V.
– 1-3 gehäuft rechtsbezügliche Texte.
1.
›jn. / sich / etw. (z. B. von einer Bürde, Verpflichtung) entbinden, befreien‹; speziell: ›jn. aus einem Eid, einem Abhängigkeitsverhältnis entlassen‹; vereinzelt: ›ein Pfand auslösen‹;
Bedeutungsverwandte:
1,
2
11,
(V.)
13,
2,
2,
2,
1,
3;
4,
,
; vgl.
4,
3.
Syntagmen:
jn
. (z. B.
den bürgen / schuldner, die kinder
) /
etw
. (z. B.
eine schuld, ein erbrecht
)
von etw. e
.;
sich der verlobung, jn. des eides / gehorsams, der bürgschaft / gerhabschaft
›Vormundschaft‹
, der arbeiten / kosten / zinsen e
.;
sich mit tribut, von schulden e., jn. von übungen, von der leibeigenschaft e
.
Belegblock:
Luther. Hl. Schrifft.
Ps. 81, 7
(
Wittenb.
1545
):
Da ich jre Schulder von der last entlediget hatte
nam [...] ab
wendet
hat abkert
].
Löscher, Erzgeb. Bergr.
143, 10
(
omd.
,
1554
/
1663
):
dieselben vorleger seint in gehorsamb getrieben und des nicht entlediget, bieß solang sie die empfangene außbeut haben entrichtet.
Küther, UB Frauensee
319, 25
(
thür.
,
1513
):
uff wilche genante wiesen uns [...] frawe Anna zcwentzigk gulden getan hadt, damit die wiese von den Wenigen entlediget und erloset ist.
Kisch, Leipz. Schöffenspr.
(
osächs.
,
1523
/
4
):
den [man] sol der voigt von recht geleiten, das er ja oder nein gesprechen moge zu den schulden und zu entledigen seinen burgen
(›von der Bürgschaft befreien‹).
Wutke, Schles. Bergb., Cod. Sil.
(
schles.
,
1531
):
wollen wir gedachten hern Turzen [...] der [...] vorlehnung [...] befreiet und entlediget haben.
Der in diser inniger gelazenheit úbersetzet ist, ist der nit entlediget von ussern uͤbungen?
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
330, 6
;
2.
›jn. von einer Anklage freisprechen, von einer Schuld entlasten; jn. begnadigen, jm. eine Strafe erlassen‹;
Bedeutungsverwandte:
1,
1; vgl.
1.
Syntagmen:
den beklagten e., den rat von etw. e
.;
jn. des bannes, der acht / strafe e
.;
jn. aus seiner schmach, durch rechtlichen spruch, von peinlicher strafe e
.
Wortbildungen:
1 ›Buße in Form einer Geldzahlung‹; 2 ›Freispruch (rechtlich)‹; 3 ›Befreiung von Strafe (religiös)‹.
Belegblock:
Köbler, Ref. Wormbs
120, 19
(
Worms
1499
):
so soͤlicher vßzug bewist würde soll der cleger wyter zu recht nit gehoͤrt werden er sy dan zuuor des Bannes oder der Acht entledigt.
vñ sprechen das Recht syn wirdet den beclagten zuuerdammen oder zuentledigen.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
205, 28
(
thür.
,
1474
):
sye [hantwergkesmeister] sindt yme [Nigkel Wönner] der sachen halbin nach der entledigunge [...] obirall nichtiß nicht phlichtig.
dem [mensch] verleihet der bapst volkumene vergebung der sünd und entledigung von der pein des fegfewers.
Köbler, Ref. Nürnberg
116, 2
(
Nürnb.
1484
):
Von entledigung der verantwurter die von den Clagern Jrenhalb vnbeweist vnd wider versehenliche vermuttung beclagt werden.
Kohler u. a., Bamb. Halsger.
(
Bamb.
1507
):
So aber der Tetter der tat on laugen were, aber desshalb redlich entschuldigung, die in, wo er die bewise, von peinlicher straff entledigen mochten, anzeiget, [...] So [...].
‒
Vgl. ferner s. v.
3,
1.
3.
›sich gegen eine Anklage, einen Schuldvorwurf verteidigen, eine Anklage vor Gericht abwehren‹; damit einhergehend auch: ›etw. (die Zahlung einer Geldbuße, einer Schadensersatzleistung) abwenden‹;
Gehäuft omd.
Bedeutungsverwandte:
1,
(V.)
23,
14; vgl.
3.
Syntagmen:
die handtäter
(Subj.)
sich e
.;
sich der klage / schuld / zusage, des schadengeldes e
.;
sich auf den heiligen, durch rechtserkentnis, mit zeugen, mit dem eid, mit seiner hand, nach dem statrecht, von peinigung, von der anklage e
.
Belegblock:
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
186, 37
(
thür.
,
1474
):
so [...] der antwerter darczu neyn sprichet, thar er sich danne sollicher zcusage entledigen met synes selbst hant uff den heylgen, [...] so [...].
so denne der obingenante Nigkel Lydenfrost sollicher angestalten clage [...] durch rechtiserkennteniß sich hat wollen entledigen.
so solle eß dannach zcu ym [Karl von Schidingen] stehen, ap her dy geczugen lyden addir sich selbin met geczugen also hoch entledige unde ußfuren wolle.
Kisch, Leipz. Schöffenspr.
(
osächs.
,
1523
/
4
):
seint sie auch darumb nichts verfallen, darfen sich auch des hocher noch forder nicht entledigen.
Grosch u. a., a. a. O.
172, 14
;
183, 36
;
231, 11
;
251, 20
;
273, 22
;
Buchda, Schöffenspr. Pössneck
4, 95
;
4.
