entberen,
V., unr. abl.;
zu
mhd.
enbërn
›nicht, zu wenig haben‹
(
Mwb
1, 1593
); Präfix ursprünglich Negation zu
ahd.
beran
›tragen, bringen‹
, später Zusammenfall mit dem Präfix
ent-
(
Kluge/S.
2011, 247
).
1.
›jn. / etw. entbehren, Mangel an e. S. haben‹; auf Personen bezogen: ›jn. vermissen‹; ›auf js. Hilfe angewiesen sein‹;
offen zu 2; zu  1a, vgl. I, 3.
Gehäuft Texte der Sinnwelt ,Religion‘.
Bedeutungsverwandte:
 2,  1, , (V.) 23,  4,
1
 3; vgl.  1.
Syntagmen:
j. e
. (absolut);
jn., den mut, gottes wort e
.;
j
. (z. B.
got, die märterer
)
js. / e. S. e., j. js
. (z. B.
gottes, der königin
)
/ e. S
. (z. B.
des trostes, der absolution / gotheit / leutseligkeit / luft / ruhe / sälde, des glückes / gutes / sieges, der glieder / sinne
)
e
.;
etw. hart e
.
Wortbildungen:
entberung
1 ›Mangel‹.

Belegblock:

Kochendörffer, Tilo v. Kulm (
preuß.
,
1331
):
Gotes [...] sun ein geborn, | Er ny wernde hat enporn | Der gotheit.
Luther. Hl. Schrifft.
Weis. 17, 9
(
Wittenb.
1545
):
Da die Thier vnter sie [Leute] furen [...] Das sie auch in die lufft / welcher sie doch nicht entberen kundten / nicht gern sahen.
Schade, Sat. u. Pasqu. (
md.
1521
):
die großen stiftung der pfründen, daran mancher unnüzlich wendet das seine kinder hernach gar schwärlich emberen muͤßen.
Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Dirre wîsen enberüeret got keiniu, und er enbirt ouch keiner.
Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
11228
(
rib.
,
1444
):
dar umb, of ich troistz untbire, | De schult were ur ind en were nyet yre.
Jahr, H. v. Mügeln
2383
(
omd.
, Hs.
1463
):
Welch mensch das in dem Ochsen wirt | geborn, es scharfer sinn enpirt.
Strauch, Par. anime int.
80, 38
(
thür.
,
14. Jh.
):
wan si [Martha] mit manicvaldigin dingin bekummirt was, so muiste si des geginwertigis influzzis inbern den Maria inphinc.
Küther, UB Frauensee
361, 28
(
thür.
,
1525
):
Wiewoll ich e. f. g. itzo am nehsten, was entberunge vorhanden undertheniglich angezeiget.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
E. 14. Jh.
):
Gottes enberen und darben, das ist verre úber alle ding.
Barack, Teufels Netz (
Bodenseegeb.
,
1. H. 15. Jh.
):
Der arm des guotz enbirt.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
535, 892
;
Fischer, Brun v. Schoneb. ;
Bergmann, Ambr. Liederb. ;
Kehrein, Kath. Gesangb. ;
Gille u. a., M. Beheim
127, 51
;
Reichmann, Dietrich. Schrr.
116, 11
;
Spechtler, Mönch v. Salzb.
8, 52
;
Wackernell, H. v. Montfort ;
Türk, Wortsch. Dietr. v. Gotha.
1926, 24
.
Vgl. ferner s. v.  2,  7,  3.
2.
›(freiwillig) auf jn. / etw. verzichten, jm. / e. S. entsagen, sich e. S. enthalten, etw. (z. B. ein Laster, eine schlechte Angewohnheit) ablegen, von etw. abstehen‹; häufig mit Modalverb und mit Negation gebraucht; auch: ›etw. vermeiden, e. S. entgehen‹; in juristischen Kontexten: ›auf bestimmte Ansprüche oder Sühneleistungen verzichten‹;
in einigen Fällen offen zu 3; zu  1a, vgl. I, 3.
Bedeutungsverwandte:
; vgl.  11,  3,  3, (V.) 9, (V.) 3, (V.) 25.
Gegensätze:
 4.
Syntagmen:
j. e
. (absolut);
jn. / etw
. (z. B.
den besiz / dank / lon / schaz, die geselschaft / welt, das getreide, schmerzen
)
e
.;
j
. (z. B.
got, der keiser / kläger / richter / teufel
)
/ etw
. (z. B.
der bauch, js. herz
)
js. / e. S. e
.,
js
. (z. B.
gottes, des teufels, des weibes
)
/ e. S
. (z. B.
des himmels, der beichte / bosheit / ere / lere / liebe / weisheit, des geldes / leibgedinges / streites, der worte
)
e
.;
etw. durch got, um des evangeliums willen e., etw. von jm. e
.;
e. zu
[+ Inf.].

