1
netzen,
V.;
-jan
-Ableitung zu .
1.
›nässen‹ (vom Regen gesagt); ›etw. (Bezugsgegenstände unterschiedlicher Art in je spezifischen Zusammenhängen) befeuchten, an-, einfeuchten, naß machen, wo einweichen‹ (auch mit sachlichem Subj.);
vgl.  2.
Bedeutungsverwandte:
 12, , , ; vgl.  1.
Syntagmen:
der regen n
. (absolut; Witterungsverb);
es netzet nichts
›es regnet nichts‹,
j. das brot, / korn, ende des fingers, ein tuch, hasenhar, die wolle / zunge n., der tau jn., der schne das feld, die träne die brüste n., j. sein häklein n., die blatern durch oleum, die lenden mit wasser, die hände mit frauenmilch, js. füsse mit tränen, das bette mit zähern, js. stirn, augen mit der hand, baumwolle mit einem saft, einen knoten in rosenöl, ein tuch in wasser, ein werk
›Werg‹
in wein n., die sele nicht von blut genezt werden
; nachgestellt (als Part. Prät.):
der meissel genezt, die rose in tau, die jungfrau mit des himmels tau genezt
.
Wortbildungen
netzung
(dazu bdv.:  1,  2).

Belegblock:

Schöpper (
Dortm.
1550
):
Rigare. Wässern feuchten netzen.
Alberus, Barf. (
Wittenb.
,
1542
):
da fiel sie [ein Weib] zu den fuͤssen Francisci vnd netzet seine fuͤsse mit jren threnen.
Thiele, Minner. II,
28, 62
(Hs. ˹
md.
/
rhein.
,
1. V. 15. Jh.
˺):
mich anders nicht ergetst | dan bitter trene, die mir netst | wangen, buͤrste menich falt.
Scholz, Lanfrank. Chir. Parva
227v, 1
(
md.
/
oobd.
,
1446
/
8
):
so yst es dene not das man in dy bunden du / roßenol warmeß vnd mach ein knoten // vnd necze den knotten in roßenol.
Kopp, Volks- u. Gesellschaftsl. (Hs. ˹
pfälz.
,
M. 16. Jh.
˺):
Der thau der thett mich netzen, | der tropflen manche zall.
Voc. inc. teut. r
ij r
(
Speyer
um 1483
/
4
):
Netzu͂g wl. begiessung.
Karsten, Md. Paraphr. Hiob (
omd.
,
1338
):
So phlig er [glysner] sich zu setzen | Und syn gebuude netzen | Under der herten steyne craft.
Feudel, Evangelistar
66, 27
(
omd.
,
M. 14. Jh.
):
do her daz [brot] genezzet hatte, do gab her iz Judas.
Neumann, Rothe. Keuschh.
5067
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
di rose in deme dauwe genetzit | unnd in eime reinen gefesse bedacket | unnd under di frischen erden gestacket | di blibet bluende vor war
(als
by zeichen
für
kusche edelekeid
).
Ebd.
5073
:
also dut auch eine reine juncfrauwe | genetzit in des himels dauwe, | mit des heiligen geistes gnaden begossen.
Schönbach, Adt. Pred. (
osächs.
,
1. H. 14. Jh.
):
daz er [Lazarus] netze daz ende sines vingeres und erchŭle mir mine zŭngen.
Gille u. a., M. Beheim
75, 138
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Wann uns prennet das feure, | das wasser trenkt, der regen neczt, | der schaur uns slecht.
Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
v. 1496
):
Keinerley schleg die sel berurn, | Noch wirt nit von dem plut geneczt.
Weitz, Albich v. Prag
166, 22
(Hs. ˹
nobd.
,
2. H. 16. Jh.
˺):
auch moͤgt ir ewirn hyndern renes vnd dy lenden netczen myt kaldem wasser.
Cirurgia H. Brunschwig (
Straßb.
[
1497
]):
leg alle zit dar vber ein werck das in [...] win genetzet sy.
Dz puluer werd getemperiert mit eyer clar in dicke des hunigs / dar in werd genetzet weich hasen har clein gesnitten.
Klein, Oswald
76, 16
(
oobd.
,
v. 1408
?):
mein häcklin klein hett ich ir vor | empor zu dienst gewetzet, | gehetzet, netzet.
Schmitt, Ordo rerum
22, 2
(
oobd.
1439
):
Humor nesse [...] neczung.
Eis u. a., G. v. Lebenstein
32, 19
(
oobd.
,
1. V. 15. Jh.
):
Welchem man an seinem gemecht we seÿ, [...], der necz ein tuch dar ein vnd slag es dar vmb.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1512
):
es sullen auch all prünn sauber sein, das man nichtz darinn wasch noch netz.
Qu. Brassó
5, 589, 37
(
siebenb.
,
1617
):
und hat vom 27. Tag Decembris hero bis Dato nix genetzet.
Oorschot, Spee. Trvtz-N.
267, 9
;
Dedekind/Scheidt. Grob.
200, 12
;
Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
76, 11
;
Opitz. Poeterey
42, 29
;
Keil, Peter v. Ulm
145
;
Ott-Voigtländer, Rezeptar
207r, 10
;
Weitz, a. a. O.
151, 22
;
Eis u. a., a. a. O.
72, 10
;
Schwäb. Wb. (mit Beleg für ›Milch geben‹).
Vgl. ferner s. v.  1, , ,  2.
2.
›naß werden, tränen‹ (von den Augen gesagt);
zu  2.
Bedeutungsverwandte:
vgl. .

