erlassen,
V., unr. abl.;
teils kontrahiert (
erlan
), in 1 Beleg
erlässen
; 1-3 behandeln jeweils Verwendungen, die das Befreien, Entbinden von etw. bzw. das Unterlassen von etw. charakterisieren, jedoch unterschiedliche syntaktische Eigenschaften aufweisen.
1.
›jn. / sich e. S. (z. B. eines Amtes, einer Pflicht, einer Strafe) entledigen, entheben‹; ›jn. von etw. freistellen, entbinden‹; speziell (häufig im Imperativ): ›jn. verschonen, mit etw. nicht behelligen‹; refl. auch: ›sich e. S. enthalten, auf etw. verzichten‹; in der Regel mit Akkusativobjekt d. P. und Genitivobjekt d. S.;
vgl.  46,  15161920.
Bedeutungsverwandte:
 2,  1; vgl.  21,
2
 1, ,  4.
Wortbildungen
erlassung
›Enthebung, Befreiung von etw.‹ (dazu bdv.:  1).

Belegblock:

Enders, Eberlin ([
Wittenb.
]
1525
):
Ich sage, erlaß mich diser deutung, dein bedeütten gilt nicht in seelen sachen.
Luther, WA (
1534
):
so wenick er der teuffel das
[Anfechtung]
Christum erlassen hatt, so wenick und noch vhiel weniger wirt er unser auch daran schonen.
Ders., WA Br. (
1537
):
Wolten auch alsdenn, wo er von der stat Luneburg seiner zusage erlassen, vnsern vleis furwenden, das sie mit einem andern Superattendenten versehen mochten werden.
Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
allez daz, daz got wil und daz er über sie verhenget, daz behaget in [den, die dâ hungert nâch dem willen gotes] sô wol, und wölte sie joch got es erlâzen, sie enwölten sîn niht erlâzen sîn.
Köbler, Ref. Wormbs
37, 22
(
Worms
1499
):
soll ein yeder kuntschaffter [...] vor Rate oder Gericht personlich erschynen [...] globen vnd schweren so verr yne beydeteil des Eyds mit willen nit erlassen.
Bernoulli, Basler Chron. (
alem.
,
1411
):
Man solte [...] vieren oder me ire kopffe abslahen, so gewúnne man ruͦge und erliesz man sich soͤllicher sachen.
Welti, Stadtr. Bern (
halem.
,
15. Jh.
):
so sol ouch ein schultheis von hin erlassen sin, der statknechten ir mal ze geben zuͦ den hochtziten.
Köbler, Stattr. Fryburg (
Basel
1520
):
Begeb sich das einer in hangendem rechten abstürb / so sind sine erbe͂ schuldig / in dem selben [...] fürzuͦfaren / die parthien woͤlten dañ deß ein andern guͤtlich erlassen.
Maaler (
Zürich
1561
):
Befreyung (die) Erlassung der leyb eigenschafft.
Schlosser, H. v. Sachsenh.
1809
(
schwäb.
,
1453
):
gnad, herr, ich wil | Mich gern erlaussen scharpffer wort, | Das es oͮch tü die mörin dort.
Sappler, H. Kaufringer
9, 50
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
deines spotz soltu erlassen mich.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1549
):
als der Marx Ulstet [...] sich bei der kay. mt. für und für beclagt [...], hat in Ir mt. des statpflegerambts erlassen.
Es erfand sich aber hernach, als Silvester Raid der gefencknus erlassen ward, daß er [...].
Ebd. (zu
1548
):
Zimbrecht Hoffer [...] bat umb erlassung des burgermaisterambts, zaigt an, daß er achtzig jar alt were und gieng im am geher ab.
Kummer, Erlauer Sp. (
m/soobd.
,
1400
/
40
):
erlat uns eurs challn | und tuͦt zu di snalln, | oder ich gib eu ains an das naspant.
Weber, Füetrer. Poyt.
295, 6
(
moobd.
,
1478
/
84
):
si wollten mich streits erlassen nicht, | des habens alle drey den re von mir genummen.
Mon. Boica, NF.
2, 1, 104, 12
;
Köbler, Stattr. Fryburg ;
Vgl. ferner s. v.  3,  2,  4.
2.
›jm. etw. (z. B. eine Schuld) erlassen, auf etw. verzichten‹; ›jm. etw. vergeben‹; im Gegensatz zu 1 mit Dativ- oder (selten) Akkusativobjekt d. P. u. Akkusativobjekt d. S.; verzeinzelt refl.;
vgl.  4,  161718.
Gewisse Beleghäufung für Rechtstexte.
Bedeutungsverwandte:
 8,  4, , ; vgl. , (V.) 2.
Gegensätze:
(V.) 14, .
Wortbildungen:
erlasjar
1 alttestamentlich: ›Jahr des Erlassens der Schulden (jedes 7. Jahr; Lehnübersetzung aus lat.
annus remissionis
)‹; 2 ›Feierjahr (jedes 50. Jahr)‹ (dazu bdv.: , ).

