1521
):
Wir Luciper [...] enpieten unsern lieben getreuen, babst und cardinalen [...] ewigs fluchs und verdampnus.
Luther, WA (
1520
):
unnd embiete alhie trotz allen den, die disz lesterlich [...] buchlenn gemacht oder beschutzen wollen.
Ebd. (
1538
):
wie kan nu ein solch hertz das thun, Das er seinen abtrunnigen eyn solchen trost und guten morgen entbieten, wie Christus hie thutt?
Quint, Eckharts Trakt. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
daz ein ist, daz ez got dem menschen selber sage oder ez im bî einem engel enbiete.
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
118, 4
(
rhfrk.
,
um 1435
):
Kunnig Karle enbudet üch mit mir / das ir [keyser] yme üwer dochter zu der heyligen ee geben wollent.
Froning, Alsf. Passionssp.
2609
(
ohess.
,
1501ff.
):
du [herre] bist auch der scheppere, | dem alle engel entbieden ere!
Feudel, Evangelistar
8, 25
(
omd.
,
M. 14. Jh.
):
[Herodes zu den Königen]
get unde freget vlizeclich noch dem kynde unde alse ir iz vyndit, so inpitet mirs her wedir.
Anderson u. a., Flugschrr.
19, 1, 1
([
Eilenb.
]
1524
):
Protestation odder empietung Tome Muͤntzers võ Stolberg.
Lauchert, Merswin (
els.
,
1352
/
70
):
lieber vatter, ich wil gerne heim enbieten, daz ich hie bi dir si.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
200, 1
(
els.
,
1362
):
so dancke ich dir heiliger vatter daz du dinen flis hast enbotten zuͦ minre gesuntheit.
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst (
Straßb.
1522
):
Herennio embot
[›riet‹]
inen, sie solten sie alle zū Dot schlagen.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1548
):
wir Otho, [...] bischofe zu Augspurg, [...] embieten allen [...] unser gnad, grueß, dienst und genaigten willen.
Dreckmann, H. Mair. Troja
19, 18
(
oschwäb.
,
1393
):
so wil ich dir bey ainem meinen haimlichen boten enbieten, daz [...].
Spechtler, Mönch v. Salzb.
14, 13
(
oobd.
,
3. Dr. 14. Jh.
):
in kurzer frist | gotes sun dir enpieten
[hier: ›verkündigt‹]
ist, | du solt ie sein mueter sein.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. (
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
Da pestigen des kaysers soldner [...] ainen turrn [...] und emputen dem Holupp umb hylff.
Boot, Cassiodor. Hist. Eccl.
242, 9
(
moobd.
,
um 1385
):
Ettleich enputen, si mochten nicht chomen vor chrankchait.
Fischer, Brun v. Schoneb. ;
Knape, Messerschmidt. Bris.
22, 41
;
Palm, Veter Buoch ;
Bernoulli, Basler Chron. ;
Bischoff, Steir. Landr. ;
Rwb  f.;
Valli, Königsb. Apostelgesch.
1947, 50
.
Vgl. ferner s. v. , .
2.
›jm. etw. anbieten, vorschlagen, sich zu einer Handlung erbötig machen‹;
zu  6, (V.) 1.
Phraseme:
sich zur unschuld entbieten
›sich zum Reinigungseid bereit erklären‹.
Bedeutungsverwandte:
 4; vgl.  1,  1,  7.
Syntagmen:
jm. etw
. (z. B.
freundschaft / schon
›Schonung‹
, ein schenk
›Geschenk‹)
e., sich e
. [+ Inf.];
jm. e
. [+ Inf.],
jm. e
. [+ Objektsatz];
sich williglich e
.

Belegblock:

Hübner, Buch Daniel (
omd.
, Hs.
14.
/
A. 15. Jh.
):
Herodes [...] | Nam swerlich in sinen spot, | Durch en er vruntschaft entpot | Pylato dem richtere.
Glatz, Chron. Bickenkl. (
önalem.
,
um 1640
):
als er [bäpstlicher legat] aller sachen bericht war, enbutte er sich auch willigklich, sein müe und arbeit nit zue sparen.
UB Zug
791, 8
(
halem.
,
1434
):
Were aber sach, daß thewederen theil wurd geschediget durch deß anderen hag, so soll, der da geschediget wird, dem anderen schuen empietten, der in geschediget hat, [...] umb daß er nüt fürder geschediget werde.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
E. 15. Jh.
):
nun hetten die Schwaben ir nachbauren der stat Vindelici zuͦ enpeten, si wolten in zuͦ hilff kommen.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Einer der sich guͤts willens entbeut / einem in allen dingen zuhelffen.
Meisen u. a., J. Eck
59, 26
(
Ingolst.
1527
):
so entbeut ich mich hie mit disen artickel [...] des Rotenackers [...] gegenwürff und einred kraͤfftiglich auffloͤsen unnd gewaltiglich entbinden.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. ;
3.
›jm. etw. gebieten, befehlen, jn. zu etw. auffordern‹;
zu  6, (V.) 5.
Phraseme:
jm. urlaub entbieten
›jm. die Erlaubnis gewähren, sich zu entfernen‹.
Bedeutungsverwandte:
; vgl.  3,  2,
1
 12,  4,
2
 2.
Syntagmen:
jm. etw. e., jm. e
. [+ Objektsatz],
jm. e
. [+ Inf.];
j
. (Subj., z. B.
got / der babst / herre, der heilige geist
)
jm. etw. e
.;
jm
. (z. B.
dem son, den engeln / knechten
)
etw. e
.;
got jm. etw. durch einen engel e
.
Wortbildungen
entbieter
›Person, die jm. etw. verbietet‹ (dazu ggs.: ).

Belegblock:

Wunderlich, Fierrabr.
120, 11
(
Simmern
1533
):
so hat er [mein Herr] mir [...] entbotten / Ich soll weder Herren / Ritter noch Knecht / heruͤber ziehen lassen.
Dinklage, Frk. Bauernweist.
40, 20
(
nobd.
,
1413
):
haben sie [...] gesprochen, daz unser herre der apte [...] gebieder und enbieder sin.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
552, 4
(
els.
,
1362
):
Hie noch schreib er sant Ambrosien einen brief vnd bat den das er ime enbútte was buͦcher er solte lesen.
Chron. Strassb. (
els.
,
A. 15. Jh.
):
also er bobest wart, do enbot er durch alle lant [...], das alle ertzebischove [...] soltent zuͦ ime kumen gein Rome.
Roloff, Brant. Tsp.
118
(
Straßb.
1554
):
Ich Fraw Wolust [...] Entbeuͤt dir verschmaͤchten und verworffnen Tugent allzeit in arbeit zuͦ leben.
Graf-Fuchs, Ämter Interl./Unterseen (
halem.
,
1337
):
sol daz ... gotzhus uns senden ir knechten [...], wenne wir ez inen embieten, mit ir wafen [...] unser stat ze behuͤtene.
Päpke, Marienl. Wernher (
halem.
,
v. 1382
):
Enbút mir, lieber maister, har | Din urlob.
Roth, E. v. Wildenberg (
moobd.
,
v. 1493
):
der babst enpot hinwider: der solt konig heissen, der am nutzperlichisten konigklichen handl richtet.
Kummer, Erlauer Sp. (
m/soobd.
,
1400
/
40
):
da ich Jhesum wegruͤße | und chuͤß ıͤm sein zart fueße | und wewain mein angst und mein not! | der haͤilig geist mıͤr es enpot.
Fischer, Brun v. Schoneb. ;
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst ;
Bischoff, Steir. Landr. ;
Vgl. ferner s. v.  20.