Belegblock:

Haltaus, Liederb. Hätzlerin (
schwäb.
,
1471
):
Mein hertz das ligt in grosser not, | Mein augen begynnen netzen.
3.
›das Gewicht von Waren (z. B. von Getreide, von Tuchen) im Zuge ihrer gewerblichen Be- und Verarbeitung durch Anfeuchtung manipulieren‹; Spezialisierung zu 1.
Rechts- und Wirtschaftstexte.
Bedeutungsverwandte:
.
Wortbildungen:
neztrog
›Behälter, in dem Getreide angefeuchtet wird‹.

Belegblock:

Schmidt, Frankf. Zunfturk. (
hess.
,
1439
):
da die meistere erkennen, das der [barchen] genetzt oder befuchtiget und billich straffber ist.
Loose, Tuchers Haushaltb. (
nürnb.
,
1517
):
adi 5 marczo gab ich dem Proschel czu Schnigling 5½ eln grab kemler tuch von Werd, was geneczt und geschorn, czu einem rock.
Merk, Stadtr. Neuenb. (
nalem.
,
1616
):
Die müller, ihre knecht und weiber sollen auch niemanden sein frucht netzen weder im haus noch in der müllin.
Bastian, Runtingerb.
2, 206, 17
(
oobd.
,
1403
):
ain slachtuͤche; ez het 26 ellen 1 virtail, daz ez geneczt ward.
Zingerle, Inventare (
tir.
/
vorarlb.
,
1485
):
ain necztrog zway mülterl. zway auftragschäffl. Ain würcktafl.
Ebd. (
1573
):
Dass kain Müllner bey seinem Aid kain Traid [...] Netze oder Feucht macht.
Loose, a. a. O. .
4.
›jn. betrügen, hinters Licht führen, übertölpeln; etw. (z. B. die Heilige Schrift) verfälschen‹; Belege teils vom Baderhandwerk und Badewesen her motiviert; anschließbar an 3.
Literarische Texte.
Phraseme:
am / im netzen eingehen
›sich in allgemeinen Gaunereien verlieren, sich nicht bewähren‹ (Deutung unsicher).
Bedeutungsverwandte:
vgl.  3,  12, ,  3,  12,
1
 1.

Belegblock:

Schmitz, Schiltb.
86, 10
(
Frankf.
1597
):
Daß einer eintweders selberst ein Narr / oder durch andere zu einem Narren gezimmert / abgemessen / gesaͤget / Gehobelt / Gebohret / genetzet vnnd geschoren wirdt.
Sachs (
Nürnb.
1550
):
So muß er mit dem münnich baden! | Da wöll wir im auch netzen und schern, | Daß er sein lieber möcht entbern.
Lemmer, Brant. Narrensch.
103, 8
(
Basel
1494
):
Die gent dem glouben erst eyn büff | Vnd netzen das bapyren schyff
(V. 16:
heilig gschrifft
).
Fuchs, Murner. Geuchmat
915
(
Basel
1519
):
Ee das eyn man das mul gewischt, | So ist jm genetzt / vnd ouch geschoren.
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
daselbst muest er [grave] hinfür kommen, oder er gieng im netzen ein, wie man sprücht.
Die aufrürigen pauren haben ine für ein hailigen man gehalten. Also ist der from kaiser am netzen eingangen.
5.
›etw. (z. B. das Schwert) im Blut netzen; (eine Kampfbahn) mit Blut färben‹; ütr.: ›etw. (z. B. die Christenheit) durch Blut zum Wachsen und Gedeihen bringen‹.
Bedeutungsverwandte:
; vgl.  1.

Belegblock:

Strehlke, Nic. Jerosch. Chron. (
preuß.
,
um 1330
/
40
):
Dî reinen grêvin wol geborn | sam dî lewin unvorvêrt | natztin in der zît ir swert | in manchis Prûsin blûte.
Luther, WA (
1529
):
das sie [Christenheit] nur mehr dadurch wechset und stercker wird, als durch solch blut genetzet und gefeuchtet, das sie deste schoner und lustiger wachsse, Wie der alten Veter etliche gesagt haben, das die Kirche durch die lieben Apostel gepflantzet, aber durch die Marterer begossen sey.
Koppitz, Trojanerkr. (Hs. ˹
noschweiz.
,
15. Jh.
˺):
Heleyna, din dienstman | Der hie blüt farwe ban | Hett genetzett durch dich | Der wil, frowe minneklich, | Es nun aber wagen | Vor allen dinen magen.
6.
›urinieren‹.
Bedeutungsverwandte:
, ; vgl.  2, , ,
2
.
Wortbildungen:
netzete
›Harn‹ (a. 1385; dazu bdv.: vgl. ).

Belegblock:

Keil, Peter v. Ulm
239
(
nobd.
,
1453
/
4
):
Ist er [Stein] aber in der ploßen, so ist im vorn in dem Leib we, vnd mag nit wol genetzen.
Chron. Strassb. (
els.
, Hs.
15. Jh.
):
do der kneht gezerte, do ging er in den stal, also ob er netzen wolte, und leite ein für in das howe.
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
342, 19
(
Genf
1636
):
netzen / Bruntzen / Seychen / Pisser, Mingere.
Schmidt, Hist. Wb. Elsaß .