meiden,
V., unr. abl.
1.
›e. S. (z. B. einer
losung
,Abgabe‘, einem
land
) / e. P. (z. B. den
pfaffen
, bestimmten
poeten
) aus dem Wege gehen, ausweichen, den Umgang, die Beschäftigung mit ihnen meiden; sich von etw. (z. B. von einer
stat
) enfernt halten; an etw. (z. B. an der
helle
) vorbeikommen‹.
Phraseme:
ane meiden
›unläugbar‹.
Bedeutungsverwandte:
1
 3, , ,  4, ; vgl. ,
1
,  1.
Syntagmen:
jn
. (z. B.
frauen / mansbilder / pfaffen / poeten / toren
)
m., etw
. (z. B.
den ketzerhaufen, die pfarkirche / fischweide / helle / losung, eine stat, ein land, die anfechtungen
)
m
.;
js
. (z. B.
der Neusser
)
nicht m. wollen
.
Wortbildungen:
meidung
1.

Belegblock:

Schöpper (
Dortm.
1550
):
FVGERE. Fliehen schewen meiden.
Luther, WA (
1543
):
was ein Christen gleuben wol | Zu meyden Ketzer hauffen.
Meisen, Wierstr. Hist. Nuys
119
(
Köln
1476
):
Der Nuysser woulden sy nyet mijden: | Des synt yrr vyll gestoruen.
Buch Weinsb. (
rib.
,
1564
):
auch hilt sich das folk seir in den heusern und meitten die pfarkirchn in sonderheit.
Allg. Schau-Buͤhne (
Frankf.
1699
):
Dieselbe waren durch viel Umbwege / die Tuͤrckischen Laͤnder zu meiden / in 16. Monaten erst dahin kommen.
Opitz. Poeterey
13, 11
(
Breslau
1624
):
so sind auch nicht alle Poeten die von Liebessachen schreiben zue meiden.
Mon. Boica, NF.
2, 1, 48, 15
(
nobd.
,
1464
):
wann neyt und der herrschaft guͤter meydung dardurch
[durch
stewer
]
geschicht.
Reichert, Gesamtausl. Messe
10, 33
(
Nürnb.
um 1480
):
den pfaffen sol man nicht meyden an der messe noch an den sacramenten.
Ebd.
13, 9
:
ob sie yemant in den bann thun, den man meyden solle.
Sachs (
Nürnb.
1557
):
Drumb solt ir [...] | Mit rutten werden außgehawen, | Und ewig meiden unser stadt.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
17, 33
(
els.
,
1362
):
do ich múge miden die betruͤbnisse vnd die anevehtunge der welte.
Merk, Stadtr. Neuenb. (
nalem.
,
1462
):
Herwiderumb sollent die von Zungken die vischweid [...] in der von Nuwenburg marke als wol als die vischer von Núwenburg miden.
Stammler, Berner Weltger.
929
(
ohalem.
,
1465
):
Ich han gehept gros liden, | Die helle sol ich darumb miden.
Wyss, Luz. Ostersp.
10670
(
Luzern
1545
):
hat nit der son gots das muͤssen lyden, | alls die gschrifft vnns wist one myden.
Maaler (
Zürich
1561
):
Meyden / Scheühen / Sich etwar von huͤten vnd gaumen.
Sappler, H. Kaufringer
2, 258
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
da der paubst des ward gewar, | das er im sagt die warhait, | fürbas er die frawen mait | und lies die aus dem herzen sein.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
17. Jh.
):
wer aber kein man der die lossung meiden wolt wen (er) herkombt, man soll ihm pfenden.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
267, 213
;
Große, Schwabensp. ;
Kisch, Leipz. Schöffenspr. ;
v. Keller, Ayrer. Dramen ;
Wyss, a. a. O.
7296
.
Vgl. ferner s. v.
1
.
2.
›auf jn., auf den Umgang mit jm. (meist mit einer Frau), (seltener:) mit etw. verzichten müssen, des Umgangs mit jm. / etw. aus eigenem Antrieb, aufgrund von Zwängen nicht teilhaftig, beraubt sein‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.
2
 2.

Belegblock:

Wyss, Limb. Chron. (
mfrk.
,
3. Dr. 14. Jh.
, Hs.
2. H. 16. Jh.
):
Miden, scheiden, daz dut werlich we.
Franck, Decl.
336, 28
(
Nürnb.
1531
):
Der die weyber kann meyden / der meyd sie.
Klein, Oswald
20, 79
(
oobd.
,
1416
):
gross freud an mir ist worden klein | seid ich dich, usserweltes ain, | hie meiden müss von tages schein.
Gereke, Seifrits Alex.
7804
(
oobd.
, Hs.
1466
):
in belanget nach ir mynne, | wann er sey fur war | gemytten het drew ganczew jar.
Wackernell, Adt. Passionssp. H.
1, 424
(
tir.
,
1514
):
Mues ich [Magdalena] dan hin furan meiden | Der freid und trost, so du [herr] mir gebn hast.
Opitz. Poeterey
34, 6
;
Gille u. a., M. Beheim
68, 6
.
Vgl. ferner s. v.
1
 3.
3.
›auf etw. (das negativ bewertet wird, dennoch zur Ausübung reizt) dauerhaft verzichten, von etw. abstehen; Askese üben‹; offen zu 4.
Gehäuft Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Bedeutungsverwandte:
 2; vgl.  5,  1,  1,  7,  2.
Syntagmen
vereinzelt absolut; mit Akk.obj.:
etw
. (z. B.
nachrede / zorn, den wein, den dunst, die abgötterei, die böse gewonheit, die geselschaft der frauen, die missetat / sünde / unzucht / abgötterei / zauberei, das ärgernis / laster / schweren
)
m
.
Wortbildungen:
meidung
2.