Belegblock:

Große, Schwabensp. (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
welher
[
vorspreche
, der jn. vertreten soll,
der vnrecht hat
]
sich rechte bewaren
[will]
[...], her sal den richtere bitten, daz her iz in herlaze, sin wort tuͦ sprechen.
Luther, WA (
1517
):
selig seyn sie, nit die keyn sund haben ader sich selbs erauß erbeyten, sundern alleyne die, den sie gott erleßet auß gnaden.
Du aber, lieber Gott, wollest uns auch die sunde vergeben und erlassen, die wir noch nicht mercken.
Ebd. (
1535
):
Da er aber seinem mitknecht die gar geringen schuld nicht wolte erlassen, kam er widder jnn die vorige schuld, die jm erlassen war.
Ders. Hl. Schrifft.
3. Mose 25, 10
(
Wittenb.
1545
):
jr solt das Funffzigst jar heiligen / vnd solts ein Erlasiar
[
Mentel
1466:
vergibung
; nd. Bibel 1478:
vorlosinghe edder vorquitscheldinghe
; 1494:
vorlatinge edder quidgheuinghe
; 1522:
vorgeuynghe
;
Eck
1537:
freiung
;
Froschauer
1531 /
Dietenberger
1534 /
Luther
1540:
Frey iar
]
heissen im Lande / allen die drinnen wonen / denn es ist ewr Halliar.
Ebd.
5. Mose 15, 1
:
VBer sieben jar / soltu ein Erlasiar
[
Mentel
1466:
derloͤsung
; nd. Bibel 1478:
vryenge
; 1522:
verlatinge
;
Eck
1537:
nachlassung
]
halten.
Behrend, Magd. Fragen (
omd.
,
um 1400
):
das muszen dy andern kinder mit gerichte geczugen, das is sich vorczegin ader dirlassen
[›auf sein Erbteil verzichtet‹]
habe, adir muszen ym syn teil volgen lossen.
Ermisch, Freib. Stadtr. (
osächs.
, Hs. 
v. 1325
):
Ist he [lantrichter] ein herkumen man [...] unde setzet sich in die stat wonehaft, he muz schozzen unde wachen mit den burgeren, si wollen is in denne irlazen.
Päpke, Marienl. Wernher (
halem.
,
v. 1382
):
Wan ains
[Tier]
das ander nút erlie | Es moͤste mit im turnieren.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Was Gott armen Suͤndern auß gnaden erlast / vnnd außstreicht / das hat jhnen kein Teuffel zu vergeben.
Doubek u. a., Schöffenb. Krzemienica
300
(
schles. inseldt.
,
1465
):
do hot sÿ ÿn den eÿt dorlosszin durch iren vormonder [...] vnd let ÿn freÿ vnd ledig.
Qu. Brassó
5, 429, 28
(
siebenb.
,
1613
):
Die 32tausend Gulden han mir dem Batori erlossen und geben im darzu fl. 7000.
Ermisch, a. a. O. ;
Kehrein, Kath. Gesangb. ;
3.
›etw. unterlassen, auf die (weitere) Ausführung einer Handlung verzichten‹; auch: ›etw. außer Acht lassen‹; mit Akkusativobjekt d. S.;
vgl.  8,  1920.
Bedeutungsverwandte:
 19, ; vgl.  1,  2,  3, (V.) 4.

Belegblock:

Luther, WA Bibel (
1522
):
was eyn yglicher fur gutts thun wirt, das wirt er empfahen von dem herrn, [...] yhr herrn thut auch dasselb gegen yhn, vnd erlasset
[
Mentel
1466:
vergebt
;
Luther
1545, Eph. 6, 9:
lasset
]
das drewen.
Päpke, Marienl. Wernher (
halem.
,
v. 1382
):
Kaines mannes begerte nie | Denne also vil: si nút erlie | Her Moyses gebotte.
Bachmann, Haimonsk. (
halem.
,
1530
):
darumm will ich niennerumm erlăssen, daz ich nŭt mit im stritt.
Enders, Eberlin (o. O.
1523
):
der weyber sich enthalten vermag nit yederman [...], wer sollich gabe befindt bey ym selbs, der erlaß den Eelichen standt anzufahen.
Goedeke, Fischart Schiff / Kehrab
17
;
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
24, 2
.
4.
›jm. etw. überlassen, hinterlassen‹;
vgl.  18,  411.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1, .
Wortbildungen:
erlassenschaft
›Nachlass, Erbe‹ (dazu bdv.: vgl. ,
das
, 1).

Belegblock:

Grothausmann, Stadtb. Karpfen
91, 18
(
mslow. inseldt.
,
1609
):
Sie śoll auśśagen, was śie von ihrem Mann [...] vnd ihres haußwirths śeliger erśter ehewirtin erlaßenśchaft bekhomben.
Ebd.
115, 2
(
1618
):
śo VerśPrechen gemelte frau vnd ihre Erben, dz śie an śeinen güttern [...] nach ihrem Todt nichts śuchen noch begehren wöllen, śondern erlaśśens ihm vnd śeinen Erben.