nas,
Adj.
1.
›naß, flüssig‹; kennzeichnet den Aggregatzustand e. S.; speziell auf flüssige Naturalabgaben (wasser, weinkauf
) bezogen sowie in Verbindung mit Flüssigkeitsmaßen gebraucht; mit diesen Nuancen schwach belegt; mehrfach subst.: das nas
1, dann je nach Kontext z. B. ›Speichel‹; ›(Lampen)öl‹; ›Tränen‹; ›Flüssigsubstanz‹ im Gegensatz z. B. zu ›pulver
‹ (so Gleinser, Anna v. Diesb. Arzneib.
).1989, 208
Phraseme:
die nasse pacht
›Abgabe von flüssigen Naturalien‹ (z. B. Wein); das nasse mas
›Maßeinheit für Flüssigkeiten‹; der nasse dinghof
›Hof mit Verpflegungsverpflichtungen an Gerichtstagen‹ (?); das nasse haus
wohl ›öffentliches Bad‹ (); das nasse opfer
›Weinopfer des AT (als figur, fürbild
des Abendmahlsweines; dazu bdv.: )‹.Wortbildungen:
nasopfer
nässe
nasser
Belegblock:
was uns den Mund voll Naß
[›Speichel‹],
den Sinn voll Sehnen macht. Denn das naß opffer ward gar verbrand, da weder Priester noch Leie etwas davon hatten.
Belangend die nasse pechten oder weinpechten weissen die geschworne, das [...].
Humor nesse.
das oley ist wol die gotliche forchte. | die gotiz barmherzikeit worchte | in der sele lampen yniges nass
[›Öl‹],
| die reine unnd luter sy alss das glass. Als wenig du kanst [...] dem wasser sein nesse benemen, als wenig magstu uns unser macht berauben!
Getriuwe, wis, | kiusch, züchtic ris, | gehorsam, barmdiemütic: is | gesmalz nie uf ir wazzers naz
(›Tränen‹).
das man in den Mitternaͤchtischen Laͤndern den gefrorenen Wein / der doch von natur sonst naß ist / mit aͤxten zuehawen muß.
Die [Zymetrinden] piczlend scharff, nit swer noch feücht, | Wan nessen in ir crafft außzeücht.
Des Türcken nasseren sich regten, | Das wasser allenthalb belegten.
‒
Vgl. ferner s. v. .2.
›naß, mit Wasser / Flüssigkeit begossen, durchtränkt‹; im einzelnen auch z. B. ›nässend, sezernierend‹ (von Wunden); ›regenreich, feucht‹ (von Jahreszeiten); ›mit Wasser vollzogen‹ (von der Taufe); offen zu 3.Phraseme:
der nasse streich
›Schlag, der Blutungen hervorruft‹ (mixtura verborum).Syntagmen:
j. / etw
. (z. B. ein kleid, der sommer / winter
) n. werden, j. von etw
. (z. B. von zähern
) n. werden, etw
. (z. B. die zeit, js. hände, ein fel
) n. sein
; ˹die füsse, einen schwam
˺ (objektbezogenes präd. Attr.) n. machen
; ˹n. wittern, nasser
(flekt.) wieder kommen, n. gelaufen kommen
˺ (jeweils subjektbezogenes präd. Attr.); der nasse schade / sak, die nasse wunde, das nasse gras / holz / jar / tuch, nasse augen
(dies mehrfach); mit blute n
.; subst.: das nas
2 ›naßkaltes Wetter‹.Wortbildungen
nasarsch
Suolahti, Die dt. Vogelnamen.
: das Pfeifen des Zaunkönigs gilt als Zeichen des Regens, demnach ›Zaunkönig‹), 1909, 85
nasheit
nässe
Belegblock:
Die Katz isset gern Fisch / aber sie wil die Fuͤß nicht naßmachen.
bey diesem heiligen Sacrament der Tauffe, sol mans billich nicht ansehen, wie es die kue ansihet, das es wasser und nass ist, sondern als eitel blut des sons Gottes.
Er [Muͤnch] aber sprach Bleibt hie / es sol keiner nas werden.
nym eyn swam vnd mach den naß mit dem essig vnd lege den vff die brust.
so das zaunköniglein und naßars singen (er singt oder rufft auch gleichwol selten vergebens).
Damit [...] der waize nicht brändicht werde, so solstu den waizen in naße säcke faßen.
Nante er brot. si sprach stein | Sprach er trvcken. sie sprach naz.
wo du uber naz schaden
[›nässende Wunde‹]
kumest, do würf es [puluer] ein. Naßheit od’ feuchtigkeit.
wer ich fri, so wolt ich den aplas suͦchen und holen, es wer dur Rin, durch sne, durch nas und kalt.
von dem erfrieren, in was weg dasselbig beschehen mag in trükne oder nesse.
Der selb wirt sol ouch alle pfant nemen, denn kilchwat [...] vnd bluotendü pfant vnd nassi tücher vnd vngewannetz korn (nit).