Belegblock:

Kehrein, Kath. Gesangb. (
Köln
1619
):
Sey [Marie] Schilt vnd Port, auff allen ort, | Daß ich die laster meiden.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
Swig und lide, mide und blip und blip in ruͦwen.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
Es sait von aim zuͦnemenden menschen, wie er mit miden und mit lidenn und uͤbenne einen durpruch sol nemen durch sin selbs unerstorben vichlichkeit.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
553, 33
(
els.
,
1362
):
Frowen gesellenschaft, wie heilig oder wie nohe su ime von geburt werent, meit er.
Ebd.
633, 15
:
Do huͦb in sant Justina, daß er iht zuͦ dode fiele, vnd ermanete in das er sine zoͮberie mitte.
Primisser, Suchenwirt (
oobd.
,
2. H. 14. Jh.
):
Daz har begund nicht meiden
[›seine volle Pracht zu zeigen‹]
| Ez gab durch di seiden schein.
Dirr, Münchner Stadtr. (
moobd.
,
1328
):
Wan ir ein dem charicher gotz seit, suͤlt ir meiden alle untugent und misstat besunderleich hohvart, geicichait, unchaeusche, zorn, trachait an unsers herren dienst, uͤberessen und uͤbertrinchen und nahreden.
Klein, Oswald
4, 44
(
oobd.
,
1421
):
Fleisch, weines tunst | teglichen meid, mässlichen nim die speise.
Karnein, de amore dt.
154, 65
(
moobd.
,
v. 1440
):
sich vleissen offenlich aller hubschait vnd hofzucht [...] vnd all grob pauerschafft [...] meyden.
Schülke, Geistl. Gemahelsch.
1553
(
moobd.
, Hs.
15. Jh.
):
Daz liecht an und mit mir chumpt | und gar vil erwelten frumpt | anvang menschenhails, | meidung sündenmails.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
11, 57
(
oobd.
,
3. Dr. 14. Jh.
):
das ieglich mensch meid missetat | und las sich rewen fru und spat.
Jahr, H. v. Mügeln
134, 2456
;
Dietrich. Summaria
21v, 25
;
Franck, Decl.
351, 16
;
Reichmann, Dietrich. Schrr.
128, 18
;
v. Keller, Ayrer. Dramen ; ;
Wyss, Luz. Ostersp.
7208
;
Klein, a. a. O.
112, 248
;
123, 80
;
Vgl. ferner s. v. ,  3,  2.
4.
›etw. unterlassen, nicht ausüben, nicht vollziehen‹; im Unterschied zu 3 auch auf neutral und positiv Bewertetes bezogen.
Gehäuft Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1, (V.) 8.
Gegensätze:
(V.) 1.
Syntagmen:
etw
. (Akk.obj.; z. B.
den geschwaz, die arbeit / liebe / müe / tugend, ein üppiges wort, werke, spähe sprünge
)
m
.;
sich e. S
. (Gen.obj.; z. B.
des
, pron.)
m
.

Belegblock:

Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
hæte got geboten untugent ze würkenne und tugent ze mîdenne, dannoch envermöhte ich niht, daz ich untugent tæte.
Rueff, Rhein. Ostersp.
445
(
rhfrk.
,
M. 15. Jh.
):
Ich han dick ane underlaiß | win geschanckt mit falscher maß, | und wolde mich des auch selden miden: | her umb muß ich disse pin liden.
Sachs (
Nürnb.
1556
):
Wiß, das mein hertz in liebe brendt, | Das solche lieb ich nit kan meiden.
Sappler, H. Kaufringer
32, 119
(
schwäb.
, Hs.
1472
):
die spähen sprüng, die ich ee tratt, | die sach man mich do meiden.
Pfaff, Tristrant (
Augsb.
1498
):
Sag meiner frawen, ich woͤll sy sehen noch heinet in der nacht, und woͤll das durch nyemants troen noch vorchte meyden.
Anderson u. a., Flugschrr.
29, 3, 32
([
Augsb.
]
1524
):
goͤtzen opffer ist / woͤlches wir auß menschen gebott / vñ nit auß gottes gebott meyden.
Gilman, Agricola. Sprichw.
2, 3, 15
([
Augsb.
]
1548
):
die da nichts gesuͦcht haben / dann ain sanfftes gerhuͤwetes stilles wesen / Niemant zuͦ dienen / alle fahr / arbait / muͤh / die ainer aintweder vilen oder wenig thuͦn soll / Fliehen und meyden.
Gereke, Seifrits Alex.
4933
(
oobd.
, Hs.
1466
):
die visch sind also gewent | das sy des morgens aus gent: | das meyden sy durich chain geschicht.
Steer, W. v. Herrenb. Büchl.
167
;
Kurz, Waldis. Esopus ;
Roloff, Brant. Tsp.
1597
;
Wiessner, Wittenw. Ring
2458
;
3752
;
Wyss, Luz. Ostersp.
6363
;
Sappler, a. a. O.
17, 249
;
Bauer, Geiler. Pred.
471, 10
.
5.
›auf den Gebrauch e. S. verzichten, etw. nicht gebrauchen‹.

Belegblock:

J. W. von Cube. Hortus
4, 28
(
Mainz
1485
):
wer mit frauwen zuͦ schaffen haben wil der mide knobelauch. went er verdruget den samen genãt sperma.
Ebd.
6, 40
.