›etw. aufbinden, einen Knoten lösen‹; ›jn. / sich (konkret wie ütr.) aus einer Fessel, Gefangenschaft, Zwangslage befreien‹; auch: ›sich durch eine Gegenleistung (z. B. durch eine Tributzahlung) befreien‹; speziell: ›sich absondern‹ (von Eiter); ›Ackerboden freilegen, um ihn für das Pflügen vorzubereiten‹; mit Verschiebung der Bezugsgröße auch: ›(einen Fremdkörper) aus etw. herauslösen‹;
Bedeutungsverwandte:
2,
1
1,
,
3,
1,
1,
; vgl.
1,
3,
2
1.
Syntagmen:
jn., sich selbst e
.;
der eiter
(Subj.)
sich e., got jn. von den banden e
.;
jn. / sich e. S
. (z. B.
der furcht / krankheit / sorge
)
e
.;
jn. von jm., von js. gewalt, die ochsen vom joch e
.
Wortbildungen
4 ›Freilassung aus der Gefangenschaft‹ (dazu bdv.:
2,
1
6).
Belegblock:
Anderson u. a., Flugschrr.
1, 13, 34
(
Leipzig
1520
):
Das er
[Moses]
das volck gottes von d’ gewalt Pharonis [...] entledigt.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
31
(
Nürnb.
1517
):
darumb ist sie [Eva] [...] in ein so grosse armselikeit verstossen, das sie ir selbst die hell ist [...], davon sie kein ledigung weder erkennen noch begern, vil weniger sich selbst entledigen mag.
Du solt auch haben cleine gebogne krume zenglin [...] da mit vß zü thün vñ entledigen
[hier Verschiebung der Bezugsgröße: ›herauslösen‹]
die cleine subtiligen sprisslin oder beinlin.
soͤlche wunde͂ sollent geheilt werde͂ wie ein andere wund Doch etwas nie mundificatinu͂ vff das der eyter dz geb ein dester miner fület od’ entlediget sich
(hier etwa: ›dass der Eiter abfließt‹).
Löffler, Columella/Österreicher
(
schwäb.
,
1491
):
in Ytalia, da der acker den heggen und oͤlbomen geschickt tieffer entledigott und underworffen zuͦ werden begertt, das die obersten wurtzen der winreben und oͤlboͤm mit den pfluͦgysen abgeschnitten wurdint.
das ir umb entledigung und ußsönunge des königs von Babilonia mir bevelht zuo gedencken.
Aufloͤsen / Auffzopffen / auffknüpffen / entwyrren / entledigen.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron.
(
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
betrachten, wie sein kunigliche maiestat von den verhertten, verstockten ubelltettern von Pruck [...] zu prinngen und zu enntledigen were.
die Griechen haben sich mit grossem Tribut
[von der Herrschaft
Swatoslaws
]
entlediget.
‒
Vgl. ferner s. v.
12,
2
,
1
13.
6.
›etw. (Abstraktes, meist negativ Bewertetes) zur Befreiung, Reinigung, zum Schutz der Seele ablegen; die Seele, das Herz von negativ Bewertetem entlasten‹; auch: ›jn. von den Sünden lossprechen, erlösen, jm. die Absolution erteilen‹; vereinzelt: ›etw. (Konkretes, als Last Empfundenes) ablegen‹;
Texte der Sinnwelt ,Religion‘.
Bedeutungsverwandte:
1
5,
; vgl.
11,
2,
8,
,
3.
Syntagmen:
jn. / sich e., die sünde, das gewissen / herz e
.;
jn. von dem bösen / übel / teufel, dem gesez, der angst / helle / neiglichkeit / sünde
›Neigung‹
e., sich von den sünden e., etw. von sich selbst e
.
Wortbildungen
5 ›Befreiung, Entlastung der Seele‹ (dazu bdv.:
1; vgl.
5).
Belegblock:
Ist gnug eynem gemeynen man zu wyssen, das ablas sey entledigung der gnugthuung fur die sunde.
Ist nu das nit ein froͤliche wirtschafft, da der reyche, edle, frummer breuͤdgam Christus das arm vorachte boͤßes huͤrlein zur ehe nympt, und sie entledigt von allem uͤbell.
so will ich doch das meyne thun und meyn gewissen entledigen, und yhr gewissen beladen haben.
Ders. Hl. Schrifft.
Apg. 21, 15
(
Wittenb.
1545
):
nach denselbigen tagen / entledigten
[Randglosse:
Das ist / wir legten vnser Geretlin ab / vnd liessens da [...]
]
wir vns
do wir waren bereyt
; nd. Bibel 1478:
bereyden wij vns
wurden wyr bereyt
, 1540:
traten wir aus
]
/ und zogen hin auff gen Jerusalem.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
5
(
Nürnb.
1517
):
ist ein ider sovil dest seliger, ie mer er von im selbst entledigt.
Christus [...] kummen ist in die welt, [...] zu geben sein sele zu entledigen vil ander.
Rieder, St. Georg. Pred.
(Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
so er [mentsch] Got loben wil, so sol er sin herze entlidgen von allem dem so uff ertrich ist.
Wiessner, Wittenw. Ring
765
(
ohalem.
,
1400
/
08
):
Deiner sünd ist also vil, | Daz ich [peichter
›Beichtvater‹
] dich nit entledigen wil.
Bauer, Geiler. Pred.
322, 27
(
Augsb.
1508
):
Du muͦst überain außgeen unnd dich entledigen / von allem dem daz nit got ist.
‒
Vgl. ferner s. v.
1,
3,
1.