Ain soͤlich notswais kam an in | [...] | Und sinen lip also begos | Das sin klaid wart nas und vol.
zierlicher altär voller bluet nasser, tüefer, ufgeschrenzter heiligen wunden des [...] leibs Christi.
Sunst wannckt si hin vnd here, | doch stät mit augen nassen.
Daz zwelft zaichen haizt die visch, wanne deu zeit ist naz und kalt.
3.
›naß, feucht, eine über das Normalmaß hinausgehende Menge Wasser oder sonstige Flüssigkeit enthaltend und dadurch zur je spezifischen Verwendung geeignet‹ oder mit Tendenz zu ›verdorben, beschädigt‹; im einzelnen z. B. auch: ›saftig‹ (von Äpfeln).Bedeutungsverwandte:
.Syntagmen:
der kalch, ein brief n. werden, stro, eine garbe n. sein
; der nasse dampf / luft, das nasse gut, die n. liegende aue
.Wortbildungen:
nasländig
Belegblock:
Die [...] | [...] immer grunen und vrischen | [...] | Sam ein naz ligende owe.
der susse apphil ist heiss unnd nass, | dar umme hilffet her zu dauwen bass.
ist aber der grund oder garten naßlendig, so grabe ihn [belzer] nicht anders dann eines knies tief ein.
nim kalch, der nit nass sig worden.
ein Lämblin von Holtz gmacht, sol wol dürr sin, vnd Cayn ein garben korn oder strow, sol fücht vnd nass sin
(beide Gaben stehen für die Opfer Abels und Cains).
nass / Feucht.
Würde auch diser brief löchett, malig oder naße oder gepresthaft an den insigeln, damit soll er [...].
4.
nas
in attributiver Verbindung mit einer Bezeichnung einer (meist: männlichen) Person (z. B. nasser knabe
) sowie in mehr oder weniger leicht oder schwer motivierbaren tropischen Verwendungen gebraucht; in der Regel ist dann Bezug auf nas
1 möglich; zu schwierigeren Fällen vgl. die Belegkommentare.Phraseme:
˹im nassen leben / liegen, an dem nassen ziehen
o.ä.˺ ›zechen, saufen‹ (o.ä.); jn. mit nassem zapfen begreifen
›jn. beim Ausschank unversteuerten Getränkes erwischen‹.Syntagmen:
j. mit listen, von sünden n. sein
; n. beichten
›verkehrt, gleichsam beweinenswert beichten‹; der nasse knabe
(mehrfach) / kunde / schalk / vogel,
jeweils ›fröhlicher Trinker, Trunkenbold‹; daran semantisch anschließbar: ›Gauner, Herumtreiber, Kleinkrimineller, gesellschaftlich Ausgegrenzter‹ (bzw. für Frauen:) ›Herumtreiberin‹, die nasse katze
.Belegblock:
Bawen zur Clauß der Maͤgde strassen / | Leben beim Schencken gern im nassen.
dô ich her solte gân, ich enwolte niht her gân, ich würde doch naz
[›Tränen überströmt‹]
von minne. Swenn ir naz sît worden von minne [›Tränen der Minne vergossen habt‹],
daz lâzen wir sîn (›auf sich beruhen‹).
also daß in kürz uß einem schneider, schuster, barbierer oder der gleichen ein graf, großer herr oder [...] ein graf, großer herr oder naßer
[›herumlungernder‹]
knab mit einander wirt. Ejn vnnützer nasser vogel, als man dann solche gesellen pflegt zuͦ heissen oder nennen, welcher zuͦ vielmalen vmb kleine diebstal in der gefencknuß gelegen war.
ein taglöner, der auch gern im nassen lag
[›zechte‹],
darumb wie er einsmals in der faßnacht die weinkanten zuͦ offt gelärt hett. werstu der listen noch als nasz
[›übergossen‹; Ütr.]
| vnd dynes guͦts so riche, | es ist dir alles gar entwicht. das ros
[steht für das Sinnesorgan
schmecken]
die Behim lobten ouch; | gar ser es an dem naßen zouch (›zum Getränk drängte‹).
Wann sie war auch ein nasse katz
[›Herumtreiberin‹]
| Und gab dem scherer auch ein platz. Also enist kein mensche so verkert noch so herte noch so nas
[›beweinenswert‹]
von súnden und zuͦgeneiget zuͦ gebresten, [...], sin dúrre, steinin, stehelin hertze muͦs warm, weich, fúrig und goͤttelich werden. Man findt yetzundt wol nasse knaben
[›Gauner‹],
| Die weder müntz noch gulden haben | Vnd dannocht [...]. [recht], das ain ieglicher leitgeb ain fueder wein und ein fueder pier sol schencken ân leitrecht. begreift män in aber mit nässem zapfen an sand Merten abent, [...], der muess gebm zweliff phenning zu leitrecht.