Belegblock:

Große, Schwabensp. (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
wirt eyn orteil gevuͦnden [...] vnde wirt iz vorworfen [...] vnde ne wil sin der richter nicht enberen, / iener, dem se dar schaden, / sprichet in wol an.
iz [lipgedinge] ist aber vorloren vnde mach man ez beweren, Se [wip] muͦt sin vmberen.
Strehlke, Nic. Jerosch. Chron. (
preuß.
,
um 1330
/
40
):
Diz was in gar ein plâge, | want sî swêrlîch dâ inparn | niddir und ouch ûf zu varn.
Luther, WA (
1533
):
umb dieses stuͤcks willen brauch ich der Bejicht am allermeisten und wil und kan jr nicht emperen.
alles, was jr verlieret odder emperen muͤsst umb des Euangelij willen, das ist stracks Gott selber jnn seiner person geopffert.
Ebd. (
1541
):
wie ein selig ding es ist vmb einen Christen [...], der solchen theüren ewigen schatz hatt den die vnsynnige welt [...] gern emperen wil.
Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
got enmac unser als wênic enbern, als wir sîn.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Mainz
1550
):
Das acht Gebot das sage ich dir, | Eins andern Weibs alzeit entbier.
Ebd. (
Nürnb.
1631
):
Der zeitlichen Ehr wil ich gern entperen, | Du woͤllst mir nur deß ewigen gewern.
Palm, Veter Buoch (
schles.
, Hs.
E. 14.
/
A. 15. Jh.
):
Das brachter [Serapion] in eine gewonheit, das er sin [des tufels] dar nach nicht mochte enpern.
Baumann, Bauernkr. Rotenb. (
nobd.
,
1525
):
wollt uns zulassen geen umb unser gelt pulver, stain und spieß, so ir derselbigen empern möcht.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
405, 18
(
els.
,
1362
):
Hie noch enmoͤchte Nero sinre bosheit nút enberen.
Merk, Stadtr. Neuenb. (
nalem.
,
1399
):
daz der, [...] der mit irem güte durch die brugke varen wil, uf sinen eide behabe oder, obe die von Brysach des nit enberen wellent, einen gelerten eyde swere.
Lemmer, Brant. Narrensch.
41, 4
(
Basel
1494
):
Wer by der weltt vß kumen will | Der muͦß [...] | [...] | [...] hoͤren / das er gern entbuͤr.
Schlosser, H. v. Sachsenh.
1804
(
schwäb.
,
1453
):
Eckhart, enbir | Vil schmeher wort.
Sappler, H. Kaufringer
8, 28
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
gesellschaft mocht er nit enbern.
Uhlirz, Qu. Wien (
moobd.
,
1417
):
dadurch [...]
das getraid, das nieman enpern mag, [...] teur wirdet.
Munz, Füetrer. Persibein
246, 5
(
moobd.
,
1478
/
84
):
vollgt meynem rat, das ir streitz hie entperet.
Bauer, Imitatio Haller
66, 9
(
tir.
,
1466
):
der geist [...] würt als vast gekchrefftiget [...] von der lieb des kchreüczes Kchristi, das er nicht wolt enpern die schmerczen vnd truebsal.
Quint, Eckharts Trakt. ;
Froning, Alsf. Passionssp.
885
;
Müller, Faustb.
972, 24
;
Neumann, Rothe. Keuschh.
4236
;
Ermisch, Freib. Stadtr. ;
Bell, G. Hager
376, 1, 8
;
Lemmer, a. a. O.
96, 14
;
Sappler, a. a. O.
16, 173
;
Vgl. ferner s. v.  1.
3.
›etw. verlieren, einbüßen, e. S. verlustig gehen‹; speziell: ›aus einer Stadt, einem Bezirk, einem Land ausgewiesen, verbannt werden‹; eng an 2 anschließbar, jedoch mit stärkerer Betonung des Zwangs von außen;
zu  1a, vgl. I, 3.
Gehäuft Rechts- und Wirtschaftstexte.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1,  5.
Syntagmen:
j. e
. (absolut);
den lon e
.;
js
. (z. B.
gottes
)
/ e. S
. (z. B.
des erbes / gutes
)
e
.
Wortbildungen:
entberung
2 ›Verlust‹.

Belegblock:

Toeppen, Ständetage Preußen
3, 55, 17
(
preuß.
,
1448
):
das ym hir in dissem lande rechtes gewegert und gewalt wedirfaren were, der sal disses landes entperen zcu ewigen tagen.
Leman, Kulm. Recht (
Thorn
1584
):
Abir [...] beclaget her denne den schuldiger dornoch vmbe das gelobte gelt vor gerichte. [...] so mus her burgen [...] deme cleger ab her is nicht enperen wil.
Harms u. a., Alberus. Fabeln
47, 20
(
Frankf./M.
1550
):
Wann jemandt will zuuiel begern / | Der muß darnach auch des empern / | Das [...].
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
274, 5
(
thür.
,
1474
):
denselbin wyn met den fassen achtit her
[Kläger]
an 23 schog des er auch schaden genommen hat enperunge halbin synes geldes.
Graf-Fuchs, Ämter Interl./Unterseen (
halem.
,
1404
):
Welcher ouch ein phande usvertiget und verkoufft, der sol das phande [...] verkouffen ane geverde, also oͤb der schuldner nuͥt muͥge enberen, das [...].
Quint, Eckharts Trakt. ;
Neumann, Rothe. Keuschh.
396
;
UB Zug
1741, 28
;
Cirullies, Rechtsterm. Anh.
1981, 137
.