erwürgen,
erworgen,
V.;
zu
mhd.
erwürgen
›jn. erwürgen‹
(
Mwb
1, 2185
) und
erworgen
›ersticken‹
(
Mwb
1, 2183
); die Belege zeigen teils noch Vokalalternanz zwischen trans. (
-ü-
; s. 1) und intrans. (
-o-
; s. 2) Gebrauch, jedoch auch Funktionsüberschneidung; in der jüngeren Entwicklung ist von einem Rückgang der Formen mit
-o-
und Funktionsübernahme durch die
-ü-
Form auszugehen (vgl.
Pfeifer
2000, 1584
).
1.
›jm. durch Druck auf die Kehle die Atemluft nehmen, um ihn zu töten; jn. erwürgen, strangulieren‹; überwiegend verallgemeinernd: ›jn. (selten: sich selbst) töten, umbringen‹; ›jn. / etw. vernichten, überwinden‹; dies auch bildlich z. B. bezogen auf den
tod
, den Christus
erwürgt
hat; vereinzelt speziell von der
sele
: ›jn. um das Seelenheil, die Aussicht auf das ewige Leben bringen‹ (vgl.  2);
zu  4.
Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld): , , ,  1, , ,  1, , ,  1, , ; vgl.  1,  2.
Syntagmen:
j. jn
. (z. B.
könig Demetrius könig Alexander, Kain seinen bruder, Herodes die kinder, mörder einen menschen, die zauberer tyrannen
)
/ etw
. (z. B.
die selen
)
e., j. sich selbst, einen nach dem anderen e., got
(Subj.)
jn., die sünde e., Christus den tod e., der teufel jn. e., etw
. (Subj., z. B.
der aussaz / kragen / tod, die seuche
)
jn. e., die wölfe die schafe, die elemente die menschen / tiere e., die juden dem müller fünf kinder e., jn
. [wie, wann] (z. B.
bärmlich / plözlich / schnelle / unversehens, an dem morgen, beim hals, durch exzes, in sünde, mit dem schwert / spies / strik, mit list / gift, mit grossen schmerzen
)
e., der teufel jn. eines jämerlichen todes e
.
Wortbildungen:
erwürgung
›Vernichtung, Überwindung‹ (dazu bdv.: vgl.  1,  2).

Belegblock:

Holland, H. J. v. Braunschw. V. e. vngerat. Sohn (
Wolfenb.
1594
):
[Mörder] so Blutgyrig darnach
[Verzehr von
Menschen Blut, Oder ein Hertz von einem Kinde
]
worden sein, Das wo jnen ein Mensch begegnet [...] hetten sie jne erwürgen müssen.
Luther, WA (
1522
):
ich glaub das gott meine suͦnd in seiner gerechtigkeit erwurget und verschlungen hat.
Man solt auch dysen Titel [eyn mordgrub der seelen] an alle kirchen schreyben, dar ynn das Euangelium nicht gepredigt wirt, denn da spotten sie Gottis, erwirgen die seelen, treyben das recht wort aus.
diser Hailand Christus [...] hat den tod erwürget, das wir in nicht mer schmecken noch kosten dürffen, sondern aim Christen ist der tod nur ain übergang zuͦm leben.
Ebd. (
1527
):
Das joch heist hie Christus nichts anders denn die erwuͤrgung der begyrden des alten menschens.
Aber so bald das kind erwachsen ist [...], habt jhrs flugs erwuͤrget, erger denn der Tuͤrcke thut, und jhm die tauffe widder genomen, durch ewer leidige busse und werck lere.
Zuͦr Pestilentz zeit wuͤrde die Seuche alle erwuͤrgen und keinen leben lassen, wenn die lieben Engel nicht gegenwertig weren und etliche erretteten.
Ebd. (
1547
):
Wenn er [der Teufel] die Leute in mord vnd vngluͤck bracht hat, So treibet er sie fort zu verzweiuelen [...], Bis das sich etliche selbs erseuffen, erhencken, erwuͤrgen.
Wenn mich Gott gleich erwuͤrgete, Dennoch wil ich auff jn hoffen vnd mich auff seine Gnade verlassen.
Ders. Hl. Schrifft.
2. Sam. 23, 21
(
Wittenb.
1545
):
[Banaia] gieng zu jm hin ab mit einem Stecken / vnd reis dem Egypter den Spies aus der hand / vnd erwürget
[
Mentel
1466:
erschluͦg
;
Ditenberger
1534 /
Eck
1537:
toͤdt
]
jn mit seinem eigen spies.
Ebd.
2. Chr. 23, 21
:
alles Landuolck war frölich / vnd die Stad war stille / Aber Athalja ward mit dem schwert erwürget
[
Mentel
1466:
was derschlagen
; nd. Bibel 1478:
ist gestoruen
;
Dietenberger
1534:
wardt getödt
;
Eck
1537:
ist zuͦ todt geschlagen worden
].
Ebd.
1. Joh. 3, 12
:
Cain / der von dem Argen war vnd erwürget
[
Emser
1527 /
Eck
1537:
erschluͦg
]
seinen Bruder.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Köln
1582
):
Ein falsches maul, das luͤgen spricht, | Besteht fuͤr meinen augen nicht. | Jch wil fruͤ zeitlich an dem morgen | All suͤnder in der welt erwuͤrgen.
Bömer, Pilgerf. träum. Mönch (
rhfrk.
,
um 1405
):
Dar nach der bose krag | [...] | An dem halse meistert mich, | Das mich duncket er wolle erwurgen mich.
Kurz, Waldis. Esopus (
Frankf.
1557
):
Vndern Schafskleidern sindt verborgen | Groß Woͤlffe, welch die Schaf erworgen.
Perez, Dietzin
1, 41, 16
(
Frankf.
1626
):
Die Elementen koͤnnen [...] wenn sie auß ihrer mittelmaͤssigen Natur schreyten / Menschen vnnd Thier erwuͤrgen.
v. d. Broek, Suevus. Spieg.
151v, 23
(
Leipzig
1588
):
[Koͤnig Vsia] Jst auch [...] vom Aussatz erwuͤrget [...] worden.
Roth, E. v. Wildenberg (
moobd.
,
v. 1493
):
do er
[
Arnold
, der sich weigerte, zu büßen]
gesundt was und sein nit getrawͦt, do kam der tewͦfel und erburgt in eines jämerlichen todes.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
[künig Demetrius] erwürget mit list künig Alexander.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
543, 1160
;
Kehrein, a. a. O. ;
Harms u. a., Alberus. Fabeln
68, 15
;
v. d. Broek, a. a. O.
152r, 17
;
Gille u. a., M. Beheim
73, 122
;
Dietrich. Summaria
28v, 22
;
Roloff, Brant. Tsp.
1946
;
V. Anshelm. Berner Chron. ;
Vgl. ferner s. v.
1
 2.
2.
›(an etw.) ersticken; durch fehlende Zufuhr von Atemluft (speziell: durch Strangulation) zu Tode kommen‹; verallgemeinernd: ›zugrunde gehen, sterben‹;
zu  4.
Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld): , (V., unr. abl.) 1; vgl.  3,  6.
Syntagmen:
j. e
. (absolut);
j
. [wie, wo] (z. B.
erbärmlich, am galgen, im strik der minne, in schlingen
)
e., j. an etw
. (z. B.
an einem bissen / spies / stachel, an einer fliege, an dem gift / hunger, an den sünden
)
e
.

Belegblock:

Kochendörffer, Tilo v. Kulm (
preuß.
,
1331
):
Merket und di sele nert, | Uwer hercze nicht beswert | Mit trunkenheit, mit vraze | Czu vel mit uber maze, | Ab ir nicht wolt irworgen!
Luther, WA (
1521
):
Es ist aber tzweyerley ursach, das die sunden den heyligen nichts schaden, unnd doch die gottloßen dran erwurgen.
Ebd. (
1527
):
Aber das niedlich bislin [Christus] wolt dem Tod nicht bekomen [...], denn es war im zu starck, musts derhalben wider von sich geben und daran erwuͤrgen.
Ebd. (
1533
):
so soltu
[Tod]
[...] deinen eigen stachel fressen und daran erwurgen.
Ebd. (
1535
):
[
Der elend geitzhals
, dem der Teufel den Verlust seines Besitzes vorgaukelt]
hencket sich [...] fur jamer und erworget am strick.
Ebd. (
1545
):
da flohe jm [Bapst] ein fliege in den Hals, die kont kein artzt heraus bringen, das er daran erworgen must.
Sachs (
Nürnb.
1552
):
Gott geb dem fossen alle frantzen | Und daß am galgen er erworg!
Gagliardi, Dok. Waldmann
2, 519, 41
(
halem.
,
E. 15. Jh.
, Hs.
17. Jh.
):
wen [die pfaffen] schon ein kristenmënsch an hunger erworgen sehend, so hulfend sy [die pfaffen] (im) nüt um̄ schuld und pynn.
Maaler (
Zürich
1561
):
Am gifft Erworgen / Vom gifft sterben.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
E. 15. Jh.
):
sey die ziucknuß waur, so sol ich erworgen an dem pissen protz.
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
184, 4
(
moobd.
,
1473
/
8
):
Got ir [Helena] schön het gemeistert – | des wolt Paris in minne strick erworgen.